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37 Geld-, Währungs-und KreditrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags einer Bank AG auf Aufhebung einer Bestimmung des BankwesenG betreffend Zugehörigkeit zum jeweiligen Sektorverbund mangels Darlegung der Bedenken im einzelnen und wegen zumutbaren Wegs zur Abwehr des Eingriffs; Ablehnung der gleichzeitig eingebrachten Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Erlassung eines Feststellungsbescheides über die ZugehörigkeitSpruch
Begründung
Begründung:
I. 1. Die Einschreiterin, die Volksbank Burgenland Mitte Aktiengesellschaft, bringt in ihrer an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Eingabe ua. Folgendes vor:
Im Jahr 1993 sei der Volksbank Burgenland Mitte reg. Gen.m.b.H. mit Bescheid die besondere Bewilligung zur Einbringung des gesamten bankgeschäftlichen Unternehmens der einbringenden Genossenschaft als Sacheinlage im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in eine Aktiengesellschaft mit der Firma Volksbank Burgenland Mitte Aktiengesellschaft als deren alleiniger Aktionär erteilt worden.
In diesem Bescheid sei entsprechend dem §8a Abs7 KreditwesenG (vgl. nunmehr §92 Abs7 BankwesenG) darauf hingewiesen worden, dass die Aktiengesellschaft dem Sektorenverbund angehöre, dem die einbringende Genossenschaft angehört habe. Der gesetzliche Revisionsverband der einbringenden Genossenschaft sei der Österreichische Genossenschaftsverband gewesen.
Die Hauptversammlung der Einschreiterin habe in der Folge einen Wechsel des Bankprüfers vorgenommen, indem sie für das Geschäftsjahr 1996 Dr. E. und Dkfm. Mag. H. sowie für das Geschäftsjahr 1997 Dkfm. Mag. H. zu Bankprüfern bestellt habe.
In der Folge habe die Beschwerdeführerin dem Bundesminister für Finanzen gemäß §63 Abs1 BankwesenG die Bestellung der oben Genannten zu Bankprüfern für die Geschäftsjahre 1996 bzw. 1997 angezeigt. Dagegen sei kein fristgerechter Widerspruch im Sinne des §270 Abs3 HGB erfolgt. Die belangte Behörde habe aber in einem Schreiben vom 12. Juli 1996 die Rechtsansicht vertreten, dass der Österreichische Genossenschaftsverband nach wie vor Bankprüfer der Einschreiterin sei. In der darin anschließenden Korrespondenz hätten beide Teile an ihrem Rechtsstandpunkt festgehalten.
Am 21. Oktober 1996 sei die telefonische Mitteilung an die Einschreiterin ergangen, dass für den Fall einer Nichtprüfung durch den Österreichischen Genossenschaftsverband gemäß §70 Abs4 BankwesenG vorgegangen werde, dh. der Einschreiterin ein diesbezüglicher Auftrag unter Androhung einer Zwangsstrafe zugehen würde.
2. Mit Schreiben vom 30. Oktober 1996 stellte die Einschreiterin an das Bundesministerium für Finanzen den Antrag bescheidmäßig festzustellen, dass die Revisionszuständigkeit des Österreichischen Genossenschaftsverbandes in Bezug auf die Einschreiterin erloschen sei, in eventu, bescheidmäßig festzustellen, dass die seitens der Einschreiterin in ihrer Hauptversammlung gewählten Wirtschaftsprüfer (künftig) die Bankprüfer der Einschreiterin seien.
Mit Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 27. Februar 1997 wurden diese Anträge zurückgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde dazu aus, dass mangels gesetzlicher Grundlage die Voraussetzungen für die Erlassung des beantragten Feststellungsbescheides nicht gegeben seien und auf die Zuständigkeit des Österreichischen Genossenschaftsverbandes als Bankprüfer iSd §61 BankwesenG verwiesen werde.
3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die zu B911/97 protokollierte, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.
4. Mit der vorliegenden Eingabe wird weiters der zu G129/99 protokollierte Antrag gestellt, "den §92 Abs7 BWG zur Gänze wegen Verfassungswidrigkeit seines Inhaltes" aufzuheben. Dazu führt die Einschreiterin im Wesentlichen Folgendes aus:
"Gemäß §92 Abs7 BWG gehört die Aktiengesellschaft dem Sektorverbund an, dem das einbringende Kreditinstitut angehört. Bei der Beschwerdeführerin war dies eine Genossenschaft, sodaß als gesetzlicher Bankprüfer im Sinne des §61 BWG der österreichische Genossenschaftsverband (Schulze-Delitzsch) tätig zu werden hat. Die Bestimmung des §92 Abs7 BWG sieht keine zeitliche Begrenzung dieser Zuständigkeit vor.
Die Beschwerdeführerin bekämpft gem. Art140 B-VG den §92 Abs7 BWG zur Gänze wegen Verfassungswidrigkeit seines Inhaltes.
