Index
19/05 Menschenrechte;Norm
BDG 1979 §20 Abs2 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ sowie Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des Diplomvolkswirt Dr. F in W, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in Wien I., Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 4. August 1999, Zl. 15 1211/1- II/15/99, betreffend Vorschuss und Geldaushilfe (§ 29 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1931 geborene Beschwerdeführer stand als Bundeslehrer (L1) bis zu der am 6. Oktober 1992 eingetretenen Rechtskraft des Urteiles des LG Feldkirch vom 19. November 1991, 22 Vr 974/88 - 335, in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund.
Mit dem genannten Urteil wurde er des Verbrechens des Betruges nach § 146 und § 147 Abs. 3 StGB (Täuschung von Banken über die Rückzahlungsfähigkeit der Firma Sch. GmbH im Zeitraum vom November 1984 bis Juni 1986 - Schadenssumme: S 31.290.769,--) und anderer Verbrechen (darunter der Untreue zu Lasten der Firma Sch. GmbH im Zeitraum von 1979 bis 1988 - Schadenssumme: etwa 13,5 Millionen Schilling) sowie des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 161 Abs. 1 in Verbindung mit § 159 Abs. 1 Z. 2 StGB und des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG für schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren sowie zu einer Geldstrafe nach dem FinStrG in der Höhe von 4 Millionen Schilling (Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Monate) verurteilt. Außerdem wurde er nach § 369 Abs. 1 StPO für schuldig erkannt, S 13 Millionen an den Masseverwalter der Sch. GmbH sowie je S 1,-- an bestimmte Banken zu bezahlen.
Die gegen dieses Urteil vom Beschwerdeführer erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde wegen Verspätung zurückgewiesen (Beschluss des LG Feldkirch vom 15. April 1992, 22 Vr 974/88); seinem Rekurs sowie dem in eventu gestellten Wiedereinsetzungsantrag gab der Oberste Gerichtshof (OGH) mit Beschluss vom 30. Juni 1992, 14 Os 74/75/92, keine Folge. Der OGH ging dabei davon aus, dass die Zustellung des Urteils vor dem im Rückschein angegebenen Zeitpunkt erfolgt sei.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 10. März 1992 wurde über das Vermögen des Beschwerdeführers der Konkurs eröffnet.
Als Folge der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung stellte das Bundesrechenamt (BRA) mit Bescheid vom 11. Mai 1993 u. a. fest, dass der Anspruch des Beschwerdeführers gemäß § 11 lit. f des Pensionsgesetzes 1965 (PG) mit Ablauf des 6. Oktober 1992 erloschen sei und dem Beschwerdeführer gemäß § 50 Abs. 1 PG ein Unterhaltsbeitrag in der Höhe von monatlich brutto S 29.350,50 sowie eine Nebengebührenzulage in der Höhe von monatlich brutto S 4.130,30 gebühre. Diese Leistungen hätten allerdings gemäß § 52 Abs. 2 PG vom 1. November 1992 bis zum Ablauf des 31. Dezember 1992 wegen des in dieser Zeit andauernden Vollzuges der verhängten Freiheitsstrafe geruht (Anmerkung: dem Beschwerdeführer wurde mit Beschluss des KG Krems vom 14. Dezember 1992, 22 Ns 178/92, wegen seines Gesundheitszustandes nach § 133 des Strafvollzugsgesetzes der Aufschub des Strafvollzugs gewährt, was am 15. Dezember 1992 zu seiner Entlassung führte. In der Folge kam es wegen seines unverändert schlechten Gesundheitszustandes zu keiner weiteren Verbüßung der Freiheitsstrafe mehr).
Mit Schreiben vom 9. September 1993 ersuchte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf seine Notlage und seine Verpflichtung zur Rückzahlung eines Übergenusses (der mangels Kenntnis der Pensionsbehörde von der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verteilung durch die Weiterzahlung des (höheren) Ruhebezuges anstelle des (niedrigeren) Unterhaltsbeitrages bis einschließlich März 1993 entstanden war) - er sei nicht mehr in der Lage, die gerade zu Beginn des Schul- und Studienjahres für seine drei Kinder (15, 19 und 20 Jahre) zusätzlich anfallenden Mehraufwendungen für die erforderlichen Anschaffungen (wie Schulhefte, Schreibutensilien, Lehrbücher udgl.) zu leisten - um die Gewährung eines Vorschusses bzw. einer Geldaushilfe.
Mit (formlosem) Schreiben vom 15. März 1994 teilte ihm das BRA mit, unter Notlage im Sinn des § 29 PG sei die Unmöglichkeit der Befriedigung elementarer Lebensbedürfnisse zu verstehen, während die "sonst berücksichtigungswürdigen Gründe" auf den Ausgleich der Folgen einmaliger Ereignisse abzielten. Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit sei aber auch auf die Relation zwischen den Einkommensverhältnissen und den über den üblichen Rahmen hinausgehenden Aufwendungen Bedacht zu nehmen. Dem Beschwerdeführer seien die Mehraufwendungen für seine Kinder im Hinblick auf das ihm monatlich zufließende Einkommen (Unterhaltsbeitrag; Berufsunfähigkeitspension der Pensionsversicherungsanstalt für Angestellte (PVAng) in der Höhe von brutto S 17.100,-- zuzüglich S 1.950,-- Kinderzuschüsse) zumutbar. Im Übrigen hätten seine Ehegattin und seine Kinder für die Zeit seiner Haft, in der sein Anspruch auf Unterhaltsbeitrag geruht habe (November und Dezember 1992), insgesamt S 70.501,-- an Unterhaltsbeiträgen erhalten, die ihnen wegen verspäteter Vorlage von Unterlagen erst im Februar 1994 hätten ausgezahlt werden können.
Daraufhin replizierte der Beschwerdeführer mit seiner Eingabe vom 10. April 1994 (im Wesentlichen mit dem Hinweis auf seinen schlechten Gesundheitszustand sowie den Umstand, dass ihm und seiner Familie nur das Existenzminimum zufließe; außerdem habe ihm der OGH auf Grund einer Fehlinformation eine Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde verweigert).
