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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FrG 1997 §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des ZM in B, geboren am 9. September 1980, vertreten durch Mag. Stephan Wirth, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Belruptstraße 6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 23. September 2002, Zl. Fr-4250a-197/02, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und den §§ 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf acht Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.
Zur Begründung dieser Maßnahme verwies die belangte Behörde vorerst auf die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers vom 10. September 2001 zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten und zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen. Diesem Urteil liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer in insgesamt - näher bezeichneten - 29 Tathandlungen mit verschiedenen Mittätern das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen, durch Einbruch begangenen Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 2, 130 zweiter Satz zweiter Fall sowie § 15 StGB begangen habe. Die Freiheitsstrafe sei unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden.
Weiters sei der Beschwerdeführer wegen näher bezeichneter sieben Verwaltungsübertretungen rechtskräftig bestraft worden, wobei zwar nicht jede einzelne Übertretung für sich gesehen schwerwiegend erscheine, sich aber dennoch der großzügige Umgang des Fremden mit der österreichischen Rechtsordnung zeige. Von der Möglichkeit des Aufenthaltsverbotes werde Gebrauch gemacht, weil der Beschwerdeführer durch den der Verurteilung zu Grunde liegenden Sachverhalt schwer gegen die Rechtsordnung verstoßen habe. Er habe durch sein wiederholtes strafbares Verhalten zum Ausdruck gebracht, nicht gewillt zu sein, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Vor Beginn der strafbaren Handlungen im Jahr 1999 habe sich der Beschwerdeführer rechtmäßig erst fünf Jahre in Österreich aufgehalten, sodass der Aufenthaltsverfestigungstatbestand des § 35 Abs. 2 (iVm § 38 Abs. 1 Z. 2) FrG nicht auf ihn zutreffe. Insgesamt halte er sich seit 22. Mai 1992 in Österreich auf, habe die Hauptschule sowie den Polytechnischen Lehrgang absolviert; in Österreich lebten seine Eltern und er habe hier eine Freundin. Im Hinblick auf die Schwere und Vielzahl der Delikte sei das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, zur Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Rechte Dritter dringend geboten. Wegen des angeführten Gesamtverhaltens lasse sich derzeit keine positive Zukunftsprognose erstellen. Die sich auf Grund seines langjährigen Aufenthalts in Österreich ergebende Integration werde durch die schweren und wiederkehrenden Gesetzesverstöße erheblich beeinträchtigt. Wegen seines Alters sei er auf die Eltern als Bezugspersonen nicht mehr direkt angewiesen. Das Landesgericht Feldkirch habe zwar die Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen; deren Dauer und die zusätzliche Verurteilung zu einer Geldstrafe ließen aber auf einen hohen Unrechtsgehalt seiner Verbrechen schließen. Zudem habe die Behörde die Voraussetzungen eines Aufenthaltsverbotes eigenständig und ausschließlich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts zu beurteilen. Das öffentliche Interesse, den weiteren Aufenthalt des Fremden im österreichischen Bundesgebiet zu untersagen, dränge somit sein privates Interesse in den Hintergrund.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer stellt seine rechtskräftige Verurteilung vom 10. September 2001 nicht in Abrede und wendet sich nicht gegen die - zutreffende - behördliche Ansicht, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht sei. Angesichts der schweren Straftaten des Beschwerdeführers und der daraus abzuleitenden erheblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und fremden Eigentums ist auch die Ansicht der belangten Behörde, es sei im Beschwerdefall die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Die Beschwerde macht geltend, dem bekämpften Bescheid seien keinerlei brauchbare Ausführungen darüber zu entnehmen, aus welchen Gründen das Nichtvorliegen (gemeint wohl: Vorliegen) eines öffentlichen Interesses zum Ausdruck gelangt. Ebenso hätte die Behörde auch Gründe berücksichtigen müssen, "welche von einer Verhängung eines Aufenthaltsverbotes absehen würden". Soweit mit diesen Ausführungen offenkundig das Ergebnis der von der belangten Behörde nach § 37 FrG vorgenommenen Beurteilung bekämpft wird, ist dem zu entgegnen, dass die belangte Behörde dabei ohnedies den langen rechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland und die Anwesenheit seiner Eltern berücksichtigt hat. Sie hat aber auch zutreffend auf das große öffentliche Interesse verwiesen, das der Verhinderung strafbarer Handlungen und dem Schutz fremden Eigentums zukommt. Durch die zahlreichen, über einen längeren Zeitraum gesetzten vollendeten und versuchten gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstähle hat der Beschwerdeführer hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass er eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Wenn somit die belangte Behörde zum Ergebnis gelangt ist, dass die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich nicht höher zu bewerten seien als das genannte öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes, kann dies nicht als rechtswidrig gesehen werden. Die Beschwerde bringt keinen Umstand vor, der von der belangten Behörde zusätzlich in die aufgezeigte Interessenabwägung einzubeziehen gewesen wäre. Dem angefochtenen Bescheid haften somit entgegen der Beschwerdeansicht keine Begründungsmängel an.
Der belangten Behörde kann aber auch nicht mit Erfolg ein Ermessensmissbrauch vorgeworfen werden. Die Beschwerde zeigt keine konkreten Umstände auf, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, vom Aufenthaltsverbot abzusehen. Nicht nachvollziehbar ist das Beschwerdevorbringen, Sinn und Zweck des Fremdengesetzes 1997 sei es unter anderem, Fremden die Möglichkeit eines Aufenthalts im Gebiet der Republik Österreich zu gewähren. Im Gegenteil regelt es unter Ablehnung eines unbeschränkten Aufenthaltsrechts von Fremden in Österreich die Bedingungen, unter denen sich ein Fremder in Österreich aufhalten darf und es sieht eben auch die Möglichkeit vor, ungeachtet eines Aufenthaltsrechts unter bestimmten Voraussetzungen ein Aufenthaltsverbot auszusprechen. Letztlich durfte die belangte Behörde das Fehlverhalten des Beschwerdeführers eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts und unabhängig von den Erwägungen des Gerichts betreffend die Strafbemessung bzw. die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht beurteilen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 2001, Zl. 99/21/0129), zumal den Tatbeständen des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG die gesetzgeberische Wertung zu entnehmen ist, dass die bedingte Strafnachsicht einem Aufenthaltsverbot nicht entgegensteht.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 13. Dezember 2002
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002210193.X00Im RIS seit
01.04.2003