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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde 1.) des JK und 2.) der XK, beide in K, beide vertreten durch Dr. Barbara Jantscher, Rechtsanwalt in 8330 Feldbach, Hauptplatz 7/II (City-Passage), gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 19. April 2002, Zl. 7-V-VRM-17/1/2002, betreffend Versagung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 84 Abs. 3 StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 166,-- (zusammen EUR 332,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer beantragten am 28. Februar 2000 bei der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau die Erteilung einer Bewilligung nach § 84 Abs. 3 StVO für die Errichtung einer "Hinweis- bzw. Werbetafel". Es sollte in einer größeren Holzkonstruktion eine bildliche Darstellung des Landhauses N angebracht werden (deren Größe im weiteren Verfahren vor der Behörde erster Instanz mit einer Breite von 150 cm und einer Höhe von 100 cm konkretisiert wurde), mit Aufschrift "Tennis, Biotop", darunter ein Blumentrog und darunter auf der Holzkonstruktion eine kleinere Tafel mit der Aufschrift "Landhaus N" und einem nach rechts weisenden Pfeil.
Die Behörde erster Instanz gab mit Bescheid vom 17. Mai 2000 dem Antrag mit der Begründung keine Folge, dass die Aufstellung der Werbetafel weder einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer diene, noch für diese von erheblichem Interesse sei. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in der sie unter anderem im Zusammenhang mit dem Hinweis auf die Motive des Gesetzgebers zur "Liberalisierung" des § 84 Abs. 3 StVO vorbrachten:
"Das Landhaus N liegt in einem bekannten Fremdenverkehrsgebiet, in welches zahlreiche Gäste aus dem In- und Ausland kommen, es handelt sich um ein Appartementhaus mit Ferienwohnungen für Gäste mit Vier-Stern-Ausstattung, sohin um ein Haus mit hohem Standard, welcher in der näheren Umgebung einmalig ist. Hinzu kommt noch, dass auch ein Tennisplatz vorhanden ist, welcher als Spielplatz kommissioniert ist und auf welchem nicht nur Tennis gespielt werden kann, sondern auch für andere Spiele verwendet werden kann, wie Volleyball, Korbball, Tischtennis und im Winter als Eislaufplatz, sowie zum Eisstockschießen. Dieser Platz steht nicht nur Hausgästen zur Verfügung, sondern ist allgemein zugänglich und handelt es sich sohin um eine Freizeit- und Fremdenverkehrseinrichtung, welche in näherem Umkreis ebenfalls einzigartig ist. Weiters ist ein Biotop vorhanden, welches im Sommer als Badegelegenheit und im Winter als Eisfläche genutzt werden kann. Auch dies ist einzigartig in der näheren Umgebung. Gerade auf diese Besonderheiten, nämlich Appartementhaus mit gehobenem Standard, umfangreiche (in dieser Gegend einzigartige) sonstige Freizeiteinrichtungen soll mit der Aufstellung der beantragten Hinweistafel hingewiesen werden."
Die belangte Behörde gab der Berufung gemäß § 66 Abs. 2 AVG Folge und verwies die Angelegenheit zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung zum Thema "Innenwerbung" (und damit zur Frage, ob überhaupt eine Bewilligungspflicht gemäß § 84 Abs. 2 StVO vorliege) und Erlassung eines neues Bescheides an die Behörde erster Instanz zurück. Nach Durchführung einer Lokalaugenscheinsverhandlung am 8. März 2001 wies die Behörde erster Instanz den Antrag mit ihrem Bescheid vom 14. Februar 2002 neuerlich ab mit der wesentlichen Begründung, dass keine "Innenwerbung" vorliege und die Aufstellung der Werbetafel weder einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer diene noch für diese von erheblichem Interesse sei.
Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 19. April 2002 als unbegründet abgewiesen. Dem Bescheid wurde folgender - in der Beschwerde nicht bestrittener - Sachverhalt zugrundegelegt: Die beantragte "Tafel" (gemeint: beide Tafeln) solle neben der Zufahrtsstraße zum Betrieb der Beschwerdeführer etwa 5 m neben der Landesstraße L 13 aufgestellt werden. Der Gewerbebetrieb der Beschwerdeführer sei von der Landesstraße aus nicht einsehbar und ca. 200 m vom beantragten Standort entfernt. Zwischen dem Gewerbebetrieb und dem Standort der Tafel lägen bebaute Fremdgrundstücke, die zur Ausübung des Gewerbebetriebes (inklusive Tennisplatz, Liegeplätze, Biotop) nicht in Anspruch genommen werden könnten. Zwischen dem Ortsgebiet von Bad K und der Ortschaft O (etwa 5 km) liege Freilandgebiet. Ortsteile seien mit Ortsbezeichnungstafeln (weiße Tafeln mit der Aufschrift "Bad K" und darunter befindliche Tafeln mit der Aufschrift des jeweiligen Ortsteiles) gekennzeichnet, die beantragte Tafel solle im so gekennzeichneten Ortsteil St aufgestellt werden.
Die wesentliche Begründung für die Abweisung der Berufung lautet, dass hinsichtlich der gegenständlichen, nach § 84 Abs. 2 StVO bewilligungspflichtigen Ankündigung gemäß § 84 Abs. 3 StVO Voraussetzung für die Bewilligung sei, dass das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer diene oder für diese immerhin von erheblichem Interesse sei. Diese Voraussetzung sei nicht gegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 84 Abs. 1 bis 3 StVO 1960 idF der 20. StVO-Novelle, BGBl. I Nr. 92/1998 lauten:
"(1) Werkstätten, wo Fahrzeuge repariert werden, Radiostationen, die Verkehrsinformationen durchgeben, und Tankstellen dürfen außerhalb von Ortsgebieten nur mit den Hinweiszeichen 'Pannenhilfe' (§ 53 Abs. 1 Z 4), 'Verkehrsfunk' (§ 53 Abs. 1 Z 4a) beziehungsweise 'Tankstelle' (§ 53 Abs. 1 Z 6) angekündigt werden. Die Kosten für die Anbringung und Erhaltung dieser Zeichen sind von demjenigen zu tragen, der ihre Anbringung beantragt hat.
(2) Ansonsten sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten. Dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs. 3 lit. f.
(3) Die Behörde hat Ausnahmen von dem im Abs. 2 enthaltenen Verbot zu bewilligen, wenn das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dient oder für diese immerhin von erheblichem Interesse ist und vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist. Für eine solche Ausnahmebewilligung gelten die Bestimmungen des § 82 Abs. 5 letzter Satz sinngemäß."
Die Beschwerdeführer rügen zunächst, dem bekämpften Bescheid könne nicht entnommen werden, von welchem Sachverhalt und von welcher Beweiswürdigung die belangte Behörde ausgehe. Wenngleich den Beschwerdeführern zuzugestehen ist, dass die Gliederung des angefochtenen Bescheides einen klaren Aufbau vermissen lässt, so ist doch aus dem Gesamtzusammenhang (insbesondere den Kurzzusammenfassungen - im Rahmen der eigenständigen rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde - von Sachverhaltselementen aus dem von der Behörde erster Instanz festgestellten Sachverhalt, der von der belangten Behörde in der Erzählung des Verfahrensganges im angefochtenen Bescheid wiedergegeben wurde) zu erkennen, dass die belangte Behörde sich den Sachverhaltsfeststellungen der Behörde erster Instanz angeschlossen hat. Dieser behauptete Begründungsmangel liegt demnach nicht vor.