In seinem Antwortschreiben wies das BRA darauf hin, dass vom Beschwerdeführer - außer den gesetzlichen Abzügen - derzeit (vom Unterhaltsbeitrag) nur ein Betrag von S 4.450,-- für die Rückzahlung des festgestellten Übergenusses einbehalten werde. Die dem Beschwerdeführer zufließenden Nettoeinkünfte deckten neben den Ausbildungskosten auch die aus seinem Gesundheitszustand herrührenden Mehraufwendungen. Der notwendige Lebensunterhalt betrage nach der (auf § 26 PG gestützten) Ergänzungszulagenverordnung für eine fünfköpfige Familie derzeit S 13.097,-- brutto. Was das Strafurteil betreffe, sei das BRA an die rechtskräftige Entscheidung des Gerichts gebunden.
Mit Schreiben vom 29. Juli 1994 stellte der Beschwerdeführer den "Antrag, über die Gewährung von Pensionsvorschuss/Geldaushilfe gem. § 29 PG 1965 infolge unverschuldeter Notlage sowie der in meiner Eingabe vom 9.9.1993 bereits dargelegten besonders berücksichtigungswürdigen Umstände im Sinne Abs. 3 und Abs. 4 in Bescheidform abzusprechen." Durch das LG Feldkirch sei sein Einkommen auf das gesetzliche Existenzminimum "festgelegt". Er sei schwerkrank, mit seiner Pflegebedürftigkeit seien erhöhte Pflegekosten verbunden und es bedürfe zum Zweck der Stabilisierung seines (Gesundheits)Zustandes entsprechender Geldmittel. Neuerlich verwies er auf die Schulausbildungs- und Studienkosten für seine Kinder (Auslandsaufenthalte, vermehrter Ankauf teurer Schulmittel, teure Fachbücher usw). Bei Fehlen der erforderlichen Mittel sei deren Ausbildung gefährdet.
Mit Bescheid vom 16. September 1994 wies das BRA diesen Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 29 PG ab. Der Tatbestand der unverschuldeten Notlage setze voraus, dass jemand ohne sein eigenes Zutun und erst recht ohne eigenes Verschulden im rechtlichen Sinn in eine Notlage geraten sei. Die Behörde sei an den rechtskräftigen Schuldspruch des LG Feldkirch vom 19. November 1991 gebunden. Die mit der Verurteilung verbundenen Rechtsfolgen seien für die Notlage des Beschwerdeführers als ursächlich anzusehen. Eine unverschuldete Notlage im Sinn des § 29 PG sei nicht gegeben. Eine Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verurteilung sei infolge der Bindungswirkung (an das Strafurteil) nicht möglich. Was die berücksichtigungswürdigen Gründe betreffe, sei grundsätzlich von seinem Einkommen im Verhältnis zu den geltend gemachten Mehrausgaben auszugehen. Nach den Unterlagen vom Jänner bis September 1994 seien dem Beschwerdeführer von S 437.006,40 brutto (unter Berücksichtigung der Rückzahlungsraten wegen eines Übergenusses) netto S 302.555,30 als Unterhaltsbeitrag (auf sein Pensionskonto) ausbezahlt worden. Außerdem erhalte er aus einer Berufsunfähigkeitspension der PVAng von monatlich brutto rund S 17.000,-- die entsprechenden Nettoeinkünfte. Diese Einkünfte reichten für die Bestreitung der vom Beschwerdeführer geltend gemachten zusätzlichen Ausgaben (Aufwendungen infolge Erkrankung bzw. für die Ausbildung der Kinder) aus. Der nach dem PG zu berücksichtigende notwendige Lebensunterhalt betrage nach der Ergänzungszulagenverordnung 1994 für eine vierköpfige Familie (ein Kind sei bereits selbsterhaltungsfähig) brutto S 12.298,-- pro Monat. Dem entspreche (inklusive Sonderzahlungen) für die Monate Jänner bis September 1994 ein Betrag von S 129.129,-- brutto. Unterlägen die ihm auf sein Pensionskonto überwiesenen Pensionen - wie er behaupte - einer Pfändung durch das LG Feldkirch, wären die von ihm geltend gemachten Mehrausgaben gemäß § 292a Z. 1 und 5 EO im Rahmen eines Antrages auf angemessene Erhöhung des unpfändbaren Freibetrages der der Exekution unterliegenden Unterhaltsbeiträge bzw. seiner ASVG-Pension beim zuständigen Gericht geltend zu machen.
In seiner Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, er sei ohne eigenes Zutun unverschuldet in seine Notlage geraten. Ein Verfahren wegen Verletzung der MRK sei seit 1992 in Straßburg anhängig. (Anmerkung: Dieses Verfahren wurde mit Beschluss der Europäischen Kommission für Menschenrechte vom 17. Jänner 1995, Nr. 21924/93, mit der die vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde gemäß Art. 27 Abs. 2 MRK einstimmig als unzulässig erklärte wurde, abgeschlossen). Seine Nichtigkeitsbeschwerde sei letztlich mit der Begründung abgelehnt worden, dass nach Ansicht des Gerichtes bei der Postzustellung ein "Formfehler" (beim Ausfüllen des Rückscheines) unterlaufen sei. Strafanzeigen gegen den Zusteller und seinen Strafverteidiger (Amtsmissbrauch bzw. Anstiftung dazu) wären nach § 90 StPO von der StAA zurückgelegt worden. Entgegen dem Auftrag des OGH seien seinem Anwalt die Erhebungsergebnisse nicht vorgehalten worden. Der OGH habe dem unrichtigen Bericht des beauftragten Erstgerichtes geglaubt, was dazu geführt habe, dass das erstinstanzliche Urteil keiner sachlichen Prüfung unterzogen worden sei. Dieses Urteil der ersten Instanz sei aber fehlerhaft (wird näher ausgeführt). Sein ihm zufließendes Einkommen beschränke sich auf das Existenzminimum "laut gesetzlicher Abrechnung", deren Modus sicherlich bekannt sei. Sein Einkommen sei bei den objektiven Erfordernissen für drei sich in Ausbildung befindliche Kinder, die im gemeinsamen Haushalt lebten, sowie bei den sich aus seiner lebensbedrohenden, dem BRA bekannten Erkrankung ergebenden Notwendigkeiten für die Anschaffung teurer Lernbehelfe, der Selbstbehalte bei Linsen, Brillen u dgl. nicht ausreichend.
Nach den Verwaltungsakten wurden dem Beschwerdeführer mit Bescheid der PVAng vom 1. März 1995 auf Grund eines vor dem Arbeits- und Sozialgericht am 24. Jänner 1995 abgeschlossenen Vergleiches rückwirkend ab 1. Juli 1993 ein Pflegegeld in der Höhe der Stufe 1 zuerkannt.
