TE Vwgh Erkenntnis 2002/12/20 2001/05/0147

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Veröffentlicht am 20.12.2002
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
98/04 Wohnungsgemeinnützigkeit;

Norm

AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WGG 1979 §10a Abs1 lita;
WGG 1979 §10a;
WGG 1979 §31;
WGG 1979 §33 Abs2;
WGG 1979 §35 Abs2;
WGG 1979 §6 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. König, über die Beschwerde der W, gemeinnützige Gesellschaft m. b. H. in 1050 Wien, vertreten durch Dr. Karl Schleinzer, MMag. Dr. Ernst Denk, Dr. Roderich Jakobi, Mag. Dr. Günther Kaufmann, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Führichgasse 6, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 27. Februar 2001, Zl. MA 50-G 5/1/01/Sa, betreffend Zustimmung zum Erwerb von Anteilen gemäß § 10a WGG (mitbeteiligte Partei:

Gemeinnützige allgemeine Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft reg. Gen. m. b. H. in Wien, vertreten durch Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10) zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Notariatsakten je vom 10. Jänner 2001 haben die Stadtgemeinde Mürzzuschlag und die Stadtgemeinde Bruck an der Mur als Gesellschafterinnen der Beschwerdeführerin mit je einem Geschäftsanteil, entsprechend einer voll und bar einbezahlten Stammeinlage im Betrag von je S 1.000,- diesen Geschäftsanteil um einen Abtretungspreis von je S 1.000,- entsprechend den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes an die mitbeteiligte Partei abgetreten und zwar mit allen Rechten und Pflichten, welche ihnen bezüglich ihres Geschäftsanteiles zustehen beziehungsweise obliegen. Die mitbeteiligte Partei erklärte in diesem Notariatsakt die Vertragsannahme. Als Tag des Überganges aller mit den Geschäftsanteilen verbundenen Rechte und Verbindlichkeiten auf die Übernehmerin wurde der 29. Dezember 2000 vereinbart.

Mit der an das Amt der Wiener Landesregierung, MA 50, gerichteten Eingabe vom 10. Jänner 2001 beantragte die mitbeteiligte Partei die behördliche Zustimmung zu den erwähnten Abtretungsverträgen mit dem Hinweis, gemäß § 10a WGG 1979 bedürfe ein derartiger Rechtsvorgang der Zustimmung der Wiener Landesregierung.

Nach Einholung einer Stellungnahme der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Partei im Sinne des § 33 Abs. 2 WGG 1979 und einer Stellungnahme des Österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen Revisionsverband stellte die Magistratsabteilung 50 im Sinne der Vollzugsbestimmungen des Artikel IV Abs. 2 Z. 4 WGG 1979 am 16. Jänner 2001 an die belangte Behörde den Antrag zur folgenden Beschlussfassung:

"Die beantragte Zustimmung zum Erwerb des von der Stadtgemeinde Mürzzuschlag sowie des von der Stadtgemeinde Bruck an der Mur gehaltenen Geschäftsanteiles an der Wohnbaugesellschaft der Österreichischen Bundesbahnen gemeinnützige Gesellschaft m. b. H. mit dem Sitz in Wien 5, Margaretengürtel 38-40 zum Nominale von jeweils ATS 1.000,-- durch die Gemeinnützige allgemeine Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft, reg. Gen. m. b. H. wird gemäß § 10a WGG 1979 i.d.F.d.

Budgetbegleitgesetzes 2001 (BGBl. I Nr. 142/2000) erteilt."

In diesem Antrag wurde ausgeführt, das Stammkapital der Beschwerdeführerin betrage derzeit S 55,000.000,--, welches zu Gänze einbezahlt sei. Neben den schon genannten Stadtgemeinden sei derzeit die Republik Österreich Gesellschafterin mit einem Geschäftsanteil von S 54,998.000,--.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid fasste die belangte Behörde wie beantragt den Beschluss. Eine Begründung entfiel gemäß § 58 Abs. 2 AVG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Zur Beschwerdelegitimation wird ausgeführt, der Beschwerdeführerin käme Parteistellung zu, weil sie vom angefochtenen Bescheid direkt betroffen werde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den Bescheid in dem Recht verletzt,

"dass ohne Vorliegen der Zustimmung des Aufsichtsrates sowie der Generalversammlung die beantragte Zustimmung zum Erwerb des von der Stadtgemeinde Mürzzuschlag sowie des von der Stadtgemeinde Bruck/Mur gehaltenen Geschäftsanteils am Beschwerdeführer gemäß § 10a Abs. 1 WGG 1979 idFd Budgetbegleitgesetzes 2001 (BGBl I Nr. 142/2000) nicht erteilt werden darf."