Die Beschwerdeführerin ist zu diesem Antrag legitimiert, weil die angeführte Bestimmung eine unmittelbare Rechtspflicht für die Beschwerdeführerin statuiert und unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre der Beschwerdeführerin eingreift, ohne daß es hiefür einer behördlichen Entscheidung bedarf. Für den Fall eines Zuwiderhandelns gegen diese Bestimmung muß die Beschwerdeführerin mit Maßnahmen gem. §70 BWG rechnen, was ihr nicht zumutbar ist. Es steht der Beschwerdeführerin auch ein anderer zumutbarer Weg nicht zur Verfügung, um sich gegen die angezogene verfassungswidrige gesetzliche Bestimmung zur Wehr setzen zu können.
Die angefochtene Bestimmung des §92 Abs7 BWG ist verfassungswidrig, weil sie eine grob unsachliche Regelung enthält, Zwar ist die gesetzliche Regelung, wonach die Aktiengesellschaft dem Sektorverbund angehört, für sich genommen unbedenklich, jedoch bewirkt das Fehlen einer zeitlichen Begrenzung dieser Zuständigkeit, daß die AG auf Dauer ohne Einflußmöglichkeit insbesondere durch die Hauptversammlung einer - möglicherweise im Sinne des §62 BWG gar ausgeschlossenen! - Prüfinstanz unterworfen wird.
Darüberhinaus gilt für andere Aktiengesellschaften - für die in §92 BWG nicht gilt! - gesetzmäßig auch dessen Absatz 7 nicht, sodaß alle anderen Aktiengesellschaften sich bei der Auswahl ihres Prüfers im Rahmen des §61 BWG bewegen können. Für die dauerhafte Differenzierung zwischen solchen Aktiengesellschaften, die von einer Genossenschaft herrühren, und solchen, die von jeher Aktiengesellschaften sind, besteht keine sachliche Rechtfertigung, sodaß die Bestimmung des §92 Abs7 BWG auf unsachliche Weise zwischen derartigen, von ihrer Genese her verschiedenen Aktiengesellschaften differenziert. Die Folgen dieser Differenzierung wurden oben - bei Darlegung des Sachverhaltes - ausführlich dargestellt. Jedenfalls ist die Beschwerdeführerin durch diese Bestimmung wesentlich beschwert, dies deshalb, weil der Gesetzgeber gegen das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Gleichheit verstoßen hat.
Im übrigen ist §92 Abs7 BWG nicht mit der 8. Richtlinie des Rates vom 10.04.1984 aufgrund von Art54 Abs3g des Vertrages über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen beauftragten Personen, ABl-L 126 vom 12.05.1984 in Einklang zu bringen, und zwar insoweit, als der Österreichische Genossenschaftsverband (Schulze-Delitzsch) durch §92 Abs7 BWG staatlich autorisiert wird, Revisoren - insbesondere seine Arbeitnehmer - zu bestellen, die nicht über die in Art4 der vorgenannten Bilanzprüferrichtlinie verlangte fachliche Qualifikation (Hochschulreife, daran anschließende theoretische und praktische Ausbildung sowie die Ablegung einer staatlichen oder staatlich anerkannten beruflichen Eignungsprüfung auf dem Niveau eines Hochschulabschlusses) verfügen."
II. Die für die Beurteilung des vorliegenden Falles maßgeblichen Bestimmungen des BankwesenG lauten auszugsweise wie folgt:
"Bankprüfer
§60. Der Jahres- und Konzernabschluß jedes Kreditinstitutes und jeder Kreditinstitutsgruppe ist unter Einbeziehung der Buchführung, des Anhanges, des Lageberichtes und des Konzernlageberichtes durch Bankprüfer zu prüfen.
§61. Bankprüfer sind die zum Abschlußprüfer bestellten beeideten Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und die Prüfungsorgane (Revisoren, Prüfungsstelle des Sparkassen-Prüfungsverbandes) gesetzlich zuständiger Prüfungseinrichtungen. ...
Laufende Überwachung
§70. (1) ...
...
(4)... (v)erletzt ein Kreditinstitut Bestimmungen dieses Bundesgesetzes ..., so hat der Bundesminister für Finanzen
1. dem Kreditinstitut unter Androhung einer Zwangsstrafe aufzutragen, den rechtmäßigen Zustand binnen jener Frist herzustellen, die im Hinblick auf die Umstände des Falles angemessen ist;
...
Einbringung in die Aktiengesellschaft
§92. (1) ...
(2)... Genossenschaften können ihr Unternehmen oder den bankgeschäftlichen Teilbetrieb nur nach den Grundsätzen des Umgründungssteuergesetzes unter Beachtung der nachfolgenden Bestimmungen in eine Aktiengesellschaft einbringen.
