TE Vfgh Erkenntnis 1999/11/29 B991/99

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.11.1999
beobachten
merken

Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6500 Jagd, Wild

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Sbg AbschußplanV 1999. LGBl 57
Sbg JagdG 1993 §60 Abs4

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch einen Bescheid betreffend Erlassung eines Abschußplanes für ein Eigenjagdgebiet unter Heranziehung einer erst nach Erlassung des Bescheides in Kraft getretenen AbschußplanV

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Salzburg ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreter die mit 29.500 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer ist Pächter des Eigenjagdgebietes Lammertal der Wildregion

Lammertal-St.Martin-Fritzbachtal-Roßbrand-Dachstein. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 12. April 1999, dem Beschwerdeführer zugestellt am 22. April 1999, wurde für das Eigenjagdgebiet Lammertal der Abschußplan für das Jahr 1999 erlassen und darin die Mindest- und Höchstabschußzahlen u.a. für Rot-, Gams- und Steinwild festgelegt. Dabei stützte sich die bescheiderlassende Behörde auf §60 Abs4 des Salzburger Jagdgesetzes 1993, LGBl. Nr. 100 (im folgenden: JagdG), sowie auf die AbschußrichtlinienVO, LGBl. Nr. 33/1997, die VogelabschußplanVO, LGBl. Nr. 119/1998, und die (ohne Fundstelle angegebene) "Abschußplanverordnung 1999". Zur Begründung des Bescheides gab die Bezirkshauptmannschaft kurz den Hergang des Feststellungsverfahrens nach §60 JagdG wieder und führte weiters aus, daß der Abschußplan so festgesetzt wurde, daß im Wildraum und in den einzelnen Wildregionen ein Wildbestand erreicht und erhalten werde, der den Grundsätzen des §3 JagdG entspreche.

2. Dieser Bescheid - gegen den gemäß §60 Abs4 JagdG kein ordentliches Rechtsmittel zulässig ist - ist Gegenstand der vorliegenden Verfassungsgerichtshofbeschwerde, in welcher die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten infolge Anwendung rechtswidriger genereller Normen behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

II. Die Beschwerde erweist sich, da sämtliche Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, als zulässig; sie ist auch - wenngleich aus anderen als in ihr geltend gemachten Gründen - gerechtfertigt.

1. Die belangte Behörde stützte den angefochtenen Bescheid, mit dem für das Eigenjagdgebiet Lammertal der Abschußplan für das Jahr 1999 festgesetzt wurde, materiell-rechtlich insb. auf die AbschußplanVO 1999. Dies ergibt sich einerseits aus deren Erwähnung (ohne Bezeichnung der Fundstelle im Landesgesetzblatt) in der Aufzählung der herangezogenen Rechtsgrundlagen und andererseits aus der Bescheidbegründung selbst, in der es zu Beginn heißt, daß "(die) Salzburger Landesregierung mit Verordnung für jeden Rot-, Gams- und Steinwildraum Mindest- und Höchstabschüsse festgelegt (hat)".

Die AbschußplanVO 1999 wurde jedoch erst am 26. April 1999 von der Salzburger Landesregierung beschlossen und am 2. Juni 1999 unter Nr. 57 im 15. Stück des Landesgesetzblattes für das Land Salzburg kundgemacht. Sie wurde somit an dem der Kundmachung folgenden Tag wirksam und ist erst seit diesem Zeitpunkt Bestandteil der Rechtsordnung (- für die Annahme einer möglichen rückwirkenden Inkraftsetzung der Verordnung besteht mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung kein Anlaß -).

2. Die belangte Behörde hat dessenungeachtet den dem Beschwerdeführer am 22. April 1999 zugestellten Bescheid vom 12. April 1999 auf die erst am 3. Juni 1999 in Kraft getretene AbschußplanVO 1999 (welche der Behörde bloß als Entwurf bekannt war) gestützt und ist damit (i.w.S.) gesetzlos vorgegangen. Sie hat somit die Rechtslage völlig verkannt und den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt (vgl. VfSlg. 12173/1989).

Der Bescheid war aus diesem Grund aufzuheben.

III. Die Kostenentscheidung

gründet sich auf §88 VerfGG; vom zugesprochenen Kostenbetrag entfallen 4.500 S auf die Umsatzsteuer und 2.500 S auf die entrichtete Pauschalgebühr.

IV. Dieses Erkenntnis wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung gefällt.

Schlagworte

Jagdrecht, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung, Bescheiderlassung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B991.1999

Dokumentnummer

JFT_10008871_99B00991_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten