TE Vwgh Erkenntnis 2002/12/17 99/08/0171

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Veröffentlicht am 17.12.2002
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ABGB §1112;
AVG §38;
BSVG §2 Abs1 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des O in G, vertreten durch Dr. Norbert Moser, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Pfarrplatz 5/III, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 6. Oktober 1999, Zl. 14-SV- 3120/6/99, betreffend Beitragsgrundlagen nach BSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-

- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus dem angefochtenen Bescheid und den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Pachtvertrag vom 19. Dezember 1975 verpachtete Franz T. (der Onkel des Beschwerdeführers) dem Beschwerdeführer die Liegenschaften EZ. 20, 59, 60 und 131, alle KG (...) G. Diesen Pachtvertrag erklärte Franz T. mit Schreiben vom 26. November 1977 für unkündbar. Am 14. September 1979 wurde der Pachtvertrag dahingehend abgeändert, dass der Tod eines Vertragsteiles keine Beendigung des Vertragsverhältnisses bewirke.

Nach dem Tod des Franz T. am 10. April 1984 wurde auf Grund eines Schenkungsvertrages auf den Todesfall vom 31. März 1984 das Eigentumsrecht an den vom Pachtvertrag umfassten land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften für Herwig T. eingetragen. Diesem wurde zudem auf Grund des Testaments vom 4. April 1984 und seiner unbedingten Erbserklärung als Alleinerbe der Nachlass eingeantwortet.

Mit Klage vom 5. Dezember 1988 begehrte Herwig T. die Räumung der Liegenschaften, wobei er sich darauf berief, dass er den Pachtvertrag mit Schreiben vom 22. Mai 1987 zum 30. November 1988 aufgekündigt habe. Mit Urteil des BG St. Veit/Glan vom 22. Dezember 1992, 3 C 3187/88f, wurde diesem Begehren (mit Ausnahme bestimmter, hier nicht gegenständlicher Grundstücke sowie des Hauses B. Nr. (...)) schließlich (im zweiten Rechtsgang) stattgegeben. Mit Berufungsurteil des LG Klagenfurt vom 31. März 1993, 3 R 112/93, wurde dieses Urteil bestätigt und die ordentliche Revision nicht zugelassen.

Der OGH gab der außerordentlichen Revision des Beschwerdeführers mit Urteil vom 15. Dezember 1993, 3 Ob 502/94, Folge und wies das Räumungsbegehren des Herwig T. zur Gänze ab. Am 29. April 1994 brachte der Beschwerdeführer beim BG St. Veit/Glan eine Klage wegen Räumung und Übergabe der Liegenschaften gegen Herwig T. ein. Dieses Verfahren wurde mit Beschluss vom 13. Juni 1994 gemäß § 190 ZPO unterbrochen.

Vor dem LG Klagenfurt wurde schließlich zwischen Herwig T. als Kläger und dem Beschwerdeführer als Beklagtem am 28. Mai 1997 zu 3 R 164/96 s, ein Vergleich abgeschlossen, wonach u.a. alle zwischen den Parteien anhängig gewesenen gerichtlichen Verfahren als beendet und das streitgegenständliche Pachtverhältnis mit 24. März 1994 als (rückwirkend) aufgelöst erklärt wurden.

Mit Bescheid vom 20. Jänner 1999 legte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt als Beitragsgrundlage in der Pensions- und Unfallversicherung nach BSVG für den Beschwerdeführer der Beitragsbemessung vom 1. April bis Ende des Jahres 1994 S 39.879,-- , für 1995 S 41.722,--, für 1996 S 43.732,-- und für 1997 bis zum 31. Mai S 45.438,-- zu Grunde. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass nach den Erhebungsergebnissen der Beschwerdeführer im Zeitraum 24. März 1994 ("formalrechtliche Auflösung des Pachtverhältnisses") bis zum 27. Mai 1997 (Tag vor dem Vergleichsabschluss) die land(forst)wirtschaftlichen Flächen der EZ. 20, 59, 60 und 131, alle KG G. und im Eigentum des Herwig T. stehend, neben seinem Eigenbetrieb auf eigene Rechnung und Gefahr bewirtschaftet habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Einspruch und führte aus, dass er anlässlich des Berufungsurteils des LG Klagenfurts zu 3 R 112/93, mit welchem die ordentliche Revision des OGH nicht zugelassen wurde, zur Vermeidung einer Exekution die Liegenschaften an den Eigentümer Herwig T. zurückgestellt habe. Da er sich somit ab Mai 1993 nicht mehr in Besitz des Pachtobjektes befunden habe, sei es ihm auch nicht möglich gewesen, die Liegenschaften EZ. 20, 59, 60 und 131 je KG G. auf eigene Rechnung und Gefahr zu führen. Zum Zeitpunkt der "formalrechtlichen Auflösung des Pachtverhältnisses" mit 24. März 1994 laut Vergleich des LG Klagenfurt vom 28. Mai 1997, 3 R 164/96 s, sei er daher bereits nicht mehr im sachenrechtlichen Besitz dieser Liegenschaften gewesen.