Zum Sachverhalt wird in der Beschwerde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin erstmals mit Zustellung des angefochtenen Bescheides am 5. März 2001 mit dem gegenständlichen Verfahren befasst worden sei. Sie habe keine Möglichkeit zur Stellungnahme zu den vereinbarten Abtretungen eingeräumt erhalten. Die belangte Behörde habe nämlich kein Ermittlungsverfahren zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchgeführt. Die Beschwerdeführerin sei mangels Abgabe einer Erklärung für die Beibehaltung der Gemeinnützigkeit gegenüber der Landesregierung bis 31. März 2001 eine in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft errichtete gemeinnützige Bauvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 1 WGG 1979 gewesen. Ihr Gesellschaftsvertrag vom 7. Oktober 1998 entspräche gemäß § 4 WGG 1979 diesem Bundesgesetz und bestimme in § 3 Abs. 4, dass die Abtretung von Geschäftsanteilen oder Teilen eines Geschäftsanteils nur unter Beachtung der § 9 und § 10a WGG 1979 zulässig sei. Gemäß § 12 WGG 1979 sei ein mindestens aus drei Mitgliedern bestehender Aufsichtsrat eingerichtet, dessen Funktionen in den §§ 8 und 9 des Gesellschaftsvertrages geregelt seien. § 9 Abs. 2 lit. a des Gesellschaftsvertrages bestimme, dass die im § 6 genannten Geschäfte der Beschlussfassung des Aufsichtsrates unterliegen, wovon in Entsprechung des § 6 Abs. 3 WGG 1979 die Übertragung von Geschäftsanteilen an der Gesellschaft erfasst seien. Überdies sei im § 14 (neu) des Gesellschaftsvertrages im Hinblick auf eine Abtretung von Geschäftsanteilen die Zustimmung der Generalversammlung erforderlich. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides sei weder die Zustimmung des Aufsichtsrates noch der Generalversammlung vorgelegen, vielmehr sei in der Sitzung des Aufsichtsrates der Beschwerdeführerin am 5. Jänner 2001 ein ablehnender Beschluss der gegenständlichen Abtretungen gefasst worden. Am 23. Jänner 2001 habe eine außerordentliche Generalversammlung der Beschwerdeführerin stattgefunden, welche eine Änderung des § 14 des Gesellschaftsvertrages zur Übertragung von Geschäftsanteilen und die Änderungen im Aufsichtsrat zum Inhalt gehabt habe. Die Anträge seien bei einer Vertretung von 99,9982% des gesamten Stammkapitals mit jeweils 54.998 Pro-Stimmen gegen 1 Gegenstimme angenommen worden. Die übertragenden Gesellschafter hätten jeweils am 23. bzw. 28. Februar 2001 Klage wegen Nichtigerklärung dieser Beschlüsse eingebracht. Die Rechtsstreite seien noch anhängig.

Inhaltlich rechtswidrig sei der angefochtene Bescheid, weil auf Grund allgemeiner Rechtsgrundsätze bei Zustimmung die Landesregierung im Rahmen ihrer Aufsichtsfunktion nach dem WGG 1979 auf die gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen - dabei insbesondere auf die bereits ex lege erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrates zur Abtretung von Geschäftsanteilen - Bedacht nehmen hätte müssen; dies habe die belangte Behörde trotz Kenntnis des § 6 Abs. 3 WGG 1979 gesetzwidrig unterlassen. Der Behörde sei in Anwendung des § 10a WGG 1979 kein Ermessen eingeräumt. Ausgehend von einer Parteistellung der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren habe die belangte Behörde gegen § 37 und § 58 Abs. 2 AVG verstoßen. Der Beschwerdeführerin sei auch kein Parteiengehör gewährt worden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Gesetzesbestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes BGBl. Nr. 139/1979 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 142/2000 haben folgenden Wortlaut:

"ARTIKEL I

Gegenstand und Anwendungsbereich des Gesetzes

§ 1. (1) Bauvereinigungen in der Rechtsform einer Genossenschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung und einer Aktiengesellschaft, die ihren Sitz im Inland haben, sind von der Landesregierung als gemeinnützig anzuerkennen, wenn sie die in den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes vorgesehenen Bedingungen erfüllen.

