Index
10/10 Grundrechte;Norm
ABGB §297;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des K in Enzersdorf an der Fischa, vertreten durch Dr. Ingrid Herzog-Müller, Rechtsanwältin in 2460 Bruck an der Leitha, Kirchengasse 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr (nunmehr Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie) vom 12. August 1983, Zl. 33.103/314-I/6-1983, betreffend Änderung der Zivilflugplatzbewilligung (mitbeteiligte Partei: F AG in Wien, vertreten durch Cerha Hempel & Spiegelfeld, Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. August 1983 wurde gemäß §§ 68 und 72 LFG auf Antrag der mitbeteiligten Partei vom 15. Mai 1981 (in der Fassung vom 3. Mai 1983) die Änderung des in der Zivilflugplatzbewilligung vom 28. Dezember 1972 in der Fassung des Bescheides der belangten Behörde vom 9. November 1979 festgelegten Betriebsumfanges des Flughafens Wien-Schwechat hinsichtlich der Flugplatzgrenzen, der Betriebskategorien der Instrumentenpisten und der Situierung von Bodeneinrichtungen in dem zu Spruchpunkt I genannten Betriebsumfang unter den zu Spruchpunkt II genannten Bedingungen und Auflagen bewilligt. Unter Spruchpunkt III wurde unter anderem ausgesprochen, dass die mit Verordnung des Bundesministers für Verkehr vom 22. Oktober 1976 für den Flughafen Wien-Schwechat festgelegte Sicherheitszone unverändert bleibt.
Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer seit 1978 grundbücherlicher Eigentümer einer innerhalb der mit Verordnung vom 22. Oktober 1976 festgelegten Sicherheitszone des gegenständlichen Flughafens gelegenen Liegenschaft (mit einem Einfamilienhaus) ist.
Der Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde in dem zum angefochtenen Bescheid führenden Verwaltungsverfahren nicht beigezogen. Mit Bescheid vom 9. Jänner 1997 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 22. Juli 1996 auf Zustellung des eingangs genannten Bescheides vom 12. August 1983 ab. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, welcher diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 17. Feber 1999, Zl. 97/03/0032, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufhob. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Erwägungen dieses Erkenntnisses verwiesen. Im Kern dieser Erwägungen führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass dem Beschwerdeführer in diesem Verwaltungsverfahren betreffend die Änderung des Zivilflugplatzes Parteistellung zukam, auch wenn die hier in Rede stehende Sicherheitszone bereits bestanden hat und im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebracht wurde, die Sicherheitszone würde nicht verändert.
In der Folge wurde dem Beschwerdeführer der Bescheid der belangten Behörde vom 12. August 1983 am 11. Mai 1999 zugestellt; in seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und die Rechtswidrigkeit des Inhaltes dieses Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift - ebenso wie die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 LFG ist die Benützung des Luftraumes durch Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät im Flug frei, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt.
Gemäß § 68 Abs. 1 LFG ist zum Betrieb von Zivilflugplätzen eine Bewilligung erforderlich (Zivilflugplatz-Bewilligung). Das gleiche gilt für jede Änderung des bescheidmäßig festgelegten Betriebsumfanges eines Zivilflugplatzes.
Gemäß § 71 Abs. 1 LFG ist die Zivilflugplatz-Bewilligung zu erteilen, wenn das Vorhaben vom technischen Standpunkt geeignet und eine sichere Betriebsführung zu erwarten ist (lit. a), der Bewilligungswerber verlässlich und zur Führung des Betriebes geeignet ist (lit. b), die finanziellen Mittel des Bewilligungswerbers die Erfüllung der aus diesem Bundesgesetz für den Flugplatzhalter sich ergebenden Verpflichtungen gewährleisten (lit. c), und sonstige öffentliche Interessen nicht entgegenstehen (lit. d). Gemäß § 71 Abs. 2 LFG ist außerdem Voraussetzung für die Erteilung der Zivilflugplatz-Bewilligung eines öffentlichen Flugfeldes, dass ein Bedarf hiefür gegeben ist. Flughäfen dürfen nur bewilligt werden, wenn ihre Errichtung im öffentlichen Interesse gelegen ist. Gemäß § 72 Abs. 1 lit. e LFG hat der Bescheid über die Zivilflugplatz-Bewilligung (unter anderem) die Bedingungen und Auflagen, soweit sie mit Rücksicht auf die Bestimmungen des § 71 Abs. 1 und insbesondere unter Bedachtnahme auf die Verkehrsaufgaben des Zivilflugplatzes erforderlich sind, zu bestimmen.
