TE Vwgh Erkenntnis 2002/12/19 2000/09/0169

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.12.2002
beobachten
merken

Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §15 Abs1 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Blaschek  als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Buchfeldgasse 19a, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 17. August 2000, Zl. 10/13115/103 1437, betreffend Versagung eines Befreiungsscheines nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Arbeitsmarktservice hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. August 2000 wurde der am 13. April 2000 gestellte Antrag des Beschwerdeführers, ihm einen Befreiungsschein nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) auszustellen, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Z. 4 AuslBG abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensverlaufes und der maßgebenden Rechtslage aus, der Beschwerdeführer habe selbst dargelegt, er sei nur bis 22. Juni 1995 ordnungsgemäß gemeldet gewesen; laut Auskunft der Bundespolizeidirektion sei der Beschwerdeführer erst seit 24. März 2000 wieder polizeilich gemeldet. Sein letztes Dienstverhältnis habe am 28. Mai 1997 geendet und der Beschwerdeführer sei im Zeitraum 1. August 1995 bis 28. Mai 1997 nur tageweise geringfügig beschäftigt gewesen. Ein vom Beschwerdeführer gestellter Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung sei - nach den Erhebungen und der Einschätzung der belangten Behörde - deshalb gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückzuweisen, weil der Beschwerdeführer den ihm (von der MA 20) gesetzten Vorsprachetermin nicht wahrgenommen habe. Mit Bescheid vom 10. März 1997 sei über den Beschwerdeführer die Ausweisung verfügt worden und er sei - nachdem er im März 2000 kurzfristig in Schubhaft genommen worden sei - am 16. März 2000 aus der Schubhaft entlassen worden. Aus diesem Sachverhalt ergebe sich keinesfalls die Erfüllung des Erfordernis eines zweieinhalbjährigen Aufenthaltes während der letzten fünf Jahre. Gegen einen dauerhaften Aufenthalt spreche auch, dass der Beschwerdeführer nicht die Verlängerung seines gemäß § 15 Abs. 1 Z 3 AuslBG (für den Zeitraum 14. Oktober 1991 bis 13. Oktober 1996) ausgestellten Befreiungsscheines beantragt habe, obwohl er zum damaligen Zeitpunkt - nach den Aufenthaltsberechtigungen und Meldezetteln - die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 15a Abs. 3 AuslBG erfüllt hätte. Zudem sei am 14. August 1991 (anlässlich der Vorsprache des Beschwerdeführers beim Arbeitsmarktservice Jugendliche Wien) festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer nach seiner Geburt 6 Jahre in Österreich aufhältig gewesen sei, danach sei er in Jugoslawien gewesen und nach seiner Wiedereinreise habe er die

3. und die 4. Klasse Hauptschule besucht. Die Einvernahme der Eltern des Beschwerdeführers als Beweis für seinen Aufenthalt im Bundesgebiet sei deshalb entbehrlich, weil der Aussage der Eltern "im Hinblick auf die familiären Bande keine ausreichende Beweiskraft hinsichtlich der Ermittlung des wahren Sachverhaltes zugemessen werden könnte". Zu der (in der Berufung) vorgebrachten "Verletzung von Verfahrensvorschriften teilt die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien mit, diese ist nicht erkennbar". Die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 AuslBG seien nicht gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Ausstellung des beantragten Befreiungsscheines verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 (in der Fassung BGBl. Nr. 314/1994) ist einem Ausländer auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen, wenn der Ausländer das 19. Lebensjahr vollendet hat, die Voraussetzungen der Z 3 bei Vollendung des 19. Lebensjahres erfüllt waren und er sich während der letzten fünf Jahre mindestens zweieinhalb Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat.

Der am 5. Februar 1976 geborene Beschwerdeführer hatte im Zeitpunkt seiner Antragstellung (13. April 2000) das 19. Lebensjahr bereits vollendet. Dass ferner die Voraussetzungen der Z 3 leg. cit. bei Vollendung des 19. Lebensjahres erfüllt waren, hat die belangte Behörde nicht in Zweifel gezogen bzw. hat sie die Nichterfüllung dieser Voraussetzungen nicht als Versagungsgrund für die Ausstellung des beantragten Befreiungsscheines herangezogen.

Im gegenständlichen Fall ist somit lediglich die Rechtsfrage strittig, ob unter dem mindestens zweieinhalb Jahre währenden Aufenthalt des Beschwerdeführers innerhalb der letzten fünf Jahre im Bundesgebiet jeglicher tatsächliche (und somit auch rechtswidrige) Aufenthalt oder bloß ein rechtmäßiger Aufenthalt zu verstehen ist. Hiezu hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt Stellung genommen, wobei insbesondere auf die begründenden Ausführungen im Erkenntnis vom 1. Juli 1998, Zl. 97/09/0279, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird (vgl. überdies auch die hg. Erkenntnisse vom 16. Oktober 2001, Zl. 2000/09/0014, und vom 22. Jänner 2002, Zl. 2000/09/0114).

Zum Beweisthema seines - zwar unrechtmäßigen aber tatsächlichen - Aufenthaltes in Österreich hatte der Beschwerdeführer die Einsicht in näher bezeichnete Akten und Urkunden sowie die Vernehmung von Zeugen beantragt, deren Vernehmung die belangte Behörde jedoch unterlassen hat. Die Ausführungen der belangten Behörde über die Glaubwürdigkeit der Eltern des Beschwerdeführers ist eine rechtswidrige (unzulässige) vorausgreifende Beweiswürdigung.

Da die belangte Behörde - ausgehend von einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht - notwendige Beweiserhebungen über den tatsächlichen Aufenthalt unterlassen und keine Feststellungen über diesen Aufenthalt getroffen hat, belastete sie ihren Bescheid mit sekundären Verfahrensmängeln. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 19. Dezember 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000090169.X00

Im RIS seit

01.04.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten