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L67006 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Steiermark;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde 1. der EK in M/Deutschland, 2. des GK in M/Deutschland, 3. des FK in M/Deutschland und 4. der BS in B/Deutschland, alle vertreten durch Dr. Albert Feichtner und Dr. Anneliese Lindorfer, Rechtsanwälte in Kitzbühel, Josef Pirchl Straße 12, gegen den Bescheid der Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 7. April 1998, Zl. LGv-1196/19-91, betreffend "Negativbestätigung" in einer grundverkehrsbehördlichen Angelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 23. April 1991 beantragte F. K. sen., der Rechtsvorgänger der nunmehrigen Beschwerdeführer, bei der Grundverkehrsbehörde Jochberg die Ausstellung einer schriftlichen Bestätigung, dass die beiden Miet-, Options- und Pfandbestellungsverträge, jeweils vom 10./28. September 1973, abgeschlossen zwischen der S.-Ges.m.b.H. einerseits und F. K. sen. andererseits, nicht den Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes unterliegen würden. F. K. sen. sei deutscher Staatsangehöriger.
Mit Bescheid vom 3. Oktober 1991 stellte die Grundverkehrsbehörde Jochberg gemäß § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 3 lit. b des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983 (kurz: GVG 1983), LGBl. Nr. 69/1983, fest, dass für die vorliegenden Miet-, Options- und Pfandbestellungsverträge betreffend eine näher genannte Liegenschaft des GB Jochberg und für die in diesen Verträgen beurkundeten, seit 1975 verbücherten Erwerbsvorgänge eine Zustimmung "nach dem damals in Geltung gestandenen Grundverkehrsgesetz" (1970), "Fassung LGBl. Nr. 4/1971", nicht erforderlich war.
Gegen diese Entscheidung erhob der Landesgrundverkehrsreferent Berufung und brachte vor, dass die vorgelegten Verträge nichtige Umgehungsgeschäfte wären.
Mit Bescheid vom 13. November 1995 hob die belangte Behörde den Bescheid vom 3. Oktober 1991 mit der Begründung auf, dass das Landesgericht Innsbruck mit Urteil vom 4. August 1994 festgestellt habe, dass die vorgelegten Vertragswerke nichtig seien.
Gegen diesen Bescheid erhob F. K. sen. Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Erkenntnis vom 25. Februar 1997, Zl. B 5/96, hob der Verfassungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid vom 13. November 1995 auf. Wesentlicher Grund war, dass der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, VfSlg. 14.701, ausgesprochen hat, dass das TGVG 1993 zur Gänze verfassungswidrig gewesen ist und der vorliegende Fall einem Anlassfall gleichzuhalten war.
Mit Ersatzbescheid vom 7. April 1998 behob die belangte Behörde die belangte Behörde den Bescheid der Grundverkehrsbehörde Jochberg vom 3. Oktober 1991 wegen Unzuständigkeit der Erstinstanz und wies den Antrag auf Ausstellung einer "Negativbestätigung" zurück.
In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, dass den Übergangsbestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 (kurz: GVG 1996) - indirekt - zu entnehmen sei, dass in jenen grundverkehrsbehördlichen Verfahren, die nach dem 1. Jänner 1994 anhängig geworden und noch nicht abgeschlossen seien, das GVG 1996 anzuwenden sei. Die vorliegenden Verträge (aus dem Jahre 1973) seien vor dem 1. Jänner 1994 abgeschlossen worden und auch das gegenständliche Verfahren sei bereits seit 25. April 1991 anhängig, weshalb die Vorschriften des GVG 1983 - grundsätzlich - Anwendung zu finden hätten.
Der Landesgrundverkehrsreferent habe als Berufungswerber gegen den Bescheid vom 3. Oktober 1991 vorgebracht, dass die vorgelegten Verträge - unabhängig vom Vorliegen einer Bewilligungspflicht - auf jeden Fall als nichtige Umgehungsgeschäfte anzusehen seien.
