TE Vwgh Erkenntnis 2002/12/16 2001/10/0008

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Veröffentlicht am 16.12.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
82/05 Lebensmittelrecht;
86/01 Veterinärrecht allgemein;

Norm

FleischUG 1982;
LebensmittelHygieneV 1998 §1 Abs3;
LMG 1975 §35 Abs1;
LMG 1975 §35 Abs2;
LMG 1975 §38;
LMG 1975 §74 Abs4 Z2;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des Albin E in Lienz, vertreten durch Dr. Peter Rohracher, Rechtsanwalt in 9900 Lienz, Hauptplatz 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 10. August 2000, Zl. UVS-1999/14/164 - 1, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als Inhaber der Metzgerei in 9900 Lienz, P-straße 14, zu verantworten, dass am 24. November 1998 gegen 14.00 Uhr dem Lebensmittelaufsichtsorgan der Bezirkshauptmannschaft Lienz Ing. F. trotz Belehrung und Ermahnung der Zutritt zu den Betriebsräumlichkeiten in der Pstraße 14 in 9900 Lienz zwecks Durchführung einer Lebensmittelkontrolle verweigert wurde, obwohl die Geschäfts- und Betriebsinhaber sowie ihre Stellvertreter und Beauftragten verpflichtet sind, alle Orte und Beförderungsmittel dem Aufsichtsorgan über Aufforderung anzugeben, die dem Verkehr mit den diesem Bundesgesetz unterliegenden Waren dienen oder wo Tiere gehalten oder Pflanzen angebaut werden, und den Zutritt zu diesen Orten und Beförderungsmitteln zu gestatten. Er habe hiedurch die Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs. 4 Z. 2 iVm § 38 LMG begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zehn Tage) verhängt. Begründend legte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Straferkenntnisses erster Instanz dar, der Beschwerdeführer habe in der Berufung vorgebracht, er sei selbständiger Fleischhauerunternehmer und betreibe in Lienz, K-straße Nr. 27, ein Fleischereigeschäft und in der P-straße Nr. 14 einen Zerlegungs- und Verarbeitungsbetrieb nach § 17 der Frischfleisch-Hygieneverordnung. In solchen Betrieben kontrolliere nur der Tierarzt und nicht ein Lebensmittelaufsichtsorgan. Der Sohn des Beschwerdeführers, der Tierarzt sei, habe Ing. F. auf diesen Umstand hingewiesen. Dennoch habe Ing. F. auf der Kontrolle bestanden. Schon deshalb habe er keine Verwaltungsübertretung begangen. Im Übrigen sei nochmals auf die Befangenheit von Ing. F. hinzuweisen. Weiters hätte Ing. F. die Anzeige ohne Betreten der Betriebsräumlichkeiten gar nicht verfassen können, womit bewiesen sei, dass der Anzeiger dieselben doch betreten habe. Außerdem müsse die Anzeige schon deshalb nichtig sein, weil Ing. F. ein Lebensmittelaufsichtsorgan und kein Gewerbeaufsichtsorgan sei. Die Behörde stellte fest, der Beschwerdeführer habe am 24. November 1998 gegen 14.00 Uhr Ing. F., einem Organ der Lebensmittelaufsicht der Bezirkshauptmannschaft Lienz, trotz Belehrung und Ermahnung den Zutritt zu den Betriebsräumlichkeiten in der P-straße Nr. 14 in 9900 Lienz, zwecks Durchführung einer Lebensmittelkontrolle verweigert. Nach Wiedergabe von §§ 74 Abs. 4 Z. 2 und 38 LMG legte die belangte Behörde weiters dar, der Beschwerdeführer stelle in seiner Aussage außer Streit, dass er dem Lebensmittelaufsichtsorgan Ing. F. die Kontrolle "wegen Befangenheit" verweigert habe. Aus der Aussage des Ing. F. und jener des Zeugen K. gehe zweifelsfrei hervor, dass Ing. F. den Beschwerdeführer auf die Folgen der Kontrollverweigerung aufmerksam gemacht habe. Nach der Aussage des Zeugen K. habe der Beschwerdeführer nach Ankündigung der Kontrolle nach dem Lebensmittelgesetz sofort und bestimmt den Zutritt zu den Betriebsräumlichkeiten verweigert. Auch der Sohn des Beschuldigten habe Ing. F. mit dem Hinweis auf eine Befangenheit, die in privaten Gründen liege, den Zutritt zu den Betriebsräumlichkeiten verweigert.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit seinem Beschluss vom 28. November 2000, B 1697/00-3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 38 erster Satz LMG 1975 sind die Geschäfts- oder Betriebsinhaber sowie ihre Stellvertreter und Beauftragten u.a. verpflichtet, dem Aufsichtsorgan über Aufforderung Zutritt zu den Orten zu gestatten, die dem Verkehr mit den dem Lebensmittelgesetz unterliegenden Waren dienen.