(2) Bauvereinigungen, die auf Grund dieses Bundesgesetzes als gemeinnützig anerkannt wurden, haben ihre Tätigkeit unmittelbar auf die Erfüllung dem Gemeinwohl dienender Aufgaben des Wohnungs- und Siedlungswesens zu richten, ihr Vermögen der Erfüllung solcher Aufgaben zu widmen und ihren Geschäftsbetrieb regelmäßig prüfen und überwachen zu lassen. Auf gemeinnützige Bauvereinigungen finden die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, keine Anwendung.

Mindestanzahl der Genossenschafter und Mindestkapital

§ 6. …

(3) Die Übertragung von Geschäftsanteilen an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder die Übertretung von Aktien muss an die Zustimmung des Aufsichtsrates gebunden sein.

Erwerb von Anteilen

§ 10a. (1) Bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit bedürfen der Zustimmung der Landesregierung Vereinbarungen über:

a) den Erwerb von Anteilen an einer Bauvereinigung in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Aktiengesellschaft,

b) die Fusion einer Bauvereinigung, unabhängig von deren Rechtsform, mit einer anderen Bauvereinigung,

c) die Einbringung nur eines Teiles des Vermögens einer Bauvereinigung in eine andere Bauvereinigung

(2) Die Zustimmung nach Abs. 1 ist jedenfalls zu versagen, wenn

a) der Kaufpreis oder - bei Einbringung als Sachlage - die Bewertung den Nennwert des Anteiles übersteigt,

b) durch die Einbringung auch nur eines Teiles des Vermögens einer Bauvereinigung die Voraussetzungen für die Anerkennung als gemeinnützige Bauvereinigung (§ 34 Abs. 1) nicht mehr gegeben wären oder sich aus der Einbringung Voraussetzungen für die Entziehung der Anerkennung (§ 35 Abs. 2) ergäben.

(3) Einer Zustimmung nach Abs. 1 bedarf es nicht, falls der Erwerb eines Anteils zum Nennwert Voraussetzung für die Nutzung einer Wohnung oder eines Geschäftsraumes ist.

Aufsichtsrat

§ 12. Gemeinnützige Bauvereinigungen müssen, sofern nicht schon in anderen Rechtsvorschriften die Einrichtung eines Aufsichtsrates vorgesehen ist, einen aus mindestens drei Mitgliedern bestehenden Aufsichtsrat haben.

Örtliche Zuständigkeit

§ 32. Örtlich zuständig ist jene Landesregierung, in deren Bereich die Bauvereinigung ihren Sitz hat.

Entscheidung

§ 33. (1) Bescheide nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes haben schriftlich zu ergehen.

(2) Partei ist die Bauvereinigung und im Verfahren gemäß den §§ 7 Abs. 4, 10a Abs. 1, 29 Abs. 3, 34 und 35 die Finanzlandesdirektion, in deren Bereich die Bauvereinigung ihren Sitz hat. Im Verfahren gemäß §§ 7 Abs. 4, 10a Abs. 1, 29 Abs. 3, 34 und 35 ist dem Revisionsverband (§ 5), dem die Bauvereinigung angehört, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Die Bauvereinigung ist verpflichtet, zur Beschleunigung der Entscheidung in jeder Weise beizutragen, insbesondere alle erforderlichen Unterlagen fristgerecht vorzulegen. Soweit durch die nicht fristgerechte Vorlage das Verfahren schuldhaft verzögert wird, sind die daraus erwachsenden Kosten der Bauvereinigung aufzuerlegen."

Unstrittig steht fest, dass die Beschwerdeführerin eine gemeinnützige Bauvereinigung in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß § 1 Abs. 1 WGG ist. Gemäß § 12 WGG muss sie daher einen aus drei Mitgliedern bestehenden Aufsichtsrat haben.

