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L55001 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Burgenland;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde der H Gesellschaft m.b.H. in Riedlingsdorf, vertreten durch Dr. Richard Köhler und Dr. Anton Draskovits, Rechtsanwälte in 1060 Wien, Amerlingstraße 19, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 4. September 2000, Zl. 5-N-B-1656/2-2000, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 8. Jänner 1998 erteilte die Berghauptmannschaft Wien der Beschwerdeführerin die bergrechtliche Gewinnungsbewilligung für den Quarzsand - Tagebau Parndorf im Abbaufeld "Lukas I" auf den Grundstücken Nr. 2025/10, 2025/11 und 2025/12 der Katastralgemeinde Parndorf. Mit Bescheid vom 16. März 1998 genehmigte die Berghauptmannschaft Wien der Beschwerdeführerin gemäß § 100 Abs. 2 Berggesetz den Aufschluss- und Abbauplan betreffend das soeben erwähnte Abbauvorhaben nach Maßgabe des vorgelegten Projektes unter Festsetzung von Vorschreibungen.
Mit Eingabe vom 23. Februar 1999 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der naturschutzbehördlichen Genehmigung für das mit Bescheid der Berghauptmannschaft bewilligte Abbauvorhaben.
Die Bezirkshauptmannschaft holte fachkundige Stellungnahmen der biologischen Station Neusiedlersee und eines Amtssachverständigen für Landschaftsschutz ein. Die biologische Station Neusiedlersee führte aus, es lägen keine Hinweise auf einen besonderen Naturschutzwert der betroffenen Fläche vor (intensive ackerbauliche Nutzung). Durch den geplanten Trockenabbau entstünden vorübergehend Biotopflächen, die ökologisch höher zu bewerten seien als die derzeitigen Ackerflächen. Für den rekultivierten Zustand könnten ökologische Voraussetzungen erwartet werden, die mit den derzeitigen vergleichbar seien. Eine Beeinträchtigung des Naturhaushaltes sei daher nicht zu erwarten.
Der Amtssachverständige für Landschaftsschutz legte Folgendes
dar:
"Befund:
Lagebeschreibung:
Das geplante Abbaufeld ('Lukas I') befindet sich ca. 4 km südöstlich des bebauten Ortsgebietes von Parndorf inmitten freier, unbebauter Landschaft im zentralen Bereich der Parndorfer Platte. Der Großteil des Areals stellt derzeit eine Brachefläche dar, zum Zeitpunkt des Augenscheines am 20.5.1999 waren auf einem Teil bereits Erdarbeiten durchgeführt worden. Es wird westlich und östlich von Wegen begrenzt, nördlich befindet sich ein Modellflugplatz, südöstlich wird es von einer 110 kV-Freileitung gequert. Ansonsten sind die umliegenden Grundstücke landwirtschaftlich genutzt oder stellen Bracheflächen dar. In einiger Entfernung befinden sich bereits großflächige Abbaugruben.
Beschreibung des Vorhabens:
Das geplante Abbaufeld weist eine rechteckige Fläche von ca. 5,8 ha mit einer Breite von 215 m und einer Länge von 290 m auf .Die max. Abbautiefe soll 17 m, gerechnet vom bestehenden umliegenden Geländeniveau, das ist 1 m über dem höchsten Grundwasserspiegel, betragen.
Die geplanten Abbaumaßnahmen sollen in drei Abschnitten in einem Zeitraum von 5 Jahren durchgeführt werden. Anschließend soll durch Verfüllung mit Erdmaterial die ursprüngliche Geländeform wiederhergestellt werden, sodass eine landwirtschaftliche Nutzung möglich ist. Die Verfüllung soll in einem Zeitraum von max. 3 Jahren erfolgen, sodass die gesamte Maßnahme bis zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes einen Zeitraum von max. 8 Jahren in Anspruch nehmen wird.
Im Übrigen wird auf die eingereichten Unterlagen hingewiesen.
