Index
L55001 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Burgenland;Norm
NatLSchV Neusiedlersee 1980 §2 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des Ing. R in Neusiedl am See, vertreten durch Dr. Gerhard Wagner, Rechtsanwalt in 7100 Neusiedl am See, Untere Hauptstraße 55, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 6. Juli 1999, Zl. 5-N-B1181/21-1999, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung und Wiederherstellungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit die naturschutzbehördliche Bewilligung zur Vornahme einer Anschüttung und Errichtung einer Uferbefestigung auf dem Grundstück Nr. 5757/183 der KG. N. versagt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen (soweit die Bewilligung zur Vorname einer Anschüttung und Errichtung einer Uferbefestigung auf den Grundstücken Nr. 5757/114 und 5757/115 der KG N. versagt und dem Beschwerdeführer ein Wiederherstellungsauftrag erteilt wurde) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer Anschüttung und einer Uferbefestigung auf den Grundstücken Nr. 5757/114, 5757/115 und 5757/183 der KG N. unter Berufung auf die §§ 2 lit. a und 3 der Verordnung der Burgenländischen Landesregierung, mit der der Neusiedlersee und seine Umgebung zum Natur- und Landschaftsschutzgebiet erklärt wurde (Natur- und Landschaftsschutzverordnung Neusiedlersee), LGBl. Nr. 22/1980 (NatLSchV Neusiedlersee 1980, in der Folge: NatLSchV), in Verbindung mit §§ 5 lit. c, 6 Abs. 1 lit. b und 5 sowie 81 Abs. 2, 5 und 6 des Burgenländischen Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzes - NG 1990, LGBl. 27/1991 (in weiterer Folge: Bgld NatSchG), abgewiesen (Spruchpunkt 1.).
Mit Spruchpunkt 2. wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 5 Abs. 2 und 3 sowie 81 Abs. 2, 5 und 6 Bgld NatSchG aufgetragen, die ohne naturschutzbehördliche Bewilligung vorgenommene Anschüttung mit Erdmaterial auf den Grundstücken Nr. 5757/114 und 5757/115 innerhalb von vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu entfernen und den rechtmäßigen Zustand (Wasserfläche mit Schilfbestand) wiederherzustellen, indem das auf den genannten Grundstücken aufgebrachte Erdreich auf einer Länge von 25 m und einer Breite von 7 m bis auf den natürlichen Seeboden entfernt werde.
Nach der Begründung dieses Bescheides habe der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 12. November 1998 um die Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für die Errichtung einer Anschüttung und einer Uferbefestigung auf den genannten Grundstücken angesucht. Die Grundstücke lägen im Natur- und Landschaftsschutzgebiet Neusiedlersee und in einem nach der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie, 92/43/EWG, und der Vogelschutzrichtlinie, 79/409/EWG, der Europäischen Kommission gemeldeten "besonderen Schutzgebiet" (Natura 2000). Die Grundstücke Nr. 5757/114 und 5757/115 seien im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als "Bauland-Erholung und Fremdenverkehr", das Grundstück Nr. 5757/183 als "Grünfläche-Erholung" ausgewiesen. Der Amtssachverständige für Naturschutz habe zur Frage der Auswirkung des Vorhabens auf den Naturhaushalt (§ 6 Abs. 1 lit. b Bgld NatSchG) folgendes Gutachten erstattet:
"Zur Zeit des Lokalaugenscheins war bereits die Aufschüttung auf dem Grundstück Nr. 5757/116 im geplanten Umfange zur Gänze bis zur Abböschung zum ostwärts angrenzenden Bootskanal hin, sowie - bei fortgesetzter Schüttgrenze Richtung Osten zum Bootskanal hinauf der südwärts daran anschließenden Teilfläche bis zur Seehütte des Grundstücks Nr. 5757/115 erfolgt. Die östlich der Seehütte zum Bootskanal hin liegende Teilfläche des Grundstücks Nr. 5757/115 hat - insbesondere in ihrem nördlichen Teil (nahe der aktuellen Schüttung) - wohl aufgrund früherer Eingriffe (Errichtung der Seehütte und/oder Eintiefung einer Fahrrinne im angrenzenden Bootskanal) zwar nicht mehr die ursprüngliche Seetiefe, zeigt sich jedoch nach wie vor in naturnaher Standortqualität: lockerer, hochwüchsiger, wasserüberfluteter Schilfbestand, der - Richtung Süden über die östlichen Teilflächen der Grundstücke Nr. 5757/114 und 5757/183 bei gleichzeitig zunehmender Wassertiefe - direkt in den freien See überleitet, und standörtlich dem seeseitigen Schilfgürtelrand zuzuordnen ist. Dieser Schilfbestand reicht nur geringfügig in das nordöstliche Eck des Grundstücks Nr. 5757/183 hinein. Der überwiegende Teil dieses Grundstücks ist dagegen schilffrei, und der Standortsqualität der 'freien Seefläche' (Wasserfläche) zuzordnen ...