Mit Beschluss des LG Feldkirch vom 7. September 1998 wurde der Konkurs über das Vermögen des Beschwerdeführers nach Verteilung der Masse gemäß § 139 Abs. 1 der Konkursordnung aufgehoben.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 4. August 1999 wies die belangte Behörde die Berufung ab. Nach §§ 52 Abs. 1 und 29 Abs. 1 und 4 PG seien die Gewährung eines Vorschusses oder einer Geldaushilfe an das Vorliegen einer unverschuldeten Notlage oder sonst berücksichtigungswürdiger Gründe gebunden.
Unter Notlage verstehe man im allgemeinen Sprachgebrauch eine schwierige bedrängte finanzielle Lage, die vor allem dann vorliege, wenn dem Betroffenen die Befriedigung seiner notwendigen Lebensbedürfnisse (und die seiner Familie) unmöglich sei. In eine allenfalls gegebene Notlage müsse aber der Betroffene unverschuldet geraten sein. Schuld sei dabei eine Eigenschaft der Verursachung und ohne diese nicht gegeben. Unverschuldet sei also mit "ohne Zutun des Betroffenen" gleichzusetzen. Es könne aber keine Rede davon sein, dass der Beschwerdeführer und seine Familie ohne sein Zutun in die gegebene finanzielle Situation, die er als bedrängt bezeichne, geraten seien. Denn durch das Urteil des LG Feldkirch vom 19. November 1991 sei er neben einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren zu einer Geldstrafe von 4 Millionen Schilling verurteilt und außerdem schuldig gesprochen worden, an den Masseverwalter der Sch. GesmbH 13 Millionen Schilling zu bezahlen. Wenn er durch die Rechtsfolgen dieser bereits rechtkräftigen Verurteilung in die von ihm als Notlage bezeichnete Situation geraten sei, könne nicht davon gesprochen werden, dass dies "unverschuldet" iS des § 29 PG geschehen sei. Die Beurteilung einer rechtskräftigen Entscheidung eines Gerichtes stehe wegen der Bindungswirkung einer Verwaltungsbehörde nicht zu. Die gegen das Strafurteil in der Berufung vorgebrachten Einwände gingen daher ins Leere.
Ob berücksichtigungswürdige Gründe vorlägen - darunter seien vor allem soziale Gründe zu verstehen - sei an Hand der Gegenüberstellung des dem Beschwerdeführer zugeflossenen bzw. zufließenden Einkommens und den von ihm geltend gemachten Mehrausgaben zu prüfen. Neben dem ihm ab Ende 1992 gebührenden Unterhaltsbeitrag samt Nebengebührenzulage beziehe der Beschwerdeführer auch eine Berufsunfähigkeitspension der PVAng sowie (derzeit) Pflegegeld der Stufe 2. Es stünden ihm somit insgesamt ein monatliches Nettoeinkommen zu, das 1994 S 45.982,--, 1995 S 47.360,--, 1996 S 49.782, 70, 1997 S 48.403,50, 1998 S 49.011,50 betragen habe und 1999 S 48.024,-- (nach Abzug der Verbotseinbehalte) betrage, wozu noch die vierteljährlichen Sonderzahlungen kämen. Im Hinblick darauf, dass der nach dem PG zu berücksichtigende notwendige monatliche Lebensunterhalt für eine fünfköpfige Familie ab 1. Jänner 1994 S 13.097,--, ab 1. Jänner 1995 S 13.463,--, ab 1. Jänner 1996 S 13.773,--, ab 1. Jänner 1998 S 13.956,-- brutto betragen habe und ab 1. Jänner 1999 S 14.166,-- brutto betrage, würden die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Mehraufwendungen für krankheitsbedingte Ausgaben und für Ausgaben, die der Ausbildung seiner Kinder dienten, selbst bei Berücksichtigung der Raten, mit denen die Übergenüsse hereingebracht worden seien, durch das ihm zugeflossene und zufließende Einkommen als ausreichend abgedeckt anzusehen sein. In diesem Zusammenhang müsse auch auf die im Urteil des LG Feldkirch vom 30. Oktober 1991, das gegen die Gattin des Beschwerdeführers (als (formelle) Geschäftsführerin der Sch. GmbH) ergangen sei, enthaltenen Feststellungen verwiesen werden, wonach "nach der Überzeugung des Gerichtes ein erheblicher Geldbetrag durch das Ehepaar ... ins Ausland geschafft und dort noch vorhanden ist."
Daran, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Mehrausgaben als durch sein Einkommen gedeckt anzusehen seien, könne selbst der Umstand nichts ändern, dass die ihm überwiesenen Beträge der Pfändung durch das LG Feldkirch unterworfen gewesen seien. Denn hätten die pfändungsfreien Beiträge nicht zur Deckung der geltend gemachten Mehraufwendungen ausgereicht, wäre es dem Beschwerdeführer freigestanden, beim Exekutionsgericht eine Erhöhung der pfändungsfreien Beträge gemäß § 8 lit. b des Lohnpfändungsgesetzes 1985 zu erwirken. In der Zwischenzeit sei aber mit Beschluss vom 7. September 1998 der Konkurs über das Vermögen des Beschwerdeführers aufgehoben worden, sodass ihm seither das Einkommen im vollen Umfang zur Verfügung stehe. Es lägen daher auch nicht die vom Gesetz für die Gewährung eines Pensionsvorschusses oder einer Geldaushilfe alternativ geforderten berücksichtigungswürdigen Gründe vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
I. Rechtslage
1. Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979)
Gemäß § 20 Abs. 2 BDG 1979 (Stammfassung BGBl. Nr. 333) wird beim Beamten des Ruhestandes das Dienstverhältnis außerdem durch
1. die Verhängung der Disziplinarstrafe des Verlustes aller aus dem Dienstverhältnis fließenden Rechte und Ansprüche,
2. die Verurteilung durch ein inländisches Gericht wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe aufgelöst. Das Dienstverhältnis wird jedoch nicht aufgelöst, wenn diese Rechtsfolge der Verurteilung bedingt nachgesehen wird, es sei denn, dass die Nachsicht widerrufen wird.
Durch die Auflösung des Dienstverhältnisses erlöschen, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, alle aus dem Dienstverhältnis sich ergebenden Anwartschaften, Rechte und Befugnisse des Beamten und seiner Angehörigen (§ 20 Abs. 3 Satz 1 BDG 1979 - Stammfassung).
