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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §198;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des Mag. H in G, vertreten durch Czerwenka & Partner, Rechtsanwälte KEG in 1010 Wien, Rudolfsplatz 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 8. November 2000, Zl. RV/57-10/00, betreffend Haftung für Abgaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer der E-BaugmbH.
Mit Bescheid vom 15. April 1996 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 9 iVm § 80 BAO für Abgabenschulden der E-BaugmbH im Ausmaß von ca 5,7 Mio S, darunter auch Umsatzsteuer für Dezember 1993 in Höhe von 631.830 S, zur Haftung herangezogen.
Einer Berufung gegen diesen Haftungsbescheid wurde mit Berufungsvorentscheidung vom 10. Oktober 1997 Folge gegeben.
In der Folge wurde bei der E-BaugmbH im Juli 1999 eine Buch- und Betriebsprüfung durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass die Gesellschaft beim Bauprojekt betreffend die Villa D Abgaben verkürzt habe, indem sie um den Betrag von 5,863.333,33 S zu niedrige Entgelte erklärt habe (Tz 18 des Betriebsprüfungsberichtes vom Juli 1999). Da das Finanzamt in Zusammenhang mit diesem Bauprojekt auch zusätzliche Vorsteuern in Höhe von 351.800 S anerkannte, führten die Feststellungen zu einer Nachforderung an Umsatzsteuer 1993 in Höhe von 820.867 S. Ausgehend von der Annahme, dass aus dem Bauprojekt ein Gewinn von 10% der nicht erklärten Bruttoerlöse erzielt worden sei, welcher dem Beschwerdeführer im Jahr 1993 als verdeckte Gewinnausschüttung zugeflossen sei, schrieb das Finanzamt der E-BaugmbH Kapitalertragsteuer von 154.792 S vor.
Mit Bescheid vom 9. Dezember 1999 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 9 iVm § 80 BAO für Abgabenschulden der E-BaugmbH im Ausmaß von 975.659 S, nämlich Umsatzsteuer 1993 (820.867 S) und Kapitalertragsteuer 1993 (154.792 S), zur Haftung herangezogen. In der Begründung wurde darauf verwiesen, dass im Zuge des am 26. Juli 1999 abgeschlossenen Betriebsprüfungsverfahrens Schwarzumsätze des Jahres 1993 festgestellt worden seien. Da der Beschwerdeführer im Jahr 1993 Geschäftsführer gewesen sei, wäre es ihm oblegen, die Abgaben ordnungsgemäß abzuführen. Eine Haftung bestehe ua, wenn der Vertreter der Gesellschaft unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen bzw Erklärungen einreiche.
In der Berufung gegen diesen Bescheid verwies der Beschwerdeführer darauf, dass er bereits mit Bescheid vom 15. April 1996 generell für sämtliche Abgabenschulden der E-BaugmbH, die in den Jahren 1993 bis 1995 entstanden seien (u.a. Umsatzsteuer für Dezember 1993 in Höhe von 631.830 S) zur Haftung herangezogen worden sei, das Finanzamt aber die Haftung mit Berufungsvorentscheidung vom 10. Oktober 1997 zurückgenommen habe. Die Rechtskraftwirkung dieser Berufungsvorentscheidung stehe jeder neuerlichen Entscheidung über die Haftung entgegen. Der Einwand der entschiedenen Sache stehe einer Geltendmachung der Haftung für Umsatzsteuer 1993 entgegen. Im Übrigen sei der Beschwerdeführer im Strafverfahren vom Vorwurf der Veruntreuung im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben des Dr. R (Vorwurf der Nichterfassung von 150.000 S) freigesprochen worden. Der Beschwerdeführer wandte sich weiters auch gegen die Richtigkeit der Umsatzsteuer- und Kapitalertragsteuervorschreibung.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insoweit Folge, als sie die Haftung für Umsatzsteuer 1993 infolge Minderung des Rückstandes von 820.867 S auf 743.930 S herabsetzte. Unbestritten sei die Uneinbringlichkeit der Abgaben und die Tatsache, dass der Beschwerdeführer im haftungsrelevanten Zeitraum Geschäftsführer der E-BaugmbH gewesen sei. Das Unterlassen der buchmäßigen Erfassung eines Teiles der Entgelte stelle eine Pflichtverletzung dar, zumal nicht davon ausgegangen werden könne, dass zum Fälligkeitszeitpunkt der Umsatzsteuer die liquiden Mittel nicht vorhanden gewesen wären. Dem Einwand der entschiedenen Sache werde entgegengehalten, dass mit den nunmehrigen Haftungsbescheid die Haftung für eine Umsatzsteuernachforderung, die erst mit Bescheid vom 8. September 1999 festgesetzt worden sei, geltend gemacht werde. Die Nachforderung basiere auf Feststellungen der Betriebsprüfung vom Juli 1999 (Abgabenverkürzungen bei Bauprojekt Villa D); dieser Vorgang sei nicht Gegenstand der mit Bescheid vom 15. April 1996 ausgesprochenen Haftung gewesen. Die Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung könnten nicht zum Erfolg der Berufung führen, weil sich die Abgaben aus dem dem Rechtsbestand angehörenden Umsatzsteuerbescheid 1993 vom 8. September 1999 und dem Kapitalertragsteuerhaftungsbescheid vom 27. Juli 1999 ergeben würden. Der Einwand, vom Vorwurf der Veruntreuung von 150.000 S im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben Dr. R freigesprochen worden zu sein, gehe ins Leere, weil das Finanzamt für diesen Vorgang zwar Kapitalertragsteuer 1994 vorgeschrieben habe, der Beschwerdeführer aber nicht zur Haftung für Kapitalertragsteuer 1994 herangezogen worden sei (sondern für Kapitalertragsteuer 1993).