Aufgrund der dargestellten Nutzungssituation und Naturausstattung ist eine über das bereits erfolgte Ausmaß der Schüttungen hinausgehende weitere Aufschüttung in die Standortsqualitäten 'freier See' und 'Verlandungszone' (konkret: 'Übergang des seeseitigen Schilfgürtelrands in den freien See') für die Errichtung weiterer Seehütten aus naturschutzfachlicher Sicht ungeachtet der Widmungssituation eindeutig abzulehnen:
Diese weiter geplanten Aufschüttungen in den See (östliche Teilfläche des Grundstücks Nr. 5757/115, Großteile des Grundstücks Nr. 5757/114, sowie die daran angrenzenden nördlichen Teile des Grundstücks Nr. 5757/183) für Freizeit- und Wohnzwecke ist aufgrund der nachhaltig nachteiligen Wirkung des Eingriffs in den betroffenen Naturhaushalt (Zerstörung einer Teilfläche des Lebensraumes am Übergang der inneren Verlandungszone zum freien See) mit den für das besondere Schutzgebiet festgelegten Erhaltungszielen nicht vereinbar."
In einer Stellungnahme zu diesem Gutachten habe der Beschwerdeführer unter anderem hervorgehoben, dass die Anschüttung der Grundstücke samt Errichtung einer entsprechenden Uferbefestigung im Interesse aller Anrainer liege, da damit der Bootskanal in seinem gefährdeten Abschnitt periodisch von Land aus von Schlammablagerungen befreit werden könne, was eine wesentlich geringere Belastung der Natur bedeute.
Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers habe in einer ergänzenden Stellungnahme die Auffassung vertreten, dass die Anschüttungen nicht im Widerspruch zu dem vorliegenden Teilbebauungsplan stünden. Dem Beschwerdeführer sei auch von der zuständigen Behörde mitgeteilt worden, dass die Anschüttungen nach naturschutzrechtlichen Vorschriften nicht bewilligungspflichtig seien.
Der Sachverständige für Naturschutz habe zu diesen Stellungnahmen ein ergänzendes Gutachten abgegeben. Darin habe der Gutachter zunächst auf sein Gutachten vom 3. Dezember 1998 verwiesen, in dem die beschwerdegegenständlichen Standortverhältnisse und die aktuelle Nutzungssituation (Verbauung und bereits bestehende Anschüttungen) dargestellt worden seien. Die beabsichtigte neue Aufschüttung sei mit "konkretisierender Begründung" abgelehnt worden. Ferner habe der Gutachter Folgendes dargelegt:
"Es darf in diesem Zusammenhang nochmals darauf verwiesen werden, dass diese neue (geplante) Aufschüttung am Übergang des seeseitigen Schilfgürtelrandes zum freien See Gegenstand dieser Beurteilung war, und nicht jene ergänzenden Schüttungen auf bestehenden, bereits früher naturfern gestalteten Schüttungen auf Grdstk. Nr. 5757/116 (zur Gänze bis zur Bootskanalböschung) und dem südwärts angrenzenden Grdstk. Nr. 5757/115, und zwar in dessen Nordteil zwischen der Grundstücksgrenze (zum Grdstk. Nr. 5757/116) und der Seehütte (Bestand), die offenbar kurz vor ggstdl. Lokalaugenschein erfolgt waren, (frisch geschüttete) Schotter-Sand-Lehm-Gemengehaufen). ...
