TE Vwgh Beschluss 2002/12/11 97/12/0005

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Veröffentlicht am 11.12.2002
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
63/07 Personalvertretung;

Norm

PVG 1967 §1 Abs1;
PVG 1967 §15 Abs4;
PVG 1967 §15 Abs5;
PVG 1967 §20 Abs13;
PVG 1967 §20 Abs3 idF 1995/522;
VwGG §33 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, in der Beschwerdesache der Wählergruppe F für die Wahl zum Zentralausschuss beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, vertreten durch den Zustellungsbevollmächtigten Ing. B in W, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Zentralwahlausschusses beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 26. November 1996, Zl. ZWA-B1-96, betreffend Anfechtung der Wahl zum Zentralausschuss, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

In ihrer Sitzung vom 3. Oktober 1995 fasste die belangte Behörde unter anderem den Beschluss, die Wahl zum Zentralausschuss beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten (im Folgenden: ZA) für den 29. und 30. November 1995 für den Bereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten unter ausdrücklichem Ausschluss der "Bereiche des Amtes der Wasserstraßendirektion und des Tiergartens Schönbrunn" auszuschreiben.

Mit der am 31. Oktober 1995 beim ZWA eingelangten Liste erstattete die Beschwerdeführerin einen 29 Kandidaten umfassenden Wahlvorschlag.

Die belangte Behörde fasste hiezu in ihrer Sitzung vom 2. November 1995 den Beschluss, die auf dem von der Beschwerdeführerin eingebrachten Wahlvorschlag an Stelle 7, 12, 25, 27 und 29 gereihten Kandidaten nicht zu berücksichtigen.

Bei der beschwerdegegenständlichen Personalvertretungswahl wurden 5.512 gültige und 269 ungültige Stimmen abgegeben, wobei von den gültigen Stimmen 3.311 auf die Wählergruppe A, 1.393 auf die Beschwerdeführerin, 418 und 390 Stimmen auf die Wählergruppen C beziehungsweise D entfielen und von den im Wahlvorschlag der Beschwerdeführerin angeführten Kandidaten der Erst- und Zweitgereihte gewählt wurden.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 1995 hat die Beschwerdeführerin die beschwerdegegenständliche Wahl gemäß § 20 Abs. 13 Bundes-Personalvertretungsgesetz (PVG) in Verbindung mit § 28 PVG zur Gänze angefochten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Wahlanfechtung gemäß § 20 Abs. 13 in Verbindung mit den §§ 1 Abs. 1, 15 Abs. 4 und 5 und 20 Abs. 3 PVG, BGBl. Nr. 133/1967, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 522/1995, nicht statt und wies den Antrag auf Neuausschreibung der Wahl zum ZA ab.

Nach Darstellung der Rechtslage und des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde begründend aus, dass der Gesetzgeber von einer klaren Trennung ausgehe. § 15 Abs. 4 PVG normiere zwar, dass Bundesbedienstete, die nicht an einer Dienststelle des Bundes verwendet würden, bei der Wahl des ZA wahlberechtigt seien, jedoch gelte gemäß § 16 Abs. 6 des Bundesgesetzes über die Organisationsprivatisierung der Wasserstraßendirektion und die Gründung einer "Österreichische Donau-Betriebs-Aktiengesellschaft" (OPWG) für die dort beschäftigten Bundesbediensteten ausdrücklich das Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG). Diese Regelung sei geeignet, die ausschließliche Anwendbarkeit der Bestimmungen des ArbVG für die beschwerdegegenständlichen Kandidaten zu begründen. Zudem sei zu beachten, dass § 15 Abs. 4 PVG regle, dass das Wahlrecht zum ZA auch jenen Bediensteten zustehe, die nicht an einer Dienststelle des Bundes verwendet würden. Das Amt der Wasserstraßendirektion sei nach der Definition des OPWG eine Dienststelle des Bundes, weshalb § 15 Abs. 4 PVG im Beschwerdefall nicht anwendbar sei. Dies gelte auch für die im Bereich des Tiergartens Schönbrunn verwendeten Bediensteten. Aufgrund dieser Rechtslage sei die beschwerdegegenständliche Wahl nicht für den Bereich der Wasserstraßendirektion und des Amtes des Tiergartens Schönbrunn ausgeschrieben worden. Da die beschwerdegegenständliche Wahl nicht für den Bereich des Amtes der Wasserstraßendirektion und des Amtes des Tiergartens Schönbrunn ausgeschrieben worden sei, bestehe weder ein aktives noch ein passives Wahlrecht der dort beschäftigten Bediensteten beziehungsweise könne denknotwendig auch nicht von einer Aberkennung des passiven Wahlrechtes gesprochen werden. Unter analoger Anwendung des § 20 Abs. 3 PVG sei festgestellt worden, dass die im beschwerdegegenständlichen Wahlvorschlag unzulässiger Weise enthaltenen Personen beziehungsweise die über die gesetzlich vorgesehene Anzahl hinausgehenden Bewerber als nicht angeführt gelten würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Am 19. November 2002 teilte die belangte Behörde auf Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes mit, dass die auf die beschwerdegegenständliche Wahl folgende Funktionsperiode bereits im Jahre 1999 geendet habe.