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, die Haftungsinanspruchnahme mit Haftungsbescheid vom 15. April 1996 einerseits und die infolge der Betriebsprüfung des Jahres 1999 vorgenommene Abgabenvorschreibung hätten zwar "nicht völlig deckungsgleiche Grundlagen", es liege aber beiden Verfahren die Umsatzsteuer 1993 zugrunde. Im übrigen liege auch dem Haftungsbescheid vom 15. April 1996 eine seinerzeit durchgeführte abgabenbehördliche Prüfung (mit dem Vorwurf der Hinterziehung von Abgaben) zu Grunde. Jener Haftungsbescheid erfasse ausdrücklich Umsatzsteuer für Dezember 1993 im Ausmaß von 631.830 S. Mit dem angefochtenen Bescheid werde wiederum die Haftung für Umsatzsteuer 1993 im Ausmaß von 820.867 S ausgesprochen. Es sei daher evident, dass die Abgabenbehörde vom Beschwerdeführer für denselben Zeitraum und inhaltlich für dieselbe wirtschaftliche Aktivität zweimal "Nachzahlungen" zur Umsatzsteuer verlange, obwohl der Beschwerdeführer bereits einmal rechtskräftig von der Haftung befreit worden sei. Der neuerlichen Geltendmachung der Haftung stehe die Rechtskraft des seinerzeitigen Haftungsbescheides (bzw der Berufungsvorentscheidung) entgegen.
Sache des Haftungsbescheides vom 15. April 1996 war es ua, die Haftung betreffend Umsatzsteuer für Dezember 1993 im Ausmaß von 631.830 S geltend zu machen. In diesem Umfang hielt sich auch die stattgebende Berufungsvorentscheidung. Nur soweit die Haftung für Umsatzsteuer Dezember 1993 im Ausmaß von 631.830 S betroffen ist, liegt eine rechtskräftig entschiedene Sache vor. Im gegenständlichen Fall ist zusätzlich zur angesprochenen Umsatzsteuer nach einer im Juli 1999 durchgeführten Betriebsprüfung eine weitere Umsatzsteuer für das Jahr 1993 vorgeschrieben worden. Die Haftung für diese im Jahr 1999 zusätzlich vorgeschriebene Umsatzsteuer ist von der dem Haftungsbescheid vom 15. April 1996 zugrundeliegenden Sache nicht erfasst. Dem angefochtenen Bescheid steht daher nicht die Rechtskraft eines anderen Bescheides entgegen.
Der Beschwerdeführer bekämpft weiters die in Tz 18 des Betriebsprüfungsberichtes vom Juli 1999 getroffene Feststellung, die E-BaugmbH habe im Zusammenhang mit dem Bauprojekt Villa D die umsatzsteuerpflichtigen Entgelte um ca 5,9 Mio S zu niedrig angegeben. Zudem seien - so das weitere Beschwerdevorbringen - die Vorsteuern zu niedrig angenommen (geschätzt) worden. Da der nach der Betriebsprüfung ergangene Umsatzsteuerbescheid nicht dem Beschwerdeführer zugestellt worden sei (der Beschwerdeführer sei in diesem Zeitpunkt nämlich nicht mehr Geschäftsführer der E-BaugmbH gewesen), hätte sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid mit den Einwendungen gegen die Umsatzsteuervorschreibung auseinandersetzen müssen.
Dem Vorbringen ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach, wenn einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid, welcher an den Abgabepflichtigen ergangen ist, vorangeht, die Behörde daran gebunden und sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten hat. Durch § 248 BAO ist dem Haftenden ein Rechtszug gegen den Abgabenbescheid eingeräumt. Nur wenn, was hier nicht der Fall ist, der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung kein Abgabenbescheid vorangeht, gibt es eine solche Bindung nicht. Lediglich in einem solchen Fall ist die Frage, ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, als Vorfrage im Haftungsverfahren von dem für die Entscheidung über die Haftung zuständigen Organ zu entscheiden (vgl das hg Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, 94/14/0148).
Schließlich verweist der Beschwerdeführer in der Beschwerde - wie bereits in seiner Berufung - darauf, dass er vom Landesgericht für Strafsachen Wien vom Vorwurf, im Jahr 1994 Entgelte von 150.000 S aus dem Bau eines Hauses für Dr. R unterschlagen zu haben, freigesprochen worden sei. Da der Beschwerdeführer aber nicht auf die Ausführungen des angefochtenen Bescheides eingeht, nach welchen er mit dem angefochtenen Bescheid nicht zu Abgaben herangezogen werde, die in einem Zusammenhang mit dem Vorwurf, im Jahr 1994 einen Geldbetrag unterschlagen zu haben, stehen, zeigt auch dieses Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 501/2001.
Wien, am 19. Dezember 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000150217.X00Im RIS seit
29.04.2003