Da sich an der zu beurteilenden Sachlage keine Änderung ergeben hat, ist aus naturschutzfachlicher Sicht vollinhaltlich auf die Ausführungen im obzit. SV-Gutachten vom 3.12.1998 zu verweisen."
Zur Frage, ob das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum nachteilig beeinträchtigt werde oder dies zu erwarten sei, habe der Gutachter ausgeführt:
"Wie bereits im obzit. SV-Gutachten im letzten Satz explizit dargestellt, würde durch den geplanten Eingriff (Aufschüttung) der vorhandene natürliche (bzw. durch die benachbarten früheren Aufschüttungen beeinflusste, naturnahe) Lebensraum zerstört, und durch eine andere, naturfernere Standortqualität ersetzt. Damit würde diese geplante Aufschüttung in der Tat das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum nachteilig beeinträchtigen."
Die Frage, ob durch das Vorhaben in dem gegenständlichen Bereich der Lebensraum für Tiere und Pflanzen (konkret welche Arten) nachhaltig gefährdet oder beeinträchtigt werde, habe der Gutachter auf folgende Weise beantwortet:
"Das gegenständliche Areal liegt am seeseitigen Rand der Feriensiedlung 'Refugium', die ihrerseits am Übergang des Schilfgürtels zum freien See situiert wurde. Durch die seinerzeitige Einbringung einer mittelgroßen Kiesfraktion zur Schaffung eines schlammfreien Badestrands und einer seeseitigen Sicherung mittels Eisenbahnschienen .... erfolgte offenbar im ggstdl. Schüttbereich eine Überdeckung des natürlichen Seebodens, die nach darauffolgender Überschlickung (Verschlammung) eine raschere Besiedlung mit Schilf ermöglichte. Das gegenständliche Vorhaben gefährdet daher den genannten Schilfbestand auch in seiner Funktion als Lebensraum für möglicherweise darin vorkommende Teichrohrsänger und Bartmeisen, sowie anderer schilfbewohnender Kleinvögel und einer Vielzahl von schilfbewohnenden Arthropoden (laut Rücksprache mit Dr. G.).
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass in Bezug auf den gesamten freien See und den seeseitigen Schilfgürtelrand diese Aufschüttung nur einen Mosaikstein in der Reihe der vielen Eingriffe und Umgestaltungen im See und seiner Verlandungszone darstellen würde, der aufgrund seiner Größenordnung keine nachhaltig negative Auswirkung auf den Gesamtlebensraum des Sees erwarten ließe. Jedoch die Vielzahl derartiger lebensraumzerstörenden Eingriffe in diese Naturlandschaft (v.a. in der Vergangenheit) stellen in Summe sehr wohl eine nachhaltige Beeinträchtigung für diesen Lebensraum (Schutzgebiet) dar, sodass jede weitere Lebensraumzerstörung in diesem Bereich - ungeachtet der Widmungssituation - naturschutzfachlich unter der Berücksichtigung der rechtsverbindlichen Schutz- und Erhaltungsziele eindeutig negativ zu beurteilen ist. Widmungsaltlasten im direkten Einzugsbereich des Sees, so sie in ihrer entsprechenden Auslegung und Umsetzung eine Lebensraumzerstörung ex lege zulassen, betreffen - wie im ggstdl. Fall - direkt einen Teil dieses nicht zu trennenden Lebensraumkomplexes hinsichtlich ihrer nachteilig beeinträchtigenden Wirkung auf angrenzende Schutzgebietsbereiche. Das bedeutet, es würde entsprechend der Widmungssituation und der daraus abgeleiteten Ansprüche auf nachhaltige Umgestaltung für eine naturferne Folgenutzung (wie z.B. im Gegenstandsfalle), ein Teil eines wertvollen Lebensraumes an der Grenze zum Schutzgebietsteil des freien Sees, mit dem er durch die gleichen Standortsqualitäten und entsprechende Naturausstattung direkt verbunden ist, zerstört. Aufgrund dieser naturhaushalterischen Einheit von Schutzgebiet und der gegenstandsrelevanten Fläche, auf der die Aufschüttung erfolgen soll, kann unter Berücksichtigung der naturschutzrelevanten Rechtslage die mit dem ggstdl. Vorhaben verbundene nachhaltige Lebensraumveränderung (Zerstörung) von naturschutzfachlicher Seite nicht mitgetragen werden. ..."
Nach den weiteren Ausführungen der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer zum ergänzenden Gutachten eine Stellungnahme abgegeben, wonach er der Behörde bereits vor Monaten insofern "entgegengekommen" sei, als er sein Ansuchen auf teilweise Anschüttung des Grundstückes Nr. 5757/183 (dem eigentlichen beschilften Bereich) zurückgenommen habe. Dadurch sei nur mehr ein Bereich von ca. 30 m2 - teilweise aufgrund früherer Anschüttungen -
sehr verkümmerten Schilfes von seinem Antrag betroffen. Dieser Bereich liege nach dem Gutachten in einem seit über 40 Jahren besiedelten Wohngebiet fernab vom Schilfgürtel.
Nach Auffassung der belangten Behörde stünde die geplante Anschüttung nicht im Widerspruch zum rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde. Auch eine besondere Beeinträchtigung der von der Burgenländischen Landesregierung der Europäischen Kommission gemeldeten besonderen Schutzgebiete sei nicht gegeben. Im Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie vom 17. Juni 1999 sei dargelegt worden, dass eine solche Beeinträchtigung im Wesentlichen nur durch größere Projekte erfolgen könne. Verfahrensgegenständlich handle es sich um einen im Verhältnis zur Größe des Natura 2000-Gebietes geringen Eingriff. Auch der Amtssachverständige habe in seinem ergänzenden Gutachten festgehalten, dass auf Grund der Größenordnung des Eingriffes keine nachhaltig negative Auswirkung auf den Gesamtlebensraum des Sees zu erwarten sei. Auf Grund der eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen für Naturschutz, welche als richtig und schlüssig erachtet würden, stehe allerdings fest, dass die beantragte Maßnahme das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum nachhaltig beeinträchtige. Die beantragten Maßnahmen hätten zur Folge, dass die Wechselbeziehungen der Lebewesen im unmittelbar betroffenen Lebensraum untereinander und in ihrer Umwelt beeinträchtigt, d.h. negativ beeinflusst würden. Durch den geplanten Eingriff würde der vorhandene natürliche Lebensraum zerstört und durch eine andere, naturferne Standortsqualität ersetzt. Das gegenständliche Areal liege am seeseitigen Rand einer Feriensiedlung ("Refugium"), die ihrerseits am Übergang des Schilfgürtels zum freien See situiert sei. Das gegenständliche Vorhaben gefährde daher den genannten Schilfbestand auch in seiner Funktion als Lebensraum für darin vorkommende Teichrohrsänger und Bartmeisen sowie andere schilfbewohnende Kleinvögel und eine Vielzahl von schilfbewohnenden Arthropoden. Bei Beurteilung eines bestimmten menschlichen Eingriffes in ein bestehendes Wirkungsgefüge eines Raumes sei entscheidend, ob sich dieser Eingriff harmonisch in den vorliegenden natürlichen Lebensraum einfüge oder nicht. Handle es sich um einen zusätzlichen Eingriff, dann sei entscheidend, ob sich diese weitere Anlage oder Einrichtung in das vor ihrer Errichtung gegebene und durch bereits vorhandene menschliche Eingriffe mitbestimmte Wirkungsgefüge der bestehenden Geofaktoren anpasse. Die Anschüttungen und die Uferbefestigung, für deren Errichtung die Anschüttungen die Voraussetzung darstellten, stelle daher einen das Gefüge des Naturhaushaltes im betroffenen Lebensraum nachteilig beeinträchtigenden Eingriff dar.