Gemäß § 10a Abs. 1 lit. a WGG bedarf der Erwerb von Anteilen an einer gemeinnützigen Bauvereinigung in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Sinne des § 1 Abs. 1 leg. cit. - von der im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Ausnahme nach Abs. 2 abgesehen - bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit dieser Vereinbarung der Zustimmung der zuständigen Landesregierung.

Zur Parteistellung im Verfahren nach § 10a WGG ist im Hinblick auf das Vorbringen der mitbeteiligten Partei auszuführen:

Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen und auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien. Bei Klärung der Frage, ob jemand in einem Verfahren Parteistellung zusteht, kommt es drauf an, ob die Rechtsordnung dem Einzelnen eine Berechtigung gewährt; dies ist durch Auslegung der betreffenden Rechtsvorschriften festzustellen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1999, Zl. 98/05/0166).

Die Gültigkeit des Erwerbs von Anteilen einer gemeinnützigen Bauvereinigung in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung hängt von der Genehmigung einer Behörde ab (vgl. Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage, Seite 542). Das WGG enthält jedoch keine näheren Anordnungen über das Verfahren zur Erlangung dieser Zustimmung, insbesondere fehlt eine Regelung über die Einleitung des Verfahrens und die zu einer Antragstellung berechtigten Personen. Die mitbeteiligte Partei als Erwerberin von Anteilen an der Beschwerdeführerin als einer gemeinnützigen Bauvereinigung hat ein Interesse an der behördlichen Zustimmung zu diesem Erwerb, weil hievon dessen Rechtswirksamkeit abhängt. Sie ist daher zur Stellung eines darauf gerichteten Antrages legitimiert und es kommt ihr in einem hierüber abzuführenden Verfahren Parteistellung gemäß § 8 AVG zu (vgl. hiezu die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 35-37 und 41 zu § 8 AVG zitierte hg. Judikatur sowie insbesondere die umfangreichen Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1989, Zl. 87/08/0259 = Slg. 13092/A).

Wohl hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass der Rechtsanspruch oder das rechtliche Interesse im Sinne des § 8 AVG nur aus der Wirksamkeit erschlossen werden könne, den die den Einzelfall regelnde materiell-rechtliche Norm auf den interessierten Personenkreis entfaltet, es sei denn, dass der Gesetzgeber die Parteistellung autoritativ bestimmt und damit die Prüfung des Falles auf die Grundsätze des § 8 AVG für das Verwaltungsverfahren entbehrlich gemacht hat (Walter-Thienel aaO, E. 42). Eine abschließende Anordnung kann dem Gesetzgeber bezüglich des § 33 Abs. 2 WGG nicht unterstellt werden; es ist vielmehr davon auszugehen, dass anlässlich der Einfügung des § 10a WGG (Näheres siehe unten) eine Bedachtnahme auf die Partner des zu genehmigenden Rechtsgeschäftes im § 33 Abs. 2 WGG schlichtweg übersehen wurde.

Die Parteistellung der Beschwerdeführerin ergibt sich ausdrücklich aus § 33 Abs. 2 WGG. Die der Bauvereinigung eingeräumte Parteistellung entspricht - entgegen den Ausführungen der mitbeteiligten Partei - aber nicht der Stellung einer Formalpartei, der keine subjektiv-öffentlichen Rechte zugewiesen wären und die daher nur das Recht der Teilnahme am Verwaltungsverfahren hätte (siehe sinngemäß Korinek u. a., Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, Kommentar und Handbuch,

