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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §69 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik über die Beschwerde des S in S, vertreten durch Mag. Stefan Binder, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Eisenhowerstraße 40, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer für Berufsschulen beim Amt der Oö. Landesregierung vom 8. Oktober 2001, Z. Bi-030002/3- 2001-Bra/Vo, betreffend Wiederaufnahme eines Disziplinarverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des vorliegenden Beschwerdefalles ist zwecks Vermeidung umfangreicher Wiederholungen auf die den Verfahrensparteien bekannten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. September 1989, Zl. 89/09/0034, vom 18. Oktober 1990, Zl. 90/09/0039, und vom 26. Juni 1991, Zl. 90/09/0064, zu verweisen, mit welchen jeweils Beschwerden gegen Bescheide betreffend die negative Leistungsfeststellung hinsichtlich der Schuljahre 1986/87, 1987/88 und 1988/89 abgewiesen worden waren (lediglich der das Schuljahr 1988/89 betreffende Bescheid vom 29. März 1990 war zunächst mit dem Erkenntnis vom 22. November 1990, Zl. 90/09/0084, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden).
Mit Beschluss vom 26. März 1990 war über den Beschwerdeführer (wegen beharrlicher Weigerung der Weisungsbefolgung) ein (weiteres) Disziplinarverfahren zu GZ. Zl. 3-DK-1307/13-1990, eingeleitet worden.
Mit Mitteilung vom 10. April 1990 wurde dem Beschwerdeführer bekannt gegeben, dass gemäß § 18 LDG 1984 der Landeslehrer, über den für drei aufeinanderfolgende Schuljahre die Feststellung getroffen worden sei, dass er den zu erwartenden Arbeitserfolg trotz Ermahnung nicht aufweise, mit Rechtskraft der Feststellung für das dritte Schuljahr entlassen sei. Gemäß § 87 Abs. 2 LDG 1984 gelte das Disziplinarverfahren als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten ende. Die angeordnete (Disziplinar-)Verhandlung sei daher abzuberaumen gewesen.
Mit Eingabe vom 6. Februar 2001 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme seines Disziplinarverfahrens, Zl. 3-DK-1307/13-1990, gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG und mit Eingabe vom 15. März 2001 die bescheidmäßige Ausfertigung deren Ablehnung.
Mit Bescheid vom 18. April 2001 wies die Disziplinarkommission für Landeslehrer für Berufsschulen beim Landesschulrat für Oberösterreich diesen Antrag im Wesentlichen mit der Begründung zurück, bei der Miteilung vom 10. April 1990 habe es sich nicht um einen Bescheid gehandelt, sondern lediglich um die Mitteilung, dass das Disziplinarverfahren ex lege infolge Beendigung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers als eingestellt zu gelten habe. Außerdem sei die in § 85 Abs. 2 LDG 1984 genannte 10-Jahres-Frist im Zeitpunkt der Antragstellung bereits abgelaufen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde dieser Berufung keine Folge gegeben und der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG bestätigt. Begründend führte die belangte Behörde aus, nach § 87 Abs. 2 LDG 1984 gelte ein Disziplinarverfahren als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten ende. Da über den Beschwerdeführer über drei aufeinanderfolgende Jahre (1986/87, 1987/88 und 1988/89) die Feststellung getroffen worden sei, dass er den zu erwartenden Arbeitserfolg nicht aufgewiesen habe, sei der Genannte mit Rechtskraft der Feststellung für das dritte Schuljahr entlassen gewesen. Das mit Beschluss der Disziplinarbehörde erster Instanz vom 26. März 1990 eingeleitete Disziplinarverfahren gelte somit mit Rechtskraft des Erkenntnisses, mit welchem der nicht erbrachte Arbeitserfolg im Schuljahr 1988/89 festgestellt worden sei, auf Grund des § 87 Abs. 2 LDG 1984 ex lege als eingestellt. Das Schreiben der Disziplinarbehörde erster Instanz vom 10. April 1990 habe lediglich