TE Vwgh Erkenntnis 2002/12/12 2002/07/0114

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Veröffentlicht am 12.12.2002
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Index

L66208 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Vorarlberg;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
80/06 Bodenreform;

Norm

GSGG §1;
GSGG §11;
GSGG §12;
GSLG Vlbg 1963 §1;
GSLG Vlbg 1963 §13 Abs1;
GSLG Vlbg 1963 §13 Abs6;
GSLG Vlbg 1963 §5;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der Anneliese S in K, vertreten durch Dr. Sepp Manhart und Dr. Meinrad Einsle, Rechtsanwälte in Bregenz, Römerstraße 19, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates Vorarlberg vom 25. Juli 2002, Zl. LAS - 410-515/3, betreffend Einbeziehung in eine Güterweggenossenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 5. März 2001 anerkannte die Agrarbezirksbehörde Bregenz (ABB) unter Spruchpunkt 1. gemäß § 13 des Vorarlberger Güter- und Seilwegegesetzes, LGBl. Nr. 25/1963 (GSLG), die auf Grund freier Übereinkunft der Mehrheit der Eigentümer der im Einzugsgebiet des Güterweges Kennelbach-Einödstraße gelegenen Grundstücke zur Erhaltung und Benützung einer land- und forstwirtschaftlichen Weganlage gebildete Güterweggenossenschaft K und genehmigte ihre in der Anlage 1 zu diesem Bescheid wiedergegebene Satzung.

Unter Spruchpunkt 2. wurde die Beschwerdeführerin verhalten, mit den Grundstücken Nr. 1886, 1939, 1940, 1941, 1942, 1943 und 1999 mit einem Bau- und Erhaltungskostenanteil von 1,78 % der Güterweggenossenschaft beizutreten.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es, die so genannte Einödstraße in K, Grundstück Nr. 2128, erschließe ein großes land- und forstwirtschaftliches Gebiet oberhalb der Bregenzer Ache bis zur Gemeindegrenze Bregenz hin. Die Erhaltung der Weganlage obliege im Sinne des § 55 Abs. 5 des Vorarlberger Straßengesetzes den Anrainern bzw. den Grundeigentümern, welche durch die Weganlage erschlossen würden. Ein rechtlicher Zusammenschluss dieser Anrainer und eine Aufteilung der Erhaltungsbeiträge sei aber bisher unterblieben. Die Gemeinde K habe wohl auf freiwilliger Basis Erhaltungskosten geleistet, eine Übernahme der Weganlage als Gemeindestraße im Sinne des Straßengesetzes sei aber nicht erfolgt. Ein Zubringerweg bei hm 2,0 diene außerdem der besseren Erschließung von Randgrundstücken.

Die Mehrheit der im Einzugsbereich gelegenen Grundstückseigentümer habe nun an die ABB den Antrag gestellt, ihnen ein gemeinschaftliches Bringungsrecht einzuräumen und eine Weggenossenschaft nach dem GSLG zu bilden. Die gemeinschaftliche Weganlage umfasse das Grundstück Nr. 2128 sowie die Weganlage über das Grundstück Nr. 1961 zwischen dem Hauptweg und dem Grundstück Nr. 1934 bzw. 1901.

Anlässlich der Verhandlung vom 10. Jänner 2001 hätten 95,42 % der Grundeigentümer, gerechnet nach Fläche, bei der ABB den Antrag auf Bildung der Güterweggenossenschaft und Einräumung eines gemeinschaftlichen Bringungsrechtes gestellt. Gleichzeitig sei der Antrag gestellt worden, die Minderheit der Grundeigentümer zu verhalten, der zu bildenden Genossenschaft beizutreten, da diese Anlage auch der Minderheit offenbar zum Vorteil gereiche.

Als einzige Grundeigentümerin habe die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 8. Jänner 2001 bzw. mit Fax vom 25. Jänner 2001 erklärt, dass sie nicht bereit sei, der Genossenschaft beizutreten.

Nachdem Angaben über den Katastralreinertrag der Grundstücke nicht mehr vorhanden seien, habe die Behörde das gesamte Einzugsgebiet nach Fläche ermittelt, wobei allerdings verschiedene Grundstücke in Randbereichen nur zum Teil mit ihrer Fläche einbezogen worden seien. Sämtliche einbezogenen Grundeigentümer mit Ausnahme der Beschwerdeführerin hätten im Wege freier Übereinkunft die Bildung der Güterweggenossenschaft beantragt. Die Weganlage sei aber offenbar auch zum Vorteil der Grundstücke der Beschwerdeführerin. Dies sei im Verfahren von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten worden. Auch der Umfang des Genossenschaftsgebietes sei von sämtlichen anderen Grundeigentümern anerkannt. Ein Lageplan über das Genossenschaftsgebiet liege bei.

