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97 VergabewesenNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter infolge Quasianlaßfallwirkung der Aufhebung des §11 Abs1 Z1 BundesvergabeG 1997 mit E v 30.09.99, G44-46/99.Spruch
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft die mit S 20.500,-- bestimmten Prozeßkosten zuhanden ihres Rechtsvertreters binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums gerügt wird, richtet sich gegen einen Bescheid des Bundesvergabeamtes (BVA), mit dem in einem Nachprüfungsverfahren über Entscheidungen des Bundesministers für Inneres im Zuge der Vergabe eines Dienstleistungsauftrages über die Durchführung von Sicherheitskontrollen auf dem Flughafen Salzburg befunden und das Vergabeverfahren für nichtig erklärt wird.
Aus Anlaß anderer Beschwerden leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit unter anderem der Z1 des §11 Abs1 des Bundesvergabegesetzes (BVergG) 1997, BGBl. 56, ein. Diese Bestimmung legt iVm §§113 ff. BVergG 1997 die Zuständigkeit des BVA zur Überprüfung von Vergaben des Bundes fest.
Mit Erkenntnis vom 30. September 1999, G44-46/99, hob er diese Bestimmung als verfassungswidrig auf.
II. Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet.
1. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10616/1985, 11711/1988).
Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren hat am 30. September 1999 begonnen. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 8. Jänner 1998 eingelangt, war also zum Zeitpunkt des Beginns der Beratung schon anhängig; der ihr zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde stützte ihre Zuständigkeit zur Prüfung von Entscheidungen des Bundesministers auf die aufgehobene Bestimmung. Sie war auf Grundlage der bereinigten Rechtslage aber zu der von ihr getroffenen Entscheidung nicht zuständig. Ihr Bescheid verletzt die beschwerdeführende Partei daher im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.
Der Bescheid ist folglich aufzuheben.
2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist eine Eingabegebühr gemäß §17a VerfGG in Höhe von S 2.500,-- und Umsatzsteuer in Höhe von S 3.000,-- enthalten.
3. Diese Entscheidung kann gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Vergabewesen, Behördenzuständigkeit, VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:B26.1998Dokumentnummer
JFT_10008871_98B00026_00