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L80005 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Salzburg;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Z in Z, vertreten durch Ramsauer & Perner, Rechtsanwälte in Salzburg, Rochusgasse 4, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 30. Oktober 2000, Zl. 1/02-34.163/16-2000, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. S in Z, vertreten durch Dr. Michael Kienberger und Dr. Alexander Schuberth, Rechtsanwälte in Zell am See, Salzachtal Bundesstraße 13, 2. Gemeinde Z, vertreten durch den Bürgermeister) zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 934,16 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenersatzbegehren der zweitmitbeteiligten Gemeinde wird abgewiesen.
Begründung
Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist dem hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/06/0054, zu entnehmen. Daraus ist Folgendes festzuhalten:
Der Erstmitbeteiligte (in der Folge kurz: Bauwerber) ist Eigentümer einer Liegenschaft in Z. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer einer im Osten angrenzenden Liegenschaft, auf welcher ein Haus errichtet ist.
Mit Antrag vom 5. März 1992 suchte der Bauwerber bei der Baubehörde erster Instanz um die baubehördliche Bewilligung für den Um- und Erweiterungsbau hinsichtlich des auf seiner Liegenschaft befindlichen Wohn- und Geschäftshauses an. Mit weiterem Ansuchen vom 12. März 1992 beantragte er die Erteilung der Ausnahmebewilligung zur Unterschreitung des Mindestabstandes gemäß § 25 Abs. 8 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes (BGG) zur Liegenschaft des Beschwerdeführers. Dieser erhob Einwendungen gegen das Vorhaben und brachte vor, er sei mit der Unterschreitung der Mindestabstände nicht einverstanden.
Mit Bescheid vom 2. Oktober 1992 entschied die Baubehörde erster Instanz abweislich. Dagegen erhob der Bauwerber Berufung.
Mit Berufungsbescheid vom 5. September 1993 gab die Berufungsbehörde seiner Berufung Folge, erteilte die angestrebte Baubewilligung samt Abstandsnachsicht unter Vorschreibung von Auflagen, und wies die Einwendungen des Beschwerdeführers als unbegründet ab.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, die mit Bescheid vom 9. Jänner 1995 als unbegründet abgewiesen wurde.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit dem eingangs genannten hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/06/0054, wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 9. Jänner 1995 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben, weil die Ergebnisse des Verwaltungsverfahrens nicht ausreichten, um die Voraussetzungen für die Erteilung der angestrebten Abstandsnachsicht abschließend zu beurteilen.
Demgemäß hob die belangte Behörde mit Bescheid vom 7. Feber 1997 den Berufungsbescheid vom 5. September 1993 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Gemeinde zurück.
In weiterer Folge hat die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde mit Wirksamkeitsbeginn 24. Dezember 1998 für den verfahrensgegenständlichen Bereich einen Bebauungsplan der Grundstufe verordnet, worin ua. für drei Teilbereiche eine geschlossene Bauweise vorgeschrieben wurde. Nach erneuter Begutachtung durch einen bautechnischen Amtssachverständigen (unter Berücksichtigung dieses Bebauungsplanes) gab die Berufungsbehörde dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Äußerung; dieser äußerte sich ablehnend.
Mit Berufungsbescheid vom 4. November 1999 gab die Berufungsbehörde der Berufung des Bauwerbers (gegen den abweislichen erstinstanzlichen Bescheid vom 2. Oktober 1992) abermals Folge, erteilte die angestrebte Baubewilligung mit verschiedenen Vorschreibungen und wies die Einwendungen des Beschwerdeführers als unbegründet ab; weiters wies sie den Antrag des Bauwerbers vom 13. März 1992 auf Erteilung einer Abstandsnachsicht ab. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass nunmehr ein Bebauungsplan vorliege, welcher die Lage der Bauten im Bauplatz regle, sodass die Abstandsbestimmungen des § 25 Abs. 3 BGG nicht zum Tragen kämen, wie auch kein Raum mehr für eine Abstandsnachsicht gemäß § 25 Abs. 8 BGG sei (und diese auch nicht erforderlich sei).
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Zusammenfassend schloss sich die belangte Behörde der Beurteilung der Berufungsbehörde an; angesichts der Festlegungen des Bebauungsplanes bestehe kein Anspruch des Beschwerdeführers auf Einhaltung der Abstandsvorschriften des § 25 Abs. 3 BGG.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zusammengefasst bringt der Beschwerdeführer, wie schon in seiner Vorstellung, vor, der Bebauungsplan sage nichts darüber aus, dass auf Grund seiner Vorgaben (Lage des Baues im Bauplatz und festgesetzte Höchsthöhe) so gebaut werden müsse, dass gesetzliche Abstandsbestimmungen verletzt würden. Das sei auch aus dem Gutachten des Amtssachverständigen nicht zu entnehmen. Auch der Umstand, dass der Bebauungsplan eine geschlossene Bauweise vorsehe, befreie den Bauwerber nicht von der Einhaltung der Nachbarabstände, weil die zugrundeliegende Planung bzw. der zwischenzeitig bereits errichtete Bau eben keine geschlossene Bauweise zum Grundstück des Beschwerdeführers vorsehe. Würde man der Argumentation der belangten Behörde folgen, gäbe es in Hinkunft kein subjektiv-öffentliches Recht des Nachbarn auf Einhaltung der gesetzlichen Abstände gemäß § 25 Abs. 3 BGG, weil die Errichtung von Gebäuden nach den nunmehr im Land Salzburg geltenden baurechtlichen Bestimmungen nur mehr dann möglich sei, wenn ein Bebauungsplan aufgestellt sei. Somit hätten die baurechtlichen Bestimmungen, die dem Nachbarn ein subjektivöffentliches Recht auf Einhaltung der gesetzlichen Nachbarabstände gewährten, entfallen können, wenn die Meinung der belangten Behörde richtig wäre, dass ein Recht auf Einhaltung dieser gesetzlichen Nachbarabstände dann nicht mehr bestehe, wenn der Bau den Festlegungen im Bebauungsplan entspreche. Dem im angefochtenen Bescheid genannten Gutachten des Amtssachverständigen sei zu entnehmen, dass der Bauwerber die zulässige Höchsthöhe nahezu zur Gänze und die vorgeschriebene Grundflächenzahl zum Teil ausgenützt habe. Durch diese Ausnützung der Höchsthöhe bzw. der zulässigen Grundflächenzahl seien die gesetzlichen Nachbarabstände zu seinem Grundstück unterschritten worden und er sei somit in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf Einhaltung dieser Abstände verletzt.