Mit Eingabe vom 26. Mai 1999 gab der Beschwerdeführer bekannt, dass vor dem Handelsgericht Wien zwischen der Republik Österreich als Vertreterin der Agrarmarkt Austria und ihm ein Verfahren anhängig sei. Gegenstand dieses Verfahrens sei die Frage, ob der Beschwerdeführer Förderungen, die er in den Jahren 1995 und 1996 bezogen hatte, zurückzuzahlen habe. Sollte sich in diesem Verfahren herausstellen, dass er überhaupt nicht befugt gewesen sei, Bewirtschaftungsmaßnahmen zu setzen, so wäre dies auch für das gegenständliche Einspruchsverfahren von präjudizieller Auswirkung, weshalb der Antrag gestellt werde, das Ergebnis des zivilgerichtlichen Verfahrens abzuwarten.

Auf eine von der belangten Behörde getätigte Anfrage vom 24. August 1999, ob in dem in Rede stehenden Verfahren bereits eine Entscheidung ergangen sei, teilte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 30. August 1999 mit, dass das vor dem LG für ZRS Wien anhängig gewesene Verfahren zwischenzeitig an das LG Klagenfurt überwiesen und bisher noch keine Verhandlung anberaumt worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge. Im gegenständlichen Fall sei zwischen Herwig T. und dem Beschwerdeführer beginnend mit einer Räumungsklage am 5. Dezember 1988 ein jahrelanger Rechtsstreit geführt worden, welcher erst im Mai 1997 mit einem gerichtlichen Vergleich abgeschlossen wurde, demzufolge das in Rede stehende Pachtverhältnis mit dem 24. März 1994 als aufgelöst zu betrachten sei. Dreieinhalb Jahre vorher sei jedoch mit Urteil des OGH (12. Dezember 1993), das erst am 15. Februar 1994 den Klagsparteien zugestellt wurde, ausgesprochen worden, dass das Räumungsbegehren des Herwig T. auf Übergabe der Pachtgrundstücke abzuweisen sei.

Zu diesem Zeitpunkt (15. Februar 1994) habe sich somit der Beschwerdeführer rechtlich weiterhin auf den Rechtsstatus eines Pächters der betroffenen Liegenschaften berufen können. So habe auch der Rechtsvertreter Dr. M. am 30. März 1994 zu Handen des Rechtsvertreters des Herwig T. ein Schreiben gerichtet, in dem er die Aufhebung des Pachtvertrages vom 19. Dezember 1975 als jeglicher Grundlage entbehrend bezeichnete, darauf hinwies, dass am Pachtvertrag festgehalten werde, und die Ausfolgung der von Herwig T. zu Unrecht bezogenen Fördergelder begehrte. Zuvor sei Herwig T. in einem Schreiben vom 21. Februar 1994 ersucht worden, die Veranlassung einer neuerlichen Rückübertragung des gesamten Pachtgegenstandes zu treffen.

Ebenso habe der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter am 30. März 1994 in einem Schreiben an die Gemeinde G. darauf hingewiesen, dass er nach wie vor berechtigt wäre, sein Pachtrecht auf den von der Gemeinde aus dem Pachtobjekt erworbenen Grundstücken auszuüben.