Der Beschwerdeführer sieht sich in seinen Rechten "gemäß §§ 8, 40 bis 42 AVG sowie §§ 68, 69, 70, 71 und 72 LFG" verletzt, rügt, dass er im Verwaltungsverfahren zu den mündlichen Verhandlungen nicht geladen worden sei, und macht geltend, dass es ihm deshalb verwehrt gewesen sei einzuwenden, dass er in seinem Eigentumsrecht beeinträchtigt werde und "sonstige öffentliche Interessen" im Sinn des § 71 Abs. 1 lit. d LFG der Erteilung der Bewilligung entgegenstünden, insbesondere der Schutz der Allgemeinheit, die Hintanhaltung von Gefährdung von Leben, Gesundheit von Eigentum, die Fernhaltung störender Einwirkungen auf Personen und Sachen und die Vermeidung vermeidbaren Geräusches. Es sei im Verfahren nur ein luftfahrttechnischer Amtssachverständiger beigezogen, jedoch kein medizinisches oder ein lärmtechnisches Gutachten eingeholt worden. Durch die hier in Rede stehende Erweiterung komme es zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen, wodurch - zumal es auch keinerlei Nachtflugbeschränkungen gäbe - eine erhöhte Lärmbelästigung und mögliche Gesundheitsbeeinträchtigung (der Beschwerdeführer stützt sich hierbei auf diesbezüglich durchgeführte wissenschaftliche Untersuchungen) der Anrainer bewirkt werde, die auf fachkundiger Ebene hätte ermittelt werden müssen. Da somit die stark steigende Zahl der Flugbewegungen ein erhöhtes Lärmaufkommen mit sich bringe, sei er in seinem Recht auf Hintanhaltung der Gefährdung seiner Gesundheit verletzt. Durch Einholung von medizinischen Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Sozial- und Umweltmedizin, die sich "mit den Einwirkungen des Lärms und dessen Auswirkungen auf den Menschen" auseinandersetzen, hätte die belangte Behörde zu dem Ergebnis kommen können, dass im öffentlichen Interesse Maßnahmen zur Lärmbeschränkung unbedingt erforderlich seien; Lärmschutzmaßnahmen seien "auch dem Flughafen Wien-Schwechat" zumutbar. Die belangte Behörde wäre gemäß § 71 Abs. 1 lit. d LFG verpflichtet gewesen zu prüfen, ob "sonstige öffentliche Interessen" der Bewilligung entgegenstünden und ob gemäß Abs. 2 ein Bedarf gegeben sei, sowie ob die Errichtung im öffentlichen Interesse gelegen sei; sie habe hierzu keine Ermittlungen durchgeführt.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Der Beschwerdeführer wendet sich inhaltlich als Eigentümer eines innerhalb der Sicherheitszone gelegenen Grundstücks gegen die Erweiterung des gegenständlichen Flughafens mit der im angefochtenen Bescheid erteilten Bewilligung und stützt sich zur Untermauerung seines Standpunktes auf das hg. Erkenntnis (eines verstärkten Senates) vom 20. November 1970, Slg. Nr. 7913/A. Es trifft zunächst zu, dass nach diesem Erkenntnis Eigentümer von Liegenschaften, die für die Errichtung oder Erweiterung eines Flughaftens in Anspruch genommen werden (sollen), im Bewilligungsverfahren als Verfahrensparteien einwenden können, dass der Errichtung oder Erweiterung des Flughafens öffentliche Interessen entgegenstehen (§ 71 Abs. 1 lit. a bis d LFG) oder dass die Errichtung bzw. Erweiterung nicht im öffentlichen Interesse gelegen ist (§ 71 Abs. 2 LFG). Daraus ist für den Beschwerdeführer aber nichts gewonnen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in vergleichbaren Fällen bereits ausgesprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1987, Zl. 