Beschreibung des Landschaftsbildes bzw. Landschaftscharakters des betroffenen Landschaftsraumes:
Das gegenständliche Areal befindet sich im Landschaftsraum der Parndorfer Platte, die im Norden von der Leithaniederung und im Süden von der Seenplatte begrenzt wird, zu der sie relativ markant und steil über einen Wagram (Steilstufe) abfällt. Die Parndorfer Platte erstreckt sich über eine Länge von 20 km von Nordwesten nach Südosten und weist eine durchschnittliche Breite von 8 bis 10 km auf. Kennzeichnend für diesen Landschaftsraum ist, insbesondere im nordwestlichen Bereich, die gleichförmige, nahezu unendliche, bis zum Horizont reichende Ebene. Das fast ebene Gelände wird überwiegend landwirtschaftlich (ackerbaulich) genutzt. Die Ebene wird von geradlinig verlaufenden Erschließungswegen durchzogen. Diese Wege werden meist von Gehölzen, abwechselnd in Form von Hecken und Baumreihen, begleitet, die oft die Funktion von Windschutzgürteln übernehmen. Ansonsten wird das Bild der Landschaft durch sporadische Einzelbäume und kleinere Gehölzgruppen geprägt. Weiter im Südosten, etwa beim Siedlungskomplex des Friedrichshofes, wird das Gelände bewegter. Hier geht die Ebene in flache Talsenken über, die in Form von sanften Wellen mit weitgezogenen Kuppen abwechseln. Noch weiter nach Südosten hin nimmt diese bewegte Reliefformation immer mehr zu. Größere Gehölzgruppen und kleinere Wälder wirken landschaftsprägend.
Die Ortschaften liegen alle am Rande der Parndorfer Platte, entweder entlang der Leitha oder am Fuße des Wagrams. Letztere gehören jedoch bereits zum Landschaftsbereich der Seenplatte. Eine Ausnahme bilden die Ortschaften Parndorf und Neudorf, die innerhalb der Parndorfer Platte liegen. Im Inneren der Platte liegen auch die zahlreichen Gutshöfe (Meierhöfe), von denen viele nicht mehr bewirtschaftet werden und verfallen sind. Die noch bewohnten dienen der Verwaltung des Großgrundbesitzes. Sie stellen Gebäudegruppen in Form von Weilern dar. Durch die dichten Baum- und Gehölzbestände an den Rändern sind sie in der Regel gut in das Landschaftsbild eingebunden. Ansonsten ist die Landschaft frei von Gebäuden.
Im Landschaftsbild besonders wirksam werdende, störende anthropogene Elemente sind de elektrischen Freileitungen, die Autobahn und die Eisenbahntrassen. Ebenso stellen aufgelassene und sich im Betrieb befindliche Sand- und Schottergruben, insbesondere östlich von Parndorf, das Landschaftsbild und den Landschaftscharakter störende Elemente dar.
Gutachten:
Landschaftsbild und Landschaftscharakter im betroffenen Landschaftsraum - insbesondere im nordwestlichen und zentralen Teil der Parndorfer Platte - werden vorwiegend durch die weite Ebene mit landwirtschaftlicher (ackerbaulicher) Nutzung, Bracheflächen, durch Gehölzgruppen, meist in Form von Reihe oder Windschutzgürteln entlang von Wegen und kleinen Wäldern sowie Bepflanzungen im Bereich der Gutshöfe, und auch durch sporadische Solitärgehölze geprägt.
Ein weiteres kennzeichnendes Element ist die weitgehende Freiheit von Bebauung, lediglich die - zum Teil nicht mehr im Betrieb befindlichen und schon verfallenen - Gutshöfe als konzentriert angeordnete Gebäudegruppen in Form von Weilern sind als Landschaftselemente vorhanden. Diese werden jedoch durch den meist dichten Gehölzbestand an den Rändern kaum im Landschaftsbild wirksam.
Bestehende technische Anlagen und Einrichtungen, wie die großräumigen Trassen der elektrischen Freileitungen, der Autobahn und der Eisenbahn sowie die Schotter- und Sandabbauflächen stellen in der vorwiegend durch naturräumliche Elemente geprägten Landschaft störende Elemente dar.
Dies trifft auch auf die gegenständliche geplante (bzw. bereits begonnene) Anlage zu, die sich im zentralen Bereich der Parndorfer Platte befindet. Durch die große Abbaufläche wird das bestehende Relief (das ebene Gelände) vollkommen verändert. Dadurch und die für den Abbau erforderlichen technischen Einrichtungen sowie die im Bereich der Ebene neben der Abbaufläche gelagerten Materialien wird das Landschaftsbild empfindlich gestört werden. Der vorherrschende, vornehmlich durch naturräumliche Elemente geprägte Landschaftscharakter wird nachteilig beeinträchtigt.