auf diesen Umstand hingewiesen und somit bloß erklärenden Charakter gehabt. Eine bescheidmäßige Einstellung des Verfahrens habe schon allein Grund der vorstehend angeführten Rechtslage nicht zu erfolgen gehabt. Der Beschwerdeführer habe sich in seinem Wiederaufnahmeantrag auf dieses Schreiben vom 10. April 1990 gestützt. Nach § 69 AVG sei einem Antrag auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens bei Vorliegen bestimmter Sachverhalte statt zu geben. Da das Disziplinarverfahren, auf das sich der Wiederaufnahmeantrag beziehe, ex lege als eingestellt zu gelten habe und somit nicht mit Bescheid abgeschlossen worden sei, habe im Sinne des § 69 AVG dem Antrag auf Wiederaufnahme nicht Rechnung getragen werden können. Die Zurückweisung durch die Disziplinarbehörde erster Instanz sei daher zu Recht erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Wiederaufnahme des Disziplinarverfahrens und Abführung eines ordentlichen Disziplinarverfahrens verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 18 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 302/1984 (LDG 1984), ist der Landeslehrer, über den für drei aufeinanderfolgende Schuljahre die Feststellung getroffen worden ist, dass er den von ihm zu erwartenden Arbeitserfolg trotz Ermahnung nicht aufweist, mit Rechtskraft der Feststellung für das dritte Schuljahr entlassen.
Gemäß § 87 Abs. 2 LDG 1984 gilt das Disziplinarverfahren als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten endet.
Nach § 69 Abs. 1 AVG 1991, BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998, ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.
Nach Abs. 2 leg. cit. ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
Nach § 85 Abs. 2 LDG 1984, in der Fassung BGBl. Nr. 688/1991 ist § 69 Abs. 2 und 3 des AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass die mit drei Jahren festgesetzten Fristen im Disziplinarverfahren zehn Jahre betragen.
Dass der Beschwerdeführer mit Rechtskraft der dritten, mit (Ersatz-)Bescheid vom 26. Februar 1991 getroffenen Feststellung des mangelnden Arbeitserfolges entlassen war, stellt er selbst nicht in Abrede. Mit der Entlassung endet das öffentlichrechtliche Dienstverhältnis zum ehemaligen Beamten (hier: Landeslehrer) ex lege. Eines Bescheides bedarf es zum Ausspruch der Entlassung ebenso wenig wie zur Herbeiführung der in § 87 Abs. 2 LDG 1984 normierten Sanktion. Damit fehlt es aber an der Voraussetzung des § 69 Abs. 1 AVG, dass nur ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens sein kann. Die Wiederaufnahme des Verfahrens hat den Zweck, ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren, dem besondere Mängel anhaften, aus den im Gesetz erschöpfend aufgezählten Gründen aus der Welt zu schaffen und die Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Sie soll ein bereits abgeschlossenes Verfahren wieder eröffnen, einen Prozess, der durch einen rechtskräftigen Bescheid bereits einen Schlusspunkt erreicht hat, erneut in Gang bringen. Diese Zweckdefinition macht aber auch deutlich, dass die Wiederaufnahme kein Aufrollen eines ex lege beendeten Verfahrens zum Gegenstand haben kann.
Insofern der Beschwerdeführer meint, das Schreiben vom 10. April 1990 sei als Bescheid zu qualifizieren, so ist ihm entgegen zu halten, dass diesem Schreiben alle Merkmale des § 58 AVG fehlen. Es ist weder als Bescheid bezeichnet noch bringt es einen rechtsgestaltenden behördlichen Willen zum Ausdruck. Vielmehr erschöpft es sich in einer Rechtsbelehrung und der Mitteilung von der Abberaumung der angeordneten Disziplinarverhandlung.
Eine Verletzung in den vom Beschwerdeführer geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Rechten kann daher nicht gefunden werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 19. Dezember 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001090200.X00Im RIS seit
01.04.2003