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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §67c Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Nichtowitz, über die Beschwerde des G in Wien, vertreten durch Mag. Mirjam B. Sorgo, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Ledererhof 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 29. August 2001, Zl. Senat-B-99-032, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde nach § 88 SPG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 28. August 1997 wies der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich (die belangte Behörde) eine vom Beschwerdeführer nach § 88 SPG erhobene Beschwerde gemäß § 67c Abs. 4 AVG zurück (und einen Antrag auf Kostenersatz gemäß § 79a Abs. 1 AVG ab). Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1999, Zl. 98/01/0172, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Mit seiner am 7. November 2000 eingebrachten, zur hg. Zl. 2000/01/0460 protokollierten Säumnisbeschwerde begehrte der Beschwerdeführer eine Sachentscheidung über seine Beschwerde nach § 88 SPG. Mit hg. Verfügung vom 13. November 2000 wurde die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG (unter anderem) aufgefordert, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen; diese Verfügung wurde der belangten Behörde am 17. November 2000 zugestellt. Die Erstreckung dieser Frist wurde weder beantragt noch vorgenommen.
Mit dem am 18. September 2001 erlassenen, nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29. August 2001 wies die belangte Behörde die Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG zurück (und den Antrag auf Kostenersatz gemäß § 79a Abs. 1 AVG ab).
Im Hinblick auf diesen Bescheid stellte der Verwaltungsgerichtshof in weiterer Folge das Verfahren über die Säumnisbeschwerde mit Beschluss vom 13. November 2001 gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ein.
Über die gegen den Bescheid vom 29. August 2001 erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht vorweg geltend, die belangte Behörde sei im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr zuständig gewesen.
Weder erstattete die belangte Behörde eine Gegenschrift noch legte sie - trotz wiederholter Aufforderung unter Hinweis auf die Bestimmung des § 38 Abs. 2 VwGG, wonach der Verwaltungsgerichtshof im Falle des Unterbleibens einer fristgerechten Aktenvorlage berechtigt ist, auf Grund der Beschwerdebehauptungen zu erkennen - die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Gemäß § 36 Abs. 2 erster Satz VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG der belangten Behörde aufzutragen, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt. Die belangte Behörde bleibt während der ihr gemäß § 36 Abs. 2 VwGG zur Nachholung des versäumten Bescheides gesetzten Frist zuständig, verliert diese Zuständigkeit aber mit Ablauf dieser Frist. Damit die Frist gewahrt ist, muss innerhalb derselben der Bescheid durch die belangte Behörde erlassen werden. Ein erst nach Ablauf der gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist erlassener Bescheid hindert nicht die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens. Der Bescheid ist zwar nicht von Amts wegen, wohl aber dann wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben, wenn der Beschwerdeführer die Unzuständigkeit geltend macht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2002, Zl. 2000/01/0404, mwN).
Im Beschwerdefall endete die gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzte Frist am 17. Februar 2001. Der nachgeholte Bescheid wurde erst am 18. September 2001 und damit nach Fristablauf erlassen. Die belangte Behörde war daher nicht mehr zuständig, weshalb der angefochtene Bescheid wegen der vom Beschwerdeführer ausdrücklich geltend gemachten Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben war.
Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die belangte Behörde mit Zustellung des die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens verfügenden Beschlusses wieder zuständig geworden ist (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2002).
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001; die im Betrag von S 2.500,-- entrichtete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war im Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.
Wien, am 14. Jänner 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001010486.X00Im RIS seit
28.04.2003