Wenn die Beschwerdeführer ausgehend vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. März 1990, Zl. 89/03/0212 (= Slg. Nr. 13.135/A), von einer nicht unter § 84 Abs. 2 StVO fallenden "Innenwerbung" ausgehen, so verkennen sie, dass die in Rede stehenden Tafeln ca. 200 m vom Gewerbebetrieb entfernt sind und die dazwischen liegenden Grundstücke nicht für Zwecke dieses Gewerbebetriebes benützt werden können (in diesem von den Beschwerdeführern genannten Erkenntnis war hingegen das dortige Schild unmittelbar am Parkplatzrand des Gewerbebetriebes situiert, wobei - anders als im vorliegenden Beschwerdefall - die Annahme ausschied, dass das Schild auf einen anderen Ort hinweisen solle als den, auf dem es errichtet war).
Soweit die Beschwerdeführer aus den Ortsteilbezeichnungstafeln ableiten wollen, der geplante Aufstellungsort der Tafeln liege im Ortsgebiet, so übersehen sie, dass der Begriff "Ortsgebiet" im Sinne des § 84 Abs. 2 StVO durch die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 15 StVO festgelegt wird. Demnach ist unter "Ortsgebiet" das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" (§ 53 Abs. 1 Z. 17a StVO) und "Ortsende" (§ 53 Abs. 1 Z. 17b StVO) zu verstehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 8. Mai 1979, Slg. Nr. 9831/A). Die Ansicht der Beschwerdeführer, dass für die Qualifikation als Ortsgebiet andere Gesichtspunkte als die nach § 2 Abs. 1 Z. 15 StVO in Frage kämen, wurde im letztgenannten Erkenntnis ebenfalls verworfen. Da die gegenständlichen weißen Ortsteiltafeln nicht als Ortstafel bzw. Ortsendetafel gemäß § 53 Abs. 1 Z. 17a und 17 b StVO ausgebildet sind, handelt es sich beim geplanten Aufstellungsort der Tafeln der Beschwerdeführer nicht um Ortsgebiet.
Die Beschwerdeführer rügen auch die Unvollständigkeit der Sachverhaltsfeststellung. Sie weisen in diesem Zusammenhang grundsätzlich zu Recht auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hin, nach der ein erhebliches Interesse an den zu einem Betrieb hinweisenden Tafeln bei den Straßenbenützern, die zum Betrieb gelangen wollen, auch darin gelegen sein kann, diesen Betrieb ohne Umwege auf kürzestem Weg zu erreichen; allerdings muss durch solche Tafeln zumindest eine solche Anzahl von Straßenbenützern angesprochen werden, dass nicht mehr von einem Interesse bloß in untypischen Einzelfällen gesprochen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/03/0240). Die belangte Behörde hat sich zwar nicht mit den Angaben der Beschwerdeführer betreffend die über die Nutzung des Betriebes als Appartementhaus hinausgehende, der Allgemeinheit offenstehende Nutzung des Tennisplatzes (auf dessen andere Nutzungsmöglichkeiten als Spielplatz im Sommer und als Eislaufplatz im Winter kommt es allerdings angesichts des beantragten Inhaltes der Tafeln nicht an) und die allgemeine Zugänglichkeit des Biotops (auf dessen mögliche Nutzung als Badegelegenheit und Eislaufplatz kommt es aus demselben Grund nicht an) sowie den unbestrittenen Angaben, dass der Betrieb von der Landesstraße 13 nicht zu sehen sei - weshalb die Aufstellung der Tafeln für die "überwiegend touristischen Straßenbenützer" zum "Auffinden des Landhauses N erforderlich" sei, um Irrfahrten zu vermeiden - auseinandergesetzt.
Dies war aber gar nicht erforderlich:
Denn die eingangs beschriebenen "Hinweis- bzw. Werbetafeln" bestehen im Wesentlichen aus einer bildlichen Darstellung des Landhauses N samt Zusatzschrift "Tennis, Biotop" und einer darunter angeordneten kleineren Tafel mit Aufschrift "Landhaus N" samt Pfeil und Entfernungsangabe. Bei einer derartigen Ausgestaltung handelt es sich um einen Hinweis auf die Ausstattung des Landhauses N und nicht auf eine der Allgemeinheit offenstehende Nutzung des Tennisplatzes und der Zugänglichkeit des Biotops. Die belangte Behörde hat demnach im Sinne des obzitierten Erkenntnisses vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/03/0240, zu Recht ein vordringliches Bedürfnis oder ein erhebliches Interesse der Straßenbenützer an den gegenständlichen Tafeln schon wegen ihrer inhaltlichen Ausgestaltung - die keine entsprechend große Anzahl von Straßenbenützern anspricht - verneint.
