TE Vwgh Erkenntnis 2003/1/20 2001/05/0047

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Veröffentlicht am 20.01.2003
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Index

L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Burgenland;
L80001 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Burgenland;
L82000 Bauordnung;
L82001 Bauordnung Burgenland;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs4 Z4;
BauG Bgld 1997 §23 Abs1;
BauG Bgld 1997 §23;
BauG Bgld 1997 §33;
BauRallg;
B-VG Art130 Abs2;
RPG Bgld 1969 §20 Abs1;
RPG Bgld 1969 §20 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Kail und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. König, über die Beschwerde 1. des F W und

2. der G W, beide in O, vertreten durch Beck & Dörnhöfer, Rechtsanwälte OEG in Eisenstadt, Franz Liszt-Gasse 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 15. Jänner 2001, Zl. 02/06/123/1, betreffend die Nichtigerklärung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Oggau am Neusiedlersee, vertreten durch den Bürgermeister),

Spruch

I) den Beschluss gefasst:

Die Gegenschrift der mitbeteiligten Gemeinde wird zurückgewiesen.

II) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines Grundstückes in Oggau, welches im Flächenwidmungsplan als Aufschließungsgebiet-Dorfgebiet gewidmet ist.

Mit Eingabe vom 10. Mai 1999 ersuchten sie den Gemeinderat um Erlassung einer Feststellungsverordnung gemäß § 20 Abs. 2 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes (in der Folge kurz: RPG). Sie brachten dabei vor, im vorderen Teil dieses Grundstückes befinde sich eine Scheune, deren Errichtung bereits im Jahr 1976 bescheidmäßig bewilligt worden sei. Die Scheune diene derzeit als Abstellplatz für verschiedene Gerätschaften im Rahmen ihres Weinbaubetriebes. Die angestrebte Verordnung werde benötigt, um in Hinkunft betrieblich bedingte bauliche Änderungen an diesem Objekt durchführen zu können.

Der Gemeinderat erließ am 1. Juli 1999 eine entsprechende Verordnung, die aber von der Burgenländischen Landesregierung nach verschiedenen Verfahrensschritten mit Verordnung vom 23. Mai 2000, LGBl. Nr. 41/2000 (ausgegeben und versendet am 6. Juni 2000), wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben wurde.

Zwischenzeitig hatten die Beschwerdeführer mit Eingabe vom 29. November 1999 (eingebracht am selben Tag) die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für den Neubau eines Wirtschaftsgebäudes im Ausmaß von rund 254 m2 auf ihrem Grundstück beantragt. In der Baubeschreibung heißt es unter anderem, dass das derzeit für die Weinwirtschaft verwendete Wirtschaftsgebäude abgetragen werde.

Mit Bescheid vom 5. April 2000 setzte der Bürgermeister das Verfahren betreffend diesen Antrag bis zum Abschluss des von der Burgenländischen Landesregierung durchgeführten aufsichtsbehördlichen Verfahrens hinsichtlich der Verordnung des Gemeinderates vom 1. Juli 1999 aus.

In der Folge wurde mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 3. Juli 2000 das Baugesuch der Beschwerdeführer vom 29. November 1999 ohne Durchführung einer Bauverhandlung abgewiesen, weil das Vorhaben im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan stehe.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung.

Die Berufungsbehörde führte am 5. Oktober 2000 eine Bauverhandlung an Ort und Stelle durch.

In der Niederschrift über die Bauverhandlung heißt es unter anderem, die Beschwerdeführer beabsichtigten, gemäß dem vorgelegten Einreichplan und der Baubeschreibung auf ihrem Grundstück ein Wirtschaftsgebäude zu errichten. Bestehende Mauerwerksteile würden teilweise abgebrochen.

