TE Vwgh Erkenntnis 2002/12/19 99/09/0111

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.12.2002
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §14;
AVG §46;
VStG §24;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde des T in J, vertreten durch Dr. Heinz Pichler, Rechtsanwalt in 8750 Judenburg, Burggasse 61, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 16. März 1999, Zl. UVS 303.13-33/98-25, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: 1. Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, 2. Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark (der belangten Behörde), mit dem der Beschwerdeführer wie folgt bestraft wurde:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der W-Gesellschaft mbH mit Sitz in K, F 38, welche wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der W-Gesellschaft mbH & Co KG mit Sitz in K, F 38, ist, zu verantworten, dass die W-Gesellschaft mbH & Co KG den mazedonischen Staatsangehörigen DS, geboren am 20.7.1975, am 13.12.1996 auf der Baustelle K. Graz, A-Platz 1, mit Isolierarbeiten im Keller beschäftigt hat, obwohl für S weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, noch eine Anzeigenbestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt wurde."

Der Beschwerdeführer habe dadurch § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung verletzt. Er wurde gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG zu einer Geldstrafe von S 15.000,-- und zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen bestraft und ihm wurden Verfahrenskosten auferlegt.

Die W-Gesellschaft mbH & Co KG mit Sitz in K sei im Firmenbuch eingetragen, persönlich haftender Gesellschafter sei die W-Gesellschaft mbH, Kommanditist die V-Stiftung mit Sitz in Liechtenstein. Als alleiniger Geschäftsführer der W-Gesellschaft mbH sei der Beschwerdeführer eingetragen. Die W-Gesellschaft mbH & Co KG sei im Dezember 1996 unter anderem mit der Durchführung von Heizungsisolierungen im Keller der K. des L. Graz beschäftigt gewesen. Im Durchschnitt hätten dort auf dieser Baustelle zwei bis drei Personen gearbeitet. Auf der Baustelle habe es einen Termindruck gegeben und es sei zu Verzögerungen gekommen.

Am 13. Dezember 1996 hätten die Arbeitsinspektoren Ing. MW und Mag. CS die besagte Baustelle kontrolliert. Dort hätten sie NJ, DS und FS vorgefunden, wobei nur letzterer im Zeitpunkt der Kontrolle arbeitend, auf einer Leiter stehend, angetroffen worden sei. DS' Kleidung sei verschmutzt gewesen, er sei mit weißen, abgetragenen Turnschuhen, einer "stark verschmutzten Blue Jean" sowie mit einem, mit schwarzer Farbe verschmutzten lilafarbenen Sweater bekleidet gewesen.

NJ habe den Kontrolloren eine Berechtigung zum Arbeiten in Österreich vorgelegt. Den beiden anderen, die eine solche nicht nachweisen hätten können, sei ein mehrsprachiges Niederschriftenformular des Arbeitsinspektorates vorgelegt worden, welches DS, der gewisse Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitze, eigenhändig ausgefüllt habe. DS habe angegeben, für die Firma T für S 12.000,-- monatlich mit einer Arbeitszeit von 7.00 bis 16.00 Uhr als Isolierer gearbeitet zu haben, sein Vorgesetzter wäre der Beschwerdeführer. Er habe dem Arbeitsinspektor Ing. MW auch stolz im Keller die Stellen, an denen er Heizungsrohre isoliert hätte, gezeigt. Die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen DS und NJ seien nicht erwähnt worden, auch seien keine Äußerungen in die Richtung getätigt worden, dass DS seinen Schwager bloß auf der Baustelle besuchen oder abholen würde. Tatsächlich habe er zumindest am Tag der Kontrolle auf der Baustelle der W-Gesellschaft mbH & Co KG gearbeitet.

Der Ablauf der Kontrolle gehe aus den glaubwürdigen Angaben der beiden Arbeitsinspektoren in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde hervor. Mag. CS habe seine Wahrnehmungen vor Ort in unmittelbarer Anwesenheit der Ausländer mit Hilfe eines Diktiergerätes festgehalten, sodass zum Beispiel NJ, der über ausreichende Deutschkenntnisse verfüge, durchaus in der Lage gewesen wäre, etwaige unrichtig festgestellte Sachverhalte aufzuklären.

Die Aussage von NJ, FS und DS, wonach letzterer am Kontrolltag nicht gearbeitet hätte - insbesondere weil er in Marburg gewesen sei - erscheine der belangten Behörde unglaubwürdig. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass NJ und FS vom Unternehmen des Beschwerdeführers, bei dem sie beschäftigt seien, abhängig seien. DS wiederum sei hinsichtlich seines Aufenthaltes in Österreich von seinem Schwager abhängig. Hingegen sei kein Grund erkennbar, weshalb die Arbeitsinspektoren irgendwelche Angaben ihrer Eindrücke erfinden hätten sollen. Die Aussagen von DS und von NJ, DS habe nicht gearbeitet sondern wäre am Abend des 13. Dezember 1996 von Marburg in Graz angekommen, wo er von seinem Schwager NJ auf die Baustelle nur zu Besuchszwecken abgeholt worden wäre, seien nicht glaubwürdig, weil sie sich hinsichtlich des Ortes der Abholung unterschieden. Die Beschäftigung des DS zumindest am Kontrolltag sei somit erwiesen.

Durch die Beschäftigung des DS ohne entsprechende Beschäftigungsbewilligung habe der Beschwerdeführer als verwaltungsrechtlich Verantwortlicher objektiv einen Verstoß gegen das AuslBG zu verantworten.

