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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §76 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des A in N, vertreten durch Dr. Manfrid Lirk und DDr. Karl Robert Hiebl, Rechtsanwälte in 5280 Braunau am Inn, Stadtplatz 50/2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 4. April 2001, Zl. VetR-330509/2-2001-A/Ro, betreffend Ersatz von Barauslagen, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,86 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Im Rahmen einer Kontrolle durch den Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn im Schweinemastbetrieb des Beschwerdeführers wurden u.a. Arzneimittel unbekannter Zusammensetzung und Herkunft vorgefunden, hinsichtlich derer auch keine Aufzeichnungen über Arzneimittelanwendungen vorgelegt werden konnten. Mit Mandatsbescheid der Erstbehörde vom 3. Oktober 2000 wurde die Sperre des Tierbestandes angeordnet. Die Untersuchung der vorgefundenen Arzneimittel und Futtermittel wurde veranlasst, ebenso wurden stichprobenartige Untersuchungen der zum Verkauf vorgesehenen Schweine durchgeführt.
Nach Vorliegen der Untersuchungsergebnisse ergab sich, dass im vorgefundenen Arzneimittel Amoxicillin-Präparate enthalten waren, deren wiederholte Abgabe verboten ist. Da die weiteren Untersuchungsergebnisse keine Hinweise auf Rückstände ergaben, wurde mit Vorstellungsbescheid vom 24. November 2000 die Sperre des Tierbestandes aufgehoben. Weiters wurde dem Beschwerdeführer der Ersatz von Barauslagen in der Höhe von S 48.312,-- (S 600,-- für Rückstandsproben zur Untersuchung von Hemmstoffen, S 4.182,-- auf Grund der Rechnung des Bundesamtes für Agrarbiologie für die Untersuchung von Futtermitteln und S 43.530,-- auf Grund der Rechnung des Bundesinstitutes für Arzneimittel für die Untersuchung unbekannter Arzneimittel) vorgeschrieben.
Die vom Beschwerdeführer gegen die Vorschreibung der Barauslagen in der Höhe von S 48.312,-- erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 und § 76 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 21 der Rückstandskontrollverordnung, BGBl. II Nr. 426/1977, ab und führte begründend aus, den Beschwerdeführer treffe das Verschulden an der Entstehung der Untersuchungskosten, weil er die auf Grund der Rückstandskontrollverordnung erforderlichen Nachweise und Aufzeichnungen hinsichtlich der Verwendung von Arzneimitteln nicht geführt habe. Er habe auch keine tauglichen Angaben zum Inhalt der vorgefundenen Substanz gemacht. Da der Verdacht der vorschriftswidrigen Behandlung von Tieren bestanden habe, seien der Tierbestand des Beschwerdeführers gesperrt und die notwendigen Untersuchungen, wie sie die Rückstandskontrollverordnung vorsehe, veranlasst worden. Das schuldhafte Verhalten des Beschwerdeführers erfülle den Tatbestand des § 76 Abs. 2 letzter Satz AVG, weshalb vom Beschwerdeführer die Barauslagen, die der Erstbehörde entstanden seien, zu ersetzen seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Für die Beschwerde sind folgende Vorschriften des AVG maßgebend:
"Kosten der Behörden
§ 75. (1) Sofern sich aus den §§ 76 bis 78 nicht anderes ergibt, sind die Kosten für die Tätigkeit der Behörden im Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu tragen.
(2) Die Heranziehung der Beteiligten zu anderen als den in den §§ 76 bis 78 vorgesehenen Leistungen, unter welchem Titel immer, ist unzulässig.
(3) Die gesetzlichen Bestimmungen über die Stempel- und Rechtsgebühren des Bundes bleiben unberührt.
§ 76. (1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.
(2) Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.
..."
Nach § 21 zweiter Satz der Rückstandskontrollverordnung BGBl. II Nr. 426/1997 gilt hinsichtlich der Kostentragung für behördliche Maßnahmen betreffend Betriebe, die gemäß § 15 oder § 18 gesperrt wurden, auch § 76 Abs. 2 AVG.
Nach der ständigen Rechtsprechung setzt der Ersatz der Barauslagen durch die Partei voraus, dass die Barauslagen der Behörde bereits erwachsen sind, d.h., dass die Behörde bereits Aufwendungen gehabt hat (siehe dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), unter E. Nr. 16 bis 18 zu § 76 AVG zitierte Rechtsprechung).
In der vorliegenden Beschwerde wird u.a. eingewendet, für den Ersatz der Barauslagen sei erforderlich, dass sie von der Behörde bereits tatsächlich bezahlt und überwiesen worden seien. Rechnungslegung durch Sachverständige reiche dafür nicht aus. Soweit dem Beschwerdeführer bekannt sei, habe bisher die belangte Behörde die Rechnungen nicht bezahlt, weshalb der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei.
Dieses Vorbringen, zu dem sich die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift nicht geäußert hat, findet in den vorliegenden Verwaltungsakten Deckung, zumal sich in den Akten keinerlei Beleg für die Bezahlung der Gebührennoten findet, hingegen Mahnungen des Bundesamtes für Agrarbiologie vom 30. Jänner und 7. März 2001 im Akt liegen. Aus einem Schreiben der Erstbehörde an die belangte Behörde vom 19. März 2001 ergibt sich weiters, dass auch die Rechnung des Bundesinstitutes für Arzneimittel in der Höhe von S 43.530,-- nicht bezahlt wurde. Da sohin davon auszugehen ist, dass die Behörde die für die Untersuchungen in Rechnung gestellten Beträge jedenfalls bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht bezahlt hat, kam nach der oben zitierten Rechtsprechung ein Ersatz der Kosten durch den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 AVG nicht in Betracht.
Im Hinblick darauf, dass der angefochtene Bescheid aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war, erübrigt sich eine nähere Auseinandersetzung mit der Behauptung des Beschwerdeführers, ihn treffe trotz des Vorhandenseins eines Arzneimittels unbekannter Herkunft und Zusammensetzung und des Fehlens von Aufzeichnungen kein Verschulden im Sinne des § 76 Abs. 2 AVG.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die in dieser Verordnung festgesetzten Pauschalbeträge für Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten.
Wien, am 17. Dezember 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001110159.X00Im RIS seit
14.04.2003Zuletzt aktualisiert am
11.07.2010