Mit Erledigung vom 27. November 2000 teilte die belangte Behörde der Gemeinde mit, es sei eine Aufsichtsbeschwerde dahingehend eingebracht worden, dass der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 12. November 2000 in dieser Bausache den Beschluss gefasst habe, der Berufung gegen den abweisenden erstinstanzlichen Bescheid stattzugeben und die angestrebte Baubewilligung zu erteilen, dies obwohl das Grundstück in einem als Aufschließungsgebiet-Dorfgebiet gewidmeten Gebiet liege. Die Gemeinde werde daher ersucht, den bezüglichen Bauakt sowie die Einladungskurrende und das Protokoll der betreffenden Gemeinderatssitzung umgehend vorzulegen. Der Gemeinderat werde mit Bescheid angewiesen werden, mit der Durchführung des Beschlusses bis zur Entscheidung des aufsichtsbehördlichen Verfahrens innezuhalten.

Hierauf erteilte der Vizebürgermeister (als Vorsitzender des Gemeinderates in dieser Berufungssache) am 6. Dezember 2000 unter Hinweis darauf, dass er das Schreiben der belangten Behörde vom 27. November 2000 zur Kenntnis genommen habe, einem namentlich genannten Gemeindebediensteten schriftlich die Weisung, den (stattgebenden) Berufungsbescheid mit "heutigem Tag" (6. Dezember 2000) den Beschwerdeführern zuzustellen.

Mit dem mit 6. Dezember 2000 datierten Berufungsbescheid gab die Berufungsbehörde der Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid Folge, behob den erstinstanzlichen Bescheid und erteilte die angestrebte Baubewilligung mit verschiedenen Vorschreibungen, was im Wesentlichen unter Hinweis auf § 23 des Burgenländischen Baugesetzes 1997 (idF kurz: BauG) begründet wurde.

Diese Berufungsentscheidung wurde den Beschwerdeführern jeweils am 7. Dezember 2000 zugestellt.

Die belangte Behörde hielt in einem Aktenvermerk vom 9. Jänner 2001 fest, dass mit dem Bau bislang noch nicht begonnen worden sei.

Hierauf hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Berufungsbescheid vom 6. Dezember 2000 gemäß § 20 Abs. 1, 2 und 6 RPG, § 23 BauG, sowie in Verbindung mit § 34 Abs. 1 lit. d der Burgenländischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 17/1965, als nichtig erklärt.

Nach zusammengefasster Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage heißt es begründend, die Regelung des § 20 Abs. 2 RPG stelle eine Einschränkung des Handlungsspielraumes der Baubehörde hinsichtlich der als Aufschließungsgebiet gewidmeten Flächen dar. § 23 BauG sei keine taugliche gesetzliche Grundlage für die Erteilung einer Baubewilligung in einer als Aufschließungsgebiet gewidmeten Fläche. Diese Bestimmung stelle nämlich darauf ab, dass Änderungen von Bauten, die vor der Festlegung der Flächenwidmung bereits bestanden hätten, als nicht im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan stehend gälten, wenn sie dem bisherigen Verwendungszweck entsprächen und keine wesentliche Ausweitung brächten oder die Änderung des Verwendungszweckes im öffentlichen Interesse liege. Diese Ausnahmeregelung sei im Zusammenhang und vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Regelungen des § 20 RPG hinsichtlich der Wirkung des Flächenwidmungsplanes zu sehen. Eine derart weitgehende Wirkung, dass auf Grundlage des § 23 BauG die Notwendigkeit der Erlassung einer Verordnung gemäß § 20 Abs. 2 RPG umgangen werden könnte, sei nicht zu erkennen. Vielmehr komme § 23 BauG nur dann zur Anwendung, wenn im konkreten Fall eine zwar die Bebauung grundsätzlich für zulässig erklärende Widmung vorliege, die Änderung von Bauten, die einen Altbestand darstellten, mit der nunmehr geltenden Flächenwidmung jedoch damit nicht mehr vereinbar wäre. Diesfalls sei eine Ausnahmeregelung mit der Einschränkung getroffen worden, dass entweder die Änderung des Altbestandes unter Beibehaltung des bisherigen Verwendungszweckes keine wesentliche Ausweitung bringe oder die Änderung des Verwendungszweckes im öffentlichen Interesse liege. Im Beschwerdefall sei aber davon auszugehen, dass eine ohne Vorliegen der entsprechenden Verordnung gemäß § 20 Abs. 2 RPG erlassene Baubewilligung als im Widerspruch zum geltenden Flächenwidmungsplan und damit zu § 20 Abs. 1 leg. cit. anzusehen sei.

