TE Vfgh Erkenntnis 1999/10/16 B1241/97

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Veröffentlicht am 16.10.1999
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art118 Abs7
Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Stadtschlaining. 7. Änderung vom 27.12.91. 15.05.92. 01.10.92 und 19.02.93
ÜbertragungsV der Bgld Landesregierung. LGBl 97/1991
Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Stadtschlaining vom 24.11.95 betr die Freigabe eines Aufschließungsgebietes zur widmungsgemäßen Bebauung
Bgld RaumplanungsG §14 Abs1
Bgld RaumplanungsG §14 Abs2
Bgld RaumplanungsG §14 Abs3 litd
Bgld RaumplanungsG §20 Abs2
Bgld GemeindeO §51 Abs4

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die Widmung von Grundstücken als "Aufschließungsgebiet - Industriegebiet" in einer Flächenwidmungsplanänderung; keine Bedenken gegen die Verordnung des Gemeinderates betreffend die Freigabe des Aufschließungsgebietes zur widmungsgemäßen Bebauung; keine Verletzung im Gleichheitsrecht und im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Abweisung der Berufung der Nachbarn gegen eine Bauplatzerklärung zur Errichtung einer Asphaltmischanlage; keine Bedenken gegen die auf Antrag der Gemeinde durch Verordnung der Landesregierung verfügte Übertragung der Besorgung von Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde aus dem Bereich der örtlichen Baupolizei auf die Bezirkshauptmannschaft

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Stadtschlaining hat am 27. Dezember 1991, 15. Mai 1992, 1. Oktober 1992 und 19. Februar 1993 die 7. Änderung des Flächenwidmungsplanes beschlossen. Im Rahmen dieser Änderung wurden in der KG Neumarkt im Tauchental die Grundstücke Nr. 1226/1 bis 1230 als "Aufschließungsgebiet - Industriegebiet" gewidmet. Mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 22. Juli 1993, Z LAD-RO-3415/99-1993, wurde für diese 7. Änderung des Flächenwidmungsplanes die aufsichtsbehördliche Genehmigung erteilt.

2. Am 24. November 1995 hat der Gemeinderat der Stadtgemeinde Stadtschlaining gemäß §20 Abs2 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1969 idF LGBl. Nr. 12/1994 (in der Folge als Bgld RplG bezeichnet), folgende Verordnung beschlossen:

"...

§1

Auf den Grundstücken Nr. 1226/1 und 1227 bis 1230 der Katastralgemeinde Neumarkt i.T. ist die widmungsgemäße Nutzung zulässig, da dieser keine öffentlichen Interessen wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Natur entgegenstehen und die Erschließung durch Straßen und Versorgungsleitungen gesichert ist.

§2

Diese Verordnung tritt mit Ablauf der Kundmachungsfrist in Kraft."

Diese Verordnung wurde durch Anschlag an der Amtstafel vom 1. Dezember 1995 bis 17. Dezember 1995 kundgemacht. Mit Schreiben der Burgenländischen Landesregierung vom 25. Jänner 1996, Z LAD-RO-3415/110-1996, wurde gemäß §§82 und 87 Abs1 der Burgenländischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 37/1965 in der geltenden Fassung, iVm §28 Abs2 Bgld RplG diese Verordnung zustimmend zur Kenntnis genommen.

3. Am 29. Februar 1996 suchte die A GesmbH um Bauplatzerklärung für das Grundstück Nr. 1230, KG Neumarkt im Tauchental, zur Errichtung einer "Aufbereitungsanlage für bituminöses Mischgut samt Nebenanlagen" an. Mit Bescheid vom 23. Dezember 1996, Z 02/03-208/11, erklärte die Bezirkshauptmannschaft Oberwart das Grundstück Nr. 1230 der KG Neumarkt im Tauchental zum Bauplatz. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des - im Bauplatzerklärungsverfahren Parteistellung innehabenden - Nachbarn und nunmehrigen Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 7. April 1997, ZVI/1-B-197/1-197, abgewiesen.

4. Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Darin wird die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung und die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt. Begründend wird dazu vor allem folgendes ausgeführt:

"a.) Unumgänglich(es) Erfordernis rechtmäßiger Planung durch den Gemeinderat ist, daß der Gemeinderat als zuständige Planungsbehörde die räumlichen Gegebenheiten und die von der Planung betroffenen Interessen sachgerecht und vollständig erhebt. Diese im Bgld. Raumplanungsgesetz normierte Pflicht ergibt sich bereits aus dem Wesen der Planung und bezieht sich auf die Erforschung der maßgeblichen natürlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Voraussetzungen für eine bestimmte (Um-)Widmung eines Grundstückes.

