TE Vwgh Erkenntnis 2002/12/17 97/14/0030

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Veröffentlicht am 17.12.2002
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §250 Abs1 litd;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der E Gesellschaft mbH in P, vertreten durch Mag. Josef Hofinger, Rechtsanwalt in 4710 Grieskirchen, Roßmarkt 20, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 23. Jänner 1997, Zl 655/4-10/Fs-1996, betreffend Zurücknahme der Berufung gegen den Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheid für das Jahr 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mangels vorliegender Abgabenerklärungen schätzte das Finanzamt das Betriebsergebnis der Beschwerdeführerin für das Jahr 1993, wobei es in den Bescheiden vom 17. April 1996 die Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer (idF: Sachbescheide) jeweils mit Null festsetzte.

In der dagegen am 17. Mai 1996 erhobenen Berufung bezeichnete die Beschwerdeführerin nur die bekämpften Sachbescheide und kündigte an, die Begründung der Berufung werde nach Rückkehr ihres steuerlichen Vertreters nachgereicht werden.

Mit Bescheid vom 3. Juni 1996 forderte das Finanzamt die Beschwerdeführerin auf, die inhaltlichen Mängel der Berufung gegen die Sachbescheide bis zum 21. Juni 1996 insofern zu beheben, als zu erklären sei, in welchen Punkten diese angefochten und welche Änderungen beantragt würden, sowie die Berufung zu begründen (idF: Mängelbehebungsauftrag), widrigenfalls die Berufung als zurückgenommen gelte.

Mit Schreiben vom 20. Juni 1996 gab die Beschwerdeführerin bekannt, die Berufung gegen die Sachbescheide werde wegen der ungerechtfertigten Schätzung erhoben. Die Beschwerdeführerin behauptete, sie habe die Abgabenerklärungen für das Jahr 1993 am 18. Dezember 1995 beim Finanzamt eingereicht, weswegen sie zur Begründung der Berufung gegen die Sachbescheide auf diese Abgabenerklärungen verweise und beantrage, erklärungskonforme Berufungsentscheidungen zu erlassen.

Mit Bescheid vom 9. Juli 1996 (idF: Zurücknahmebescheid) stellte das Finanzamt fest, die Berufung gegen die Sachbescheide gelte mangels Behebung der ihr anhaftenden Mängel als zurück genommen.

Gegen den Zurücknahmebescheid erhob die Beschwerdeführerin am 15. August 1996 Berufung, wobei sie behauptete, die Abgabenerklärungen für das Jahr 1993 lägen beim Finanzamt auf, weswegen nichts gegen eine positive Erledigung der Berufung spräche. Es werde daher beantragt, die Berufung im Sinne des Berufungsantrages sowie dem Mängelbehebungsschreiben auf Grund der vorliegenden Abgabenerklärungen 1993 positiv zu erledigen.

Mit Schreiben vom 9. Oktober 1996 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf, einen geeigneten Nachweis für die Einreichung der Abgabenerklärungen für das Jahr 1993 am 18. Dezember 1995 beim Finanzamt vorzulegen.

Mit Schreiben vom 26. Oktober 1996 teilte die Beschwerdeführerin mit, ihr steuerlicher Vertreter habe die Abgabenerklärungen für das Jahr 1993 am 18. Dezember 1995 zwischen 19.30 Uhr und 20.00 Uhr beim Finanzamt "eingeworfen", was die dabei anwesende Kanzleiangestellte SD bestätigen könne. Sollten die Abgabenerklärungen beim Finanzamt nicht auffindbar sein, könnten Kopien der Durchschriften zur Verfügung gestellt werden.

In der Folge versuchte die belangte Behörde zum Zweck der Verifizierung der aufgestellten Behauptungen mit dem steuerlichen Vertreter sowohl telefonisch als auch schriftlich Kontakt aufzunehmen, was jedoch misslang, weil dieser nicht anrief und auf ein nachweislich zugestelltes Schreiben nicht reagierte.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Zurücknahmebescheid mit der Begründung ab, trotz erteilten Mängelbehebungsauftrages habe es die Beschwerdeführerin unterlassen, die Berufung gegen die Sachbescheide zu begründen. Die Beschwerdeführerin habe zwar zur Begründung dieser Berufung auf von ihr bereits lange vor Erlassung der Sachbescheide eingereichte Abgabenerklärungen verwiesen, was zur Begründung in der Regel reichen würde. Im zu entscheidenden Fall sei jedoch davon auszugehen, dass es sich bei der Behauptung, die Abgabenerklärungen wären bereits lange vor Erlassung der Sachbescheide beim Finanzamt eingereicht worden, um eine Schutzbehauptung handle. Denn weder seien die angeblich am 18. Dezember 1995 beim Finanzamt eingereichten Abgabenerklärungen auffindbar, noch seien Kopien der beim steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin angeblich aufliegenden Abgabenerklärungen vorgelegt worden. Überdies habe die vom steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin als Zeugin namhaft gemachte Kanzleiangestellte SD trotz diesbezüglicher mündlicher und schriftlicher Ersuchen nicht "ho vorgesprochen".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist strittig, ob die belangte Behörde auf Grund eines mängelfreien Verfahrens zu dem Schluss gelangen durfte, die Beschwerdeführerin habe keine Abgabenerklärungen eingereicht, weswegen sie mit dem Hinweis auf bei der Abgabenbehörde nicht vorhandene Abgabenerklärungen ihrer in § 250 Abs 1 lit d BAO normierten Verpflichtung zur Begründung der Berufung gegen die Sachbescheide nicht nachgekommen ist.