Aufgrund der genannten Tatsachen kann zusammenfassend der Schluss gezogen werden, dass durch die geplanten Maßnahmen (Abbau von Sand und Kies sowie Wiederverfüllung) Landschaftsbild und Landschaftscharakter des betroffenen Landschaftsraumes nachteilig beeinträchtigt werden.
Relativiert wird diese Tatsache allerdings durch den verhältnismäßig kurzen Zeitraum, in dem die Maßnahmen durchgeführt werden sollen, und die anschließende Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes. Das bedeutet, dass die Beeinträchtigung von Landschaftsbild und Landschaftscharakter nur für diesen relativ kurzen Zeitraum in Erscheinung treten wird."
Die Beschwerdeführerin vertrat in einer Stellungnahme die Auffassung, der Landschaftscharakter werde nicht nachteilig beeinträchtigt, da er hauptsächlich von Kiesgruben, Autobahn- und Eisenbahntrassen sowie Elektrizitätsleitungen geprägt sei. Andernfalls müsste das Vorhaben gemäß § 6 Abs. 5 des Burgenländischen Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzes (NG 1990) bewilligt werden; es sei mit Bescheid vom 8. Jänner 1998 die Gewinnungsbewilligung erteilt und mit Bescheid vom 16. März 1998 der Aufschluss- und Abbauplan für den Quarzsand - Tagebau genehmigt worden. Die Raumplanungsabteilung der belangten Behörde habe im bergrechtlichen Verfahren die Erklärung abgegeben, dass kein Widerspruch zum Entwicklungskonzept Parndorfer Platte vorliege.
Mit Bescheid vom 2. Februar 2000 wies die Bezirkshauptmannschaft den Antrag der Beschwerdeführerin ab. In der Begründung wurde nach Zitat von § 5 und 6 NG 1990 und § 20 Abs. 1 Bgld. Raumplanungsgesetz auf Befund und Gutachten des Sachverständigen für Landschaftsschutz verwiesen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wiederholte die Beschwerdeführerin das in der oben wiedergegebenen Stellungnahme Vorgebrachte.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und versagte die beantragte naturschutzbehördliche Genehmigung gemäß §§ 5 lit. b, 6 Abs. 1 lit. a und c sowie 56 Abs. 1 NG 1990. Begründend legte die belangte Behörde nach Hinweisen auf den Verfahrensgang und die gesetzlichen Vorschriften sowie auszugsweiser Wiedergabe der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dar, der Amtssachverständige beschreibe den Landschaftsbereich der Parndorfer Platte als freie, unbebaute Landschaft, die nahe liegenden Flächen seien landwirtschaftlich genutzt oder stellten Brachflächen dar. Die freie Landschaft werde von naturräumlichen Elementen dominiert und sei frei von Bebauung; hiebei bildeten verstreut liegende Gutshöfe eine Ausnahme. Der Landschaftsraum werde insbesondere durch seine weitgehend ebenen Flächen gekennzeichnet. Störende Landschaftselemente bildeten die Bahn- und Autobahntrasse, die elektrischen Freileitungen sowie Sand- und Schotterabbauflächen. Die geplante bzw. teilweise begonnene Anlage verändere infolge der abgelagerten Materialien und der bestehenden technischen Einrichtungen das bestehende Relief, weshalb das Landschaftsbild nachteilig beeinflusst und der Landschaftscharakter nachteilig beeinträchtigt werde. Im Gutachten werde auch ausgeführt, dass trotz der oben angeführten störenden Baulichkeiten und Anlagen von Gewinnungsfeldern der naturnahe Charakter der Landschaft weitgehend erhalten geblieben sei. Durch jede weitere die Landschaft beeinträchtigende Maßnahme, wie die verfahrensgegenständliche Anlage, werde die Eingriffswirkung auf diesen Landschaftsbereich verstärkt. Bei Beurteilung des gegenständlichen Projektes sei ohne Belang, aus welchen Gründen für andere Objekte eine naturschutzbehördliche Bewilligung erteilt worden sei. Selbst bei Annahme, dass diese Bewilligungen zu Unrecht erteilt worden wären, entstehe daraus niemandem ein Anspruch darauf, dass sich die Behörde dem gegenständlichen Bewilligungswerber gegenüber rechtswidrig verhalte. Konsenslos errichtete Bauten seien bei der Beurteilung des Landschaftsbildes bzw. -charakters nicht zu berücksichtigen. Die von der Beschwerdeführerin geplante Maßnahme stehe infolge ihrer Wirkung auf das bestehende Landschaftsrelief im krassen Gegensatz zu dem von natürlichen Elementen geprägten Landschaftsraum, der