Index
32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;Norm
GebG 1957 §14 TP6 Abs3 idF 1997/I/130;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der W-Eigentumsgemeinschaft in W, vertreten durch die Rechtsanwälte Waldbauer, Paumgarten & Naschberger Partnerschaft in 6332 Kufstein, Josef Egger Straße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 15. September 1999, Zl. RV-460/1-T6/99, betreffend Stempelgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Vergleich vor dem Bezirksgericht Kufstein vom 8. Juli 1998 vereinbarten der damalige Kläger G. und die 44 Miteigentümer der Liegenschaft EZ 801, Grundbuch Wörgl-Kufstein, dass G. aus seinem Grundstück ein Trennstück im Ausmaß von 44 m2 zum vereinbarten Preis von S 55.000,-- an die Eigentümer der benachbarten Liegenschaft EZ 801 entsprechend ihrer grundbücherlichen Anteile verkauft. In einer Eingabe vom 13. Juli 1998, gerichtet an die Bezirkshauptmannschaft Kufstein als Grundverkehrsbehörde, zeigte die Beschwerdeführerin, die sich als Rechtserwerberin bezeichnete, den gegenständlichen Grunderwerb an. Die Bezirkshauptmannschaft genehmigte mit Bescheid vom 15. November 1998 gemäß § 9 Abs. 1 lit. a und 11 Abs. 1 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 diesen Rechtserwerb. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass für die gegenständliche Eingabe S 15.480,-- Stempelgebühr (43 x 360,--) zu entrichten gewesen wäre und war mit der Aufforderung verbunden, die fehlende Stempelgebühr mit einem angeschlossenen Zahlschein an die Bezirkshauptmannschaft Kufstein zu entrichten.
In ihrem an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Innsbruck gerichteten Antrag vom 18. Jänner 1999 brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe für die Anzeige an die Grundverkehrsbehörde nur eine Eingabengebühr von S 360,-- entrichtet und auf Grund der Aufforderung durch die Grundverkehrsbehörde weitere S 15.480,-- nachbezahlt. Sie sei der Auffassung, dass im gegenständlichen Fall nur eine einfache Eingabengebühr zu bezahlen sei. Das Ziel des Antrages sei für alle beteiligten Antragsteller einheitlich gewesen, von einer Kumulierung mehrerer Anträge könne nicht gesprochen werden. Die Beschwerdeführerin ersuchte daher, die unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleisteten S 15.480,-- zu erstatten.
Diesen Antrag wies das Finanzamt mit Bescheid vom 15. Februar 1999 ab. Eine Rechtsgemeinschaft im Sinne des § 7 GebG könne nur angenommen werden, wenn jede von mehreren Personen dasselbe begehrt und jede klaglos erscheine, sobald nur eine befriedigt werde. Es liege kein gemeinschaftlicher Rechtsgrund vor, da es sich um jeweils eigenständige Rechtsgeschäfte handle, die die jeweiligen Miteigentümer mit dem Veräußerer abgeschlossen hätten.
In ihrer dagegen erstatteten Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, es liege eine Rechtsgemeinschaft im Sinne des § 7 GebG dann vor, wenn der Wille der Miteigentümer auf dasselbe Ziel gerichtet sei, was bei der Erlangung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung jedenfalls zu bejahen sei. In der Eingabe an die Grundverkehrsbehörde seien nicht mehrere selbstständige Amtshandlungen begehrt worden. Das kaufgegenständliche Trennstück von 44 m2 hätte nur einheitlich aus dem einen Grundstück abgeschrieben und dem anderen Grundstück zugeschrieben werden können. Eine unterschiedliche Entscheidung in Bezug auf einzelne Miteigentümer der Käufergemeinschaft sei rechtlich undenkbar.
Nach abweisender Berufungsvorentscheidung durch das Finanzamt beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage ihres Rechtsmittels an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung als unbegründet ab. Sie verwies darauf, dass im vorliegenden Vergleich G. den namentlich angeführten 44 Wohnungseigentümern das Trennstück entsprechend ihren im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteilen zum Preis von ATS 55.000,-- verkauft hat. Es lägen daher 44 unabhängige Erwerbsvorgänge vor, die zusammengefasst in einer Schrift zur grundverkehrsbehördlichen Anzeige gebracht worden seien. Es sei zwar die Beschwerdeführerin formell als Antragstellerin bei der Bezirkshauptmannschaft Kufstein aufgetreten, sie habe aber in ihrem Antrag selbst ausgeführt, sie gehe davon aus, dass im gegenständlichen Fall die Vorlage von Staatsbürgerschaftsnachweisen nicht erforderlich sei. Der Rechtserwerb sei auch deshalb genehmigt worden, weil die Erwerber österreichische Staatsangehörige seien; hinsichtlich einzelner Erwerbsvorgänge hätte bei Nichtvorliegen der österreichischen Staatsbürgerschaft abweisend entschieden werden können. Daher sei weder vom Vorliegen einer Rechtsgemeinschaft noch von einem gemeinsamen Rechtsgrund auszugehen. Bezüglich des Verfahrens vor der Grundverkehrsbehörde komme auch § 13c WEG nicht zur Anwendung, weil es um den Erwerb einzelner Anteile, und nicht um die Verwaltung einer Liegenschaft gegangen ist.