In weiterer Folge habe der Landesgrundverkehrsreferent beim Landesgericht Innsbruck eine Klage nach § 16a GVG 1983 erhoben. Das Landesgericht Innsbruck habe dem Klagebegehren stattgegeben und festgestellt, dass "die Miet-, Options- und Pfandbestellungsverträge, abgeschlossen zwischen der Fa. S.-GmbH .... (Anschrift dieser Vertragspartei), und F.K., .... (Anschrift dieser Vertragspartei), vom 10./28.9.1973, auf Grund welcher in EZ ....., GB X J an 42/7173 Anteilen (BLNr. ....., Top .....) und 44/7173 Anteilen (BLNr. ....., Top .....) das Bestandsrecht bis 8.11.2072 und bis 10.11.2072, das Vorverkaufsrecht und das Pfandrecht zur Sicherstellung aller Schadenersatzansprüche in den Höchstbeträgen von S 493.560,-- und S 548.400,-- einverleibt worden ist, nichtig sind." Das Berufungsgericht habe das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck bestätigt und der Oberste Gerichtshof habe schließlich der dagegen erhobenen Revision keine Folge gegeben (Urteil vom 27. Juni 1995, Zl. 4 Ob 535/95).
Voraussetzung für eine meritorische Erledigung einer Grundverkehrsangelegenheit - so die belangte Behörde in der Begründung des Bescheides vom 7. April 1998 weiter - bzw. Voraussetzung für jegliches Tätigwerden durch die Grundverkehrsbehörde sei aber - sowohl nach dem GVG 1970, als auch nach dem GVG 1983 und dem GVG 1996 - das Vorliegen eines Rechtserwerbes bzw. Rechtsgeschäftes an einem den Bestimmungen des Grundverkehrsgesetz unterliegenden Grundstück. Liege kein tauglicher Rechtsgrund vor, so fehle dem grundverkehrsbehördlichen Verfahren das (Verfahrens-)Substrat und sei daher ein derartiger Antrag einer inhaltlichen Erledigung nicht zugänglich. Dieser Rechtssatz habe auch dann Anwendung zu finden, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Rechtsgrund (Titel) im Zuge des Verfahrens wegfalle und damit dem Verfahren die Grundlage entzogen werde. Sei die Grundlage des angefochtenen Bescheides weggefallen, so müsse die Berufungsbehörde davon ausgehen, dass dieser Mangel bereits zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung bestanden habe und sei der erstinstanzliche Bescheid mangels einer entsprechenden Zuständigkeitsnorm zu beheben und sohin wie im Spruch zu entscheiden.
Gegen diesen Bescheid vom 7. April 1998, der den Beschwerdeführern als Rechtsnachfolger des am 14. Februar 1993 verstorbenen F. K. sen. zugestellt wurde, erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 22. Februar 1999, Zl. B 969/98, ablehnte und gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde vertritt in einem umfangreichen Vorbringen betreffend § 28 Abs. 6 und die Übergangsbestimmungen des § 40 Abs. 2 und 3 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 (kurz: GVG 1996), in der Stammfassung LGBl. Nr. 61/1996, die Auffassung, dass die vorliegende Beschwerde mangels Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs zurückzuweisen wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 30. September 1999, Zl. 99/02/0039, zu diesen Bestimmungen des GVG 1996 in der vorzitierten Stammfassung näher dargelegt, weshalb entgegen der Ansicht der belangten Behörde dennoch seine Zuständigkeit in den unter diese Bestimmungen subsumierbaren Fällen gegeben ist; auf die diesbezüglichen Ausführungen dieses Erkenntnisses wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Diese Ausführungen haben unbeschadet des durch die Novelle LGBl. Nr. 75/1999 verfügten Entfalls der Übergangsbestimmungen des § 40 Abs. 2 und 3 GVG 1996 in der Stammfassung (vgl. Art. I Z. 29 dieser Novelle) und der Verschiebung des § 28 Abs. 6 auf § 28 Abs. 7 leg. cit. (vgl. Art. I Z. 20 dieser Novelle) weiterhin Gültigkeit, zumal die nunmehr in § 28 Abs. 7 GVG 1996 enthaltene Beschwerdemöglichkeit an den Verwaltungsgerichtshof bezüglich jener Bescheide der Landes-Grundverkehrskommission, die Rechtserwerbe an Baugrundstücken betreffen, erhalten geblieben ist und die Übergangsvorschriften des § 40 Abs. 2 und 3 GVG 1996 in der vorzitierten Stammfassung auch die rechtliche Grundlage für den angefochtenen Bescheid bildeten.