Die Bildung der Güterweggenossenschaft samt Satzung und Wegkataster solle es den Grundeigentümern ermöglichen, einwandfreie Unterlagen über die Erhaltung und Abrechnung der Erhaltungskosten zu besitzen und eine geordnete Verwaltung der Weganlage durchzuführen. Diese Voraussetzungen hätten bisher gefehlt, sodass gerade auch notwendige Sanierungsmaßnahmen wie Wasserableitungen oder die Herrichtung von Böschungen oder das Beseitigen von Gefahrenstellen unterblieben seien. Die Bildung der Güterweggenossenschaft K solle daher der leichteren Erhaltung der Weganlagen sowie einer verbesserten Bringung für die land- und forstwirtschaftlichen Produkte der Mitglieder dienen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie brachte im Wesentlichen vor, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes und die Gründung einer landwirtschaftlichen Güterweggenossenschaft lägen nicht vor. Bei der gegenständlichen Weganlage handle es sich um eine Gemeindestraße mit öffentlichem Verkehr, was bedeute, dass jedermann die Straße benützen könne.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 25. Juli 2002 wies die belangte Behörde die Berufung ab.

In der Begründung heißt es, zu den Berufungsausführungen der Beschwerdeführerin und zu ihren Einwänden in einem Schreiben vom 8. Jänner 2001 habe die ABB wie folgt Stellung genommen:

Die einbezogenen Grundstücke der Beschwerdeführerin lägen im Einzugsgebiet der neu zu bildenden Güterweggenossenschaft und würden über die bestehende Weganlage erschlossen und auch bewirtschaftet. Grundstück Nr. 1999 sei mit einem Flächenfaktor von 0,6 (40 % Abminderung der Fläche) berechnet worden. Der Abzug sei darauf zurückzuführen, dass der südliche Teil dieses Grundstückes im Nahbereich zur Bregenzer Ache liege und dieser Teil über die alte Wälderbahntrasse bewirtschaftet werden könne. Die Weganlage der Güterweggenossenschaft beginne nach der ca. 25 m langen Gemeindestraße Einödstraße in K, sodass sich die verordnete Gemeindestraße nicht auf die Güterweganlage beziehe.

Die Gemeinde K habe zum Rechtscharakter der Straße Folgendes mitgeteilt:

Eigentümer des Weggrundstückes sei die Gemeinde. Im Grundbuch sei das Grundstück als öffentliches Gut eingetragen. Der Weg bestehe schon seit vielen Jahren und falle unter die Übergangsbestimmung des § 55 Abs. 5 des Vorarlberger Straßengesetzes, wonach er als Gemeindestraße gelte, deren Erhaltung den nach bisheriger Übung dazu Verpflichteten obliege. Die Straße sei nach bisheriger Übung von den Anrainern erhalten worden. In den Achtzigerjahren sei die Gründung einer Straßengenossenschaft in die Wege geleitet und Statuten beschlossen worden. Die Verfügung der Gemeinde, wonach die Straße zur Genossenschaftsstraße erklärt worden sei, sei jedoch mangelhaft gewesen, sodass dieser Rechtsakt ungültig sei. Die Straße sei daher immer noch eine Gemeindestraße besonderer Art nach § 55 Abs. 5 des Vorarlberger Straßengesetzes, deren Erhaltung den Anrainern obliege. Die Gemeinschaft der zur Erhaltung verpflichteten Anrainer werde seit jeher als "Interessentschaft" bezeichnet. Die Gemeinde beabsichtige, nach rechtskräftiger Bildung der Güterweggenossenschaft die Gemeindestraße aufzulassen.

Nach diesen Darstellungen von Stellungnahmen der ABB und der Gemeinde K führte die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides nach Anführung der angewandten Gesetzesbestimmungen aus, nach der sachverständigen Äußerung der ABB lägen die einbezogenen Grundstücke der Beschwerdeführerin im Einzugsgebiet der neu zu bildenden Güterweggenossenschaft und würden über die bestehende Weganlage erschlossen und bewirtschaftet. Lediglich der südliche Teil des Grundstückes Nr. 1999 liege im Nahbereich zur Bregenzer Ache und könne über die alte Wälderbahntrasse bewirtschaftet werden, was bei der Berechnung des Bau- und Erhaltungskostenanteiles in Abzug gebracht worden sei. Die Weganlage gereiche daher der Beschwerdeführerin bzw. deren einbezogenen Liegenschaften zum Vorteil. Dieser Vorteil bestehe auch dann, wenn der Ertrag aus diesen Liegenschaften gering sei, da die Beschwerdeführerin bzw. der Pächter ihrer Liegenschaften die Weganlage ab der behördlichen Genehmigung und auch in Zukunft zur Bewirtschaftung ihrer Liegenschaften benützen könnten.

