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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. König, über die Beschwerde des O N und der A N, beide in Wien, beide vertreten durch Dr. Josef Olischar und Mag. Martin Kratky, Rechtsanwälte in Wien I, Museumstraße 4, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 22. Feber 2000, Zl. MD-VfR - B XXII - 36/99, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: G in Wien, vertreten durch Dr. Peter Pullez und Dr. Robert Gschwandtner, Rechtsanwälte in Wien I, Bäckerstraße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 948,70 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Die Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei (in der Folge kurz für beide: Bauwerberin) kam mit der am 4. Dezember 1998 bei der Behörde eingelangten Eingabe vom 25. November 1998 um baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Wohnhausanlage auf einer Liegenschaft im 22. Bezirk in Wien ein. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer einer angrenzenden Liegenschaft, auf welcher sie eine Gärtnerei betreiben, und erhoben in der Bauverhandlung vom 12. Februar 1999 unter anderem im Hinblick auf die von ihrem Betrieb ausgehenden Immissionen Einwendungen gegen das Vorhaben. Im Hinblick auf diese Immissionen könnte es auf Grund von Beschwerden der künftigen Anrainer (gemeint: Bewohner dieser Wohnhausanlage) zur Schließung ihres Betriebes kommen.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 30. November 1999 wurde die angestrebte Baubewilligung mit verschiedenen Vorschreibungen erteilt. Bezogen auf die zuvor wiedergegebene Einwendung der Beschwerdeführer heißt es begründend, diese sei unzulässig, weil die Beschwerdeführer diesbezüglich keines der im § 134a der Wiener Bauordnung (kurz: BO) taxativ aufgezählten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte geltend machten.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, führte die belangte Behörde aus, beim Unternehmen der Beschwerdeführer handle es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb, auf welchen die Gewerbeordnung 1994 nicht anwendbar sei. Das habe zur Folge, dass im Hinblick auf allfällige künftige Anrainerbeschwerden auf Grund der Gewerbeordnung 1994 keine Auflagen vorgeschrieben werden könnten, geschweige denn die Schließung des Betriebes verfügt werden könne. Mit allenfalls "vom Zivil- oder Strafrecht eingeräumten Rechtsansprüchen" habe sich die belangte Behörde aber im Baubewilligungsverfahren nicht auseinander zu setzen.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher sie unter anderem die Problematik der (an einen Betrieb) "heranrückenden Bebauung" thematisierenden und auch vorbrachten, der maßgebliche Flächenwidmungs- und Bebauungsplan sei rechtswidrig.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte (nach Durchführung eines Vorverfahrens) mit Beschluss vom 26. September 2000, B 744/00-11, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In ihrer über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde machen die Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend; sie erachten sich "in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Emissionsschutz gem. § 134a (1) e BO für Wien" verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist die erst am 27. April 2001 in Kraft getretene Bauordnungsnovelle LGBl. Nr. 36/2001, mit welcher unter anderem in § 134a die Bestimmungen des Abs. 1 lit. f eingefügt sowie Abs. 3 angefügt wurden, womit die Problematik der an bestehende Betriebe heranrückenden Wohnbebauung einer Regelung zugeführt werden sollte (siehe die in Geuder/Hauer, Wiener Bauvorschriften4, auf Seite 823 wiedergegebenen Erläuternden Bemerkungen), noch nicht anzuwenden.
Gemäß § 134a Abs. 1 lit. e BO erwachsen dem Nachbarn subjektiv-öffentliche Nachbarrechte aus Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage ergeben können, zum Inhalt haben, wobei die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage zu Wohnzwecken oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, nicht geltend gemacht werden kann (siehe dazu ergänzend die Bestimmungen des Abs. 2 dieses Paragraphen).
Diese Bestimmung (Abs. 1 lit. e in Verbindung mit Abs. 2 leg. cit.) räumt aber dem Nachbarn hinsichtlich der Immissionen, die von seinem Betrieb ausgehen, keinen Schutz vor einer "heranrückenden Bebauung" ein; gerade darum geht es aber den Beschwerdeführern (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 7. September 1993, Zl. 93/05/0073, zur insoweit vergleichbaren Rechtslage vor der Novelle LGBl. Nr. 34/1992). Die Hinweise der Beschwerdeführer auf abweichende Auffassungen des Verfassungsgerichtshofes zur Problematik der "heranrückenden Bebauung" geben keinen Anlass, im Beschwerdefall der Bestimmung des § 134a Abs. 1 lit. e BO (auch) den von den Beschwerdeführern gewünschten Inhalt zu unterlegen, zumal diese Auslegung in einem Spannungsverhältnis zur Novelle LGBl. Nr. 36/2001 stünde, die gerade darauf abzielte, (unter anderem) diese Problematik einer Regelung zuzuführen was, soweit hier erheblich, zur Einfügung des Abs. 1 lit. f und Anfügung des Abs. 3 in § 134a BO führte (siehe hiezu abermals die EB zu dieser Novelle in Geuder/Hauer, Wiener Bauvorschriften4, Seite 823, sowie die Ausführungen der Autoren in Anmerkung 5 Seite 824; auch Kirchmayer in Baurechtliche Blätter 5/2002, Seite 63f).
Da die Beschwerdeführer somit - schon deshalb - nicht im geltend gemachten Recht (Beschwerdepunkt) verletzt wurden, war die Beschwerde (ohne weitere Auseinandersetzung mit dem wechselseitigen Vorbringen) gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil zuzüglich zum Schriftsatzaufwand nicht auch noch Streitgenossenzuschlag oder auch Mehrwertsteuer zuzusprechen sind (siehe dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 697 wiedergegebene hg. Judikatur), weiters, weil Gegenschriften kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung
(§ 36 Abs. 4 VwGG) nur in zweifacher Ausfertigung zu überreichen sind, daher für die weiteren Ausfertigungen der Gegenschrift (samt entsprechenden Beilagen) ein Ersatz der Stempelgebühr nicht zuerkannt werden kann.
Wien, am 20. Dezember 2002
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000050269.X00Im RIS seit
03.04.2003Zuletzt aktualisiert am
10.10.2011