durch seine Ebenen, großteils landwirtschaftlich genutzten Flächen und das weitgehende Fehlen von Baulichkeiten außerhalb von geschlossenen Ortschaften charakterisiert sei. An dieser Gesamtheit der prägenden Elemente sei zu beurteilen, ob der neuerliche Eingriff eine Verschlechterung des bestehenden Landschaftsbildes und Landschaftscharakters herbeiführe, was gegenständlich der Fall sei. Der Beschwerdeführer habe zwar auf § 6 Abs. 5 NG 1990 hingewiesen und behauptet, dass solche öffentlichen Interessen an der Verwirklichung des Projektes vorliegen, habe diese aber nicht konkret dargelegt. Die Erfordernisse einer naturschutzbehördlichen Bewilligung lägen somit nicht vor, da das Landschaftsbild nachteilig beeinflusst und der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachteilig beeinträchtig werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 5 lit. b NG 1990 bedürfen auf Flächen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde nicht als Wohn-, Dorf-, Geschäfts-, Industrie- und Betriebsgebiete, gemischte Baugebiete oder als Verkehrsflächen (§§ 14 Abs. 3 lit. a bis f, 15 Burgenländisches Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 18/1969) ausgewiesen sind, die Errichtung und Erweiterung von Anlagen zur Gewinnung von Steinen, Lehm, Sand, Kies, Schotter und Torf sowie die Verfüllung solcher und bereits bestehender Anlagen einer Bewilligung.
Bewilligungen im Sinne des § 5 sind gemäß § 6 Abs. 1 NG 1990 zu erteilen, wenn durch das Vorhaben oder die Maßnahme einschließlich des Verwendungszweckes nicht
a)
das Landschaftsbild nachteilig beeinflusst wird,
b)
das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum nachteilig beeinträchtigt wird oder dies zu erwarten ist oder
c) der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachteilig beeinträchtigt wird.
Nach § 6 Abs. 3 NG 1990 ist eine nachteilige Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes jedenfalls gegeben, wenn durch eine Maßnahme oder ein Vorhaben
a) eine Bebauung außerhalb der geschlossenen Ortschaft vorgenommen werden soll, für die keine Notwendigkeit nach den Voraussetzungen des § 20 Abs. 4 und 5 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1969, nachgewiesen werden kann (Zersiedelung),
b) eine Verarmung eines durch eine Vielfalt an Elementen gekennzeichneten Landschaftsraumes eintreten wird,
c) der Eindruck der Naturbelassenheit eines Landschaftsraumes wesentlich gestört wird,
d) natürliche Oberflächenformen wie Flussterrassen, Flussablagerungen, naturnahe Fluss- oder Bachläufe, Hügel, Hohlwege udgl. oder landschaftstypische oder historisch gewachsene bauliche Strukturen und Anlagen wesentlich gestört werden oder
e) freie Gewässer durch Einbauten, Anschüttungen oder ähnliche Maßnahmen wesentlich beeinträchtigt werden oder die Ufervegetation von Gewässern wesentlich aufgesplittert wird.
Nach § 6 Abs. 5 leg. cit. kann eine Bewilligung im Sinne des § 5 entgegen den Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 erteilt werden, wenn das öffentliche Interesse an den beantragten Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles höher zu bewerten ist als das öffentliche Interesse an der Bewahrung der Natur und Landschaft vor störenden Eingriffen. Als öffentliche Interessen gelten insbesondere solche der Landesverteidigung, des Umweltschutzes, der Volkswirtschaft und des Fremdenverkehrs, der Bodenreform und der Landwirtschaft, des Schulwesens, der überörtlichen Raumplanung, des Verkehrswesens, der öffentlichen Sicherheit, der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln oder Energie, der Gesundheit, der Wissenschaft und Forschung, des Denkmalschutzes, der wasserwirtschaftlichen Gesamtplanung und des Bergbaues.
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides sah die belangte Behörde den Versagungsgrund der "nachteiligen Beeinflussung des Landschaftsbildes" (§ 6 Abs. 1 lit. a NG 1990) sowie der "nachteiligen Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes" in Form der "wesentlichen Störung des Eindruckes der Naturbelassenheit eines Landschaftsraumes" (§ 6 Abs. 1 lit. c iVm § 6 Abs. 3 lit. c NG 1990) als verwirklicht an.