Die Beschwerdeführerin habe nicht bestritten, dass der Aufteilungsschlüssel in ihrem Fall richtig berechnet worden sei. Die ABB habe schlüssig begründet, wie sie den Aufteilungsschlüssel festgesetzt habe.

Die Ermittlungen hätten ergeben, dass die Weganlage eine Gemeindestraße nach der Übergangsbestimmung des § 55 Abs. 5 des Vorarlberger Straßengesetzes sei. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung obliege die Erhaltung solcher Gemeindestraßen, soweit die Gemeindevertretung nicht etwas anderes verfüge, den nach bisheriger Regelung oder Übung dazu Verpflichteten. Der § 9 Abs. 6 des Straßengesetzes finde auf solche Gemeindestraßen sinngemäß Anwendung. Gemäß § 9 Abs. 6 leg. cit. seien Gemeindestraßen von der Gemeindevertretung durch Verordnung aufzulassen, wenn die Voraussetzungen, die zur Erklärung als Gemeindestraße geführt hätten, weggefallen seien. Gemäß § 9 Abs. 2 des Straßengesetzes sei Voraussetzung für eine Erklärung einer Straße zur Gemeindestraße der Umstand, dass die Straße für den Verkehr innerhalb des Gemeindegebietes notwendig sei. Eine Notwendigkeit liege dann nicht vor, wenn von anderer Seite für eine entsprechende Verkehrsverbindung Vorsorge getroffen werde. Durch die mit dem erstinstanzlichen Bescheid verfügte Erklärung der Einödstraße zum Güterweg im Sinne des GSLG werde für die erforderliche Erschließung der in das Verfahren einbezogenen Grundstücke Vorsorge getroffen, sodass die Voraussetzungen für die Auflassung der Einödstraße als Gemeindestraße gegeben seien. Nach Auflassung der Gemeindestraße bestünde bezüglich der durch die Gemeindestraße erschlossenen Grundstücke ein Bringungsnotstand, der durch die Gründung der gegenständlichen Güterweggenossenschaft und die Einräumung eines Bringungsrechtes auf der Wegtrasse zu Gunsten der Güterweggenossenschaft vermieden werde. Das GSLG lasse offen, wer Eigentümer des durch den Güterweg belasteten Weges sein solle. Es verbiete nicht, dass der Weg im Eigentum einer Gemeinde stehe. Vielmehr gehöre es geradezu zum Wesen eines Bringungsrechtes nach dem GSLG, dass es über fremden Grund eingeräumt werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die im angefochtenen Bescheid angeführte Stellungnahme der Gemeinde K sei ihr nicht zur Kenntnis gebracht und es sei ihr keine Möglichkeit gegeben worden, dazu Stellung zu nehmen.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, Zweck des GSLG sei es, bei Fehlen einer für die zweckmäßige Bewirtschaftung einer land- oder forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaft notwendigen Verbindung Bringungsrechte einzuräumen, nicht hingegen, eine bestehende Gemeindestraße in eine Genossenschaftsstraße umzuwandeln. Dies könne allenfalls nach dem Vorarlberger Straßengesetz durchgeführt werden. Die Begründungen sowohl des erstinstanzlichen als auch des Bescheides der belangten Behörde seien in einem rechtlich unzulässigen Zirkelschluss erfolgt. Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 6 GSLG für einen durch die ABB erzwungenen Beitritt zu einer Güterweggenossenschaft lägen nicht vor. Bezüglich des "offensichtlichen Vorteiles" im Sinne dieser Bestimmung für die Beschwerdeführerin hätte die belangte Behörde von dem bei Bescheiderlassung bestehenden Sachverhalt und nicht von einem hypothetisch möglichen, künftig jedoch nicht notwendig eintretenden Sachverhalt auszugehen gehabt. Die Einödstraße stehe im Eigentum der Gemeinde K und sei als Gemeindestraße zu betrachten. Derzeit bestehe zur Bewirtschaftung der land- und forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaften der Beschwerdeführerin eine mehr als ausreichende Wegverbindung auf der bestehenden Gemeindestraße; die Umwandlung derselben in einen Güterweg bringe weder der Beschwerdeführerin noch den anderen Benützungsberechtigten einen Vorteil. Die erstmals im Berufungsverfahren erklärte Absicht der Gemeinde K, nach rechtskräftiger Bildung der Güterweggenossenschaft die Gemeindestraße aufzulassen, sei für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage unerheblich. Erst nach der Auflassung durch Verordnung der Gemeinde - wozu diese gar nicht berechtigt sei und was für die Beschwerdeführerin auch keine Änderung der Benützung nach sich ziehen würde - könnte die ABB eine Güterweggenossenschaft bilden oder die Beschwerdeführerin allenfalls dazu verhalten, dieser beizutreten.