Gemäß § 6 Abs. 5 Bgld NatSchG könne eine Bewilligung im Sinne des § 5 entgegen den Bestimmungen der Absätze 1 bis 4 erteilt werden, wenn das öffentliche Interesse an den beantragten Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles höher zu bewerten sei als das öffentliche Interesse an der Bewahrung der Natur und Landschaft vor störenden Eingriffen. Als öffentliche Interessen im Sinne des Gemeinwohles an der Verwirklichung des Projektes sei vom Beschwerdeführer angeführt worden, dass die verfahrensgegenständlichen Grundstücke als "Bauland-Erholung und Fremdenverkehr" bzw. als "Grünfläche-Erholung" im rechtsgültigen Flächenwidmungsplan ausgewiesen seien und ein öffentliches Interesse an der ungehinderten Einfahrtsmöglichkeit in den Osthafen der Neusiedlerseebadeanlage bestehe, die durch Befestigung der angrenzenden Uferabschnitte sichergestellt werden könnte. Dadurch würden die Kosten der erforderlichen Entschlammungsarbeiten gesenkt werden. Bei Gegenüberstellung der öffentlichen Interessen gemäß § 6 Abs. 5 leg. cit. erachtet die belangte Behörde bei dem vorliegenden Projekt das öffentliche Interesse an der Bewahrung des Seenrandbereiches vor zusätzlichen nachhaltigen Eingriffen gegenüber den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Interessen jedoch als überwiegend.
Da durch die zwischenzeitig bereits erfolgten Anschüttungen (gemeint: auf den Grundstücken Nr. 5757/114 und 5757/115) gemäß § 2 lit. a der NatLSchV eine verbotene Maßnahme und ein gemäß § 5 lit. c Bgld NatSchG bewilligungspflichtiger Tatbestand verwirklicht worden sei, sei die belangte Behörde gemäß § 55 Abs. 2 leg. cit. auch zur Erlassung eines Wiederherstellungsauftrages verpflichtet gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Beschwerdeführer hat zur Gegenschrift mehrere Repliken
erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
I. Zur Versagung der Bewilligung:
1. Vorweg ist darauf zu verweisen, dass von der Versagung der naturschutzbehördlichen Bewilligung auch das Grundstück Nr. 5757/183 der KG N. betroffen ist. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers hat er seinen Antrag bezüglich dieses Grundstückes zunächst mündlich und dann mit Schreiben vom 23. April 1999 zurückgenommen. Die schriftliche Zurücknahme des diesbezüglichen Antrages wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides (vgl. Seite 11) ausdrücklich erwähnt. Das Grundstück Nr. 5757/183 war daher nicht mehr Gegenstand des Bewilligungsverfahrens. Der diesbezügliche Ausspruch der belangten Behörde erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
2. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist unbestritten, dass die genannten Grundstücke in dem von der (gemäß §§ 15 und 19 des Bgld NatSchG 1961, LGBl. Nr. 23, erlassenen) NatLSchV umschriebenen Gebiet, das zum Landschaftsschutzgebiet sowie zum Teilnaturschutzgebiet (Pflanzen- , Tier- und Vogelschutzgebiet) erklärt wurde, liegen.
Gemäß § 2 lit. a NatLSchV ist es unter anderem verboten, in dem in § 1 bezeichneten Gebiet den natürlichen Zustand der Gewässer, Wasserflächen, Sumpf- und Schilfflächen zu verändern.
Nach § 3 NatLSchV bedürfen in dem in § 1 bezeichneten Gebiet Bauvorhaben aller Art einer Genehmigung der Landesregierung im Sinne des § 19 Abs. 2 des Naturschutzgesetzes (gemeint: Bgld NatSchG 1961, LGBl. Nr. 23).
Gemäß § 6 NatLSchV kann die Landesregierung im Einzelfall Ausnahmen von den in den §§ 2, 4 und 5 angeordneten Verboten und Beschränkungen mit Bescheid bewilligen, wenn der Eingriff aus Gründen naturwissenschaftlicher Forschung oder für Heilzwecke oder aus volkswirtschaftlichen Interessen erforderlich ist.