2. Pensionsgesetz 1965 (PG)
2.1. Nach § 11 lit. f PG in der Fassung der 5. PG-Novelle, BGBl. Nr. 393/1974, erlischt der Anspruch auf Ruhegenuss durch Verurteilung durch ein inländisches Gericht wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe. Der Anspruch erlischt nicht, wenn diese Rechtsfolge der Verurteilung bedingt nachgesehen wird, es sei denn, dass die Nachsicht widerrufen wird.
2.2. Gemäß § 50 Abs. 1 PG, BGBl. Nr. 340/1965 (Stammfassung), gebührt dem ehemaligen Beamten des Ruhestandes, dessen Anspruch auf Ruhegenuss infolge gerichtlicher oder disziplinärer
Verurteilung erloschen ist, ein monatlicher Unterhaltsbeitrag in der Höhe von 75 v.H. des Ruhegenusses und der Ruhegenusszulage, auf die der ehemalige Beamte Anspruch hätte, wenn er nicht
verurteilt worden wäre.
Abs. 2 dieser Bestimmung (in der im Beschwerdefall maßgebenden Stammfassung) lautet:
"Der Unterhaltsbeitrag kann aus berücksichtigungswürdigen Gründen von dem der Tilgung der Verurteilung folgenden Monatsersten an mit Zustimmung des Bundesministeriums für Finanzen bis zum Betrag des Ruhegenusses und der Ruhegenusszulage erhöht werden, auf die der ehemalige Beamte Anspruch hätte, wenn er nicht verurteilt worden wäre. Das Gleiche gilt für den Fall einer disziplinären Verurteilung, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung drei Jahre verstrichen sind."
2.3. § 52 PG enthält "Gemeinsame Bestimmungen für Empfänger von Unterhaltsbeiträgen" (als solche kommen nach § 49 PG auch Angehörige und Hinterbliebene eines entlassenen Beamten und nach § 51 Hinterbliebene eines ehemaligen Beamten des Ruhestandes in Betracht).
Nach der im Beschwerdefall maßgebenden Stammfassung des § 52 Abs. 1 PG sind auf Empfänger von Unterhaltsbeiträgen
die Bestimmungen der §§ 25 bis 41 sinngemäß anzuwenden.
2.4. Die auszugsweise wiedergegebenen Bestimmungen des § 29 PG lauten in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung (Stammfassung ausgenommen Abs. 4; dieser in der Fassung der 8. PG-Novelle, BGBl. Nr. 426/1985):
"Vorschuss und Geldaushilfe
(1) Ist eine Person, die Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss hat, unverschuldet in Notlage geraten oder liegen sonst berücksichtigungswürdige Gründe vor, so kann ihr auf Antrag ein Vorschuss bis zur Höhe des dreifachen Ruhe- oder Versorgungsbezuges gewährt werden. Die Gewährung des Vorschusses kann von Sicherstellungen abhängig gemacht werden.
(2) Der Vorschuss ist durch Abzug von den gebührenden Ruhe- und Versorgungsbezügen längstens binnen vier Jahren hereinzubringen, bei der Festsetzung der Abzugsraten ist auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Vorschussempfängers billige Rücksicht zu nehmen. ...
(3) Wenn besonders berücksichtigungswürdige Gründe vorhanden sind, können auch ein höherer Vorschuss und längere Rückzahlungsfristen bewilligt werden.
(4) Ist eine Person, die Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss hat, unverschuldet in Not geraten oder liegen sonst berücksichtigungswürdige Gründe vor, so kann ihr auch eine Geldaushilfe gewährt werden."
2.5. § 26 PG regelt die "Ergänzungszulage". Sie gebührt nach Abs. 1 Satz 1 dieser Bestimmung (Stammfassung) einer Person, die Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss hat und deren monatliches Gesamteinkommen (das in Abs. 2 näher umschrieben wird) die Höhe des Mindestsatzes (Abs. 5) nicht erreicht, auf deren Antrag. Das Erfordernis eines Antrages entfällt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach dem letzten Satz des Abs. 1 in der Fassung der 8. PG-Novelle, BGBl. Nr. 426/1985.
Die Mindestsätze sind nach Satz 1 des § 26 Abs. 5 PG durch Verordnung der BReg festzusetzen, wobei bestimmte im Gesetz festgelegte Grundsätze zu beachten sind. Nach Z. 1 dieser Bestimmung (Stammfassung) sind die Mindestsätze so festzusetzen, dass der notwendige Lebensunterhalt des Beamten und seiner Angehörigen sowie der Hinterbliebenen gesichert ist.
Derartige Verordnungen (als Ergänzungszulagenverordnung-ErgZV bezeichnet) werden in der Regel jährlich erlassen und im Bundesgesetzblatt kundgemacht, so z.B. die ErgZV 1999 im BGBl. II Nr. 469.
3. Exekutionsordnung (EO)
§ 292a EO in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 628/1991 (mit dieser Novelle wurden die bisher im Lohnpfändungsgesetz enthaltenen Regelungen mit Abänderungen in die EO übernommen) lautet:
"Erhöhung des unpfändbaren Betrags
§ 292a. Das Exekutionsgericht hat auf Antrag den unpfändbaren Freibetrag angemessen zu erhöhen, wenn dies mit Rücksicht auf
1. wesentliche Mehrauslagen des Verpflichteten, insbesondere wegen Hilflosigkeit, Gebrechlichkeit oder Krankheit des Verpflichteten oder seiner unterhaltsberechtigten Familienangehörigen, oder
2. unvermeidbare Wohnungskosten, die im Verhältnis zu dem Betrag, der dem Verpflichteten zur Lebensführung verbleibt, unangemessen hoch sind, oder
3. besondere Aufwendungen des Verpflichteten, die in sachlichem Zusammenhang mit seiner Berufsausübung stehen, oder
4. einen Notstand des Verpflichteten infolge eines Unglücks- oder eines Todesfalls oder
5. besonders umfangreiche gesetzliche Unterhaltspflichten des Verpflichteten dringend geboten ist und nicht die Gefahr besteht, dass der betreibende Gläubiger dadurch schwer geschädigt werden könnte."
