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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Feststellung der Verfassungswidrigkeit des §32 Abs1 AsylG 1997, BGBl I Nr 76 idF der Kundmachungen BGBl I Nr 106/1998 und BGBl I Nr 41/1999, mit E v 15.06.99, G56/99.Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit 27.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15. Juni 1998 wurde der Asylantrag des aus Guinea stammenden Beschwerdeführers - ohne in die Sache einzutreten - gemäß §5 Abs1 AsylG 1997 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, daß für die Prüfung des Asylantrages gemäß Art6 des Übereinkommens über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften gestellten Asylantrages, BGBl. III Nr. 165/1997 (Dubliner Übereinkommen), Italien zuständig sei. Ebenso wurde mit diesem Bescheid die Ausweisung des Asylwerbers ausgesprochen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer innerhalb der (damals maßgeblichen) zweitägigen Rechtsmittelfrist des §32 Abs1 AsylG 1997 Berufung, die vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 2. Juli 1998 abgewiesen wurde.
Dieser Berufungsbescheid ist Gegenstand der vorliegenden Beschwerde nach Art144 B-VG, in welcher der Beschwerdeführer (unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1998, G31/98 ua.) Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §32 Abs1 erster Satz AsylG 1997 geltend macht und die Aufhebung des Bescheides beantragt.
2. Aus Anlaß der Beschwerde B1465/98 leitete der Verfassungsgerichtshof nach Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Absatz 1 im §32 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 idF der (die Aufhebung von Teilen des §32 Abs1 durch Gesetzesprüfungserkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs betreffenden) Kundmachungen BGBl. I Nr. 106/1998 und BGBl. I Nr. 41/1999, ein und sprach mit Erkenntnis vom 15. Juni 1999, G56/99, aus, daß diese Gesetzesstelle verfassungswidrig war und sie nicht mehr anzuwenden ist.
3. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr dem Rechtsbestand angehört hätte.
Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren
(VfSlg. 10616/1985; 11711/1988; VfGH 27.11.1995, B314/95; VfGH 24.6.1998, B430/98).
Die nichtöffentliche Beratung im erwähnten Verfahren G56/99 begann am 15. Juni 1999. Die vorliegende, nach Bewilligung der Verfahrenshilfe eingebrachte Beschwerde langte beim Verfassungsgerichtshof am 9. Oktober 1998 ein, war also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung bereits anhängig; der ihr zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt (s. auch dazu VfGH 24.6.1998, B430/98).
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
II. Die Kostenentscheidung
gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 4.500 S enthalten.
III. Von der Durchführung einer
mündlichen Verhandlung wurde in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:B1471.1998Dokumentnummer
JFT_10008871_98B01471_00