Sowohl die ABB als auch die belangte Behörde hätten mit gutem Grund jegliche Feststellung unterlassen, ob auf das Genossenschaftsgebiet die Voraussetzungen des § 1 GSLG zuträfen. Dies sei nicht der Fall. Derzeit bestehe eine Gemeindestraße und damit eine einwandfreie und kostengünstige Verbindung. Die zweckmäßige Bewirtschaftung der Liegenschaften sei gegeben. Die Güterweggenossenschaft hätte daher nicht gebildet werden und schon gar nicht die Beschwerdeführerin zum Beitritt zwangsweise verhalten werden dürfen. Der unzulässige Zirkelschluss bestehe nun darin, dass die Agrarbehörden als Voraussetzung für die Bildung der Güterweggenossenschaft und insbesondere für den zwangsweisen Beitritt der Beschwerdeführerin von der hypothetischen Auflassung der Gemeindestraße durch die Gemeinde K ausgegangen seien, die Gemeinde K hingegen für die künftige Auflassung eben dieser Gemeindestraße die rechtskräftige Bildung der Güterweggenossenschaft voraussetze. Die Gemeinde K habe offenbar in der Vergangenheit vergeblich versucht, diese Pattstellung durch Gründung einer Genossenschaftsstraße nach dem Straßengesetz zu beenden. Nun versuche sie es - sie sei alleinige Antragstellerin gewesen - auf dem Weg des GSLG. Offenbar gehe es ausschließlich um die Kosten der Erhaltung der Straße, wobei es die Gemeinde verabsäumt habe, innerhalb der Übergangsfrist von fünf Jahren nach § 55 Abs. 5 des Vorarlberger Straßengesetzes für klare Verhältnisse zu sorgen. Dieses Versäumnis könne nunmehr nicht mehr nachgeholt werden.

Die Auflassung der Einödstraße als Gemeindestraße komme nicht in Betracht, weil eine solche Auflassung nach § 9 Abs. 6 des Vorarlberger Straßengesetzes nur möglich sei, wenn die Voraussetzungen, die zur Erklärung als Gemeindestraße geführt hätten, weggefallen seien. Die Einödstraße sei jedoch nicht zur Gemeindestraße erklärt worden, sondern vielmehr kraft Gesetzes zu einer solchen geworden.

Selbst durch die Auflassung als Gemeindestraße verlöre die Einödstraße nur ihren Charakter als Gemeindestraße, nicht aber ihren Charakter als "Straße", also einer baulichen Anlage, die dem Verkehr diene. Eine als Gemeindestraße aufgelassene Straße verliere somit durch die Auflassung nicht ihre Widmung für den Gemeingebrauch, sodass sie mit der Auflassung zur öffentlichen Privatstraße mit der Gemeinde als Straßenerhalter und Eigentümer werde, sofern der Gemeingebrauch auf dieser Straße bereits durch mindestens 20 Jahre bestanden habe oder eine ausdrückliche Widmung als öffentliche Privatstraße vorliege. Daraus folge, dass selbst bei Auflassung der Einödstraße als Gemeindestraße die Widmung für den Gemeingebrauch und damit die ausreichende Verbindung der gegenständlichen Liegenschaften sämtlicher Genossenschaftsmitglieder und insbesondere der Beschwerdeführerin gegeben sei. Auch bei dem hypothetischen Sachverhalt der Auflassung der Gemeindestraße, von dem die Agrarbehörden nicht hätten ausgehen dürfen, würde es an den Voraussetzungen zur Bildung der Güterweggenossenschaft und einer zwangsweisen Einbeziehung der Beschwerdeführerin mangeln.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 13 Abs. 1 GSLG können zur Anlage und zum Betrieb von Güter- und Seilwegen auf Grund freier Übereinkunft oder auf Grund einer Verfügung der Agrarbehörde (Abs. 6) Güter- oder Seilwegegenossenschaften gebildet werden. Die Bildung einer solchen Genossenschaft ist an die in den Abs. 2 bis 9 enthaltenen Bestimmungen gebunden.

