TE Vwgh Erkenntnis 2002/12/20 2001/02/0068

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Veröffentlicht am 20.12.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §69 Abs1 Z2;
VStG §24;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des K in K, vertreten durch Mag. Thomas di Vora, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Lendgasse 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 12. Dezember 2000, Zl. KUVS-K1-1393/10/99, betreffend Wiederaufnahme eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 99/02/0220, verwiesen. Mit diesem hat der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 4. Juni 1999, Zl. KUVS-K1-228-230/6/99, betreffend Übertretungen arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften als unbegründet abgewiesen.

Mit seinem am 10. November 1999 beim Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt eingelangten Antrag begehrte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme dieses, mit dem erwähnten Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten abgeschlossenen Verfahrens.

Auf Grund der dem Verwaltungsstrafverfahren zu Grunde liegenden Anzeige des Arbeitsinspektorates sei gegen den verantwortlichen Polier ein Strafverfahren vor dem Bezirksgericht Leoben abgeführt worden; in diesem sei der Polier nach Einholung eines Bausachverständigen-Gutachtens in der Verhandlung vom 19. Oktober 1999 freigesprochen worden. Insbesondere auf Grund des Gutachtens sei hervorgekommen, dass die Tatsache der Nichteinbindung der umgestürzten Mauer in die Innenmauer keinerlei Auswirkungen auf den gegenständlichen Arbeitsunfall gehabt habe. Die Durchschrift des Protokolls der Hauptverhandlung sei dem Polier am 29. Oktober 1999 zugestellt worden; der Beschwerdeführer habe am 5. November 1999 von dem als Wiederaufnahmsgrund geltend gemachten Sachverhalt Kenntnis erlangt.

Aus dem Sachverständigengutachten im gerichtlichen Strafverfahren ergebe sich, dass die Stützung der Mauer ausreichend stabil gewesen wäre, hätte der "verunfallte" Dienstnehmer als ausgebildeter Maurer die Arbeiten so ausgeführt, wie sie ihm aufgetragen worden seien; bei ordnungsgemäßer Durchführung der Arbeiten wäre die Mauer nicht umgestürzt. So jedoch, wie der "verunfallte" Arbeitnehmer die Rostziegel herausgestemmt habe, nämlich mehr als dreimal so tief wie er beauftragt gewesen sei, wäre die Mauer jedenfalls umgefallen, auch wenn sie ordnungsgemäß in die hintere Quermauer eingebunden gewesen wäre.

Die im Verwaltungsstrafverfahren dem Beschwerdeführer vorgeworfene nicht sach- und fachgerechte Errichtung der Mauer, insbesondere das Unterlassen von Abstützungen sei sohin nicht unfallskausal gewesen. Unfallskausal sei hingegen die weisungswidrige Vorgangsweise des Dienstnehmers verbunden mit der technisch unrichtigen Ausführung der aufgetragenen Arbeit gewesen, wobei jedoch der Dienstnehmer auf Grund seiner Ausbildung und auf Grund der durchgeführten Tätigkeiten bei anderen Balkonen genau hätte wissen müssen, wie die ihm aufgetragene Arbeit auszuführen gewesen wäre. Auf Basis der - so der Wiederaufnahmeantrag weiter - nachträglich hervorgekommenen Tatsachenfeststellungen wäre der Beschwerdeführer "insbesondere" zu Punkt 1. nicht schuldig zu erkennen gewesen, die zu geringe Arbeitsfläche und die Nichtanbringung eines Schutzgerüstes hätten sich auch auf die Verletzungen des Arbeitnehmers nicht "vergrößernd bzw. verschlechternd" ausgewirkt. Der Mangel eines Schutzgerüstes hätte im Gegenteil schadensmindernde Auswirkungen gehabt, da im Falle des Liegenbleibens der Gesamtmauer auf dem Schutzgerüst mit noch schwereren Verletzungen des "verunfallten" Arbeitnehmers zu rechnen gewesen wäre.

Die belangte Behörde gab mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom 12. Dezember 2000 dem Antrag auf Wiederaufnahme nicht statt.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit seinem Beschluss vom 26. Februar 2001, B 165/01-4, die Behandlung der dagegen zunächst an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - ergänzte - Beschwerde erwogen:

Nach § 69 Abs. 1 Z. 2 des gemäß § 24 VStG hier anzuwendenden AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Parteien nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Der Beschwerdeführer bringt - wie erwähnt - in seinem Wiederaufnahmsantrag vor, der im gerichtlichen Verfahren beigezogene Sachverständige sei zu dem Schluss gekommen, die Mauer wäre auch dann umgefallen, wenn sie ordnungsgemäß in die hintere Quermauer eingebunden worden wäre, es seien daher Schutzvorrichtungen bzw. Schutzmaßnahmen getroffen gewesen, um einen möglichst wirksamen Schutz des Lebens und der Gesundheit von Arbeitnehmern zu gewährleisten.

Die belangte Behörde hält dem entgegen, dass für das verurteilende Erkenntnis im wiederaufzunehmenden Verfahren das fehlende Kontrollsystem des Beschwerdeführers maßgebend gewesen sei; es hätte keines Unfalls bedurft, um den Beschwerdeführer zu belangen, das vom Beschwerdeführer als Wiederaufnahmsgrund ins Treffen geführte Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen sei daher nicht geeignet, einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeizuführen.

Dies trifft zu. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits erwähnten Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 99/02/0220, näher dargelegt hat, begründet im gegebenen Zusammenhang das fehlende Kontrollsystem die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers. Damit ist aber klargestellt, dass das gerichtliche Sachverständigengutachten keine Tatsache und auch kein Beweismittel ist, das allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches des wiederaufzunehmenden Verfahrens anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Soweit der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof (vgl. insbesondere seine Äußerung vom 2. August 2001) noch vorbringt, der Sachverständige im gerichtlichen Verfahren habe die Ansicht vertreten, die Tatsache des Nichtkontrollierens des Arbeitnehmers während einer Tätigkeit von maximal 40 bis 45 Minuten könne dem Beschwerdeführer nicht als Versagen seines Kontrollsystems vorgeworfen werden, genügt es darauf zu verweisen, dass es sich hiebei um eine Rechtsfrage handelt, die im gegebenen Zusammenhang allein von den Verwaltungsstrafbehörden zu lösen ist.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. Dezember 2002

Schlagworte

Neu hervorgekommene entstandene Beweise und Tatsachen nova reperta nova producta Wiederaufnahme des Verfahrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001020068.X00

Im RIS seit

01.04.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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