Die beschwerdeführenden Parteien wenden grundsätzlich ein, die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie an die Rechtsansicht der Zivilgerichte bei der Klärung der Frage, ob ein Umgehungsgeschäft vorliege, gebunden sei. Dies könne schon deshalb nicht zutreffen, weil die Frage, ob ein Rechtsgeschäft einer grundverkehrsbehördlichen Zustimmung bedürfe oder dem Tiroler Grundverkehrsgesetz zuwiderlaufe, die Verwaltungsbehörden zu beantworten hätten. Der Vollzug des Grundverkehrsgesetzes sei Verwaltungssache. Lediglich im Rahmen einer Vorfragenentscheidung könnten Gerichte darüber befinden. Warum die gegenständlichen Geschäfte nichtig sein sollten, sei der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen. Es werde lediglich auf den Ausspruch der Zivilgerichte, dass die Verträge nichtig seien, verwiesen. Mangels Bindungswirkung habe die Behörde zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert.
Mit diesem Vorbringen verkennen die Beschwerdeführer jedoch die Rechtslage. Gerade die durch die Novelle LGBl. Nr. 74/1991 durch § 16a GVG 1983 eingefügte Möglichkeit einer Feststellungsklage des Landesgrundverkehrsreferenten bei den Zivilgerichten zur Klärung der Frage, ob ein Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn Grund zur Annahme besteht, dass ein Schein- oder Umgehungsgeschäft vorliegt, macht deutlich, dass Entscheidungen der Zivilgerichte eine Bindungswirkung für die Grundverkehrsbehörden im Umfang dieser Feststellungen herbeiführen soll.
Da der Landesgrundverkehrsreferent auf Grund seiner zivilgerichtlichen Klage zu den gegenständlich zu beurteilenden Verträgen eine rechtskräftige Klärung dahingehend erwirkte, dass diese Verträge nichtig sind, war die Grundverkehrsbehörde in weiterer Folge an diese Feststellung gebunden. Auf der Grundlage der von der Zivilgerichten rechtskräftig getroffenen Feststellung der Nichtigkeit der gegenständlichen Verträge, hinsichtlich derer der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer eine sog. "Negativbestätigung" durch die Grundverkehrsbehörde begehrte, fehlte es aber der Behörde an einer Grundlage für eine derartige "Negativbestätigung", weshalb der Antrag zu Recht zurückzuweisen war, ohne dass die Frage der Nichtigkeit dieser Verträge von der belangten Behörde nochmals selbstständig zu prüfen gewesen wäre.
Entgegen den - geradezu mutwilligen - Beschwerdebehauptungen trifft auch nicht zu, dass die belangte Behörde keine mündliche Verhandlung abgehalten habe. In den Verwaltungsakten ist nämlich die Niederschrift über eine im Gegenstand vor der belangten Behörde am 26. März 1998 durchgeführten mündlichen Verhandlung enthalten, an der auch die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführer teilnahm.
Es erübrigt sich im Hinblick auf das von der belangten Behörde zu Recht angenommene Fehlen eines "tauglichen Rechtsgrundes", auf das weitere Beschwerdevorbringen, welches von der unzutreffenden Annahme der Weitergeltung der seinerzeitigen Rechtsgeschäfte aus dem Jahre 1973 und von der Anwendung der grundverkehrsrechtlichen Vorschriften auf die seinerzeitigen Vereinbarungen ausgeht, näher einzugehen. Auch die von den Beschwerdeführern angeregte Einholung einer Vorabentscheidung, welche von der Anwendbarkeit der Bestimmungen über die grundverkehrsbehördliche Genehmigungspflicht im Beschwerdefall ausgeht, ist auf Grund dieses Ergebnisses hinfällig.
Der Verfassungsgerichtshof hat im zitierten Beschluss vom 22. Februar 1999 zum Ausdruck gebracht, dass er die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführer nicht teilt; der Verwaltungsgerichtshof sieht sich zu keiner anderen Betrachtungsweise - und sohin auch zu keiner diesbezüglichen Antragstellung gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG - veranlasst.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, zumal den Beschwerdeführern Gelegenheit gegeben wurde, ihren Standpunkt im Zuge einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der MRK (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1999, Zl. 98/02/0078), darzulegen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 20. Dezember 2002
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Befangenheit der Mitglieder von Kollegialbehörden Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Bescheide von Kollegialbehörden iSd B-VG Art133 Z4 Verhältnis zu anderen Materien und Normen B-VG Weisungsgebundenheit sachliche ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999020110.X00Im RIS seit
01.04.2003