II. Beschwerdeausführungen und Erwägungen
1. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf (gesetzmäßige Entscheidung über einen von ihm geltend gemachten) Anspruch auf Vorschuss und Geldaushilfe nach § 29 PG durch unrichtige Anwendung dieser Norm (in Verbindung mit der MRK, insbesondere deren Art. 6) sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG; §§ 37, 39 und 60 AVG) verletzt.
2.1. Unter dem Gesichtpunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt er vor, die belangte Behörde habe ihre Entscheidung nicht mit Ermessenserwägungen begründet, sondern das Vorliegen der der Ermessensübung vorgelagerten Voraussetzungen (unverschuldete Notlage; sonst berücksichtigungswürdige Gründe) verneint. Dabei sei sie von einer verfehlten Auffassung ausgegangen.
Was die "unverschuldete Notlage" im Sinn des § 29 PG betreffe, gehe es dabei nicht um einen nach abstrakten Merkmalen zu beurteilenden Begriff. Sachadäquat könne nur die individuell konkrete Situation sein. Die belangte Behörde hätte daher die individuellen Gegebenheiten seiner Familie erheben müssen. Das Entstehen der Notlage sei das Ergebnis einer konkreten Entwicklung, die nicht allein durch statistische Daten erfasst werden könne.
Das PG diene der Versorgung der Familienmitglieder (im engeren Sinn bei Fehlen eines ausreichenden eigenen Einkommens), und zwar auch im Fall der Gebührlichkeit eines Unterhaltsbeitrages nach § 50 PG. Dies sei für das Element der Schuldlosigkeit von Bedeutung, in das auch die Familienmitglieder mit einzubeziehen seien. Die Voraussetzung der unverschuldeten Notlage sei im Beschwerdefall jedenfalls soweit als erfüllt anzusehen, als seine Familie zweifellos kein Verschulden an dieser Situation treffe. Über seinen Antrag wäre daher in dem Ausmaß positiv zu entscheiden gewesen, als durch den Vorschuss und eine Geldaushilfe ein Beitrag für die Linderung von deren Not erfolgt wäre. Dass die belangte Behörde dies nicht erkannt habe, führe jedenfalls zu einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit.
Unrichtig sei aber auch die Beurteilung seiner Schuld an der Notlage. An der Versäumung der Rechtsmittelfrist im Strafverfahren treffe ihn kein Verschulden. Grundsätzlich sei allerdings im Sinn der belangten Behörde davon auszugehen, dass ein rechtskräftiges strafgerichtliches Urteil für die (Verwaltungs)Behörde bindend sei. Dies gelte aber nicht bei Anhängigkeit einer MRK-Beschwerde. Auch die MRK sei Teil der österreichischen Rechtsordnung. Wenn ein derartiges Verfahren geführt werde, das zum Ergebnis führen könne, dass der Beschwerdeführer durch die strafgerichtliche Verurteilung in seinen Grundrechten verletzt worden sei, könne keine Bindungswirkung bestehen. Die MRK sei das übergeordnete Recht, das nur zum Tragen komme, wenn zuvor innerstaatlich ein Unrecht geschehen sei. Im Verhältnis zu ihr könne die Rechtskraft der innerstaatlichen Entscheidung nicht von entscheidender Bedeutung sein. Dabei sei es bedeutungslos, dass die MRK-Beschwerde keine "aufschiebende Wirkung" habe. Dieses "internationale Recht" sei überhaupt nicht im Sinne eines - sei es auch nur außerordentlichen - Rechtsmittels gestaltet, so dass der Gesichtspunkt (Eintritt einer aufschiebenden Wirkung oder nicht) von vornherein nicht erheblich sein könne. Es bestehe daher seiner Auffassung nach bei der Anhängigkeit einer MRK-Beschwerde unbeschadet der Rechtskraft der in Prüfung gezogenen innerstaatlichen Entscheidung (hier: strafgerichtliches Urteil) die Verpflichtung aller anderen Behörden, zu beurteilen, ob es sich dabei "um einen fundierten Akt der Rechtsverfolgung handelt oder nicht". Nur wenn die Beurteilung ergebe, dass der Betroffene etwas offensichtlich Aussichtsloses versuche, könne die Berücksichtigung (gemeint ist offenbar: des Umstandes der Anhängigkeit einer Individualbeschwerde nach der MRK) unterbleiben. Im Beschwerdefall treffe das aber nicht zu, weil seine Verteidigungsrechte verletzt worden seien (Aufzwingen einer Hauptverhandlung, bei der er sich wegen seines Gesundheitszustandes nicht adäquat habe verteidigen können, durch Beiziehen eines Assistenzarztes, der den Beschwerdeführer trotz seiner gesundheitsbedingten Beeinträchtigung im Sinne des "gewünschten Ergebnisses" als verhandlungsfähig eingestuft habe). Bei den Erhebungen zur Versäumung der Rechtsmittelfrist seien Verfahrensfehler (insbesondere Verletzung des Parteiengehörs) unterlaufen (wird näher ausgeführt). Bei der Überlastung des EGMR sei es im Hinblick auf die Notlage des Betroffenen völlig unerträglich, dass die Entscheidung des "Grundrechtsgerichtshofes" abgewartet werden müsse.
Aus all diesen Gründen hätte die belangte Behörde seine Notlage und die seiner Familie anerkennen und davon ausgehend positiv entscheiden müssen.
Dass darüber hinaus auch die alternative Voraussetzung der sonstigen berücksichtigungswürdigen Gründe gegeben sei, ergebe sich schon aus seinem vorigen Beschwerdeausführungen. Gerade in dieser Beziehung sei speziell die Situation seiner Familie zu berücksichtigen, die selbst bei einem ihm unterstellten Verschulden für eine positive Entscheidung spreche.
2.2. Dem ist Folgendes zu erwidern:
2.2.1. Zutreffend hat der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde das Vorliegen der (gleichen) alternativen Voraussetzungen für die Gewährung eines (Pensions)Vorschusses (§ 29 Abs. 1 PG) oder einer Geldaushilfe (§ 29 Abs. 4 leg.cit.) verneint und ihre aus seiner Sicht negative Sachentscheidung über seinen Antrag nach § 29 PG nicht mit Ermessenserwägungen begründet hat, die erst dann anzustellen sind, wenn diese Voraussetzungen bejaht werden. Es kann daher aus der Sicht des Beschwerdefalles dahingestellt bleiben, ob und in welchem Umfang der Pensionsbehörde bei Vorliegen der genannten alternativen Voraussetzungen vom Gesetzgeber Ermessen (im Sinn des Art. 130 Abs. 2 B-VG) eingeräumt wird (vgl. in diesem Zusammenhang das zu § 23 Abs. 1 GehG (Gehaltsvorschuss) in der Fassung vor dem Deregulierungsgesetz - Öffentlicher Dienst 2002, BGBl. I Nr. 119, der wörtlich mit § 29 Abs. 1 PG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung übereinstimmt, ergangene hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1995, Zl. 93/12/0292, wonach es sich jedenfalls bei der Festsetzung der Höhe des Gehaltsvorschusses um eine Ermessensentscheidung handelt).