84/03/0105, mit Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 26. April 1974, Slg. Nr. 8608/A, und weiteren Nachweisen), kann die Erteilung (Erweiterung) einer Zivilflugplatz-Bewilligung die Eigentümer von Liegenschaften im Sicherheitszonen-Bereich insoweit in ihren Rechten berühren, als dadurch ihr Eigentumsrecht weitergehend als nach der Vorschrift des § 2 LFG beeinträchtigt wird. In der Regelung des § 2 LFG liegt, wie der Verfassungsgerichtshof (vgl. dessen Erkenntnis vom 6. Dezember 1973, Slg. Nr. 7226) betont hat, eine Beschränkung des Eigentümers am Luftraum oberhalb seiner Liegenschaft (§ 297 ABGB). Eine Enteignung zu Gunsten Dritter wird durch diese Bestimmung nicht angeordnet. Durch die im Bewilligungsbescheid enthaltene Umschreibung der Sicherheitszone - die im vorliegenden Fall nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides in Bezug auf die Verordnung des Bundesministers für Verkehr vom 22. Oktober 1976 unverändert festgelegt bleibt - werden ebenfalls nur öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkungen in dem Sinn festgelegt, dass für die Errichtung oder Erweiterung eines Luftfahrthindernisses gemäß § 85 Abs. 1 LFG eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich ist. Sie sichern auch im Zusammenhalt mit § 96 LFG die Hindernisfreiheit für die Zukunft.
Der Beschwerdeführer macht im vorliegenden Fall nicht Beschränkungen seiner mit seinem Grundeigentum im Bereich der vorgesehenen Sicherheitszone in Zusammenhang stehende Rechte, also etwa Einwendungen gegen die durch die Sicherheitszone (die in größerer Höhe im Luftraum über seinem Grundstück verläuft) sich ergebenden Bauverbote geltend, sondern führt im Kern seines Vorbringens durch Lärm zu erwartende Beeinträchtigungen ins Treffen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das ebenfalls bereits erwähnte Erkenntnis vom 22. Dezember 1987, Zl. 84/03/0105, und die darin angeführten weiteren Hinweise) bleibt jedoch kein Raum für die Annahme, dass die jeden Bewohner des Staatsgebietes gleichermaßen, darüber hinaus die Bewohner der Flugplatzumgebung besonders berührenden Interessen an einer ihren Lebenskreis möglichst wenig störenden Gestaltung des Flugplatzbetriebes von jedem Einzelnen im Bewilligungsverfahren verfolgt werden könnten. Die Wahrnehmung öffentlicher Interessen ist vielmehr in solchen Fällen der Behörde überantwortet.
Derart hat der Beschwerdeführer keine rechtlich relevanten Einwendungen erhoben. Insoweit er gegen den angefochtenen Bescheid auch - ohne dies näher auszuführen - einwendet, die belangte Behörde habe keine Ermittlungen zu einem Bedarf im Sinn des § 71 Abs. 2 LFG geführt, verkennt er, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausdrücklich auch zur Frage des Bedarfes hinreichend Stellung genommen hat und zu dem Ergebnis gelangte, die hier in Rede stehende Erweiterung sei im Hinblick auf die Erfordernisse des Flugbetriebes unumgänglich notwendig. Der Beschwerdeführer vermag es nicht, durch konkrete Einwendungen die diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde zu erschüttern.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 11. Dezember 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999030250.X00Im RIS seit
21.03.2003Zuletzt aktualisiert am
23.10.2015