Eine derartige Erhebung der räumlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen fehlt vollständig.

Im Flächenwidmungsplan ist weiters keineswegs darauf hingewiesen, daß das betroffene Grundstück eine natürliche Eignung für den Betrieb einer Asphaltmischanlage aufweist bzw. ist eine solche auch aus den Entscheidungsgrundlagen nicht ersichtlich dargelegt. Die Umwidmung vom Aufschließungsgebiet in Industriegebiet erfolgte überdies ohne Einholung eines Gutachtens zu den betroffenen Umwelt- und Landschaftsschutzaspekten und es erfolgten keinerlei entsprechende Strukturuntersuchungen vor Erlassung dieser somit gesetzeswidrigen Verordnung, welche Grundlage des bekämpften Bescheides ist (§20 Abs2 u. 6 Bgld. Raumplanungsgesetz).

b.) Es wurde vor Erlassung dieser Verordnung keineswegs erörtert, inwieweit dieser Umwidmung keine öffentlichen Interessen wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Natur entgegenstehen, es wurde lediglich festgestellt, daß eine 'Zufahrtsstraße durch eine vorbeiführende Landesstraße gegeben ist und die weitere infrastrukturelle Aufschließung ohne größere Probleme möglich ist'.

Hierbei sei erwähnt, daß sich aus den Antragsunterlagen betreffend die Errichtung der Asphaltmischanlage ergibt, daß ein 30 m hoher Schornstein errichtet wird, welcher das Landschaftsbild des Tauchentales empfindlich stören würde, ferner Gäste des Kurortes Bad Tatzmannsdorf in dieser Region häufig Wanderungen durchführen und die Gemeinde Stadtschlaining selbst in diesem Gebiet 'Dorfurlaub' anbietet, um den 'sanften Tourismus' zu fördern. Es sei auch darauf hingewiesen, daß in einer Tourismusbroschüre, welche den Tourismus der Gemeinde Stadtschlaining beleben soll, darauf hingewiesen wird, daß Stadtschlaining in einem der letzten Reinluftgebiete Mitteleuropas liegt und Lungenfachärzte den Eltern asthmakranker Kinder die Übersiedelung ins Südburgenland anraten.

Bei Erarbeitung der Entscheidungsgrundlagen wäre auch zu beachten gewesen, daß nicht weit von der geplanten Asphaltmischanlage entfernt ein Kinderspiel- sowie ein Sportplatz und das Pflegeheim 'Hegen und Pflegen - Dornau' sich befindet und weiters unmittelbar angrenzend an diese geplante Asphaltmischanlage biologischer Landbau betrieben wird.

Wie sich aus den Planunterlagen ergibt, wird die Zulieferung des Asphaltmischrohmateriales durch die Ortschaft Neumarkt/T. erfolgen, was die Lebensqualität der Bevölkerung sehr beeinträchtigen würde, es ist geplant 50.000 to bis 75.000 to Asphaltmischgut jährlich zu erzeugen.

Nicht zuletzt wäre zu erwägen gewesen, daß es sich bei diesen zugunsten der Fa. P umgewidmeten Grundstücken um die einzigen zu Industriegebiet erklärten in einem Umkreis von sicherlich 5 - 6 km handelt.

Alle diese Bedenken und Erwägungen hätte einer ausführlichen Erörterung bedurft, bevor die angesprochene Verordnung erlassen hätte werden dürfen.

c.) Der Gemeinderat hat es überdies auch unterlassen, vor Festlegung dieser Widmung die gesetzlichen Ziele der Raumordnung im Hinblick auf die räumlichen Gegebenheiten des zu ordnenden Gemeindegebietes ausreichend zu konkretisieren. Hiebei ist insbesondere auf das Bgld. Raumplanungsgesetz, LGBl. 18/1969 in der derzeit geltenden Fassung, insbesondere auf §§11 und 12 zu verweisen, wonach der Flächenwidmungsplan das Gemeindegebiet entsprechend den Gegebenheiten der Natur und unter Berücksichtigung der abschätzbaren wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung der Gemeinde räumlich zu gliedern und Widmungsarten festzulegen hat, wobei bei Aufstellung eines Flächenwidmungsplanes auf die örtliche Raumplanung des Bundes, des Landes und benachbarter Gemeinden Bedacht zu nehmen ist.