Der Verwaltungsgerichtshof ersuchte die Beschwerdeführerin daraufhin gemäß § 33 Abs. 1 VwGG um Äußerung binnen Frist, ob noch ein Rechtsschutzbedürfnis an der Erledigung der vorliegenden Beschwerde fortbestehe, komme doch der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes nach Ablauf der Funktionsperiode und zwischenzeitiger Neuwahl offenbar nur mehr theoretische Bedeutung zu.

Die Beschwerdeführerin äußerte sich hiezu dahingehend, dass die in der Beschwerde dargestellte Grundkonstellation unverändert geblieben sei. Dies mit der Maßgabe, dass inzwischen eine weitere Wahl unter dem Aspekt derselben Problematik stattgefunden habe. Eine Wahlanfechtung habe die Beschwerdeführerin unterlassen, weil sie ohnehin keine Aussicht gesehen habe, dass ein Erfolg so rechtzeitig erzielt werden würde, dass sich dies noch auf die laufende Vertretungsperiode relevant auswirken werde. Nach wie vor sei aber das rechtliche Interesse der Beschwerdeführerin gegeben, dass das aktive und insbesondere auch passive Wahlrecht der Beamten mit Dienststelle Schönbunner Tiergarten bzw. Amt der Wasserstraßendirektion bejaht werde. Die Beschwerdeführerin mache geltend, dass dieses rechtliche Interesse auch für das gegenständliche Verfahren maßgeblich sei, halte daher die Beschwerde aufrecht und ersuche um Sachentscheidung.

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgend einer Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im Besonderen durch die belangte Behörde oder allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist mit der Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGG aber nicht nur bei formeller Klaglosstellung, sondern auch bei "Gegenstandslosigkeit" der Beschwerde vorzugehen.

Gegenstandslosigkeit wird angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur auf die Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 10. Dezember 2001, Zl. 2001/10/0094, sowie vom 27. September 2000, Zl. 2000/04/0001, uvm).

Der Verwaltungsgerichtshof geht im Hinblick auf den zwischenzeitigen Ablauf der Funktionsperiode nach der beschwerdegegenständlichen Wahl davon aus, dass die Beschwerdeführerin auch durch die Aufhebung des von ihr angefochtenen Bescheides durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes bezogen auf diese Funktionsperiode und nur dies ist Verfahrensgegenstand nicht günstiger gestellt wäre, als dies ohne meritorische Erledigung über die Beschwerde infolge der Änderung der maßgebenden Umstände der Fall ist. Mehr könnte die Beschwerdeführerin auch im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nicht bewirken. Es ist nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes, in einer Beschwerdesache zu entscheiden, wenn der Entscheidung nach der Sachlage praktisch überhaupt keine Bedeutung mehr zukäme (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 19. November 2002, Zl. 2000/12/0175, und die dort zitierte Vorjudikatur). Dem einzigen Argument gegen den Wegfall des Rechtsschutzinteresses, welches die Beschwerdeführerin vorgebracht hat, wonach ein rechtliches Interesse an der Klärung der passiven Wahlberechtigung von Mitgliedern bestehe, ist zu entgegnen, dass die Frage der Feststellung derselben nicht Hauptfrage des Verfahrens zur Nichtigerklärung der Wahl ist. Das rechtliche Interesse wird aber durch die Hauptfrage bestimmt; es kann nicht für erst in der Zukunft zu entscheidende Fragen vorweg beurteilt werden.

Nach dem Gesagten war daher die vorliegende Beschwerde als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Da die Entscheidung über die Kosten die Lösung einer schwierigen Rechtsfrage vorausgesetzt hätte, war im Sinne des § 58 Abs. 2 letzter Halbsatz VwGG von einem Kostenzuspruch abzusehen.

Wien, am 11. Dezember 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1997120005.X00

Im RIS seit

06.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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