Nach § 74 Abs. 4 Z. 2 LMG macht sich einer Verwaltungsübertretung schuldig, wer den Bestimmungen des § 38 zuwiderhandelt.

Bei der Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs. 4 Z. 2 iVm § 38 LMG 1975 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt. Den Beschwerdeführer traf daher gemäß § 5 Abs. 1 VStG die Verpflichtung, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden traf. Dabei hatte er initiativ alles darzutun, was für seine Entlastung spricht (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 27. November 1995, Zl. 93/10/0238).

Die Beschwerde macht zunächst geltend, der Spruch des angefochtenen Bescheides werde dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG nicht gerecht, weil darin zum Ausdruck käme, der Beschwerdeführer habe dem Lebensmittelaufsichtsorgan der Bezirkshauptmannschaft Lienz Ing. F. den Zutritt zur Metzgerei des Beschwerdeführers in Lienz P-straße 14, verweigert. Lebensmittelaufsichtsorgan als Verwaltungsbehörde erster Instanz sei jedoch der Landeshauptmann und nicht mehr der Bezirkshauptmann. Der Beschwerdeführer betreibe im Hause Lienz, Pstraße 14, keine Metzgerei. Dort befinde sich der dem Sohn des Beschwerdeführers gehörende Fleischzerlegungsbetrieb. Die Metzgerei des Beschwerdeführers befinde sich in Lienz, Kstraße 27. Dies sei amtsbekannt.

Mit diesen Darlegungen wird kein Verstoß gegen § 44a VStG aufgezeigt. Nach Z. 1 dieser Bestimmung hat der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Im vorliegenden Fall geht es um die Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs. 4 Z. 2 iVm § 38 LMG. Tatbildlich ist ein Zuwiderhandeln gegen die Verpflichtung, einem Aufsichtsorgan (im Sinne des § 35 Abs. 2 LMG) über Aufforderung Zutritt zu den Orten zu gestatten, die dem Verkehr mit den dem Lebensmittelgesetz unterliegenden Waren dienen.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides lässt keinen Zweifel, welche Person von der Behörde als "Aufsichtsorgan" im Sinne dieses Tatbildes angesehen wurde. Die Beschwerde bezieht sich mit ihrem Hinweis, wonach "Lebensmittelaufsichtsorgan als Verwaltungsbehörde erster Instanz der Landeshauptmann und nicht mehr der Bezirkshauptmann ist", offenbar auf § 35 Abs. 1 LMG, wonach die Überwachung des Verkehrs mit den durch dieses Bundesgesetz erfassten Waren dem Landeshauptmann obliegt. Dieser hat sich nach § 35 Abs. 2 leg. cit. zur Erfüllung seiner Aufgaben besonders geschulter Organe als Aufsichtsorgane zu bedienen. Der Hinweis auf die erstgenannteVorschrift zeigt nicht auf, dass angesichts des Spruches des angefochtenen Bescheides Zweifel darüber entstehen könnten, welchem Aufsichtsorgan der Beschwerdeführer - dem Strafvorwurf zufolge - den Zutritt zu seinem Betrieb verweigert hatte; der Tatvorwurf ist insoweit somit im Sinne des § 44a VStG hinreichend konkretisiert. Die Beschwerde zeigt aber mit dem soeben erwähnten - im Übrigen neuen - Vorbringen auch nicht auf, dass die belangte Behörde Ing. F., der nach der Aktenlage beim Amt der Tiroler Landesregierung zur Lebensmittelaufsicht für den Bezirk Lienz bestellt wurde, zu Unrecht als Aufsichtsorgan im Sinne des § 35 LMG angesehen hätte.