Davon ganz abgesehen, sei die Begründung des Berufungsbescheides nicht stichhältig. Die Berufungsbehörde habe ausgeführt, dass der Umbau eines bestehenden Wirtschaftsgebäudes beabsichtigt sei (demgegenüber hätten die Bauwerber in ihrem Ansuchen vom 29. November 1999 von einem "Neubau eines Wirtschaftsgebäudes" gesprochen), bereits ein landwirtschaftliches Betriebsgebäude bestehe und es sich daher um eine Änderung gemäß § 23 Abs. 1 BauG handle, die nicht im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan stehe. Diese Bestimmung stelle aber darauf ab, dass Änderungen von Bauten, die vor der Festlegung der Flächenwidmung bereits bestanden hätten, als nicht im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan stehend gälten, wenn sie dem bisherigen Verwendungszweck entsprächen und keine wesentliche Ausweitung brächten oder die Änderung des Verwendungszweckes im öffentlichen Interesse liege. Der Bescheidbegründung sei nicht zu entnehmen, dass sich die Berufungsbehörde mit der Voraussetzung auseinandergesetzt habe, dass die Änderung des Altbestandes keine wesentliche Ausweitung bewirken dürfe. Den Bauplänen sei zu entnehmen, dass der Altbestand abgebrochen und ein neues Gebäude mit einer verbauten Fläche von (so die Angaben im Bauplan) 253,75 m2 errichtet werden solle, welches damit weit größer als der Altbestand (ca. 42 m2 verbaute Fläche) sei. Es treffe damit nicht zu, dass das Vorhaben keine wesentliche Ausweiterung des Bestandes brächte.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit (den Beschwerdeausführungen zufolge auch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften).

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die Gemeinde hat aufgrund der an sie als mitbeteiligte Partei ergangenen Aufforderung eine als "Stellungnahme" bezeichnete Gegenschrift eingebracht, in der sie sich dem Beschwerdevorbringen angeschlossen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind insbesondere das Burgenländische Baugesetz 1997 (kurz: BauG), LGBl. Nr. 10/1998, sowie das Burgenländische Raumplanungsgesetz (kurz: RPG), LGBl. Nr. 18/1969, in der Fassung LGBl. Nr. 64/2000, anzuwenden.

§ 14 Abs. 2 RPG lautet:

"(2) Innerhalb des Baulandes können Flächen, deren widmungsgemäßer Verwendung zur Zeit der Planerstellung wegen mangelnder Erschließung öffentliche Interessen entgegenstehen, als Aufschließungsgebiete gekennzeichnet und, wenn eine bestimmte zeitliche Reihenfolge der Erschließung zweckmäßig ist, in verschiedene Aufschließungszonen unterteilt werden. Mängel in der Grundstücksstruktur, die einer geordneten und flächensparenden Bebauung und entsprechenden Erschließung entgegenstehen, sind durch Zusammenlegungsübereinkommen (§ 11 a Abs. 4) zu beseitigen."

§ 20 RPG lautet auszugsweise:

"Wirkung des Flächenwidmungsplanes

§ 20. (1) Der genehmigte Flächenwidmungsplan hat neben der Wirkung auf den Bebauungsplan (Teilbebauungsplan) auch die Folge, daß Baubewilligungen nach dem Burgenländischen Baugesetz 1997, LGBl. Nr. 10/1998, in der jeweils geltenden Fassung, sowie Bewilligungen von sonstigen sich auf das Gemeindegebiet auswirkenden Maßnahmen auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften nur zulässig sind, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.

