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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §31 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit in Wien, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 7. Oktober 2002, Zl. Senat-PM-01-0033, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Bestrafungen nach der Gewerbeordnung 1994 und dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (mitbeteiligte Partei: N in S, W-Straße 42), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde das Strafverfahren hinsichtlich eines näher bezeichneten Spruchteiles des Straferkenntnisses des Bürgermeisters der Landeshauptstadt St. Pölten vom 18. Juni 2001 gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt.
Nach der Begründung dieses Bescheides habe es in diesem Spruchteil u.a. geheißen, es habe die mitbeteiligte Partei "... zu verantworten, dass anlässlich der kommissionellen mündlichen Verhandlung zum Zwecke der Überprüfung des konsensgemäßen Zustandes der ... am 25.10.1999 (Beginn der Überprüfungsverhandlung: 08.30 Uhr, Ende: 11.20 Uhr) an Ort und Stelle festgestellt wurde, dass ...".
Im Erwägungsteil dieses Bescheides vertritt die belangte Behörde die Auffassung, im vorliegenden Fall fehle es entgegen der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG in der Tatanlastung des angefochtenen Straferkenntnisses an einer - insbesondere für die Prüfung der Frage der Verfolgungsverjährung im Sinne des § 31 Abs. 1 und 2 VStG relevanten - ausreichend konkretisierten Tatzeit. Die Angaben des Tages bzw. der Uhrzeit der von der Gewerbebehörde getroffenen Feststellungen vermöchten die Angaben der Tatzeit nicht zu ersetzen. Wesentlich sei nicht der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vorhandene Hinweis auf eine gewerbebehördliche Überprüfungsverhandlung samt Datum, sondern die konkrete Angabe eines Tatzeitraumes bzw. der Tatzeit, zu dem bzw. der die dem Beschuldigten zur Last gelegten Mängel vorhanden gewesen seien (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 6. November 1995, Zl. 95/04/0005).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
In der Beschwerde wird geltend gemacht, dass es sich bei sämtlichen dem Beschuldigten im gegenständlichen Strafverfahren zur Last gelegten Übertretungen um die Nichterfüllung von Bescheidauflagen handle, das Tatbild jeweils in der Nichtvornahme eines gebotenen Tuns bestehe, es sich also um Unterlassungsdelikte handle. Bei Unterlassungsdelikten beginne die Verjährung so lange nicht, als die Verpflichtung zu Handeln bestehe und die Handlung noch nachgeholt werden könne. Somit hätten Unterlassungsdelikte oft die Wirkung eines Dauerdeliktes, bei dem nicht nur die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes, sondern auch dessen Aufrechterhaltung pönalisiert sei, also die Verjährung ab dem Aufhören (Beseitigung) des rechtswidrigen Zustandes beginne. Bei Dauerdelikten sei nicht nur die Herbeiführung des rechtswidrigen Zustandes, sondern auch dessen Aufrechterhaltung pönalisiert. Bei einem Dauerdelikt werde die Tat so lange begangen, als der verpönte Zustand andauere. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei daher bei Dauerdelikten die Festlegung der Tatzeit mit jenem Zeitpunkt, zu dem die Tat entdeckt worden sei, nicht rechtswidrig (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 18. September 1987, Zl. 86/17/0020, vom 4. Februar 1993, Zl. 92/18/0427, und vom 21. März 1997, Zl. 96/02/0027). Darüber hinaus habe der Verwaltungsgerichtshof auch im Erkenntnis vom 4. Februar 1994, Zl. 93/02/0315, ausgesprochen, dass er keine Rechtswidrigkeit darin zu erblicken vermöge, wenn als Tatzeit nur ein bestimmter Tag (nämlich jener, an dem eine Erhebung des zuständigen Arbeitsinspektorates stattgefunden habe) und nicht der Zeitraum angegeben worden sei, und dass es den auf den besagten Tag eingeschränkten Spruch nicht mit Rechtswidrigkeit belaste, wenn der rechtswidrige Zustand nicht nur am Tag seiner behördlichen Feststellung, sondern auch darüber hinaus (vorher und nachher) bestanden habe. Die Auffassung der belangten Behörde, im gegenständlichen Strafverfahren erster Instanz sei der Tatvorwurf hinsichtlich des Tatzeitpunktes nicht hinreichend konkretisiert worden, erscheine daher verfehlt.
Vom Beschwerdeführer wird dabei auf die von der belangten Behörde zitierte hg. Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. November 1995, Zl. 95/04/0005, und die dort zitierte Vorjudikatur) nicht eingegangen, wonach die Angabe des Tages von getroffenen Feststellungen die Angabe der Tatzeit nicht zu ersetzen vermag. Darauf hat sich aber die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung gestützt.
Von dieser Rechtsprechung abzugehen sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst und wird vom Beschwerdeführer auch nicht etwa eine Kritik an dieser Vorjudikatur vorgebracht. Soweit sich jedoch der Beschwerdeführer auf hg. Rechtsprechung beruft, betraf diese eine andere Fallkonstellation, als es in diesen Fällen nicht um die Frage der Mangelhaftigkeit der Angabe der Tatzeit (durch bloße Angabe des Zeitpunktes von getroffenen Feststellungen) ging.
Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 17. Dezember 2002
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff TatzeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002040192.X00Im RIS seit
03.04.2003