Auch der Beschwerdevorwurf, der die Bezeichnung des Tatortes betrifft, besteht nicht zu Recht. Die Beschwerde nennt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Tatort mit der Bezeichnung "Betriebsräumlichkeiten in 9900 Lienz, P-straße 14" im angefochtenen Bescheid nicht hinreichend konkretisiert wäre. Die Darlegungen der Beschwerde sind daher nicht geeignet, einen Verstoß gegen § 44 a VStG aufzuzeigen. Soweit der Beschwerdeführer mit diesen Darlegungen aber die Richtigkeit der insoweit getroffenen Feststellung bestreitet, ist darauf zu verweisen, dass er dem sowohl im Spruch als auch in der Begründung des Straferkenntnisses erster Instanz enthaltenen Vorwurf, er habe dem Aufsichtsorgan den Zutritt zu den Betriebsräumlichkeiten in 9900 Lienz, P-straße 14, verweigert, in seiner Berufung nicht entgegengetreten ist; vielmehr hatte er dargelegt, dass er am angegebenen Ort einen Zerlegungs- und Verarbeitungsbetrieb führe.

Zu Unrecht vermisst die Beschwerde auch Feststellungen in der Richtung, ob das Aufsichtsorgan nach den Ausbildungserfordernissen nach § 35 Abs. 6 LMG geschult wurde. Mit diesen Darlegungen wird nicht konkret behauptet, dass es sich bei Ing. F. nicht um ein im Sinne des § 35 LMG zur Überwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln bestelltes Aufsichtsorgan handelte. Aus welchen Gründen die belangte Behörde Feststellungen in der von der Beschwerde genannten Richtung treffen sollte, ist schon deshalb nicht ersichtlich, weil im Verwaltungsstrafverfahren ein Verstoß gegen "Ausbildungsvorschriften" niemals behauptet wurde.

Ebenso wenig zielführend ist die Behauptung, der Betrieb in Lienz, P-straße Nr. 14, sei nicht auf die Einhaltung des Lebensmittelgesetzes zu überprüfen. Es handle sich um einen Fleischzerlegungsbetrieb, der den Normen des Fleischuntersuchungsgesetzes unterliege. Damit bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass es sich bei dem angeführten Betrieb um einen Ort handle, der im Sinne des § 38 erster Satz LMG dem Verkehr mit dem Lebensmittelgesetz unterliegenden Waren, nämlich Fleisch, dient. Schon davon ausgehend bestand eine Duldungspflicht im Sinne des § 38 LMG. Im übrigen ergibt sich auch aus der von der Beschwerde zitierten Vorschrift des § 1 Abs. 3 Lebensmittelhygieneverordnung, BGBl. II Nr. 31/1998, entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht, dass die Duldungspflicht nach § 38 LMG auf fleischverarbeitende Betriebe nicht zuträfe; insoweit genügt es, auf das Erkenntnis vom 12. November 2001, Zl. 2001/10/0197, zu verweisen. Es erübrigt sich daher auch, auf die weiteren Darlegungen der Beschwerde einzugehen, die auf das Fleischuntersuchungsgesetz Bezug nehmen.

Die Beschwerde macht weiters eine Rechtswidrigkeit unter dem Gesichtspunkt der Unterlassung einer mündlichen Berufungsverhandlung geltend und führt aus, der Beschwerdeführer habe "bei der Niederschrift meiner Berufung vor der Behörde erster Instanz auch die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung sinngemäß beantragt". Diesen Darlegungen ist entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer nach Ausweis der Verwaltungsakten (Niederschrift vom 30. August 1999) die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung nicht beantragt hat. Worin ein "sinngemäßer Antrag" liegen soll, führt auch die Beschwerde nicht aus. In Ansehung des Spruchpunktes 1 hatte der Beschwerdeführer lediglich die Befugnis der Lebensmittelaufsichtsorgane, Kontrollen durchzuführen, bestritten; die belangte Behörde konnte daher gemäß § 51e Abs. 3 Z. 1 VStG von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung absehen.

Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor.

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 16. Dezember 2002

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)Mängel im Spruch Fehlen von wesentlichen Tatbestandsmerkmalen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001100008.X00

Im RIS seit

29.04.2003

Zuletzt aktualisiert am

11.07.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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