In subjektiver Hinsicht sei darauf zu verweisen, dass gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge und Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot, oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen sei, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der eintretende Erfolg nicht gehöre und der Täter nicht glaubhaft mache, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Der Beschwerdeführer habe sich zur subjektiven Tatseite nicht geäußert, sondern lediglich das Vorliegen des objektiven Tatbestandes bestritten. Es sei daher davon auszugehen, dass ihm zumindest fahrlässiges Verhalten zur Last zu legen sei, da er nicht dargetan habe, Maßnahmen gesetzt zu haben die geeignet wären, eine unerlaubte Beschäftigung von Ausländern zu verhindern.

Da die illegale Beschäftigung von Ausländern auf gesamtwirtschaftlicher Ebene zu schweren volkswirtschaftlichen Schäden führe, vor allem durch den Entfall von Steuern, Abgaben und Beiträgen zu den Systemen der sozialen Sicherheit, sei das öffentliche Interesse in Bezug auf die Unterbindung von Schwarzarbeit hoch einzuschätzen. Beschäftigungsbewilligungen dürften vom Arbeitsmarktservice nur erteilt werden, wenn Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften zulassen und keine anderen, vor allem inländische Arbeitskräfte zur Verfügung stünden. Gesamtwirtschaftliche Interessen stünden der Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen dann entgegen, wenn durch die damit verbundene Vermehrung des Arbeitskräftepotenzials die Entstehung von Lohndumping und Niedriglohnbranchen zu befürchten seien bzw. der ständige Prozess der Höherqualifizierung des bisherigen inländischen Arbeitskräftepotenzials verhindert werden könnte.

Der Beschwerdeführer habe in nicht unbedeutendem Maße gegen den Schutzzweck der Norm verstoßen, da der verfahrensgegenständliche Ausländer nicht bei der Sozialversicherung angemeldet gewesen sei und dadurch keinen Schutz im Fall von Unfall oder Krankheit gehabt hätte.

Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat komme im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände hinzu. Gemäß § 19 Abs. 2 VStG seien im ordentlichen Verfahren daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen würden, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens sei besonders Bedacht zu nehmen.

Bei der Strafbemessung sei als mildernd nichts zu werten. Der Beschwerdeführer sei entgegen der Auffassung der erstinstanzlichen Behörde nicht einschlägig vorbestraft, jedoch auch nicht verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Erschwerend sei im gegenständlichen Fall die Nichtanmeldung des Ausländers bei der Sozialversicherung zu werten. Als Verschulden sei dem Beschwerdeführer Fahrlässigkeit zur Last zu legen. Bei einem Strafrahmen von S 10.000,-- bis S 60.000,-- erscheine es auf Grund des doch nicht unbedeutenden Verstoßes gegen den Schutzzweck der Norm und auf Grund der mangelnden sozialrechtlichen Absicherung des Ausländers, sowie wegen der günstigen Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers gerechtfertigt, eine höhere als die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe zu verhängen, auch wenn die Beschäftigung nur für einen einzigen Tag nachweisbar gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Bestimmungen des AuslBG i.d.F. nach der Novelle BGBl. Nr. 898/1995 lauten:

"§ 3 (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

...

§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1. wer

a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15 und 4c) ausgestellt wurde, ...

... bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von 10 000 S bis zu 60 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20 000 S bis zu 120 000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20 000 S bis zu 120 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40 000 S bis zu 240 000 S..."

Der Beschwerdeführer bestreitet, dass sein Unternehmen den verfahrensgegenständlichen Ausländer beschäftigt habe. Er bringt vor, dieser wäre am Tag der Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat nur zufällig auf der Baustelle anwesend gewesen und hätte nicht dort gearbeitet. DS hätte zwar das ihm von den Kontrollorganen vorgelegte Formular ausgefüllt, doch sei er von diesen nicht über dessen Sinn und Zweck aufgeklärt worden und hätte es auch mangels ausreichender Deutschkenntnisse bzw. eines Dolmetschers nicht verstanden.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Auch wenn es sich bei den von den Kontrollorganen des Arbeitsinspektorates bei der Kontrolle aufgenommenen, als "Niederschrift" bezeichneten Erhebungsbögen nicht um Niederschriften im Sinne des § 14 AVG handelte, war es der belangten Behörde nicht verwehrt, diese Unterlage als zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet zu betrachten und in ihre Beweiswürdigung miteinzubeziehen (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I, 2. Auflage 1998, unter E 4 a zu § 14 AVG angegebene hg. Rechtsprechung).

Wenn der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde bemängelt, so ist ihm die ständige Rechtsprechung entgegen zu halten, wonach dem Verwaltungsgerichtshof in Ansehung der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung nur insoweit eine nachprüfende Kontrolle obliegt, als die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, also den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, nicht aber dahin, ob ein Akt der Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, dass eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, und etwa das Erkenntnis vom 29. Oktober 1997, Zl. 96/09/0013). In diesem Sinne zeigt die Beschwerde relevante, vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Mängel der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht auf. Die auf Grund eines mängelfreien Verfahrens und einer nachvollziehbaren, in sich schlüssigen Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen halten daher einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof stand.

Nach dem Gesagten liegt - da auch in der Strafbemessung der belangten Behörde keine Rechtswidrigkeit zu erblicken ist - die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.

Wien, am 19. Dezember 2002

Schlagworte

Beweise Grundsatz der Unbeschränktheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999090111.X00

Im RIS seit

29.04.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten