TE Vwgh Erkenntnis 2002/12/12 2002/07/0123

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Veröffentlicht am 12.12.2002
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §8;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §102 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der W in B, vertreten durch Dr. Johannes Hock sen. und Dr. Johannes Hock jun., Rechtsanwälte in Wien, Stallburggasse 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 20. August 2002, Zl. 514.413/01-I 5/02, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Wasserrechtsangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Wassergenossenschaft K 1 (WG) beantragte mit Eingabe vom 24. Juli 2000 bei der Wasserrechtsbehörde die nachträgliche Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für Maßnahmen, die in einem gleichzeitig vorgelegten Projekt näher dargestellt sind.

Aus dem Projekt ergibt sich Folgendes:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung (BH) vom 11. März 1970 wurde G und R K die wasserrechtliche Bewilligung zur Herstellung einer Trinkwasserversorgungsanlage mit eigenem Brunnen auf Parzelle Nr. 362/1 der KG (nach einer Grundstücksteilung nunmehr Grundstück Nr. 362/14) erteilt. Eigentümerin dieser Liegenschaft und der Wasserversorgungsanlage mit dem Brunnen ist nach den Angaben im Projekt seit 1988 die Beschwerdeführerin.

Wie sich aus dem Projekt weiter ergibt, wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (LH) vom 8. Jänner 1992 das Maß der Wasserbenutzung zum Betrieb des Brunnens auf dem Grundstück Nr. 362/14 mit 106,4 m3/d festgesetzt und das Wasserbenutzungsrecht mit dem Eigentum an der Liegenschaft Grundstück Nr. 362/14 der KG Velm verbunden.

Mit Bescheid vom 8. Jänner 1992 erteilte der LH der WG die wasserrechtliche Bewilligung zur Herstellung einer Ringwasserleitung mit einer Stichleitung als Brunnenanschluss.

Die Ausführung der mit Bescheid der BH vom 11. März 1970 genehmigten Anlage erfolgte abweichend von der Genehmigung.

Mit Bescheid des LH vom 2. August 1996 wurde die Verpflichtung zur Abdichtung der eigenmächtig eingebauten 15 Horizontalfilterlanzen im Brunnenschacht ausgesprochen, mit Bescheid derselben Behörde vom 2. Juni 1997 die Verpflichtung zur Entfernung der eigenmächtig eingebauten drei Unterwasserpumpen. Im Projekt heißt es, es werde daher um nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung zur Belassung der 15 Horizontalfilterlanzen und um nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung der geänderten Brunnenherstellung inklusive Belassung der drei Unterwasserpumpen angesucht.

Die Beschwerdeführerin ist im Projekt als "Grundeigentümer, Brunnenbesitzer und Konsenswerber" angeführt.

Der LH holte Gutachten eines Amtssachverständigen für Wasserbautechnik und eines Amtssachverständigen für Geohydrologie ein.

Der Amtssachverständige für Wasserbautechnik führte in seinem Gutachten vom 24. Oktober 2000 aus, die WG habe um die nachträgliche Bewilligung der abgeänderten Ausführung des Wasserspenders und der Wasserentnahme angesucht. Bewilligt worden sei der Wasserspender mit Bescheid der BH vom 11. März 1970 als Schachtbrunnen, hergestellt aus Betonringen DN 150 cm und einer Tiefe von ca. 5 m. Für die Wasserentnahme seien drei Oberwasserpumpen (Leistung je 250 bis 300 l/min.), die in einem Pumpenhäuschen untergebracht seien, vorgesehen gewesen. Die im Vergleich zur wasserrechtlichen Bewilligung modifiziert ausgeführte Anlagenform lasse sich kurz wie folgt beschreiben:

Der Wasserspender sei als Schachtbrunnen mit Betonringen DN 200 cm hergestellt und lediglich 3,0 m unter GOK ausgeführt worden. Die Wandungen seien rund 20 cm über Terrain hochgezogen und bis 20 cm unter deren Oberkante mit einer kegelförmigen Erdschüttung versehen worden. Ca. 1 m oberhalb der Brunnensohle seien 15 Stück Horizontalfilterlanzen (Länge ca. 1,5 m; Durchmesser: 1") strahlenförmig vorgetrieben worden.