(2) In Aufschließungsgebieten (§ 14 Abs. 2) sind Bewilligungen nach Abs. 1 erst zulässig, wenn der Gemeinderat durch Verordnung feststellt, daß der widmungsgemäßen Verwendung dieser Gebiete keine öffentlichen Interessen wirtschaftlicher, sozialer oder kultureller Natur entgegenstehen und die Erschließung durch Straßen und Versorgungsleitungen gesichert ist.

(3) ..."

§ 23 BauG lautet:

"Widmungskonformität von Altbauten

§ 23. (1) Änderungen von Bauten, die vor der Festlegung der Flächenwidmung bereits bestanden haben, gelten als nicht im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan stehend, wenn sie dem bisherigen Verwendungszweck entsprechen und keine wesentliche Ausweitung bringen oder die Änderung des Verwendungszweckes im öffentlichen Interesse (Abs. 2) liegt.

(2) Als öffentliche Interessen gelten insbesondere solche der Landesverteidigung, der öffentlichen Sicherheit, der Raumplanung, der Dorferneuerung, des Umweltschutzes, der Verkehrssicherheit oder der Gesundheit."

§ 33 BauG lautet:

"Nichtigerklärung von Bescheiden

§ 33. Bescheide, die gegen Bestimmungen dieses Gesetzes sowie gegen § 20 Abs. 1 und § 26 Abs. 3 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1969 in der jeweils geltenden Fassung, verstoßen, leiden an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler. Eine Nichtigerklärung ist nur zulässig:

1. im Falle des § 20 Abs. 1 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1969 in der jeweils geltenden Fassung, innerhalb von zwei Jahren nach Zustellung der Baubewilligung,

2. in allen übrigen Fällen innerhalb von vier Wochen nach Baubeginn."

Der Verwaltungsgerichtshof teilt nicht die Auffassung der belangten Behörde, dass bei der gegebenen Flächenwidmung § 23 BauG von vornherein nicht zur Anwendung kommen könnte, weil weder diese Bestimmung noch § 20 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 RPG eine tragfähige Grundlage für eine solche einschränkende Interpretation bieten.

Durch die Wortfolge "gelten als nicht im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan stehend" in § 23 Abs. 1 BauG wird auf die Negativvoraussetzung im § 20 Abs. 1 letzter Halbsatz RPG verwiesen. Liegen die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 vor, dann ist das Vorhaben (schon nach) nach § 20 Abs. 1 RPG zulässig, sodass die Frage, ob ein Aufschließungsgebiet vorliegt, keine Rolle spielt. Die zeitliche Komponente in § 20 Abs. 2 RPG ("sind ... erst zulässig") ist im Zusammenhang damit zu verstehen, dass zuerst aufzuschließen ist und erst dann Baubewilligungen erteilt werden können; § 23 BauG (Überschrift: "Widmungskonformität von Altbauten") stellt aber nicht auf die Aufschließung solcher Altbauten als Voraussetzung ab. Die Auffassung der belangten Behörde würde zu dem Wertungswiderspruch führen, dass (bloße) Änderungen von Altbauten etwa im völlig unerschlossenen Grünland bewilligungsfähig wären, im Aufschließungsgebiet aber nicht.