In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Anwendung des § 7 GebG und damit einfache Vorschreibung der Eingabengebühr betreffend den Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung der Vergleichsausfertigung des BG Kufstein vom 8. Juli 1998 verletzt. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass auch der Verwaltungsgerichtshof die Parteifähigkeit der Beschwerdeführerin und deren Legitimation zur Beschwerdeführung bejaht. Das vorliegende Verfahren vor der Abgabenbehörde wurde durch den Antrag der Beschwerdeführerin vom 18. Jänner 1998 auf Rückzahlung der von der Beschwerdeführerin geleisteten Eingabengebühr in Höhe von S 15.480,-- eingeleitet. Diese Rückforderung ist als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung (Geschäftsführung) der Liegenschaft anzusehen, sodass der Beschwerdeführerin gemäß § 13c WEG 1975 Rechtspersönlichkeit zukommt.
Die hier heranzuziehenden Bestimmungen des Gebührengesetzes 1957 in der zuletzt durch das BGBl. I Nr. 130/1997 geänderten Fassung lauten:
"§ 7. Besteht zwischen zwei oder mehreren Personen eine solche Rechtsgemeinschaft, dass sie in Bezug auf den Gegenstand der Gebühr als eine Person anzusehen sind oder leiten sie ihren Anspruch oder ihre Verpflichtung aus einem gemeinschaftlichen Rechtsgrund ab, so ist die Gebühr nur im einfachen Betrage zu entrichten.
§ 14. Tarife der festen Stempelgebühren für Schriften und Amtshandlungen.
Tarifpost 6 Eingaben
(3) Der erhöhten Eingabengebühr von 360 S unterliegen Anzeigen an die Grundverkehrskommission (Grundverkehrsbehörde, Grundverkehrs-Ortskommission, Grundverkehrs-Landeskommission) betreffend den Rechtserwerb an Grundstücken sowie Anträge, die Übertragung des Eigentums oder die Einräumung des Fruchtgenussrechtes oder die Verpachtung zuzulassen."
Der hier zu beurteilende Sachverhalt ist ohne Weiteres mit jenem zu vergleichen, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. Mai 1961, VwSlg. 2.449/F (wiedergegeben als E 115 bei Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren6, zu § 14 TP 6 GebG) entspricht. Damals haben die (also mehrere) Beschwerdeführer mit Kaufvertrag Grundstücke von einer Verkäuferin "käuflich zu Miteigentum" erworben und bei der Bezirksgrundverkehrskommission den Antrag gestellt, die Übertragung zu genehmigen. Der Verwaltungsgerichtshof führte damals zu diesem Sachverhalt aus, dass auf Grund dieses Vertrages die Verkäuferin verpflichtet war, allen drei Beschwerdeführern zusammen das - allerdings nach quotenmäßigen Anteilen - geteilte Eigentum an den Grundstücken zu verschaffen. Das von der belangten Behörde im vorliegenden Fall als wesentlich erachtete Kriterium, wonach das Eigentum zu Quoten an die einzelnen Miteigentümer aufgeteilt ist, lag also auch beim genannten Sachverhalt vor. Der Verwaltungsgerichtshof führte damals aus, dass unter einer Rechtsgemeinschaft im Sinne des § 7 GebG nicht bloß eine dingliche Gemeinschaft des Eigentumsrechtes verstanden werden könne, sondern dass dann, wenn mehrere Personen im gegenseitigen Einvernehmen eine Sache kaufen, die sie gemeinsam besitzen, benützen und verwerten wollen, dieses gegenseitige Einvernehmen unter ihnen eine Rechtsgemeinschaft und nicht bloß eine Interessengemeinschaft bildet. Wenn sie daher in einer gemeinschaftlichen Eingabe an die Grundverkehrskommission um Zulassung ansuchen, dann treten sie der Grundverkehrskommission gegenüber schon als Rechtsgemeinschaft auf und stehen in Bezug auf den Gegenstand ihres Ansuchens auf Grund ihrer gegenseitigen Einigung und des auf Grund dieser Einigung und des auf Grund dieser Einigung abgeschlossenen gemeinsamen Erwerbsgeschäftes in Rechtsgemeinschaft.
Dem ist im vorliegenden Fall nichts hinzuzufügen, zumal der § 7 GebG seit seiner Stammfassung unverändert geblieben ist. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Auf Basis der zitierten Rechtssprechung konnte die Entscheidung in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 19. Dezember 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999160348.X00Im RIS seit
24.04.2003