Außerdem übersehen die Beschwerdeführer, dass auch die Größe der gemäß § 84 Abs. 3 StVO ausnahmsweise bewilligbaren Werbungen und Ankündigungen begrenzt ist. Es entspricht der klaren Absicht des Gesetzgebers, wie sie aus § 84 Abs. 2 und 3 StVO hervorgeht, dass oberstes Gebot die Vermeidung einer Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs ist (vgl. aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur StVO-Novelle 1963, 97 BlgNR,
10. GP, S. 6 zu dieser Gesetzesstelle: "Künftig sollen unter der Voraussetzung, dass eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist ..."; weiters die Verordnungsermächtigung ua. für die Abmessungen von ua. Straßenverkehrszeichen in § 34 Abs. 1 StVO: "...unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse der Sicherheit des Straßenverkehrs ..."; sowie das hg. Erkenntnis vom 21. September 1994, VwSlg. Nr. 14.119/A: "... eine durch Werbungen und Ankündigungen hervorgerufene Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit der Straßenbenutzer, insbesondere der Kraftfahrer, verhindern").
Bei Beurteilung der nach dieser Gesetzesstelle erforderlichen Voraussetzungen ist ein entsprechend strenger Maßstab anzulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Mai 1984, Zl. 83/03/0120). Hat der Gesetzgeber in § 84 Abs. 1 StVO bestimmte Arten von Ankündigungen als für das Interesse der Straßenbenutzer so erheblich angesehen, dass sie von Gesetzes wegen, aber nur in Form der dort näher bezeichneten Hinweistafeln, zugelassen sind, so hat er hinsichtlich der Abmessungen dieser Ankündigungen mit dieser Gesetzesstelle auch für die in Abs. 2 leg. cit. grundsätzlich verbotenen, jedoch nach Abs. 3 leg. cit. ausnahmsweise bewilligbaren Werbungen und Ankündigungen einen Maßstab für deren höchstzulässige Ausmaße gesetzt.
Gemäß § 6 iVm der Anlage 3 der Straßenverkehrszeichenverordnung 1998 - StVZVO 1998, BGBl. II Nr. 238/1998, sind die in § 84 Abs. 1 StVO erwähnten Hinweiszeichen Pannenhilfe, Verkehrsfunk und Tankstelle in einer maximalen Größe von 960 x 1.200 mm (bei einer Abweichungstoleranz bis zu +/- 3 %) herzustellen.
Größere Werbungen und Ankündigungen als im höchstzulässigen Ausmaß nach § 6 StVZVO 1998 widersprechen daher dem § 84 Abs. 2 und 3 StVO, weil derartig große Werbungen und Ankündigungen die Aufmerksamkeit von Fahrzeuglenkern in übermäßiger Weise beanspruchen und diese sohin von der Einhaltung ihrer Pflichten im Straßenverkehr ablenken.
Im gegenständlichen Fall ist die Gesamthöhe beider Tafeln zusammen unbekannt. Da jedoch bereits die Tafel, welche die bildliche Darstellung des Landhauses beinhaltet, die in der StVZVO 1998 enthaltenen Maximalabmessungen für Hinweistafeln wie jene der Pannenhilfe, des Verkehrsfunkes und der Tankstelle gemäß § 53 Abs. 1 Z. 4, 4a und 6 StVO jedenfalls in der Breite um mehr als 3 % überschreitet, wäre sie schon für sich allein auch wegen ihrer beabsichtigten Größe nicht genehmigungsfähig.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 20. Dezember 2002
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002020134.X00Im RIS seit
03.04.2003Zuletzt aktualisiert am
22.09.2008