Ist das von der Mehrheit der Grundeigentümer eines Bringungsgebietes gestellte Begehren, ihnen ein gemeinschaftliches Bringungsrecht einzuräumen, begründet, so kann nach § 13 Abs. 6 GSLG die Minderheit der Grundeigentümer von der Agrarbehörde verhalten werden, der zur Ausführung und Benützung des Güter- und Seilweges von der Agrarbehörde zu bildenden Genossenschaft beizutreten, wenn die Anlage auch der Minderheit offenbar zum Vorteil gereichen würde. Über ein bezügliches Begehren hat die Behörde zunächst das Genossenschaftsgebiet, das ist die Gesamtheit der Liegenschaften, festzustellen, auf welche hinsichtlich der Verbindung, für die das gemeinschaftliche Bringungsrecht begehrt wird, die Voraussetzungen des § 1 zutreffen. Auf Grund dieser Feststellung hat die Behörde zu prüfen, ob jene Personen, welche das Begehren gestellt oder diesem zugestimmt haben, die Mehrheit bilden, wobei die Stimmen dieser Personen nach dem Katastralreinertrag ihrer zum Genossenschaftsgebiete gehörigen Liegenschaften zu errechnen sind.

Aus dem Verweis des § 13 Abs. 6 GSLG auf § 1 leg. cit. ergibt sich, dass eine widerstrebende Minderheit nur dann über Antrag der Mehrheit zum Beitritt zu einer zu bildenden Genossenschaft verhalten werden kann, wenn für das Genossenschaftsgebiet die Voraussetzungen des § 1 GSLG zutreffen.

Der mit "Anspruch auf Einräumung eines Bringungsrechtes" überschriebene § 1 GSLG bestimmt, dass dann, wenn die zweckmäßige Bewirtschaftung einer land- oder forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaft dadurch unmöglich gemacht oder erheblich beeinträchtigt wird, dass zur Bringung der im land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewonnenen oder gewinnbaren land- oder forstwirtschaftlichen Erzeugnisse oder zur Heranschaffung der zur zweckmäßigen Bewirtschaftung der Liegenschaft erforderlichen Sachen keine oder nur eine unzulängliche oder den Betrieb mit unverhältnismäßigen Kosten belastende Verbindung besteht, der Eigentümer, Fruchtnießer oder Pächter (§ 5) begehren kann, dass ihm die zur Behebung dieser Nachteile notwendigen land- und forstwirtschaftlichen Bringungsrechte eingeräumt werden.

§ 13 Abs. 6 GSLG statuiert mit seiner Anknüpfung an § 1 leg. cit. das Vorliegen eines in der letztgenannten Bestimmung umschriebenen Bringungsnotstandes als Voraussetzung für die Bildung einer Genossenschaft mit Beitrittszwang.

Unbestritten ist im Beschwerdefall, dass für jene Liegenschaften einschließlich der Liegenschaft der Beschwerdeführerin, die in die geplante Güterweggenossenschaft einbezogen werden sollen, derzeit eine ausreichende Verbindung in Gestalt der Einödstraße, die nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid als Gemeindestraße anzusehen ist, besteht. Es fehlt daher am Erfordernis eines Bringungsnotstandes. Die belangte Behörde ist deswegen vom Vorliegen eines Bringungsnotstandes ausgegangen, weil die Gemeinde K erklärt habe, sie beabsichtige, nach rechtskräftiger Bildung der Güterweggenossenschaft die Gemeindestraße aufzulassen.

Zu Recht macht die Beschwerdeführerin der belangten Behörde den Vorwurf, dass sie damit einem Zirkelschluss unterlegen sei. Ein Bringungsnotstand könnte - wenn überhaupt - erst entstehen, wenn die Gemeinde die Einödstraße als Gemeindestraße auflassen und diese Verkehrsverbindung nicht mehr für Bringungszwecke benützbar wäre. Ein solcher Sachverhalt liegt aber nicht vor. Die Gemeinde hat vielmehr lediglich erklärt, dass sie dann, wenn die Güterweggenossenschaft rechtskräftig gebildet sei, die Gemeindestraße aufzulassen beabsichtige. Nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid würden durch die Bildung der Genossenschaft erst die Voraussetzungen für die Auflassung der Einödstraße als Gemeindestraße geschaffen. Das bedeutet aber, dass eine Auflassung so lange nicht erfolgt, so lange keine rechtskräftige Bildung der Genossenschaft erfolgt ist. Daraus aber folgt wieder, dass kein Bringungsnotstand vorliegt, weil ohne die Bildung der Güterweggenossenschaft die Gemeindestraße nicht aufgelassen wird.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 12. Dezember 2002

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002070114.X00

Im RIS seit

01.04.2003

Zuletzt aktualisiert am

04.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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