Aus diesen Bestimmungen ist abzuleiten, daß der Flächenwidmungsplan in nachvollziehbarer Weise von bestimmten Zielen auszugehen hat, die erkennen lassen, daß sich der Plan in allgemeine rechtspolitische Überlegung einfügt.

Im gegenständlichen Fall wurden die maßgeblichen Planungsziele nicht ausreichend konkretisiert.

d.) Die im Rahmen der Grundlagenforschung zu erhebenden raumrelevanten Belange und Interessen wären mit den Zielen der Raumordnung in Beziehung zu setzen gewesen, d.h., daß diese Belange und Interessen in eine umfassende Abwägungsentscheidung einzubringen gewesen wären. Es hätte seitens des Gemeinderates eine sachgerechte Auseinandersetzung mit den für die räumliche Gestaltung des Gemeindegebietes maßgeblichen Faktoren stattfinden müssen.

Diese Aussagen wären auf die konkreten Gegebenheiten der zu ordnenden Räume zu beziehen und gegeneinander abzuwägen gewesen, wobei auch die Zielkonflikte in nachvollziehbarer Weise aufgelöst hätten werden müssen.

Letztlich hätte diese Abwägung der erfaßten Belange und Interessen eine Aussage darüber möglich machen müssen, ob der Plan den gesetzlichen Zielen entspricht.

Eine derartige Abwägung der erfaßten Belange und Interessen hat seitens des Gemeinderates nicht stattgefunden, eine nachvollziehbare Aussage, darüber, ob der Plan den gesetzlichen Zielen entspricht, ist nicht möglich.

e.) Dem Gemeinderat ist es nur erlaubt(,) eine Abänderung der bestehenden Widmung vorzunehmen, wenn ein entsprechend wichtiger Grund für eine solche vorliegt. Ein derartig wichtiger Grund wurde von der Behörde im gesamten Verfahren betreffend Umwidmung nicht genannt.

Es ist eher anzunehmen, daß, wie sich aus der Niederschrift ergibt, die Umwidmung nur aufgrund des Ansuchens der Fa. P GesmbH. & Co.KG. vorgenommen wurde, um diese Firma zu begünstigen.

Aus all diesen Gründen ist die Verordnung mit Gesetzwidrigkeit behaftet."

5. Die Burgenländische Landesregierung erstattete eine Gegenschrift, in der sie - ohne auf die Frage des gesetzmäßigen Zustandekommens der angefochtenen Verordnung einzugehen - die Abweisung der Beschwerde beantragt.

6. Die Stadtgemeinde Stadtschlaining legte die bezughabenden Verwaltungsakten vor und erstattete eine Äußerung. Darin wird zusammengefaßt vorgebracht, daß die Umwidmung in Industriegebiet notwendig war, um das unzureichende Arbeitsplatzangebot in der Gemeinde zu verbessern.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß §12 Abs1 Bgld RplG hat der Flächenwidmungsplan das Gemeindegebiet entsprechend den Gegebenheiten der Natur und unter Berücksichtigung der abschätzbaren wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung der Gemeinde räumlich zu gliedern und Widmungsarten festzulegen.

Gemäß §14 Abs1 leg. cit. sind als Bauland nur solche Flächen vorzusehen, die sich auf Grund natürlicher Voraussetzungen für die Bebauung eignen und den voraussichtlichen Baulandbedarf der Gemeinde zu decken imstande sind. Gebiete, deren Erschließung unwirtschaftliche Aufwendungen für die Wasserversorgung, die Abwässerbeseitigung, die Stromversorgung oder für den Verkehr erforderlich machen würde oder die sich wegen der Grundwasserverhältnisse, der Bodenverhältnisse oder der Hochwassergefahr für die Bebauung nicht eignen, dürfen nicht als Bauland gewidmet werden.

Als Industriegebiete sind gemäß §14 Abs3 litd leg. cit. solche Flächen vorzusehen, die für Betriebsgebäude und betriebliche Anlagen, im übrigen aber für die dazugehörigen Geschäfts- und Verwaltungsgebäude sowie für den Betrieb notwendige Wohngebäude und Einrichtungen bestimmt sind.

§14 Abs2 Bgld RplG sieht vor, daß innerhalb des Baulands Flächen, deren widmungsgemäßer Verwendung zur Zeit der Planerstellung wegen mangelnder Erschließung öffentliche Interessen entgegenstehen, als Aufschließungsgebiete gekennzeichnet werden können.