Die Beschwerde macht im Ergebnis mit Recht geltend, dass die oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides die Annahme einer nachteiligen Beeinflussung des Landschaftsbildes und einer nachteiligen Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes im Sinne des § 6 lit. a und c NG 1990 nicht tragen.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes in landschaftsbildlicher Hinsicht die Auffassung, dass erst eine auf hinreichenden Ermittlungsergebnissen - insbesondere auf sachverständiger Basis - beruhende, großräumige und umfassende Beschreibung der verschiedenartigen Erscheinungen der Landschaft es erlaubt, aus der Vielzahl jene Elemente herauszufinden, die der Landschaft ihr Gepräge geben und daher vor einer Beeinträchtigung bewahrt werden müssten. Für die Lösung der Frage, ob das solcherart ermittelte Bild der Landschaft durch das beantragte Vorhaben nachteilig beeinflusst wird, ist dann entscheidend, wie sich dieses Vorhaben in das vorgefundene Bild einfügt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 18. Februar 2002, Zl. 99/10/0188, mwN). Die Feststellung, ein Vorhaben beeinträchtige das Landschaftsbild, bedarf einer so ausführlichen Beschreibung des Bildes der Landschaft, dass die Schlussfolgerung der Störung dieses Bildes durch das Vorhaben nachvollziehbar gezogen werden kann (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 26. Jänner 1998, Zl. 95/10/0101). Handelt es sich um einen zusätzlichen Eingriff, dann ist entscheidend, ob sich diese weitere Anlage oder Einrichtung in das vor ihrer Errichtung gegebene und durch bereits vorhandene menschliche Eingriffe mitbestimmte Wirkungsgefüge der bestehenden Geofaktoren einfügt oder eine Verstärkung der Eingriffswirkung hervorruft (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 29. Jänner 1996, Zl. 95/10/0138, mwN).
Unter dem "Charakter des betroffenen Landschaftsraumes" ist die beherrschende Eigenschaft der Landschaft zu verstehen; diese kann grundsätzlich auch in der völligen Unberührtheit durch Äußerungen der Zivilisation bestehen. Der "betroffene Landschaftsraum" ist jener Bereich, in dem Auswirkungen des Vorhabens auf den Charakter der Landschaft festzustellen sind (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 9. September 1996, Zl. 94/10/0117, mwN).
Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen entsprechen den soeben dargelegten Anforderungen nicht. Dies wäre selbst dann der Fall, ginge man davon aus, dass die belangte Behörde den vom Amtssachverständigen erhobenen Befund zur Gänze ihrem Bescheid zugrunde gelegt hätte. Auch diesem ist nämlich - auf das Wesentliche zusammengefasst - lediglich zu entnehmen, dass es sich beim Landschaftsraum der Parndorfer Platte um eine weite Ebene mit ackerbaulicher Nutzung, vereinzelten Gutshöfen sowie "technischen Einrichtungen" (insbesondere Trassen der elektrischen Freileitungen, der Autobahn und der Eisenbahn sowie Schotter- und Sandabbauflächen) handle. Die nachteilige Beeinflussung des Landschaftsbildes bzw. die nachteilige Beeinträchtigung des Landschaftscharakters sieht die belangte Behörde - dem Amtssachverständigen folgend - darin verwirklicht, dass "die ... Anlage infolge der abgelagerten Materialien und der bestehenden technischen Einrichtungen das bestehende Relief verändert".
Es fehlt somit eine Beschreibung der (dem eingereichten Projekt entsprechend zum Vorhaben gehörenden) "abgelagerten Materialien und technischen Einrichtungen" nach Beschaffenheit und Abmessungen; demgemäß fehlen auch Darlegungen, inwiefern das Vorhaben mit bestimmten das Landschaftsbild bzw. den Landschaftscharakter prägenden Elementen in Widerspruch steht. Ebenso fehlt eine Darstellung, in welchem Bereich Auswirkungen des Vorhabens auf den Charakter der Landschaft bzw. das Landschaftsbild festzustellen wären. Soweit auf vorhandene "technische Einrichtungen" hingewiesen wird, werden diese lediglich aufgezählt, aber weder nach Lage (insbesondere mit Beziehung auf das Vorhaben) und Beschaffenheit umschrieben noch zu den maßgebenden Elementen des Landschaftsbildes bzw. des Landschaftscharakters in Beziehung gesetzt. Mangels entsprechend konkreter Feststellungen ist es nicht möglich, die Auffassung der belangten Behörde, das Vorhaben stehe in seiner konkreten Gestaltung mit der beherrschenden Eigenschaft der betreffenden Landschaft in Konflikt und führe somit zu deren nachteiliger Beeinträchtigung, und es beeinflusse das in den Blick zu nehmende Landschaftsbild nachteilig, auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.