Der mit "Übergangsbestimmungen" überschriebene § 81 Bgld NatSchG enthält hinsichtlich der NatLSchV folgende relevante Regelungen:
Nach § 81 Abs. 2 Bgld NatSchG in seiner Stammfassung LGBl. Nr. 27/1991 gelten Verordnungen der Landesregierung auf Grund der §§ 9, 15, 19, 19a, 19b und 24 Abs. 3 des Naturschutzgesetzes 1961 bis zur Erlassung von Verordnungen auf Grund dieses Gesetzes, mit den sich aus Abs. 3 bis 6 ergebenden Änderungen als landesgesetzliche Regelung weiter.
Mit der Novelle zum Bgld NatSchG LGBl. Nr. 66/1996 wurde dem § 81 Abs. 2 angefügt: ", soferne in diesem Gesetz nicht gesonderte Regelungen getroffen worden sind oder diese Verordnungen nicht den Bestimmungen dieses Gesetzes widersprechen."
§ 81 Abs. 6 Bgld NatSchG in seiner Stammfassung LGBl. Nr. 27/1991 bestimmte diesbezüglich, dass in Teilnatur- und Landschaftsschutzgebieten Verbote mit Ausnahme von Einschränkungen der Jagd als bewilligungspflichtige Maßnahmen gelten. Neben den Voraussetzungen für Bewilligungen in Landschaftsschutzgebieten (Abs. 5) durften Bewilligungen nur erteilt werden, wenn in dem von besonderen Naturschutzinteressen berührten Gebiet des Teilnatur- und Landschaftsschutzgebietes eine nachhaltige Beeinträchtigung des Schutzzweckes ausgeschlossen werden kann.
§ 81 Abs. 6 Bgld NatSchG in der (im Beschwerdefall anzuwendenden) Fassung der Novelle LGBl. Nr. 66 /1996 bestimmt hingegen, dass in Teilnatur- und Landschaftsschutzgebieten neben den Voraussetzungen für Bewilligungen in Landschaftsschutzgebieten (Abs. 5) Bewilligungen nur erteilt werden dürfen, wenn in dem von besonderen Naturschutzinteressen berührten Gebiet des Teilnatur- und Landschaftsschutzgebietes eine nachhaltige Beeinträchtigung des Schutzzweckes ausgeschlossen werden kann.
Gemäß dem erwähnten Abs. 5 des § 81 Bgld NatSchG idF LGBl. Nr. 66/1996 sind in Landschaftsschutzgebieten (§ 23) auf Flächen, auf denen gemäß § 5 eine Bewilligung erforderlich ist, und auf Verkehrsflächen gemäß § 15 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes Bewilligungen grundsätzlich nach Maßgabe des § 23 Abs. 7 zu erteilen.
Nach § 5 Bgld NatSchG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 66/1996 bedürfen auf Flächen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde nicht als Wohn-, Dorf-, Geschäfts- , Industrie- und Betriebsgebiete, gemischte Baugebiete oder als Verkehrsflächen ausgewiesen sind, u.a. die Errichtung und Erweiterung von Gebäuden und anderen hochbaulichen Anlagen (lit. a Z. 1), aber auch die Errichtung und Erweiterung von Teichen und künstlichen Wasseransammlungen sowie Grabungen und Anschüttungen in stehenden oder vorübergehend nicht wasserführenden Gewässern aller Art einer Bewilligung; ausgenommen sind Anlagen in Vor-, Haus- und Obstgärten, die in einem Zusammenhang mit Wohngebäuden stehen (lit. c).
Gemäß § 23 Abs. 7 Bgld NatSchG in der Fassung der genannten Novelle sind Bewilligungen im Landschaftsschutzgebieten von der Landesregierung zu erteilen, wenn
a) die in diesem Gesetz für Bewilligungen festgelegten Voraussetzungen gegeben sind und
b) der jeweils in der Verordnung festgelegte Schutzgegenstand oder Schutzzweck nicht nachteilig beeinträchtigt wird oder dies nicht zu erwarten ist.
Die im Naturschutzgesetz für Bewilligungen festgelegten Voraussetzungen sind im § 6 Bgld NatSchG geregelt.
Nach § 6 Abs. 1 leg. cit. sind Bewilligungen im Sinne des § 5 zu erteilen, wenn durch das Vorhaben oder die Maßnahme einschließlich des Verwendungszweckes nicht
a)
das Landschaftsbild nachteilig beeinflusst wird,
b)
das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum nachteilig beeinträchtigt wird oder dies zu erwarten ist oder
c) der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachteilig beeinträchtigt wird.