Dem ist Folgendes zu entgegnen:
Zutreffend hat die belangte Behörde hervorgehoben, dass die Abstandsvorschriften des § 25 Abs. 3 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes, LGBl. Nr. 69/1968 (BGG), mit welchem unter anderem die Abstände der Bauten im Bauplatz zu den Grenzen des Bauplatzes näher geregelt werden, gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen, soweit im Beschwerdefall relevant, insoweit nicht gelten, als durch die im Bebauungsplan festgelegten Bebauungsgrundlagen Bestimmungen über die Lage der Bauten im Bauplatz vorgesehen sind (darauf kommt es an und nicht, wie man dem Beschwerdevorbringen entnehmen könnte, dass überhaupt ein Bebauungsplan besteht. Ein solcher könnte ja auch zB. die "offene Bebauung" vorsehen). Im Bebauungsplan ist für die Liegenschaft des Bauwerbers, sowie für die östlich angrenzende Liegenschaft des Beschwerdeführers und die an den Bauplatz angrenzende westliche Liegenschaft die geschlossene Bebauung festgesetzt (das sind die "Planungsbereiche" 12, 14 und 15, die gemäß dem Bebauungsplan einen der drei Bereiche mit geschlossener Bauweise bilden).
§ 34 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1998 (kurz: ROG), LGBl. Nr. 44 (Wiederverlautbarung), trifft nähere Bestimmungen zur "Bauweise". Demnach können nach der Art der Anordnung der Bauten zu den nicht zur Verkehrsfläche hin gelegenen Grenzen der Bauplätze die in lit. a, b und c geregelten Bauweisen (geschlossene Bauweise, offene Bauweise und "besondere Bauweisen") festgelegt werden, wobei die geschlossene Bauweise wie folgt umschrieben ist (lit. a):
"Geschlossene Bauweise, wenn die Bauten entlang der Verkehrsfläche zu Gruppen zusammengefasst zu errichten sind und mit Ausnahme der Enden der Gruppe an den beiden seitlichen Grenzen aneinander zu bauen sind."
Die Liegenschaft des Bauwerbers liegt nicht an einem solchen "seitlichen Ende" (was auch gar nicht behauptet wird), sondern vielmehr "mitten" in einem dieser Bereiche, für welchen die geschlossene Bebauung festgesetzt wurde. Diese Anordnung der "geschlossenen Bauweise" bedeutet eine Festlegung der Lage der Bauten im Bauplatz im Sinne des § 25 Abs. 2 BGG, womit dem Beschwerdeführer als Nachbar kein Anspruch auf Einhaltung der Abstandsbestimmungen des § 25 Abs. 3 BGG zukommt. Nun ist es zwar richtig, dass das Gebäude des Bauwerbers, wie es sich nach den projektgemäßen baulichen Maßnahmen (die im Übrigen zwischenzeitig bereits erfolgt sind) darstellt (die den Bauwerber mit dem Berufungsbescheid vom 5. September 1993 erteilte Bewilligung war ja bis zu ihrer Aufhebung durch den Bescheid der belangten Behörde vom 7. Feber 1997 formell rechtskräftig), dem Gutachten des Amtssachverständigen zufolge nur zur westlich gelegenen Liegenschaft hin, nicht aber zur Liegenschaft des Beschwerdeführers die "geschlossener Bauweise" einhält (vielmehr zu seiner Liegenschaft einen Abstand einhält, welcher allerdings geringer ist als die Mindestabstände, die sich aus § 25 Abs. 3 BGG ergeben würden). Die Frage, ob dies allenfalls objektiv rechtswidrig ist, kann auf sich beruhen, weil vielmehr maßgeblich ist, ob der Beschwerdeführer dadurch in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt wurde. Dies ist zu verneinen, weil dem Beschwerdeführer, wie dargelegt, kein Recht auf Einhaltung des Abstandes gemäß § 25 Abs. 3 BGG mehr zusteht.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Gemeinde (angesprochen wird Schriftsatzaufwand) war abzuweisen, weil die Gemeinde nicht tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war (§ 49 Abs. 1 VwGG idF der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997).
Wien, am 16. Dezember 2002
Schlagworte
Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000060185.X00Im RIS seit
01.04.2003