Mangels einer Sonderregelung haben sowohl die Behörde erster als auch zweiter Instanz diejenige Sach- und Rechtslage ihrer Entscheidungsfindung zugrunde zu legen, die im Zeitpunkt ihrer jeweiligen Entscheidung vorliegt (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I2, unter E 322 zu § 56 AVG angeführte Judikatur). Da die Gebührlichkeit eines (Pensions)Vorschusses und einer Geldaushilfe von einem positiven behördlichen Willensakt (Bescheid) abhängt und sich aus § 29 PG auch nicht ergibt, dass es auf eine andere Sach- und Rechtslage als die zum Zeitpunkt der (jeweiligen) Entscheidungsfindung ankommt, hatte die belangte Behörde im Beschwerdefall von dem im Zeitpunkt ihrer Entscheidung gegebenen Sachverhalt (nur das ist hier mangels einer Änderung der Rechtslage von Interesse) auszugehen.
2.2.2. Der Beschwerdeführer macht primär geltend, dass die belangte Behörde die erste Eingangsvoraussetzung für einen rückzahlbaren (Pensions)Vorschuss oder eine nicht rückzahlbare Geldaushilfe (nach § 29 Abs. 1 oder Abs. 4 PG; im Folgenden kurz § 29 PG), nämlich das Vorliegen einer unverschuldeten Notlage, zu Unrecht verneint hat.
2.2.2.1. Aus dem Regelungszusammenhang ergibt sich, dass die unverschuldete Notlage im Sinn des § 29 PG ein besonders hervorgehobener Fall der zweiten Tatbestandsalternative "sonst berücksichtigungswürdige Gründe" ist; dem vorangestellten (Verbindungs)Wort "sonst" kommt hier nämlich die Bedeutung von "außerdem" bzw. "andere" zu.
2.2.2.2. Die sinngemäße Anwendbarkeit des § 29 kommt nach § 52 Abs. 1 PG u.a. auch im Fall eines ehemaligen Beamten des Ruhestandes in Betracht, der - wie der Beschwerdeführer - einen Anspruch auf einen Unterhaltsbeitrag nach § 50 PG hat.
Dabei besteht zwischen § 50 und § 29 PG folgender Zusammenhang, der für die Auslegung der zuletzt genannten Bestimmung von Bedeutung ist:
Die Bezeichnung des "Ersatzanspruches" nach § 50 Abs. 1 PG als Unterhaltsbeitrag macht seine Funktion als (wenn auch - weil um ein Viertel unter dem vor der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung bestandenen Anspruch auf Ruhebezug liegend - eingeschränkte) Versorgungssicherung der Lebensbedürfnisse des ehemaligen Beamten des Ruhestandes und seiner Angehörigen deutlich, mit dem der Betroffene (und zu seinen Lebzeiten auch seine Angehörigen) bei einer durchschnittlichen Betrachtung im Normalfall (wenn auch mit gewissen Einschränkungen) das Auslangen findet und auch zu finden hat. Diese im Ergebnis bewirkte Kürzung der Versorgungsleistung, die vom System der gesetzlichen Sozialversicherung abweicht, ist eine Folge der besonderen Ausprägung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, das grundsätzlich (wenn auch mit im Dienst- und Ruhestand unterschiedlichen wechselseitigen Rechten und Pflichten) auf Lebenszeit des Beamten angelegt und durch besondere wechselseitige Treue- und Fürsorgepflichten gekennzeichnet ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2002, Zl. 2000/12/0234). Dies wirkt auch im Fall der (ausnahmsweisen) Beendigung des Ruhestandsverhältnisses (§ 20 Abs. 2 Z. 2 BDG 1979) und dem Erlöschen der Ansprüche nach § 11 lit. f PG weiter.
Vor diesem Hintergrund kommt der Bestimmung des § 50 Abs. 2 PG die Bedeutung zu, im Einzelfall auf atypische Situationen ("aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen") reagieren zu können, die vor allem dadurch gekennzeichnet sind, dass
a) sie zu nachhaltigen außergewöhnlichen Ausgaben führen, die der ehemalige Beamte des Ruhestandes selbst zu tragen hat,
b) der ehemalige Beamte des Ruhestandes deren Entstehung nicht zu vertreten hat und er sich diesen auch nicht (z.B. wegen sonstiger Gefährdung seiner eigenen Existenz oder der seiner Angehörigen) entziehen kann und
c) deren Finanzierung ihm aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln (einschließlich seines Vermögens) unter Berücksichtigung der Sicherung seines Lebensunterhaltes nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer nicht zugemutet werden kann.
Diese (hier abstrakt umschriebenen) Härtefälle, die gleichsam außerhalb des Üblichen (des Regelfalls) liegen, den § 50 Abs. 1 PG vor Augen hat, sind von der Bestimmung des § 50 Abs. 2 PG erfasst. Insofern hat diese Bestimmung den Charakter einer auf den Einzelfall abgestellten Billigkeitsregel.
Dass es sich nicht bloß um (vorübergehende) Bedürfnisse mit vergleichsweise geringem Finanzierungsbedarf handelt, ergibt sich zum einen daraus, dass es sich bei der Erhöhung nach § 50 Abs. 2 PG mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung um eine "Dauermaßnahme" handelt, zum anderen daraus, dass die u.a. sinngemäß auch für den ehemaligen Beamten des Ruhestandes geltende Bestimmung des § 29 PG (Vorschuss; vor allem aber die Geldaushilfe) primär darauf abzielen, vorübergehenden "Engpässen" abzuhelfen und so gleichsam die Untergrenze für die Anwendbarkeit des § 50 Abs. 2 PG markieren (so bereits das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2002, Zl. 2000/12/0234, für den dort vorliegenden Fall, dass wegen der nicht ausgeschlossenen Anwendbarkeit des § 50 Abs. 2 PG eine Abgrenzung zu den Maßnahmen nach § 29 leg. cit. vorzunehmen war. Ähnlich zum Verhältnis des § 29 zu der im (ehemaligen) § 9 Abs. 2 PG in der Fassung der 8. PG-Novelle, BGBl. Nr. 426/1985, vorgesehenen Maßnahme (Erhöhung des Ruhegenusses für den Beamten des Ruhestandes zur Sicherung des angemessenen Lebensunterhaltes im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung) das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2002, Zl. 98/12/0001).