(3) Die Einbringung nach diesen Bestimmungen ist nur zulässig
1. in eine zu errichtende Aktiengesellschaft als dessen alleiniger Aktionär;
...
(4) Die Einbringung bewirkt den Rechtsübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge. Diese erfaßt die eingebrachten Betriebsteile und tritt mit der Eintragung der Aktiengesellschaft oder der Kapitalerhöhung in das Firmenbuch ein; die Gesamtrechtsnachfolge ist im Firmenbuch einzutragen. ...
...
(7) Die Aktiengesellschaft gehört dem Sektorverbund (insbesondere Fachverband, gesetzlicher Revisions- oder Prüfungsverband, Zentralinstitut, sektorale Einlagensicherungseinrichtung) an, dem das einbringende Kreditinstitut angehört.
..."
III. Der Verfassungsgerichtshof
hat über die Zulässigkeit des zu G129/99 protokollierten Antrages, mit dem begehrt wird, "den §92 Abs7 BWG zur Gänze wegen Verfassungswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben", erwogen:
1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 10511/1985, 11726/1988).
Schließlich hat der Antrag die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen (§62 Abs1, zweiter Satz VerfGG 1953). Das Fehlen einer geeigneten Darlegung im Sinne dieser Bestimmung ist kein behebbares Formerfordernis, sondern ein Prozesshindernis (vgl. VfSlg. 10577/1985, 12223/1989, 12564/1990, 13809/1994).
2. Im vorliegenden Antrag werden nun zum einen verfassungsrechtliche Bedenken nur gegen die - (auch) insoweit trennbare - Regelung des §92 Abs7 BankwesenG vorgebracht, derzufolge die Aktiengesellschaft dem gesetzlichen Revisionsverband des einbringenden Kreditinstituts angehört. Hingegen fehlt es an einer Darlegung von gegen die Verfassungsmäßigkeit der übrigen Teile der angefochtenen Bestimmung (betreffend die Zugehörigkeit zu Fachverband, Zentralinstitut und sektoraler Einlagensicherungseinrichtung) sprechenden Bedenken überhaupt. Der Antrag war daher, soweit er sich auch gegen diese Teile der bekämpften Bestimmung richtet, schon als an einem inhaltlichen, keiner Verbesserung zugänglichen Mangel leidend - als unzulässig - zurückzuweisen.
3. Soweit der Antrag wiederum die Regelung betreffend die Revisionsverbandszugehörigkeit betrifft, ist auf Folgendes hinzuweisen: Selbst wenn man im Sinne des Vorbringens der Einschreiterin davon ausgehen wollte, dass sie durch die Regelung des §92 Abs7 BankwesenG in ihren rechtlich geschützten Interessen aktuell beeinträchtigt würde, stünde ihr ein zumutbarer Weg zur Abwehr des Eingriffes zur Verfügung.
Gemäß §70 Abs4 BankwesenG hat nämlich der Bundesminister für Finanzen ua. dann, wenn ein Kreditinstitut Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verletzt, dem Kreditinstitut unter Androhung einer Zwangsstrafe aufzutragen, den rechtmäßigen Zustand binnen jener Frist herzustellen, die im Hinblick auf die Umstände des Falles angemessen ist.
Der Einschreiterin ist es aber - nach Lage des hier vorliegenden Falles - zumutbar, nach der allfälligen Erlassung eines Bescheides im Sinne des §70 Abs4 BankwesenG, der die Prüfung der Einschreiterin durch die gesetzlich zuständige Prüfungseinrichtung zum Gegenstand hätte, gegen diesen Beschwerde gemäß Art144 B-VG zu erheben und darin ihre Bedenken gegen §92 Abs7 BankwesenG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl. VfGH 5.10.1999 G60/99).
Die von der Einschreiterin begehrte Erlassung eines diesbezüglichen Feststellungsbescheides und die in der Folge ergangene Erledigung der Behörde (vgl. oben Pkt. I.2.) ändern an dem dargestellten Ergebnis nichts.
4. Der Antrag war daher bereits aus den dargelegten Gründen insgesamt - zum Teil, weil gegen die angefochtene Gesetzesbestimmung verfassungsrechtliche Bedenken von der Antragstellerin überhaupt nicht vorgetragen wurden, zum Teil, weil ihr ein zumutbarer Weg zur Abwehr des behaupteten Eingriffs zur Verfügung stünde - als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass es einer weiteren Prüfung bedurfte, ob auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorlägen.
IV. Über die zu B911/97 protokollierte Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:
Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
Die Beschwerde rügt die Verletzung im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen. Die Sache ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.
Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen und sie gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten (§19 Abs3 Z1 VerfGG 1953).
V. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z1 und Z2 lite VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Bedenken, VfGH / Individualantrag, Bankwesen, FeststellungsbescheidEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:G129.1999Dokumentnummer
JFT_10008870_99G00129_00