Ob dies der Fall ist, war eine von der belangten Behörde auf der Tatsachenebene zu lösende Sachverhaltsfrage. Nach § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist. In den Fällen, in denen die Behörde in Ausübung der freien Beweiswürdigung zu ihrer Erledigung gelangt, obliegt dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung, ob die Tatsachenfeststellungen auf aktenwidrigen Annahmen beruhen oder in einem mangelhaften Verfahren zustande gekommen sind oder gegen die Denkgesetze oder das allgemeine menschliche Erfahrungsgut verstoßen (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 7. August 2001, 95/14/0041).

Dieser Prüfung hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde stand.

Das wesentliche Vorbringen der Beschwerdeführerin besteht sowohl im Administrativverfahren als auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in der Behauptung, sie habe die Abgabenerklärungen für das Jahr 1993 am 18. Dezember 1995 beim Finanzamt eingereicht. Bei dieser Sachlage ist es zunächst unverständlich, weshalb diese Behauptung nicht schon in der Berufung gegen die Sachbescheide aufgestellt worden ist. Denn unter der Prämisse, die Abgabenbehörde hätte keine Bedenken gegen die Richtigkeit dieser (eingereichten) Abgabenerklärungen gehegt, hätte über die Berufung bereits meritorisch entschieden werden können. Es ist weiters unverständlich, weshalb die Beschwerdeführerin zum Beweis der Richtigkeit ihrer Behauptung keine Kopien der Durchschriften der sich (angeblich) bei ihrem steuerlichen Vertreter befindlichen Abgabenerklärungen zur Verfügung gestellt hat. Der (nur) angebotene Beweis, der seinen Sitz rund 60 km vom Finanzamt entfernt habende steuerliche Vertreter sei am Abend eines bestimmten Tages mit der Kanzleiangestellten SD beim Finanzamt gewesen, um die Abgabenerklärungen für das Jahr 1993 "einzuwerfen", hätte sich bei Vorlage von Kopien der Durchschriften der Abgabenerklärungen erübrigt. Wenn schließlich die Bemühungen der belangten Behörde die aufgestellten Behauptungen zu verifizieren damit enden, dass der steuerliche Vertreter jeden Kontakt ablehnt, kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie zu dem Schluss gelangt ist, die Abgabenerklärungen für das Jahr 1993 seien nicht lange vor Erlassung der Sachbescheide beim Finanzamt eingereicht worden.

Das Beschwerdevorbringen, die Kanzleiangestellte SD habe auf Grund widriger Umstände bei der belangten Behörde nicht vorsprechen können, stellt eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung dar. In diesem Zusammenhang erscheint es unverständlich, dass nunmehr eine "Eidesstattliche Erklärung" der Kanzleiangestellten SD über den "Einwurf" der Abgabenerklärungen für das Jahr 1993 am 18. Dezember 1995 zwischen 19.30 Uhr und 20.00 Uhr beim Finanzamt angeboten, aber nicht vorgelegt wird.

Im Übrigen wird bemerkt, dass eine Berufung nach § 250 Abs 1 lit d BAO eine Begründung enthalten muss. Die Beschwerdeführerin beruft sich zur Begründung ihrer Berufung auf angeblich von ihr am 18. Dezember 1995 beim Finanzamt eingereichte Abgabenerklärungen für das Jahr 1993. Die in Abgabenerklärungen eingesetzten Ziffern reichen jedoch für sich allein und ohne entsprechende Erläuterungen nicht als Begründung für eine Berufung aus (vgl das hg Erkenntnis vom 23.  Mai 1978, 595, 658, 659/78, mwA). Die Beschwerdeführerin hat auch nicht behauptet, den angeblich eingereichten Abgabenerklärungen wären zusätzliche Erläuterungen beigegeben gewesen.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.

Wien, am 17. Dezember 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1997140030.X00

Im RIS seit

29.04.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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