Für die Wasserentnahme seien - an Stelle der drei Oberwasserpumpen in einem Pumpenhäuschen - drei Unterwasserpumpen (mit gleicher Leistung wie genehmigt) im Schachtbrunnen installiert worden.

Aus wasserbautechnischer Sicht bestünden gegen die Erteilung der beantragten nachträglichen Bewilligung keine Bedenken, da trotz der abgeänderten Ausführung des Wasserspenders und der Wasserentnahme der mit Bescheid (des LH) vom 8. Jänner 1992 bewilligte Entnahmekonsens von 106,4 m3/d unverändert bleibe. Dazu sei noch Nachstehendes ergänzend festgehalten:

Durch den Einbau der Filterlanzen sei der Zustrom zum Brunnen und damit seine Ergiebigkeit gesteigert worden. Die tatsächliche Entnahmemenge sei jedoch unabhängig von dieser Änderungsmaßnahme, da die Entnahmemenge ausschließlich durch die Faktoren Pumpenleistung, Laufzeit und Reibungswiderstand bestimmt werde. Ihre Obergrenze bzw. der maximale Entnahmekonsens sei von der Wasserrechtsbehörde mit 106,4 m3/d festgelegt worden. Dieser Wert sei - auch bei gestiegener Brunnenergiebigkeit - jedenfalls von der Wasserberechtigten einzuhalten.

In einem Ergänzungsgutachten vom 21. Mai 2002 schlug der Amtssachverständige für Wasserbautechnik Auflagen vor, die in den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid aufgenommen werden sollten.

Der Amtssachverständige für Geohydrologie führte in seinem Gutachten vom 26. September 2001 aus, das Projekt der WG sehe die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung des Einbaues von 15 Horizontalfilterlanzen in dem bestehenden Schachtbrunnen vor. Es seien insgesamt 15 Filterlanzen ca. 1 m über der Brunnensohle horizontal vorgetrieben worden. Jede Filterlanze bestehe aus einem verzinkten 1"-Rohr und habe eine Länge von 1,5 m. Diese Filterlanzen dienten dazu, auch bei niedrigen Grundwasserständen die Versorgungssicherheit für die Wasserversorgungsanlage Kienersee 1 sicherzustellen. Eine Erweiterung des bisherigen Konsenses sei nicht vorgesehen. Weiters sei festzustellen, dass gegenüber dem Einreichprojekt eine geänderte Bauausführung bezüglich der Pumpenanlage und der Dimension des Brunnens vorgenommen worden sei.

Aus fachlicher Sicht handle es sich um ein technisches Projekt ohne Angaben über die geohydrologischen Verhältnisse. Da der bisher bewilligte Entnahmekonsens nicht überschritten werde, bestehe aus fachlicher Sicht kein Einwand gegen die nachträgliche Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung. Es werde abschließend darauf hingewiesen, dass im Projekt keine Angaben über die Untergrund- und Grundwasserverhältnisse gemacht worden seien und auch keine Angaben über etwaige bereits bestehende Schutzmaßnahmen (Schutzgebiet) vorhanden seien. Diese Daten bzw. Planunterlagen sollten im Rahmen einer wasserrechtlichen Verhandlung vorgelegt werden.

In einem Ergänzungsgutachten vom 30. Jänner 2002 führte der Amtssachverständige für Geohydrologie aus, der Rechtsvertreter der WG habe mit Schreiben vom 19. Dezember 2001 den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid der BH vom 11. März 1970 und einen Plan über das bestehende Brunnenschutzgebiet vorgelegt. Mit dieser Vorlage seien nun auch Angaben über etwaige bereits bestehende Schutzgebiete gemacht worden. Damit sei den Forderungen des Amtssachverständigen für Geohydrologie vom 26. September 2000 betreffend Schutzmaßnahmen nachgekommen worden. In der Stellungnahme vom 26. September 2002 sei zusätzlich angeführt worden, dass im Projekt keine Angaben über die Untergrund- und Grundwasserverhältnisse vorlägen. Dazu werde nunmehr festgestellt, dass die Untergrund- und Grundwasserverhältnisse offensichtlich bei der wasserrechtlichen Bewilligung des Brunnens im Jahr 1970 im Rahmen der Schutzgebietsausweisung berücksichtigt worden seien. Aus den bei der Abteilung Hydrologie aufliegenden Unterlagen über Untergrund- und Grundwasserverhältnisse im südlichen Wiener Becken sei es dem Amtssachverständigen möglich, die allgemeinen Daten im Rahmen einer wasserrechtlichen Verhandlung einzubringen. Dies betreffe insbesondere die Grundwasserabstromrichtung, die Grundwassermächtigkeit und den Grundwasserdurchsatz. Aus fachlicher Sicht bestehe daher kein Einwand gegen die Weiterführung des Verfahrens und die Durchführung einer mündlichen Bewilligungsverhandlung unter Beiziehung des Amtssachverständigen für Geohydrologie.

Die Beschwerdeführerin wurde dem Verfahren nicht beigezogen.

Unter dem Datum des 13. Juni 2002 erließ der LH einen Bescheid mit folgendem Spruch:

"Der Landeshauptmann von Niederösterreich erteilt der Wassergenossenschaft Kienersee I gemäß den §§ 10, 11, 12, 13, 14, 99, 105 und 111 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215, in der derzeit geltenden Fassung) die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung zu folgenden Änderungen der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 11. März 1970, Zl. IX-K-9/6-70 bewilligten Wasserversorgungsanlage:

1. Der Wasserspender wurde als Schachtbrunnen mit Betonringen DN 200 cm hergestellt und lediglich 3,0 m unter GOK ausgeführt. Die Wandungen sind rund 20 cm über Terrain hochgezogen und bis 20 cm unter deren Oberkante mit einer kegelförmigen Erdschüttung versehen worden. Ca. 1 m oberhalb der Brunnensohle (offenbar zu ergänzen: wurden 15 Stück Horizontalfilterlanzen( (Länge ca. 1,5 m; Durchmesser: 1") strahlenförmig vorgetrieben.

2. Für die Wasserentnahme wurden - an Stelle der drei Oberwasserpumpen in einem Pumpenhäuschen - drei Unterwasserpumpen (mit gleicher Leistung wie genehmigt) im Schachtbrunnen installiert.

Diese Bewilligung wird nach Maßgabe der im Abschnitt A enthaltenen Projektsbeschreibung und bei Einhaltung der im Abschnitt B angeführten Auflagen erteilt.

Die zur Durchführung des bewilligten Vorhabens erforderlichen Dienstbarkeiten (Duldung der Inanspruchnahme fremder Grundstücke für die projektsgemäßen Anlagen) sind gemäß § 111 Abs. 4 WRG 1959 als eingeräumt anzusehen, soweit die Einräumung nicht ausdrücklich durch freie Vereinbarung erfolgt ist."

In der Begründung werden die eingeholten Gutachten wiedergegeben.

Im Anschluss daran heißt es, hinsichtlich der bewilligten Abänderung sei festzuhalten, dass eine Änderung der Konsensmenge nicht erfolge, weshalb eine Beeinträchtigung fremder Rechte nach Maßgabe der eingeholten Gutachten auszuschließen sei.