Der Beschwerdeführer habe auch in seinem Antrag auf Zuerkennung einer Alterspension, welcher am 2. Februar 1995 als bei der Sozialversicherungsanstalt eingebracht gilt, die Bewirtschaftung der Pachtgründe angegeben und durch seine Unterschrift bestätigt.

Desgleichen habe der Beschwerdeführer die an ihn gerichteten Mitteilungen der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 5. Jänner 1996, 10. Oktober 1996 und 24. November 1998, "wonach als Bewirtschaftungsverhältnisse auch die Pachtgründe angeführt waren und er aufgefordert wurde, die Flächenausmaße zu überprüfen und im Falle der Nichtübereinstimmung mit den tatsächlich bewirtschafteten Flächen die richtigen Ausmaße bekannt zu geben, unwidersprochen und unbeantwortet zur Kenntnis genommen".

Im erwähnten Schreiben vom 24. November 1998 sei auch ausdrücklich angeführt gewesen, dass der Beschwerdeführer vom 24. März 1994 bis 28. Mai 1997 den Betrieb von Herwig T. im Ausmaß von 222,4586 ha mit einem Einheitswert von S 514.600,-- gepachtet habe.

Schließlich habe der Beschwerdeführer am 2. Juni 1997 der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt schriftlich mitgeteilt, dass das Pachtverhältnis mit Vergleich vom 28. Mai 1997 aufgelöst worden sei und die Zupachtungen der land- und forstwirtschaftlichen Flächen entfielen. Die Sozialversicherungsanstalt werde ersucht, bei Ermittlung der Beiträge ab 1. Juni 1997 den Einheitswert der Pachtflächen auszuscheiden und nur den Einheitswert der Eigenfläche der Berechnung zu Grunde zu legen.

Dem Versicherungsakt der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Landesstelle Steiermark, hinsichtlich Herwig T. sei aus einem Aktenvermerk vom 4. November 1998 zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer in einem Telefongespräch bekannt gegeben habe, dass er die gegenständlichen Flächen auch ab 24. März 1994 bis zum Abschluss des Vergleiches am 28. Mai 1997 weiterhin bewirtschaftet habe. Insbesondere habe er Erträge aus den landwirtschaftlichen Flächen und auch aus Holzschlägerungen bezogen.

Im Zuge des Einspruchsverfahrens durchgeführte Ermittlungen hätten weiters ergeben, dass die Bezirksinspektion F. dem Beschwerdeführer im Jahre 1995 einen Räumungsauftrag zur Beseitigung von Schadholz erteilt habe und der Beschwerdeführer diesem Auftrag auch entsprochen habe.

Die Frage, ob der Beschwerdeführer im besagten Zeitraum aus der Betriebsführung der Pachtgegenstände berechtigt und verpflichtet war, sei daher zusammenfassend auf Grund der Beurteilung der rechtlichen Gegebenheiten zu bejahen. Auch die von der Behörde vorgenommene Akteneinsicht in die Gerichtsakte des BG St.Veit/Glan habe keine andere Beurteilung der Rechtstatsachen ergeben.

Die Einwendung des Beschwerdeführers, dass er sich ab Mai 1993 nicht mehr im Besitz der Pachtobjekte befunden habe und am 29. April 1994 gezwungen gewesen sei, gegen Herwig T. eine Klage auf Rückübergabe der Pachtobjekte einzubringen, ändere nichts an der Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer bis 28. Mai 1997 (Vergleichsabschluss von dem LG Klagenfurt) auf den zwischen ihm und dem Rechtsvorgänger von Herwig T. abgeschlossenen Pachtvertrag berufen konnte und damit eine Betriebsführung mit einer Verpflichtung und Berechtigung im Außenverhältnis durch den Beschwerdeführer vorgelegen sei.

