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L34009 Abgabenordnung Wien;Norm
BAO §198;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des W in W (Schweiz), vertreten durch Dr. Christoph Schneider, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, Bahnhofstraße 8a, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 26. September 2002, Zl. ABK - S 53/98, betreffend Haftung für Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem vorgelegten Bescheid ergibt sich Folgendes:
Der Beschwerdeführer sei mit Bescheid des Magistrates der Bundeshauptstadt Wien vom 15. Juli 1998 in seiner Eigenschaft als ehemaliger Geschäftsführer der Villa GaststättenbetriebsgmbH für die im Zeitraum September 1995 bis Jänner 1997 entstandenen Rückstände an Vergnügungssteuer dieser GmbH zur Haftung herangezogen worden.
In der Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, der Abgabenrückstand sei nicht uneinbringlich. Der Abgabenbescheid sei beim Verfassungs- bzw. Verwaltungsgerichtshof angefochten worden, zumal die gegenständliche Vergnügungssteuer gegen die Mehrwertsteuerrichtlinie der EU verstoße.
Mit dem angefochtenen Bescheid habe die belangte Behörde der Berufung keine Folge gegeben. Sie habe die Bezeichnung der Primärschuldnerin durch den Zusatz "in Liquidation" präzisiert und habe den Haftungsbetrag in Euro angegeben.
Im Erwägungsteil ist zu lesen, auf Grund des Berufungsvorbringens habe sie das Verfahren bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über den Abgabenbescheid ausgesetzt. Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom 31. Oktober 2000, 98/15/0033, die Beschwerde gegen den Abgabenbescheid als unbegründet abgewiesen. In diesem Erkenntnis sei ausgeführt worden, dass die Erhebung der gegenständlichen Abgabe dem Artikel 33 der sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie nicht widerspreche. Der Verwaltungsgerichtshof habe darüber hinaus einen Verstoß gegen die Verbrauchsteuerrichtlinie verneint. Die Abgabenforderungen stünden sohin auf Grund des rechtskräftigen Abgabenbescheides fest.
Ebenso stehe fest, dass sämtliche Einbringungsversuche gegenüber der Primärschuldnerin erfolglos geblieben seien und die GmbH mittlerweile infolge rechtskräftiger Abweisung eines Konkursantrages mangels kostendeckenden Vermögens amtswegig gelöscht worden sei. Daraus erhelle, dass die Abgabenrückstände bei der GmbH nicht oder zumindest nur erschwert einbringlich seien.
Die übrigen Haftungsvoraussetzungen seien unbestritten und aus nachfolgenden Gründen als erfüllt anzusehen. Der Beschwerdeführer sei laut Firmenbuchauszug vom 12. Dezember 1995 bis zur Auflösung der Gesellschaft deren Geschäftsführer bzw. ab 4. November 1998 deren Liquidator. Er gehöre somit zu dem im § 54 Abs. 1 WAO angeführten Personenkreis.
Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ergebe sich aus der Missachtung der Vorschriften über den Zeitpunkt der Entrichtung der angeführten Abgaben, wonach der Abgabenpflichtige für jeden Monat längstens bis zum 15. des darauf folgenden Monats den Abgabenbetrag an die Bundeshauptstadt Wien zu entrichten habe. Nach der Rechtsprechung (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. September 1954, Slg. Nr. 1003/F), sei es Aufgabe des Geschäftsführers, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei. Weiters müsse sich der Geschäftsführer nach der Judikatur (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 10. Juli 1989, 89/15/0021, und vom 25. Juni 1990, 89/15/0159) bei Übernahme seiner Tätigkeit darüber unterrichten, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene Gesellschaft bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen sei. Ein Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer von den Abgabenrückständen der Gesellschaft ohne sein Verschulden keine Kenntnis gehabt habe, habe der Beschwerdeführer nicht erstattet, weshalb er für die vor seiner Bestellung entstandenen Abgabenrückstände ebenso haftbar sei, wie für jene Rückstände, die in seine alleinige Funktionsperiode als Geschäftsführer bzw. Liquidator fielen. Mangels konkreten Sachvorbringens sei nach der angeführten Judikatur von einer schuldhaften Pflichtverletzung bei der Erfüllung der Abgabenverpflichtungen auszugehen. Habe der Vertreter der Abgabepflichtigen aber schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so dürfe die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit gewesen sei.
Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit. Bei Abstandnahme von der Haftung würde der Abgabengläubiger seines Anspruches verlustig gehen. Im Übrigen spreche nichts dafür, dass es unbillig sei, dass ein Geschäftsführer, der seine abgabenrechtlichen Pflichten verletze, zur Haftung herangezogen werde, andernfalls würden jene Abgabenpflichtigen und ihre Vertreter, die ihre Pflichten erfüllen, im wirtschaftlichen Wettbewerb benachteiligt. Bei der Ausübung des Auswahlermessens sei davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer für die Nichtentrichtung jener Abgabenschulden, die bereits vor seiner Bestellung während der Funktionsperiode seines Vorgängers entstanden seien, keine geringere Verantwortlichkeit treffe, weil er ausreichend Zeit gehabt habe, die fortdauernden Abgabenschuldigkeiten dieser Periode festzustellen und zu begleichen. Gründe, die ihn daran gehindert hätten, seien nicht hervorgekommen. Es sei daher kein Grund evident, den Beschwerdeführer von der Haftung zu entbinden.
Die Präzisierungen im Spruch seien auf Grund des aktuellen Firmenbuchauszuges und der am 1. Jänner 2002 erfolgten Währungsumstellung vorzunehmen gewesen.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht zur Haftung für die Zahlung der Vergnügungssteuer der Primärschuldnerin herangezogen zu werden, verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 54 Abs. 1 WAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 7 Abs. 1 WAO haften die in den §§ 54 ff leg. cit. bezeichneten Vertreter und sonstigen Verpflichteten neben den Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern und sonstigen Verpflichteten auferlegten Pflichten, sei es abgabenrechtlicher oder sonstiger Pflichten, bei den Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung.
Der Beschwerdeführer macht geltend, weder der erstinstanzliche noch der angefochtene Bescheid ließen erkennen, für welche Vergnügungssteuern der Primärschuldnerin der Beschwerdeführer haften solle und mit welchem Bescheid diese festgesetzt worden seien.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht nur auf sein im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen, wonach er den Abgabenbescheid beim Verfassungs- bzw. Verwaltungsgerichtshof angefochten habe, sondern auch auf den Spruch des nunmehr angefochtenen Bescheides zu verweisen, wonach er für die in der Zeit vom September 1995 bis Jänner 1997 entstandene Vergnügungssteuer der Primärschuldnerin im Betrag von S 3.026.949,-
- in Anspruch genommen wird. Dem Haftungsbescheid geht somit ein rechtskräftiger Abgabenbescheid voraus. Die belangte Behörde ist in diesem Falle aber an den Abgabenbescheid gebunden und hat sich in ihrer Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung an den Abgabenbescheid zu halten (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2001, 2001/13/0127).
Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde habe zu ermitteln, in welcher Höhe Abgabenschulden allenfalls uneinbringlich sein werden. Die belangte Behörde habe nur lapidar ausgeführt, der Abgabenrückstand sei wegen offensichtlicher Zahlungsschwierigkeiten uneinbringlich, und es seien sämtliche Einbringungsversuche erfolglos geblieben, weil die "Firma" von Amts wegen gelöscht worden sei. Auch nach amtswegiger Löschung der GmbH stehe noch nicht fest, dass die Abgaben nicht ohne Schwierigkeiten einbringlich gemacht werden könnten.
Auch mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die belangte Behörde führte zur Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung bei der Primärschuldnerin aus, es seien sämtliche Einbringungsversuche gegenüber der Primärschuldnerin erfolglos geblieben und mittlerweile sei ein Konkursantrag mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig abgewiesen worden. Der letztgenannte Umstand bleibt in der Beschwerde unbestritten. Nach ständiger Judikatur (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2000, 95/14/0090) ergibt sich aus der Tatsache der Ablehnung eines Konkursantrages mangels Deckung der Kosten des Konkursverfahrens zweifelsfrei, dass offene Abgaben bei einer davon betroffenen GmbH nicht mehr einbringlich sind.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Wien, am 19. Dezember 2002
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002150187.X00Im RIS seit
29.04.2003