Ob dem sinngemäß anzuwendenden § 29 PG im Fall der mangels Tilgung der Verurteilung noch nicht gegebenen Anwendbarkeit des § 50 Abs. 2 PG - was offenkundig im Beschwerdefall zutrifft - eine "erweiterte" Auffangfunktion zukommt, ist im Beschwerdefall, in dem unabhängig davon schon das Vorliegen der Grundvoraussetzungen strittig ist, nicht zu lösen.
Berücksichtigt man diesen im Zusammenhang mit der Gesamtregelung der Einrichtung des Unterhaltsbeitrages stehenden Zweck des § 29 PG, kommt dem (Pensions)Vorschuss und der Geldaushilfe im Fall des ehemaligen Beamten des Ruhestandes eine auf den atypischen Einzelfall abgestellte Ausgleichfunktion für einen in der Regel vorübergehenden gravierenden finanziellen "Engpass" zu. Keinesfalls dienen diese Maßnahmen dazu, eine Finanzierungslücke zur Aufrechterhaltung des vor der Verurteilung gegebenen Lebensstandards zu schließen, der mit dem (im Vergleich zum Unterhaltsbeitrag höheren) bis dahin zustehenden Ruhebezug bestritten werden konnte. Grundsätzlich muss also der ehemalige Beamte des Ruhestandes seine Bedürfnisse und die seiner Angehörigen mit dem ihm zufließenden (niedrigeren) Unterhaltsbeitrag und allfälligen sonstigen Einkünften decken und daher nötigenfalls auch seinen bisherigen Lebensstandard und den seiner Angehörigen einschränken.
2.2.2.3. Vor diesem Hintergrund liegt eine Notlage im Sinn des § 29 PG vor, wenn dem ehemaligen Beamten des Ruhestandes auf Grund außergewöhnlicher Umstände (im obigen Sinn), die zu einem (objektiv) gerechtfertigten Sonderbedarf mit Mehraufwendungen führen (wie z.B. Beschaffung einer neuen Wohnung oder der Wohnungseinrichtung wegen Verlust der bisherigen Wohnmöglichkeit oder dem Verlust der Wohnungseinrichtung durch eine Katastrophe; erhöhte von dritter Seite nicht abgedeckte Kosten zur Abwehr einer lebensbedrohenden Erkrankung oder sonstige zur Wiederherstellung der Gesundheit oder Erhaltung eines bestimmten Gesundheitszustandes unbedingt erforderliche Kosten) die Befriedigung seiner notwendigen Lebensbedürfnisse (und die seiner Angehörigen) in der Regel vorübergehend nicht mehr möglich ist.
2.2.2.4. Um das Vorliegen einer Notlage beurteilen zu können, ist das zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stehende monatliche Einkommen den Ausgaben zur Bestreitung der notwendigen Lebensbedürfnisse (einschließlich des objektiv gerechtfertigten Sonderbedarfs) gegenüberzustellen. Dabei obliegt es dem ehemaligen Beamten in seinem Antrag nach § 29 PG bzw. im Verwaltungsverfahren den Sonderbedarf darzulegen und seinen Finanzbedarf zur Bestreitung der notwendigen Lebensbedürfnisse (einschließlich des Mehraufwandes für den geltend gemachten Sonderbedarf) zu beziffern und entsprechend zu belegen, handelt es sich doch dabei um Angaben aus seiner Lebenssphäre, die (im Regelfall) nur er machen kann, um solcherart der Behörde die Lösung der ihr obliegenden Rechtsfrage zu ermöglichen.
2.2.2.5. Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die monatlichen Nettoeinkünfte des Beschwerdeführers nach Abzug der Übergenüsse und ohne Berücksichtigung der Sonderzahlungen (13. und 14. Bezug) in den Jahren 1994 bis 1999 den an Hand der in diesem Zeitraum (für eine fünfköpfige Familie) geltenden Mindestsätzen in den jeweiligen Ergänzungszulagenverordnungen nach § 26 PG, die sich am notwendigen Lebensunterhalt zu orientieren haben, gegenübergestellt und daraus den Schluss gezogen, dass die (vom Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in seiner Beschwerde näher bezifferten) geltend gemachten Mehraufwendungen (durch seine Krankheit bedingte Ausgaben; Ausbildungskosten für die Kinder) durch das ihm zufließende (über der ErgZV liegende) Einkommen gedeckt sei. Dies auch für den Fall, dass die ihm aus dem Unterhaltsbeitrag und seiner Berufsunfähigkeitspension zustehenden Beträge für die Dauer des über ihn verhängten Konkurses (bis zur Aufhebung mit Beschluss des LG Feldkirch vom 7. September 1998) gepfändet worden seien, weil er die Möglichkeit gehabt hätte, dafür eine Erhöhung des unpfändbaren Freibetrages nach § 292a Z. 1 und 5 EO zu erreichen.
Dieser Darstellung ist der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren (trotz einer solchen bereits im erstinstanzlichen Bescheid enthaltenen, auf das Jahr 1994 abgestellten Begründung) noch in seiner Beschwerde mit ebenso konkreten Gegenbehauptungen entgegengetreten. Weder hat er den von ihm geltend gemachten Sonderbedarf noch seine sonstigen zur Bestreitung der Lebensbedürfnisse für sich und seine Angehörigen (wie z.B. für Wohnung, Nahrung, Kleidung usw.) gemachten Ausgaben in dem nach § 29 PG geführten Verfahren näher beziffert und belegt, wobei es auf die Sachlage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ankommt (siehe oben unter 2.2.1.). Soweit seine Einkünfte (insbesondere Unterhaltsbeitrag;
Berufsunfähigkeitspension nach dem ASVG) zu diesem Zeitpunkt bis auf das Existenzminimum gepfändet gewesen sein sollten, hat er weder im Beschwerdeverfahren noch in seiner Beschwerde geltend gemacht, dass er von der ihm nach § 292a Z. 1 und 5 EO zustehenden Möglichkeit (die nach der Art des von ihm geltend gemachten "Sonderbedarfs" in Frage kämen) Gebrauch gemacht hat und auch diese Maßnahme (aus besonderen Gründen) für die Finanzierung des von ihm geltend gemachten Sonderbedarfs nicht ausgereicht hätte. Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass eine Pfändung der Einkünfte des Beschwerdeführers für die Dauer des Konkurses (der jedoch bereits vor Erlassung des angefochtenen Bescheides aufgehoben war und daher nicht mehr relevant ist) nicht in Betracht gekommen ist. Während dieser Zeit ist für den Unterhalt des Gemeinschuldners und seiner Familie § 5 der Konkursordnung maßgebend.