Eine nachteilige Beeinträchtigung des Gefüges des Haushaltes der Natur liegt gemäß § 6 Abs. 2 leg. cit. vor, wenn durch eine Maßnahme oder ein Vorhaben
a) ein wesentlicher Bestand seltener, gefährdeter oder geschützter Tier- oder Pflanzenarten vernichtet wird oder
b) der Lebensraum seltener, gefährdeter oder geschützter Tier- oder Pflanzenarten wesentlich beeinträchtigt oder vernichtet wird oder
c) sonst eine wesentliche Störung für das Beziehungs- und Wirkungsgefüge der heimischen Tier- und Pflanzenwelt untereinander und zu ihrer Umwelt in der Biosphäre oder in Teilen davon zu erwarten ist.
Für die im Beschwerdefall anzuwendende Rechtslage ergibt sich daraus Folgendes:
Während der Geltung des Bgld NatSchG (in seiner Stammfassung LGBl. Nr. 27/1991) haben die Verbote des § 2 der NatLSchV zufolge der Anordnung des § 81 Abs. 6 erster Satz Bgld NatSchG als bewilligungspflichtige Maßnahmen gegolten.
Die Novelle LGBl. Nr. 66/1996 hat diese Anordnung nicht übernommen. Vielmehr beschränkt sich § 81 Abs. 6 Bgld NatSchG nunmehr auf die Regelung der Voraussetzungen, unter denen in Teilnatur- und Landschaftsschutzgebieten Bewilligungen zu erteilen sind. Die Materialien enthalten diesbezüglich keinerlei Ausführungen. Zu § 81 Abs. 2 Bgld NatSchG idF der Novelle LGBl. Nr. 66/1996 heißt es lediglich (vgl. Beilage Nr. 857 zu den Stenographischen Protokollen des Burgenländischen Landtages der XVI. Gesetzgebungsperiode, S. 24):
"Da einzelne Regelungen im NG 1990" (gemeint: Naturschutzgesetz in seiner Stammfassung LGBl. Nr. 27/1991) "mit Bestimmungen in den Verordnungen auf Grund des Naturschutzgesetzes 1961 nicht im Einklang stehen, wird mit dieser Regelung eine Klarstellung hinsichtlich des Vorranges der Regelungen im NG 1990 getroffen."
Nach den zitierten Materialien dient die Fassung des § 81 Abs. 5 "der Anpassung an die Novelle des Bgld. Raumplanungsgesetzes LGBl. Nr. 12/1994 und an § 23."
Es ist daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber, hätte er die gänzliche Beseitigung der in der NatLSchV normierten Verbote angestrebt, dies klar und deutlich - der Regelung des § 81 Abs. 6 in der Stammfassung vergleichbar - zum Ausdruck gebracht hätte. Dies ist allerdings nicht geschehen. Ebenso wenig kann - angesichts des Wegfalles des ersten Satzes des § 81 Abs. 6 idF des Stammgesetzes - der geltenden Rechtslage (§ 81 Abs. 6 idF der Novelle LGBl. Nr. 66/1996) eine Regelung entnommen werden, wonach Bewilligungstatbestände an die Stelle der Versagungstatbestände des § 2 NatLSchV träten. § 81 Abs. 6 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung ist daher dahin zu deuten, dass das Verbotssystem wieder in Geltung gesetzt worden ist. Für diese Auffassung kann im Übrigen auch ins Treffen geführt werden, dass der (verwiesene) die Landschaftsschutzgebiete regelnde § 23 Bgld NatSchG idF LGBl. Nr. 66/1996 in seinem Abs. 2 ebenfalls die Festlegung von Verboten vorsieht.
Dem Gesetz sind auch keine - in Beziehung auf die Verbotstatbestände des § 2 NatLSchV - "gesonderten Regelungen" oder "widersprechende Bestimmungen" im Sinne des § 81 Abs. 2 letzter Halbsatz Bgld NatSchG idF LGBl. Nr. 66/1996 zu entnehmen.