Die Beschwerdeführer bringen vor, entgegen der Annahme der belangten Behörde betrage die verbaute Fläche des derzeit bestehenden Altbestandes nicht 42 m2, sondern gemäß dem Einreichplan, welcher dem Bewilligungsbescheid vom 3. Mai 1976 zugrundeliege, 122,62 m2. Dies sei der rechtmäßige Bestand, auf den es gemäß § 23 BauG ankomme. Ihr Grundstück habe eine Fläche von 324 m2. Gemäß den Vorschreibungen des für nichtig erklärten Berufungsbescheides dürfe im Hinblick auf die Bestimmungen des für dieses Gebiet geltenden Teilbebauungsplanes das Grundstück bis zu maximal 40 % bebaut werden. Damit könne gemäß dem Bewilligungsbescheid die verbaute Fläche nach Durchführung des Bauvorhabens maximal 129,6 m2 betragen, dies bedeute gegenüber dem bewilligten Altbestand eine Ausweitung von lediglich 7 m2. Dies könne entgegen der Auffassung der belangten Behörde keineswegs eine wesentliche Ausweitung der bestehenden Scheune darstellen. Entgegen der Annahme der belangten Behörde solle der Altbestand auch nicht abgebrochen werden, sondern es sollten die derzeit bestehenden Scheunenmauern bestehen bleiben. Es handle sich daher um eine Änderung "im Sinne des derzeitigen Bauwerks und nicht um die Herstellung eines Neubaues". Das zu errichtende Wirtschaftsgebäude solle als Abstell- und Lagerraum für Gerätschaften aus ihrem landwirtschaftlichen Weinbaubetrieb dienen. Die beabsichtigte Änderung stelle schließlich keine Änderung des Verwendungszweckes gegenüber dem derzeitigen Bauwerk (landwirtschaftliche Scheune) dar, was auch von der belangten Behörde nicht bestritten werde.

Dem ist Folgendes zu entgegnen: Es trifft zu, dass das Ausmaß der verbauten Fläche des Altbestandes den Akten nicht zu entnehmen ist (die belangte Behörde dürfte wohl das Ausmaß der im Einreichplan gelb bezeichneten Fläche herangezogen haben, ohne dass aber feststeht, dass nur dies der Altbestand ist). Andererseits trifft es zu, dass in der Baubeschreibung die Größe des Bauplatzes mit 324,00 m2 angegeben ist, allerdings wird das Ausmaß der verbauten Fläche sowohl in der Baubeschreibung als auch im Einreichplan mit 253,75 m2 beziffert. In der Niederschrift über die Bauverhandlung am 5. Oktober 2000 heißt es (zwar), der (anwesende) Erstbeschwerdeführer erhebe gegen die Bebauungsvorschriften insoweit Einwendungen, als er aus wirtschaftlichen Gründen um die Aufhebung der maximalen Bebauungsdichte von 40 % ersuche. Dessen ungeachtet wurde (aber) im stattgebenden Berufungsbescheid, wie in der Beschwerde zutreffend hervorgehoben wird, unter anderem vorgeschrieben (Punkt A/3 des Bescheides), dass das Grundstück (nur) bis zu 40 % bebaut werden dürfe. Bei der gegebenen Verfahrenslage ergibt sich hieraus ein unlösbarer Widerspruch, zeigt sich doch auf Grund der angegebenen Flächenmaße das Bild, dass ein Vorhaben mit einer verbauten Fläche von rund 254 m2 bewilligt, andererseits aber vorgeschrieben wurde, dass das Grundstück im Ausmaß von (angegebenen) 324 m2 nur zu 40 % bebaut werden dürfe, das wäre demnach im Ausmaß von 129,6 m2. Treffen diese Flächenmaße zu, erscheint es rätselhaft, wie das Gebäude gemäß dem Berufungsbescheid bewilligungskonform ausgeführt werden könnte, die Durchführung des Bescheides somit überhaupt nicht möglich wäre (§ 68 Abs. 4 Z. 3 AVG). Soweit vorweg.