Die belangte Behörde ist auch nicht im Recht, soweit sie die Auffassung vertritt, eine Interessenabwägung im Sinne des § 6 Abs. 5 NG 1990 sei nicht vorzunehmen, weil die Beschwerdeführerin öffentliche Interessen zwar behauptet, diese aber nicht konkret dargelegt habe; die Behörde müsse "hinsichtlich vermuteter öffentlicher Interessen" kein Ermittlungsverfahren durchführen.
Zum Ausmaß der Mitwirkungspflicht der Partei bei der Darlegung der Interessen an der Erteilung einer Bewilligung vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Behauptungs- und Beweislast des Antragstellers weder überspannt noch so aufgefasst werden darf, dass die Behörde jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre. Hat die Partei nicht nur ganz allgemeine, sondern konkrete, sachbezogene Behauptungen aufgestellt, die nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen unmaßgeblich oder unschlüssig sind, so hat sie die Behörde vorerst zu einer solchen Präzisierung und Konkretisierung ihres Vorbringens und zu entsprechenden Beweisanboten aufzufordern, die es ihr nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens ermöglichen, zu beurteilen, ob die von der Partei aufgestellten Behauptungen zutreffen. Die Formulierung des Interesses und das Vorbringen dafür erforderlicher Behauptungen muss als Sache der Partei angesehen werden; Sache der Behörde hingegen ist es, von sich aus von der Partei Informationen zum Beweis der von dieser behaupteten Tatsachen zu verlangen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 25. April 2001, Zl. 99/10/0055, mwN).
Im Zusammenhang mit berg- bzw. mineralrohstoffrechtlichen Flächenwidmungen und Bewilligungen hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt darauf hingewiesen, dass die Verwirklichung eines entsprechenden Bergbauvorhabens im betreffenden Gebiet als im öffentlichen Interesse gelegen zu beurteilen ist, wenngleich die naturschutzbehördliche Genehmigung damit nicht vorweggenommen wird, sondern die Gewichtung des öffentlichen Interesses an dem Bergbauvorhaben und seine Abwägung gegenüber dem öffentlichen Interesse am Schutz von Natur und Landschaft im Bewilligungsverfahren der Naturschutzbehörde vorbehalten bleibt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 12. November 2001, Zl. 99/10/0145).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 6 Abs. 5 NG 1990 müssen in der Bescheidbegründung in qualitativer wie quantitativer Hinsicht nachvollziehbare Feststellungen über jene Tatsachen enthalten sein, von denen Art und Ausmaß der verletzten Interessen des Naturschutzes abhängt, über jene Auswirkungen des Vorhabens, in denen eine Verletzung dieser Interessen zu erblicken ist und über jene Tatsachen, die das öffentliche Interesse ausmachen, dessen Verwirklichung die beantragte Maßnahme dienen soll (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 27. August 2002, Zl. 2000/10/0135).
Auch die Darlegungen des angefochtenen Bescheides in Richtung der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten öffentlichen Interessen am Vorhaben können den angefochtenen Bescheid somit nicht tragen. Zum einen fehlt es, wie oben dargelegt, an in qualitativer wie quantitativer Hinsicht nachvollziehbaren Feststellungen über jene Tatsachen, von denen Art und Ausmaß der verletzten Interessen des Naturschutzes abhängt, und über jene Auswirkungen des Vorhabens, in denen eine Verletzung dieser Interessen zu erblicken ist; zum anderen war die belangte Behörde - im Hinblick auf die vorliegenden bergrechtlichen Genehmigungen - verpflichtet, die Beschwerdeführerin zu einer Konkretisierung und Präzisierung ihres Vorbringens in Richtung des Gewichtes der am Vorhaben bestehenden öffentlichen Interessen aufzufordern und - gegebenenfalls - entsprechende Ermittlungen vorzunehmen und Feststellungen zu treffen.
Da nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei Vermeidung der aufgezeigten Verfahrensmängel zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 16. Dezember 2002
Schlagworte
Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes Fachgebiet Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000100171.X00Im RIS seit
29.04.2003