Im Hinblick auf diese Rechtslage ist im Beschwerdefall gemäß § 2 lit. a NatLSchV in dem in § 1 umschriebenen Gebiet u.a. eine Veränderung des natürlichen Zustandes der Gewässer, Wasserflächen, Sumpf- und Schilfflächen verboten.
Der Beschwerdeführer hat um die Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer Anschüttung und einer Uferbefestigung auf den Grundstücken Nr. 5757/114 und 5757/115 der KG N. angesucht. Nach dem oben wiedergegebenen Gutachten des Amtssachverständigen für Naturschutz habe die östlich der bereits bestehenden Seehütte zum Bootskanal hin liegende Teilfläche des Grundstückes Nr. 5757/115 zwar nicht mehr die ursprüngliche Seetiefe, zeige jedoch nach wie vor in naturnaher Standortqualität lockeren, hochwüchsigen, wasserüberfluteten Schilfbestand, der in Richtung Süden über die östlichen Teilflächen der Grundstücke Nr. 5757/114 und 5757/183 direkt in den freien See überleite. Auch der Beschwerdeführer geht in seiner Beschwerde selbst davon aus, dass durch sein Vorhaben eine Fläche von ca. 30 m2 "intakten" Schilfes, 70 m2 "degenerierten" Schilfes und 130 m2 "aufgrund früherer Ablagerungen von Kanalaushubmaterial teilweise verlandeten Gewässers" von der Anschüttung betroffen ist (vgl. S. 8 der Beschwerde). Damit wird jedoch ein nach § 2 lit. a der NatLSchV verbotener Tatbestand erfüllt, der - da kein Ausnahmefall des § 6 der NatLSchV ersichtlich ist - keiner Ausnahmegenehmigung zugänglich ist.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, dass die vom Beschwerdeführer beantragten Maßnahmen eine nachteilige Beeinträchtigung des Gefüges des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum (§ 6 Abs. 1 lit. b Bgld NatSchG) darstellten, da der Lebensraum seltener, gefährdeter oder geschützter Tier- oder Pflanzenarten wesentlich beeinträchtigt oder vernichtet werde (§ 6 Abs. 2 lit. b leg. cit.). Die belangte Behörde hat die Errichtung der Anschüttung und der Uferbefestigung somit als ein bewilligungspflichtiges Vorhaben nach dem Bgld NatSchG beurteilt, mangels Vorliegens entsprechender Voraussetzungen aber letztlich nicht bewilligt. Dadurch ist der Beschwerdeführer allerdings, weil das Vorhaben - wie dargelegt - ohnedies verboten ist, in keinen Rechten verletzt worden.
Die diesbezüglich erhobene Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
II. Zum Wiederherstellungsauftrag:
Wurden u.a. Maßnahmen, die nach diesem Gesetz oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung verboten sind, entgegen dem Verbot ausgeführt, ist gemäß § 55 Abs. 2 Bgld NatSchG die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes binnen angemessener festzusetzender Frist aufzutragen. Ist die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes nicht möglich oder zweckmäßig oder würde dies den Zielsetzungen dieses Gesetzes widersprechen, können entsprechende Maßnahmen zur Herbeiführung eines den Interessen des Schutzes und der Pflege der Natur und Landschaft möglichst weitgehend Rechnung tragenden Zustandes vorgeschrieben werden.
Die belangte Behörde hat die Auffassung vertreten, dass durch die bereits erfolgte Anschüttung gemäß § 2 lit. a der NatLSchV "eine verbotene Maßnahme und ein gemäß § 5 lit. c Bgld NatSchG bewilligungspflichtiger Tatbestand verwirklicht" worden sei.
Dieser Auffassung ist nach den Ausführungen unter Pkt. I. 2. nur insofern zu folgen, als durch die Anschüttung vom Beschwerdeführer gegen den Verbotstatbestand des § 2 lit. a der NatLSchV verstoßen worden ist, womit der Wiederherstellungsauftrag im Ergebnis zu Recht erfolgt ist.
Die Beschwerde erweist sich daher auch insofern als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG (insbesondere § 50) in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 16. Dezember 2002
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999100193.X00Im RIS seit
29.04.2003