Als Bewilligungswerberin für die Abänderungen trete die WG auf. Diesbezüglich sei darauf zu verweisen, dass mit einstweiliger Verfügung des Bezirksgerichtes Schwechat vom 20. Juli 2000 der WG die Verwaltung der Brunnenanlage übertragen worden sei. Dass unter Verwaltung auch die Antragstellung für die Bewilligung der Änderungen an der Brunnenanlage zu verstehen sei, ergebe sich aus der Begründung der einstweiligen Verfügung. Es sei daher am 29. September 2000 ein wasserrechtliches Bewilligungsverfahren eingeleitet worden. Im Hinblick auf die vorliegenden Stellungnahmen der Amtssachverständigen seien die Änderungen genehmigungsfähig und es habe aus Gründen der Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis auf die Durchführung einer Verhandlung verzichtet werden können.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Darin brachte sie vor, der LH sei für die Erlassung des bekämpften Bescheides nicht zuständig gewesen. Mit dem erstinstanzlichen Bescheid werde der wasserrechtlich nicht genehmigungsfähige Einbau von Filterlanzen genehmigt, obwohl es sich dabei um eine von der Beschwerdeführerin nicht kontrollierbare Mehrentnahme (von Wasser) handle. Die Beschwerdeführerin sei als übergangene Partei zu betrachten. Der Passus hinsichtlich der Inanspruchnahme fremder Grundstücke sei eine nicht haltbare Schutzbehauptung des LH zur Begünstigung der WG. Es handle sich um einen eklatanten Eingriff in das Eigentum der Beschwerdeführerin. Sie verweise auf den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 13. Dezember 1999, wonach durch den Einbau der Filterlanzen eine gesteigerte Ergiebigkeit der Brunnenanlage erfolge, wodurch in den Wasserhaushalt eingegriffen werde. Wenn sich der LH darauf berufe, dass ihm die WG eine einstweilige Verfügung des Bezirksgerichtes Schwechat vorgelegt habe, so bedeute dies noch lange nicht, dass ein nachweisbarer Klagsfehler des damaligen Rechtsanwaltes der Beschwerdeführerin bezüglich der Entfernung dieser Filterlanzen dem LH das Recht einräume, über den Brunnen hinaus Eingriffe auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin zu genehmigen. Filterlanzen seien Jahre vor der Erlassung der einstweiligen Verfügung vertrags- und wasserrechtswidrig eingebaut worden. Mit der Stützung des Bescheides auf die einstweilige Verfügung versuche man, den Enteignungsversuch zu sanktionieren. Der LH möge bewusst die Meinung vertreten, dass der Grund neben dem Brunnen das Gleiche sei wie der Brunnen. Es sei ja keine Lappalie, wenn der Brunnen inklusive Betonwand mit 2,20 m Durchmesser eine Quadratur von 3,46 m2 aufweise und das gesamte, von den Filterlanzen beanspruchte Grundareal 21,23 m2 -3,46 m2 = 17,77 m2 betrage. Die Auflagen seien eine Farce. Der Bescheid zur Entfernung der Filterlanzen gegen die Beschwerdeführerin als Wasserberechtigte sei seit vielen Jahren rechtskräftig. Nun aber komme ein Genehmigungsbescheid für die WG. Von einem durch die Filterlanzen um das Fünffache vergrößerten direkten Brunnenzulauf habe der Sachverständige nichts erwähnt. Auch von dem wasserlosen Kegel, der bei der Entnahme der Höchstwassermenge rund um den Brunnen, der unter anderem dem im Aufstrom gelegenen Brunnen der Beschwerdeführerin besonders bei Niedriggrundwasser das Wasser entziehe, habe der Sachverständige auch nichts erwähnt.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 20. August 2002 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin zurück.