Zwar hat die belangte Behörde diese Überlegungen bei der Prüfung der alternativen Tatbestandsvoraussetzung nach § 29 PG (sonst berücksichtigungswürdige Gründe) angestellt. Wegen des oben unter 2.2.2.1. dargelegten Zusammenhanges zwischen den beiden Tatbeständen bestehen aber keine Bedenken, die getroffenen Feststellungen auch bei der Beurteilung der Frage heranzuziehen, ob im Beschwerdefall überhaupt eine Notlage im Sinn des § 29 PG gegeben ist.
Vor diesem Hintergrund ist es aber nicht rechtswidrig, wenn auf dem Boden des unbestritten gebliebenen Vergleichs schon das Vorliegen einer Notlage im Sinn des § 29 Abs. 1 oder 4 PG verneint wird.
2.3. Auch wenn es bei diesem Ergebnis nicht darauf ankommt, ob die Notlage verschuldet ist oder nicht, treffen die in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen gleichfalls nicht zu.
2.3.1. Unmissverständlich stellt § 29 Abs. 1 und 4 PG darauf ab, dass die Person, die (unter Berücksichtigung des § 52 Abs. 1 PG) Anspruch auf einen Unterhaltsbeitrag nach § 50 PG hat, unverschuldet in Notlage geraten ist. Das Gesetz enthält keinerlei Ansatz für die vom Beschwerdeführer behauptete gebotene zusätzliche Prüfung, ob diese Voraussetzung auch von den Angehörigen erfüllt wird. Damit ist aber der von ihm gezogenen Schlussfolgerung (Pensionsvorschuss oder Geldaushilfe, soweit dies zur Beseitigung der Notlage der "schuldlosen" Angehörigen erforderlich ist) der Boden entzogen.
2.3.2. Soweit er sich zum Beweis seiner "Schuldlosigkeit" auf seine Individualbeschwerde nach der MRK beruft, ist er darauf hinzuweisen, dass das Konventionsverfahren mit der Zurückweisung seiner Beschwerde durch den obgenannten Beschluss der Kommission vom 17. Jänner 1995 gemäß Art. 27 Abs. 2 MRK als unzulässig beendet wurde und es daher gar nicht mehr zu einer Entscheidung des EGMR kommen konnte (vgl. zu der im Beschwerdefall maßgebenden Rechtslage nach der MRK z.B. Mayer, B-VG2, 1997, Anmerkung zu Art. 27 MRK, sowie Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention2, Rz 2 zu Art. 27 MRK). Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides war daher keine Individualbeschwerde des Beschwerdeführers nach der MRK mehr anhängig.
Im Übrigen sind weder der MRK noch der (damals geltenden) Verfahrensordnung der EKMR Ansatzpunkte für die Auffassung des Beschwerdeführers zu entnehmen, die (bloße) Anhängigkeit einer Individualbeschwerde führe dazu, dass für die Dauer des Verfahrens keine Bindung an den in Beschwerde gezogenen innerstaatlichen rechtskräftigen Rechtsakt bestehe oder die Bindung von einer vom innerstaatlichen Organ vorzunehmenden Prüfung abhängig sei, ob die Beschwerde als "fundierter Akt der Rechtsfolgung" angesehen werden könne. Die Individualbeschwerde ist vielmehr weitgehend dem außerordentlichen Rechtsbehelf einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde vergleichbar. Sie führt allerdings nicht zur Aufhebung der angefochtenen Maßnahme, sondern (im Fall einer Rechtsverletzung) nur zur Feststellung der Konventionsverletzung und gegebenenfalls zur Zuerkennung einer Entschädigung (so Frowein/Peukert, aaO, Rz 2 zu Art. 25). Ob einem Ersuchen nach Art. 36 der Verfahrensordnung der EKMR ("Die Kommission oder, wenn sie nicht tagt, der Präsident kann den Parteien jede vorläufige Maßnahme nahelegen, die im Interesse der Parteien oder der sachgemäßen Durchführung des Verfahrens wünschenswert erscheint.") überhaupt eine die Bindung beseitigende Wirkung zukommen konnte, ist im Beschwerdefall schon deshalb nicht zu untersuchen, weil eine solche Beschwerde im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheid nicht mehr anhängig war. Im Übrigen hat nicht einmal der Beschwerdeführer selbst behauptet, dass es in seinem Fall ein derartiges Ersuchen gegeben habe.
Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde von der Bindung an das rechtkräftige Strafurteil des LG Feldkirch vom 19. November 1991 ausgegangen ist und die vom Beschwerdeführer geltend gemachte finanzielle Situation auf die Hereinbringung der im Zusammenhang mit seinen Straftaten stehenden und damit auf sein Verschulden gründenden, ihm auferlegten Zahlungsverpflichtungen zurückgeführt hat.
2.4. Was den alternativen Tatbestand der sonst berücksichtigungswürdigen Gründe betrifft, hat der Beschwerdeführer im Wesentlichen seine Argumente zum ersten Tatbestand nach § 29 PG wiederholt. Konnte die belangte Behörde aber mangels gehöriger Mitwirkung unbedenklich von der von ihr festgestellten finanziellen Situation des Beschwerdeführers ausgehen (siehe dazu oben), liegt auch diese alternative Grundvoraussetzung nach § 29 Abs. 1 und Abs. 4 PG im Beschwerdefall nicht vor.
3. Aus diesen Gründen war die Beschwerde nach § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 und § 49 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.
Wien, am 11. Dezember 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999120257.X00Im RIS seit
03.04.2003