Zu dem vom Beschwerdeführer eingebrachten Antrag, die belangte Behörde möge das Klagsverfahren zwischen der Agrarmarkt Austria und ihm aus präjudiziellen Erwägungen abwarten, sei abschließend festzuhalten, dass für die Beurteilung des Vorliegens einer Versicherungspflicht nach dem BSVG das maßgebliche Kriterium nur die Prüfung der Rechtsfrage sein könne, wer aus der Betriebsführung berechtigt und verpflichtet werde. Diese Rechtsfrage könne letztlich nur auf Grund rechtlicher und nicht faktischer Gegebenheiten beurteilt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht vor dem Verwaltungsgerichtshof weiterhin geltend, dass er sich ab Mai 1993 nicht mehr im Besitz des gegenständlichen Pachtobjektes befunden habe. Auch nach dem Urteil des OGH vom 15. Dezember 1993, 3 Ob 502/94, sei Herwig T. nicht bereit gewesen, die Liegenschaften wieder zurückzustellen, weshalb der Beschwerdeführer beim BG St. Veit/Glan eine Klage auf Rückübertragung eingebracht habe. Auf Grund der fehlenden Innehabung des Pachtgegenstandes sei es ihm daher nicht möglich gewesen, die Liegenschaften auf eigene Rechnung und Gefahr zu bewirtschaften. Die Behörde hätte vielmehr auf Grund eines mängelfreien Ermittlungsverfahrens zu dem Schluss kommen müssen, dass in der relevanten Zeit Herwig T. die Liegenschaften bewirtschaftet habe. Weiters rügt der Beschwerdeführer, die Behörde habe es unterlassen, den Ausgang des Verfahrens der Republik Österreich als Vertreterin der Agrarmarkt Austria gegen den Beschwerdeführer vor dem LG Klagenfurt abzuwarten.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt haben die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und jeweils eine Gegenschrift erstattet, in denen die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird. Die belangte Behörde hat zudem Kostenersatz beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seit dem grundlegenden Erkenntnis vom 11. Oktober 1961, Slg. Nr. 5644/A, vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass für die Beantwortung der Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr ein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb geführt wird, maßgebend ist, ob jene Person, deren Versicherungs- oder Beitragspflicht zu beurteilen ist, aus der Betriebsführung im Außenverhältnis (also im Verhältnis zu Dritten) berechtigt und verpflichtet wird. Wer aus der Betriebsführung in diesem Sinne berechtigt und verpflichtet wird, ist eine Rechtsfrage, die nicht nach bloß tatsächlichen Gesichtspunkten, sondern letztlich nur auf Grund rechtlicher Gegebenheiten, und zwar primär des Eigentums bzw. des Miteigentums am land(forst)wirtschaftlichen Betrieb, beantwortet werden kann.

Eine sozialversicherungsrechtlich relevante Änderung dieser sich primär aus den Eigentumsverhältnissen ergebenden Zurechnung setzt rechtswirksame (und rechtswirksam bleibende) dingliche (zB durch Einräumung eines Fruchtgenussrechtes) oder obligatorische Rechtsakte (zB durch Abschluss eines Pachtvertrages oder einer besonderen, einem Pachtvertrag nahe kommenden Vereinbarung zwischen Miteigentümern) mit der Wirkung voraus, dass statt des Eigentümers (der Miteigentümer) ein Nichteigentümer (bzw. bei Vereinbarungen zwischen Miteigentümern einer der Miteigentümer allein) aus der Führung des Betriebes berechtigt und verpflichtet wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2001, Zl. 97/08/0072). Die bloße tatsächliche Betriebsführung reicht dazu nicht aus (vgl. die Erkenntnisse vom 8. Mai 1963, 93/63, und vom 3. Juli 1990, Zl. 88/08/0248, sowie aus jüngerer Zeit jene vom 4. Oktober 2001, Zl. 98/08/0100, und vom 15. Mai 2002, Zl. 97/08/0652).

Im Sinne dieser Rechtsprechung bewirkt daher der vom verstorbenen Grundeigentümer mit dem Beschwerdeführer geschlossene und auf den Erben als Universalrechtsnachfolger übergegangene Pachtvertrag eine von den Eigentumsverhältnissen abweichende Zurechnung der land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften in der Weise, dass der Beschwerdeführer als derjenige anzusehen ist, auf dessen Rechnung und Gefahr der Betrieb für die Dauer des Pachtverhältnisses geführt wurde.