Ob der angefochtene Bescheid daher schon aus diesem Grund rechtmäßig wäre, kann aber auf sich beruhen, weil die belangte Behörde jedenfalls mit ihrer Anschauung im Recht ist, dass § 23 Abs. 1 BauG nur Änderungen von Bauten (unter den dort genannten Voraussetzungen) gestattet. Nun ist es zwar richtig, dass den Plänen zufolge gewisse bestehende Bauteile verwendet werden sollen (andere wiederum sollen abgebrochen werden), dies jedoch in einem im Verhältnis zum Gesamtprojekt derart geringen Umfang, dass das Vorhaben - gemäß den maßgeblichen Plänen - nicht mehr als "Änderung" eines bestehenden Bauwerkes, sondern vielmehr als Neuerrichtung eines Gebäudes zu qualifizieren ist. Damit sind die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 BauG, der unter den dort genannten Voraussetzungen nur die Änderungen von Bauten, nicht aber die Neuerrichtung vorsieht, schon deshalb nicht gegeben.

Damit steht das Vorhaben im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan, sodass der Versagungsgrund des § 20 Abs. 1 BauG gegeben ist, womit auch der Nichtigkeitsgrund des § 33 BauG in Verbindung mit § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG verwirklicht ist.

Die Beschwerdeführer bringen in diesem Zusammenhang aber vor, dies reiche für sich allein zu einer Nichtigerklärung nicht aus. Vielmehr sei bei einer solchen Nichtigerklärung das Gebot der Verhältnismäßigkeit des Eingriffes in bereits erworbene Rechte zu beachten, wogegen die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid verstoßen habe. Sie verweisen in diesem Zusammenhang insbesondere darauf, dass das bereits rechtmäßig bestehende landwirtschaftlich genutzte Gebäude auf ihrem Grundstück "lediglich umgebaut und geringfügig erweitert werden" solle. Es sei daher nicht ersichtlich, inwiefern das öffentliche Interesse an einer ordnungsgemäßen Raumplanung "durch den geplanten Umbau" des Gebäudes beeinträchtigt werden solle, was umso mehr gelten müsse, als das fragliche Gebiet als Bauland-Dorfgebiet gewidmet und daher vornehmlich für die Errichtung von Gebäuden land- und forstwirtschaftlicher Betriebe vorgesehen sei. Überdies sei die Durchführung des Bauvorhabens im Hinblick auf eine weitere gedeihliche Entwicklung ihres Weinbaubetriebes eine unabdingbare Notwendigkeit. Die derzeit vorhandene Raumkapazität reiche nicht mehr, um die zahlreichen erforderlichen Gerätschaften ordnungsgemäß unterzubringen. Die seit Ende der 70-er Jahre auf dem Grundstück bestehende Scheune sei infolge ihres schlechten Bauzustandes zur Unterbringung der meisten Geräte nicht geeignet. Die Weiterführung des Betriebes solle in Hinkunft die Existenzgrundlage eines ihrer vier Kinder gewährleisten.

Dieses Vorbringen vermag den Beschwerdeführern nicht zum Erfolg zu verhelfen, bestreitet er doch nicht, dass im (sehr kurzen) Zeitraum zwischen der Erteilung der Baubewilligung und der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch keine baulichen Maßnahmen gesetzt worden sind, sodass schon aus diesem Grund die Ermessensübung der Behörde nicht als rechtswidrig, insbesondere die Aufhebung des - nach dem vorgesagten an einem vom Gesetz mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leidenden - Berufungsbescheides unter dem Blickwinkel der Interessen des Beschwerdeführers auch nicht als unverhältnismäßig angesehen werden kann. Es erübrigen sich daher auch in diesem Zusammenhang weitere Überlegungen, die sich auch aus der bereits einleitend konstatierten Undurchführbarkeit des Baubewilligungsbescheides ergeben könnten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der als "Stellungnahme" bezeichnete Schriftsatz der Gemeinde, mit welchem sie der Beschwerde beigetreten ist, war gleich einer verspäteten Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. Jänner 2003

Schlagworte

Ermessen VwRallg8 Ermessen besondere Rechtsgebiete Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001050047.X00

Im RIS seit

28.04.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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