2. Wie sich aus den Akten betreffend das Zustandekommen der

7. Änderung des Flächenwidmungsplanes ergibt, ging der Widmung der Grundstücke Nr. 1226/1 bis 1230 als "Aufschließungsgebiet - Industriegebiet" eine ausreichende Grundlagenforschung voraus, in der die Baulandeignung der genannten Grundstücke geprüft (ausreichende Größe, Lage an der Landesstraße 1505, Aufschließungsmöglichkeit über die geplante Kläranlage) und negative Auswirkungen auf andere Grundstücke (die nächste Wohnsiedlung liegt in einer Entfernung von ca. 500 m) verneint wurden. Hauptanliegen der Flächenwidmung war es, den Verlust von Arbeitsplätzen durch Ansiedlung neuer Betriebe auszugleichen.

In einem Gedächtnisprotokoll über einen vom Ausschuß des Raumplanungsbeirates am 8. Juni 1993 durchgeführten Lokalaugenschein ist zur beabsichtigten Widmung der Grundstücke Nr. 1226/1 bis 1230 als "Aufschließungsgebiet - Industriegebiet" festgehalten:

"Nach eingehender Diskussion der Sach- und Rechtslage unter besonderer Berücksichtigung der Zielsetzungen des Entwicklungsprogrammes kommen die Vertreter des Ausschusses zur Auffassung, daß die beabsichtigte Widmung als 'Aufschließungsgebiet - Industriegebiet' im gegenständlichen Fall vertretbar wäre."

Die Ausweisung der genannten Flächen als Aufschließungsgebiet erfolgte - wie ebenfalls die Akten betreffend das Zustandekommen der 7. Änderung des Flächenwidmungsplans erkennen lassen - deswegen, weil zum Zeitpunkt der Festlegung der Widmung die Erschließung der Flächen noch nicht sichergestellt war.

Der Verfassungsgerichtshof hegt daher unter dem Blickwinkel des vorliegenden Beschwerdefalles weder Bedenken gegen die Widmung der genannten Flächen als Industriegebiet noch gegen die Kennzeichnung als Aufschließungsgebiet.

3. Gemäß §20 Abs2 Bgld RplG sind in Aufschließungsgebieten unter anderem Bauplatzerklärungen erst zulässig, wenn der Gemeinderat durch Verordnung feststellt, daß der widmungsgemäßen Verwendung dieser Gebiete keine öffentlichen Interessen wirtschaftlicher, sozialer oder kultureller Natur entgegenstehen und die Erschließung durch Straßen und Versorgungsleitungen gesichert ist.

Der Beschwerdeführer behauptet, u.a. das Grundstück 1230 der KG Neumarkt sei durch die Verordnung des Gemeinderates vom 24. November 1995 ohne ausreichende Grundlagenforschung in Industriegebiet umgewidmet worden. Diese Behauptung trifft jedoch nicht zu. Die Widmung als Industriegebiet erfolgte bereits mit der 7. Änderung des Flächenwidmungsplanes, deren Erlassung jedoch - wie oben ausgeführt - eine ausreichende Grundlagenforschung zugrunde liegt. Mit der vom Beschwerdeführer bekämpften Verordnung wurde das Aufschließungsgebiet zur widmungsgemäßen Bebauung freigegeben.

Die Voraussetzungen für die Freigabe des Aufschließungsgebietes wurden vom Gemeinderat der Stadtgemeinde Stadtschlaining in seiner Sitzung am 24. November 1995 folgendermaßen begründet:

"Da eine Zufahrtsstraße durch die vorbeiführende Landesstraße 'Neumarkt i.T. - Großpetersdorf' bereits vorhanden und die weitere infrastrukturelle Aufschließung (Kanal: Grundstücke liegen neben Kläranlage; Strom: Trafo auf Kläranlagengrund vorhanden) ohne größere Probleme möglich ist, sprechen sich alle Gemeinderäte für eine Umwidmung aus."

Im Hinblick darauf, daß gemäß §14 Abs2 Bgld RplG innerhalb des Baulands Flächen nur dann als Aufschließungsgebiete gekennzeichnet werden dürfen, wenn deren widmungsgemäßer Verwendung zur Zeit der Planerstellung wegen mangelnder Erschließung öffentliche Interessen entgegenstehen, hegt der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken dagegen, daß der Gemeinderat die Freigabe des Aufschließungsgebietes ausschließlich damit begründet hat, daß die Straßenanbindung vorhanden ist und die weitere infrastrukturelle Aufschließung "ohne größere Probleme möglich ist".