Begründet wurde diese Entscheidung damit, der Beschwerdeführerin komme im Verfahren zur Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung an die WG keine Parteistellung zu. Ihr sei der Bewilligungsbescheid lediglich als Beteiligte zur Kenntnis gebracht worden. Der LH stelle in der Bescheidbegründung zutreffend fest, dass eine Änderung der Konsensmenge nicht erfolge, weshalb eine Beeinträchtigung fremder Rechte auszuschließen sei. Es sei weder im Verfahren vor der Behörde erster Instanz eine Parteistellung der Beschwerdeführerin hervorgekommen, noch vermöge diese in ihrem Berufungsvorbringen ihre Parteistellung zu begründen. Zur Zuständigkeit des LH sei auszuführen, dass diese gemäß § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959 gegeben sei, da es sich um eine Wasserversorgungsanlage mit einer höchstmöglichen (wenn auch nicht zulässigen) Wasserentnahme aus Grundwasser von über 300 l/min. handle (Pumpenleistung 3x300 l/s.).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, ihr sei Parteistellung im Verfahren zur Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung an die WG zugekommen. Das Wasserbenutzungsrecht hinsichtlich des Brunnens auf dem Grundstück Nr. 362/14 sei mit dem Eigentum an diesem Grundstück verbunden. Da die Beschwerdeführerin Eigentümerin dieses Grundstückes sei, ergäbe sich ihr Wasserrecht aus § 10 WRG. Das Wasserbenutzungsrecht hinsichtlich dieses Brunnens stehe ausschließlich dem (jeweiligen) Eigentümer des Grundstücks Nr. 362/14 zu, also der Beschwerdeführerin. Jede Änderung der Brunnenanlage ohne Genehmigung der wasserberechtigten Beschwerdeführerin (und auch jede nicht autorisierte Entnahme von Grundwasser) sei daher eine Verletzung des der Beschwerdeführerin zustehenden Wasserbenutzungsrechtes. Mit dem erstinstanzlichen Bescheid sei der weder hinsichtlich des Brunnens noch hinsichtlich der Entnahme von Grundwasser wasserberechtigten WG eine nachträgliche Bewilligung zum Umbau der im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Brunnenanlage erteilt worden. Diese Brunnenanlage stehe weder im Eigentum der WG noch sei diese hinsichtlich der Brunnenanlage wasserbenutzungsberechtigt. Eine Zustimmung der Beschwerdeführerin als Liegenschaftseigentümerin und Wasserbenutzungsberechtigte zu dem Einbau von Horizontalfilterlanzen liege nicht vor. Mit dem Einbau dieser Horizontalfilterlanzen sei die vom Brunnen umfasste Grundfläche, also jene Fläche, von welcher Grundwasser aufgenommen werden könne, von rund 3,14 m2 auf 21,23 m2 erweitert worden. Es handle sich daher um eine wesentliche Kapazitätserweiterung des Brunnens der Beschwerdeführerin, die ohne deren Zustimmung erfolgt sei. Ein Eingriff in Rechte der Beschwerdeführerin werde schon durch den Eingriff in die Wasseranlage vorgenommen. Der angefochtene Bescheid lasse die bereits vorliegenden Bescheide der Wasserrechtsbehörden und den Grundbuchsstand völlig außer Acht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 sind Parteien in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden.

Bei den im § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 angeführten Rechten nach § 12 Abs. 2 leg.cit. handelt es sich um rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum.

Bereits die potenzielle Beeinträchtigung von Rechten im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 reicht aus, um die Parteistellung zu begründen. Sie ist nicht davon abhängig, dass tatsächlich in geschützte Rechte eingegriffen wird. Ob letzteres der Fall ist, wird erst im Verfahren geprüft, ist aber nicht Voraussetzung für die Parteistellung (vgl. die bei Kaan/Braumüller, Handbuch Wasserrecht, 523, angeführte Rechtsprechung).

Aus der Berufung der Beschwerdeführerin ist die Behauptung ableitbar, dass sie Eigentümerin des Brunnengrundstückes und der Brunnenanlage sowie Wasserbenutzungsberechtigte am Brunnen sei und dass durch die mit dem erstinstanzlichen Bescheid genehmigten Maßnahmen in ihr Grundeigentum, in ihre Nutzungsbefugnis nach § 5 Abs. 2 WRG 1959 und in eine rechtmäßig geübte Wassernutzung im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 eingegriffen werde.

Dass diese Behauptung nicht von vornherein als unzutreffend abgetan werden kann, ergibt sich schon aus dem Einreichprojekt der WG, in dem angegeben ist, dass die Beschwerdeführerin Eigentümerin des Brunnengrundstückes ist und in dem sie auch als Eigentümerin der Brunnenanlage und als "Konsenswerberin" angeführt wird. Es kann nun nicht ausgeschlossen werden, dass durch die genehmigten Maßnahmen in wasserrechtlich geschützte Rechte der Beschwerdeführerin im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 eingegriffen wird.

Die belangte Behörde hat es unterlassen, diesbezügliche Sachverhaltsermittlungen anzustellen.

Im erstinstanzlichen Bescheid ist eine einstweilige Verfügung des Bezirksgerichtes Schwechat erwähnt, mit der der WG die "Verwaltung der Brunnenanlage" übertragen wurde. Diese einstweilige Verfügung wurde von der Erstbehörde dahin gedeutet, dass sie der WG auch die Befugnis einräume, bei der Wasserrechtsbehörde einen Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für Maßnahmen an dem in Rede stehenden Brunnen einzubringen.

Ob die Erstbehörde aus dieser einstweiligen Verfügung auch den Ausschluss der Parteistellung der Beschwerdeführerin im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren abgeleitet hat, ist unklar, da diesbezügliche nähere Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid fehlen.