An diesen rechtlichen Gegebenheiten hat das Urteil des OGH vom 15. Dezember 1992, worin ausgesprochen wurde, dass die von Herwig T. eingebrachte Räumungsklage abzuweisen sei, da die maßgebenden Voraussetzungen für die Kündbarkeit des Pachtvertrages nicht vorgelegen seien und die der Räumungsklage zu Grunde liegende Kündigung daher unwirksam gewesen sei, nichts geändert. Zu diesem Zeitpunkt, der jedenfalls vor der "formalrechtlichen Auflösung des Pachtverhältnisses" am 24. März 1994 liegt, unterlag der Beschwerdeführer als Inhaber eines auf seine Rechnung und Gefahr geführten land- und forstwirtschaftlichen Betriebes jedenfalls der (hier als Vorfrage zu beurteilenden) Versicherungspflicht, wie er auch selbst nicht bestreitet.

Daran hat aber auch hinsichtlich des Zeitraums vom 24. März 1994 bis 28. Mai 1997 der Vergleich vom 28. Mai 1997, nichts geändert, mit welchem das Pachtverhältnis aufgelöst und dabei vereinbart wurde, dass "das streitgegenständliche Pachtverhältnis ... mit dem 24.3.1994 als aufgelöst" gelten solle.

Diese am 28. Mai 1997 vereinbarte Rückwirkung der Auflösung des Pachtverhältnisses mit 24. März 1994 ist jedoch insoweit nicht rechtswirksam, als die einverständliche Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses, dessen Abwicklung bereits begonnen hat, nicht mehr ex tunc, sondern nur noch ex nunc erfolgen kann (vgl. dazu Koziol/Welser11, Bürgerliches Recht, Band II, S. 9 und Rummel (Hrsg.), Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch3, 1. Band, Z. 3 zu "Vor § 1112 ABGB"). Der Pachtvertrag des Beschwerdeführers war daher - zeitraumbezogen - jedenfalls bis 28. Mai 1997 (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2001, Zl. 98/08/0100) aufrecht, mag auch allenfalls auf Grund des abgeschlossenen Vergleichs im Nachhinein eine Verrechnung der gezogenen Früchte mit den geleisteten Pachtzinsen zwischen dem Beschwerdeführer und dem Eigentümer erfolgen. Eine solche Rückabwicklung vermöchte an der zeitraumbezogen erfolgten Führung des Betriebes auf Rechnung und Gefahr des Beschwerdeführers auf Grund eines bis 28. Mai 1997 rechtsgültigen Pachtvertrages nichts mehr zu ändern.

Ob der Beschwerdeführer in der Zeit zwischen 24. März 1994 und 28. Mai 1997 die Pachtliegenschaften tatsächlich selbst bewirtschaftet hat oder ob dies durch den Eigentümer geschehen ist, ist unerheblich, weil es auf die tatsächliche Betriebsführung nach der oben wiedergegebenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ankommt und sich die rechtlichen Gegebenheiten dadurch nicht hätten ändern können, hätte doch der rechtmäßige Pächter gegen den insoweit unredlichen Bewirtschafter jedenfalls einen Anspruch auf Herausgabe der Erträge (vgl. das sich auf eine vergleichbare Konstellation beziehende Erkenntnis vom 4. Oktober 2001, Zl. 98/08/0100).

Der Bescheid ist auch nicht deshalb mangelhaft, weil die belangte Behörde das Verwaltungsverfahren nicht - wie vom Beschwerdeführer beantragt - bis zur Entscheidung im Verfahren der Agrarmarkt Österreich gegen den Beschwerdeführer unterbrochen hat.

Präjudiziell - und damit Vorfragenentscheidung im verfahrensrechtlich relevanten Sinn - ist nur eine Entscheidung, die eine Rechtsfrage betrifft, deren Beantwortung für die Hauptfragenentscheidung unabdingbar - dh eine notwendige Grundlage - ist, und die diese in einer die Verwaltungsbehörde bindenden Weise regelt (siehe Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze2, E3 zu § 38 AVG). Weder die eine noch die andere Voraussetzung ist hier gegeben, da - wie bereits ausgeführt - ausschließlich die sozialversicherungsrechtliche Zuordnung der gegenständlichen Liegenschaften an den Beschwerdeführer auf Grund des gültigen Pachtverhältnisses ausschlaggebend ist. Wer für die Bewirtschaftung der Liegenschaften Förderungen erhalten hat, ist im gegebenen Zusammenhang unerheblich.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 17. Dezember 2002

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999080171.X00

Im RIS seit

14.04.2003

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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