TE Vwgh Beschluss 2002/12/16 2001/06/0172

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Veröffentlicht am 16.12.2002
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Index

L82007 Bauordnung Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

BauO Tir 1998 §4 Abs3;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1 impl;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;
VwGG §63 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, in der Beschwerdesache des I in R, vertreten durch Dr. Reinhold Wolf, Rechtsanwalt in 6600 Reutte, Claudiastraße 8, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 24. Oktober 2001, Zl. Ve1-550-2978/1-1, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde R, vertreten durch den Bürgermeister), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bauansuchen vom 4. August 2000 suchte der beschwerdeführende Verein um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zum "Umbau des Wohn- und Geschäftsgebäudes" auf dem Gst. 1710/11 der KG R an.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 19. April 2001 wurde dieser Antrag abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass dem Bauantrag zufolge in einem ehemaligen Betriebsgebäude ein Umbau im Sinne des § 2 Abs. 10 TBO 1998 erfolgen solle. Gemäß § 4 Abs. 3 TBO 1998 komme die Erteilung einer Baubewilligung insgesamt nicht in Frage. Bedingt durch die Kerngebietswidmung sei eine Überbauung der Grundstücksgrenzen nicht zulässig. In diesem Zusammenhang unterscheide der Gesetzgeber nicht, ob ein Neu-, Zu- oder Umbau erfolge bzw. welche Räumlichkeiten tatsächlich betroffen seien.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 24. Oktober 2001 wurde die dagegen gerichtete Vorstellung des beschwerdeführenden Vereins gemäß § 120 Abs. 5 der Tiroler Gemeindeordnung 2001 als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das streitgegenständliche Objekt in seiner derzeit bestehenden Form über einen Baukonsens verfüge und auf zwei Grundstücken über die gemeinsame Grundgrenze hinweg im Kerngebiet errichtet worden sei. Den Baubehörden sei beizupflichten, wenn sie im Hinblick auf die gegebene Flächenwidmung ein Überbauen der Grundstücksgrenzen bzw. der Grenzen des Bauplatzes im Grunde des § 4 Abs. 3 TBO 1998 als unzulässig angesehen hätten. In diesem Zusammenhang unterscheide der Gesetzgeber nicht, ob ein Neu-, Zu- oder Umbau erfolge bzw. welche Räumlichkeiten tatsächlich betroffen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn gemäß § 42 Abs. 2 VwGG aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Mit Schreiben vom 5. September 2002 teilte die belangte Behörde dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass der beschwerdeführenden Partei nach einer Grenz- und Eigentumsbereinigung mit Bescheid des Bürgermeisters vom 27. August 2002 für ihr Vorhaben eine Baubewilligung erteilt worden sei.

Der beschwerdeführende Verein brachte in seinem daraufhin an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Schreiben vom 21. Oktober 2002 zum Ausdruck, dass er sich durch diese Bewilligung hinsichtlich seiner Beschwerde im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof für "gegenstandslos gestellt" erachte, er beharrte jedoch auf seinem Begehren auf Kostenersatz.

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglosgestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. Eine "Klaglosstellung" im Sinne dieser Bestimmung kann nur in einer formellen Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides erfolgen (siehe dazu den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. N.F. Nr. 10.092/A).

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist Voraussetzung für die Erhebung einer gegen einen Bescheid gerichteten Beschwerde, dass der Beschwerdeführer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Zweck des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist es somit, eine mögliche Verletzung des Beschwerdeführers in Rechten abzuwehren.

Liegt die behauptete Rechtsverletzung im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG jedoch nicht mehr vor, so könnte der Beschwerdeführer auch durch die von ihm angestrebte Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich nicht günstiger gestellt werden, als dies ohne meritorische Entscheidung über die Beschwerde der Fall ist. In einem solchen Fall ist die Frage der Rechtswidrigkeit eines Bescheides für die Rechtsstellung eines Beschwerdeführers bedeutungslos geworden, und es bedarf dementsprechend auch keines Zurücktretens der Rechtssache in die Lage vor Erlassung des angefochtenen Bescheides. Jener rechtliche Zustand, den die Verwaltungsbehörden im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln gemäß § 63 Abs. 1 VwGG unverzüglich herzustellen verpflichtet wären, ist entweder ohnehin schon eingetreten oder braucht nicht mehr hergestellt zu werden, weil das mit der Beschwerde als verletzt behauptete Recht nicht mehr besteht. In solchen Fällen kommt in Ansehung von Bescheidbeschwerden neben den ausdrücklich im VwGG vorgesehenen Fällen der Einstellung auch die Erledigung einer Beschwerdesache durch Einstellung wegen Gegenstandslosigkeit in Betracht, ohne dass eine förmliche Klaglosstellung erfolgt (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 27. Juni 1990, Slg. N.F. Nr. 13.239/A, vom 1. Juli 1998, Zl. 97/09/0095, und vom 13. Juni 2002, Zl. 2002/06/0073).

Ein solcher Fall ist hier eingetreten, der beschwerdeführende Verein könnte durch die von ihm angestrebte Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich nicht günstiger gestellt werden, als dies ohne eine meritorische Entscheidung über die Beschwerde der Fall ist, weshalb von einer solchen abzusehen war.

Fällt bei einer Beschwerde das Rechtsschutzinteresse nachträglich weg, so ist dies gemäß § 58 Abs. 2 VwGG bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.

Diese Beurteilung ergibt vor dem Hintergrund des § 4 Abs. 3 TBO 1998, dass die Beschwerde zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides geführt hätte, weil der gegenständliche Umbau und Zubau nur auf einem Grundstück und nicht grenzüberschreitend gelegen ist und dazu noch kommt, dass der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der belangten Behörde nicht teilt, dass die Bauplatzgrenzen einzig und allein nach dem Grundbuchsstand zu beurteilen wären.

Der angefochtene Bescheid wäre daher im Fall einer meritorischen Entscheidung über die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben gewesen, weshalb der Aufwandersatz im Grunde des § 58 Abs. 2 VwGG nach den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001 dem beschwerdeführenden Verein zuzusprechen war.

Wien, am 16. Dezember 2002

Schlagworte

AllgemeinZuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001060172.X00

Im RIS seit

06.05.2003

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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