6. Lieferung, Seite 111, Anm 2 zu § 33). Zur Parteistellung der Bauvereinigung im Verfahren nach § 10a WGG ist zunächst zu beachten, dass dieser Paragraph mit der Novelle BGBl. Nr. 800/1993 eingefügt wurde, um allfällige Umgehungsmöglichkeiten bei Veräußerung von Anteilen (Stammanteilen, Aktien) an gemeinnützigen Kapitalgesellschaften zu verhindern. Die im Gesetz erwähnten Erwerbsvorgänge sollen daher ebenfalls einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung unterworfen werden (siehe Bericht des Bautenausschusses 1268 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVIII. GP zu Art. I Z 14). Auch § 10a WGG ist somit ein Instrument der verwaltungsbehördlichen Aufsicht. Die verwaltungsbehördliche Aufsicht durch die Landesregierung dient der Gestaltung von subjektiv-öffentlichen Rechten der gemeinnützigen Bauvereinigung sowie zur Gewährleistung der Gesetzmäßigkeit ihrer Tätigkeit (vgl. hiezu Funk, WGG 1979, Grundzüge der Reform des Rechts der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft in Korinek-Krejci, Handbuch des Bau- und Wohnrechts III-Syst-1, Seite 20). Die Gesellschaft hat ein rechtliches Interesse an ihrer Anerkennung als gemeinnützig; siehe dazu insbesondere § 31 WGG. Diese Anerkennung kann nach § 35 Abs. 2 WGG u.a. dann entzogen werden, wenn der (von der Generalversammlung zu beschließende) Gesellschaftsvertrag den Vorschriften des Gesetzes nicht entspricht. Daraus ergibt sich das legitime Interesse der Gesellschaft, dass nur jener Neuerwerb von Geschäftsanteilen zugelassen wird, der den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Insbesondere wird es gerade die Gesellschaft sein, die eine Verletzung der Bestimmung des § 6 Abs. 3 WGG aufzeigen wird.

Daraus folgt, dass die Beschwerdeführerin - schon im Hinblick auf die Wahrung ihrer Gemeinnützigkeit - einen Rechtsanspruch auf Ausübung der gesetzmäßigen Aufsicht durch die belangte Behörde im hier zu beurteilenden Verfahren hatte und ihr daher Parteistellung gemäß § 8 AVG in Ansehung aller für die Erledigung des Verfahrensgegenstands maßgeblichen Fragen zustand. Daraus ergibt sich auch ihre auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerdeberechtigung, weil die Möglichkeit einer Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts im Sinne obiger Ausführungen nicht von vorneherein auszuschließen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 2001, Zl. 2000/05/0045).

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach die umfassende Prüfungspflicht der Aufsichtsbehörde in Verfahren nach dem WGG bejaht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. Februar 1988, Zl. 87/05/0189, und vom 4. April 1991, Zl. 90/05/0245). Dies hat auch für Verfahren über zustimmungspflichtige Vereinbarungen gemäß § 10a WGG zu gelten. Eine Einschränkung der Prüfungspflicht der Aufsichtsbehörde auf die Angemessenheit des Kaufpreises - wie dies die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift dem Gesetzgeber zu unterstellen versucht - trägt weder der Gesetzeswortlaut noch lässt sich dies aus dem bereits erwähnten Bericht des Bauausschusses oder aus dem Sinn und Zweck der Regelung ableiten. Schon durch die Formulierung "ist jedenfalls zu versagen" wird deutlich gemacht, dass es darüber hinaus andere Versagungsgründe geben muss, die, nach rechtsstaatlichen Erfordernissen, zumindest in diesem Gesetz Deckung finden müssen. Wenn nun gerade der Anteilserwerb nach § 10a Abs. 1 lit. a Gegenstand einer Regelung im § 6 Abs. 3 WGG ist, muss die Missachtung dieser Regelung gleichfalls zu einer Untersagung führen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit.

Von der dargestellten Rechtslage ausgehend vermag der Verwaltungsgerichtshof auch keinen Mangel in der Formulierung des Beschwerdepunktes gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG durch die Beschwerdeführerin zu erkennen, wie dies die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift nachzuweisen versucht.

Da die belangte Behörde die Beschwerdeführerin, obwohl sie Partei des Verfahrens gemäß § 10a WGG ist, dem der Beschwerde zu Grunde liegenden Verfahren nicht beigezogen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid auch mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil sie der Beschwerdeführerin das Recht auf Gehör gemäß § 45 Abs. 3 AVG nicht gewährt hat und davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen des § 58 Abs. 2 AVG vorliegen und der Bescheid daher nicht zu begründen ist. Diese von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Mängel sind im Beschwerdefall auch relevant, weil offenkundig nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Die aufgezeigte Rechtswidrigkeit des Inhaltes geht jedoch der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. Dezember 2002

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejaht Wohnungswesen Mietwesen Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001050147.X00

Im RIS seit

27.03.2003

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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