Der Beschwerdeführer ist daher durch den angefochtenen Bescheid nicht in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung verletzt worden.

4. Der Beschwerdeführer behauptet weiters, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt zu sein. Diese Behauptung begründet der Beschwerdeführer damit, daß die Behörde auf das Vorbringen in der Berufung, die Baubeschreibung sei mangelhaft, nicht eingegangen sei. Außerdem habe die Behörde keine Überprüfung vorgenommen, ob zur Erschließung des Grundstückes unwirtschaftliche Aufwendungen erforderlich seien. Schließlich habe die Behörde nur unzureichend überprüft, ob für den Brandschutz ausreichend gesorgt sei.

Dieses Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, ein willkürliches Handeln der Behörde darzutun, das in die Verfassungssphäre eingreift. Von einem Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. VfSlg. 8808/1980, 10338/1985, 11213/1987) kann im vorliegenden Fall keine Rede sein.

Der Beschwerdeführer ist daher auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

5. Schließlich behauptet der Beschwerdeführer, im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein, weil sowohl die Bezirkshauptmannschaft Oberwart als auch die Burgenländische Landesregierung als unzuständige Behörde entschieden hätten.

Die Bezirkshauptmannschaft Oberwart habe ihre Zuständigkeit auf die Verordnung LGBl. Nr. 97/1991 gestützt. Die Beschwerde behauptet, daß die Bgld Gemeindeordnung keine pauschale Übertragung der Zuständigkeit von der Gemeinde auf die Bezirkshauptmannschaft für einen unbegrenzten Zeitraum vorsähe. Da der Grund für die Erlassung der Verordnung der Landesregierung nicht über einen Zeitraum von 7 Jahren bestehen könne, sei die Übertragungsverordnung gesetzwidrig.

Gemäß Art118 Abs7 B-VG kann auf Antrag einer Gemeinde die Besorgung einzelner Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung durch Verordnung der Landesregierung auf eine staatliche Behörde übertragen werden. Eine solche Verordnung ist - gemäß dem vorletzten Satz dieser Bestimmung - aufzuheben, sobald der Grund für ihre Erlassung weggefallen ist.

Mit Verordnung vom 4. Dezember 1991, LGBl. Nr. 97 wurde u.a. auf Antrag der Gemeinde Stadtschlaining gemäß §51 Abs4 Bgld Gemeindeordnung die Besorgung folgender Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches dieser Gemeinden aus dem Bereich der örtlichen Baupolizei auf die jeweils angeführte Bezirkshauptmannschaft (von der Gemeinde Stadtschlaining gemäß Punkt VII. auf die Bezirkshauptmannschaft Oberwart) übertragen; diese Übertragung bezieht sich nicht auf bundeseigene Gebäude, die öffentlichen Zwecken dienen (Art15 Abs5 B-VG):

"1. Baubewilligung und Benützungsbewilligung in jenen Fällen, in denen nach der Gewerbeordnung die gewerbebehördliche Genehmigung der Betriebsanlage erforderlich ist. Die Übertragung bezieht sich auf den ganzen Bau, wenn auch nur ein Teil des Baues der gewerbebehördlichen Genehmigungspflicht unterliegt;

...

3. Bauplatzerklärungen in den Fällen der Z1 und 2, soweit eine solche im Zeitpunkt des Antrages auf Erteilung der Baubewilligung noch nicht vorhanden ist."

Der Grund für die Übertragung der angeführten Angelegenheiten der örtlichen Baupolizei auf die Bezirkshauptmannschaft liegt offenbar darin, Baubewilligungsverfahren und gewerbebehördliches Betriebsanlagengenehmigungsverfahren bei einer Behörde zu konzentrieren und damit die negativen Auswirkungen der Kumulation von Bewilligungsverfahren, die von verschiedenen Behörden abzuführen sind, zu mildern. Der Verfassungsgerichtshof hegt weder gegen eine derartige Übertragung von Angelegenheiten aus dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde auf die staatlichen Behörden Bedenken, noch ist er der Meinung, daß der Grund für die seinerzeitige Übertragung weggefallen ist.

Der Beschwerdeführer ist daher auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

4. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Gemeinderecht, Delegierung, Wirkungsbereich eigener, Baupolizei örtliche, Behördenzuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B1241.1997

Dokumentnummer

JFT_10008984_97B01241_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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