Selbst wenn es zutreffen sollte, dass mit der einstweiligen Verfügung der WG die Befugnis eingeräumt werden sollte, einen Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung zu stellen, bedeutet dies noch nicht, dass damit der Beschwerdeführerin im Wasserrechtsverfahren keine Parteistellung zukommen kann.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich in seinem Erkenntnis vom 21. Februar 2002, 2001/07/0159, mit einem Fall zu befassen, in welchem der damalige Beschwerdeführer auf Grund einer zivilrechtlichen Vereinbarung mit den damaligen Mitbeteiligten verpflichtet war, eine Lärmschutzwand herzustellen. Er kam dieser Verpflichtung nicht nach, weshalb er auf Grund einer Klage der damaligen Mitbeteiligten mit Gerichtsurteil zur Errichtung dieser Lärmschutzwand verhalten wurde. In der Folge erwirkten die Mitbeteiligten, weil der Beschwerdeführer als Verpflichteter seinen Verpflichtungen aus dem Urteil nicht nachkam, im gerichtlichen Exekutionsverfahren die Befugnis, anstelle des Verpflichteten die hinsichtlich ihrer Lage, Größe und Ausgestaltung näher umschriebene Lärmschutzwand zu errichten. Die Mitbeteiligten beantragten daraufhin bei der Wasserrechtsbehörde die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für diese Lärmschutzwand, da sie im Hochwasserabflussbereich gelegen war. Den Bewilligungsbescheid bekämpfte der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof mit der Begründung, durch die Errichtung dieser Lärmschutzwand erhöhe sich die Überschwemmungsgefahr für seine Grundstücke und es werde daher in seine wasserrechtlich geschützten Rechte eingegriffen. Der Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde mit der Begründung ab, auf Grund der gerichtlichen Entscheidungen, die den aus dem Urteil Berechtigten die Errichtung der Lärmschutzwand ermöglichten, sei der Beschwerdeführer so zu betrachten, als hätte er der Errichtung der Lärmschutzwand und den damit verbundenen Folgen zugestimmt, was zur Konsequenz habe, dass er durch die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung nicht in seinen wasserrechtlich geschützten Rechten verletzt werde. Das Wasserrechtsverfahren diene nicht dazu, zivilrechtliche Vereinbarungen und Gerichtsurteile zu umgehen.

Aus diesem Erkenntnis ist aber nicht abzuleiten, dass der Beschwerdeführerin keine Parteistellung zukomme.

Durch die einstweilige Verfügung könnte, wenn es zutreffen sollte, dass sie der WG die Befugnis einräumt, anstelle der Beschwerdeführerin eine wasserrechtliche Bewilligung zu beantragen, die Zustimmung der Beschwerdeführerin zu den damit verbundenen Maßnahmen ersetzt worden sein; dies allerdings nicht für jede beliebige Antragstellung, sondern nur soweit diese durch die einstweilige Verfügung gedeckt ist. Aus dem Wesen einer einstweiligen Verfügung als Instrument zur Sicherung gefährdeter Ansprüche ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung nicht jede beliebige Antragstellung decken kann, sondern nur eine solche, die zur Sicherung der gefährdeten Rechte erforderlich ist. Ausführungen darüber, wie weit das nach Auffassung der Erstbehörde durch die einstweilige Verfügung eingeräumte Recht der WG zur Antragstellung reicht und ob das von der WG eingereichte Projekt sich im Rahmen dieser Befugnis hält, finden sich im erstinstanzlichen Bescheid nicht. Abgesehen davon beseitigt eine Zustimmung zu einem Projekt nicht die Parteistellung im Verfahren zur Genehmigung dieses Projektes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Juli 1997, 95/07/0087). Eine allenfalls durch die einstweilige Verfügung ersetzte Zustimmung der Beschwerdeführerin könnte aber dazu führen, dass die Beschwerdeführerin die wasserrechtliche Bewilligung nicht mit Erfolg bekämpfen könnte, soweit sie durch die fiktive Zustimmung gedeckt ist.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 12. Dezember 2002

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Wasserrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002070123.X00

Im RIS seit

24.03.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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