TE Vwgh Erkenntnis 2003/1/21 2001/11/0303

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.01.2003
beobachten
merken

Index

90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §24 Abs3;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §26 Abs1 Z3;
FSG 1997 §26 Abs2;
FSG 1997 §26 Abs8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des J in R, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 2. August 2001, Zl. VerkR-392651/7-2001-Si, betreffend Anordnung einer begleitenden Maßnahme und Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß FSG sowie Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, insoweit mit ihm dem Beschwerdeführer die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen und die Absolvierung einer verkehrspsychologischen Untersuchung aufgetragen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit (Vorstellungs-)Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 2. Mai 2001 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Führerscheingesetz - FSG die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von siebzehn Monaten, gerechnet ab 31. März 2001 (somit bis einschließlich 31. August 2002) entzogen. Weiters wurde ihm gemäß §§ 32 Abs. 1 Z 1, 7 Abs. 1 und 3 Z 1, 24 Abs. 1 Z 1, 3 Abs. 1 Z 2, 26 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2, 25 Abs. 1 und 3 FSG das Lenken von Motorfahrrädern, von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und von Invalidenkraftfahrzeugen für den selben Zeitraum verboten (diese beiden Spruchpunkte wurde in der Folge mit seiner Berufung nicht bekämpft und erwuchsen in Rechtskraft). Ferner wurde ausgesprochen, dass sich der Beschwerdeführer auf seine Kosten innerhalb offener Entziehungsdauer bei einer vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle einem Einstellungs- und Verhaltenstraining für alkoholauffällige Lenker zu unterziehen habe; die Entziehungsdauer ende nicht vor Befolgung dieser Anordnung (§§ 24 Abs. 3, 25 Abs. 3 FSG).Weiters wurde er aufgefordert, ein amtsärztliches Gutachten hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen innerhalb offener Entziehungsdauer beizubringen; vor abschließender Erstellung dieses Gutachtens habe er sich einer verkehrspsychologischen Untersuchung bei einer hiezu vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle zu unterziehen (§ 24 Abs. 4 FSG). Gemäß § 64 Abs. 2 AVG wurde einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der nur gegen die letztgenannten 3 Punkte des erstinstanzlichen Bescheides erhobenen Berufung keine Folge. In der Begründung dieses Bescheides wird im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe - was unbestritten sei - am 31. März 2001 einen PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, wobei der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,56 mg/l betragen habe. Bereits in den Jahren 1993, 1994, 1995 und zuletzt 1997 (für die Dauer von 24 Monaten, bis 28. 2. "2000", richtig: 1999) sei ihm, jeweils auf Grund von Alkoholdelikten, die Lenkerberechtigung entzogen worden, dennoch habe er erneut ein Alkoholdelikt begangen. Im Verhalten des Beschwerdeführers zeige sich die äußerst uneinsichtige, verwerfliche und gefährliche Einstellung beim Lenken von Kraftfahrzeugen. Die Anordnung der Absolvierung eines Einstellungs- und Verhaltenstrainings sei erforderlich, weil er ohne geschulte Anleitung das Lenken eines Kraftfahrzeuges und den Konsum des Alkohols nicht verlässlich trennen könne. Es stehe auch die gesundheitliche Eignung des Beschwerdeführers in Frage, zumal ihm innerhalb von 5 Jahren die Lenkberechtigung dreimal entzogen worden sei und somit seine mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung anzunehmen sei, es sei somit die Überprüfung dieser Eignung bereits in Verbindung mit der ausgesprochenen Entziehung anzuordnen. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung liege im Interesse der Verkehrssicherheit.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Beschwerdeführer hat hierauf den Schriftsatz vom 9. September 2002 erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Für die Beurteilung des Beschwerdefalles sind folgende Bestimmungen des FSG - in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 81/2002 - von Bedeutung:

"Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung Allgemeines

§ 24. ....

(3) Bei der Entziehung kann die Behörde auch zusätzlich begleitende Maßnahmen (Nachschulung oder Driver Improvement mit oder ohne Fahrprobe, Einstellungs- und Verhaltenstraining oder Aufbauseminar) anordnen. Sie hat eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt.

(4) Vor der Entziehung oder Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8, vor der Entziehung wegen mangelnder fachlicher Befähigung ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen.

....

§ 25 (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

...

Sonderfälle der Entziehung

§ 26.

(2)Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.

...

(8) Bei der Entziehung nach Abs. 1 Z. 3 oder Abs. 2 hat die Behörde begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 anzuordnen, bei einer Entziehung gemäß Abs. 2 zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8.

..."

Der Beschwerdeführer bestreitet die gegen ihn ausgesprochenen, im angefochtenen Bescheid festgestellten bisherigen Entziehungen seiner Lenk(er)berechtigung nicht, hält den angefochtenen Bescheid jedoch für rechtswidrig, weil die belangte Behörde im Hinblick auf den bei ihm festgestellten Alkoholisierungsgrad nicht zwingend verhalten gewesen sei, eine begleitende Maßnahme auszusprechen, seine Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit und nicht wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung entzogen worden sei und daher auch die Aufforderung zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens nicht geboten gewesen sei, die von der Behörde für die Erfüllung der genannten Aufträge gesetzten Zeiten nicht rechtmäßig sowie die Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht vorgelegen seien.

Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers ist die Anordnung der begleitenden Maßnahme nicht rechtswidrig. Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, dass es sich bei der Anordnung von begleitenden Maßnahmen um die Ausübung von Ermessen durch die Behörde handle; was das Lenken von Kraftfahrzeugen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand anlange, enthalte diesbezüglich die Bestimmung des § 26 Abs. 8 FSG eine abschließende Regelung, die hier im Hinblick auf den Atemluftalkoholgehalt des Beschwerdeführers von 0,56 mg/l nicht zur Anwendung gelange. Diesbezüglich ist dem Beschwerdeführer entgegen zu halten, dass § 26 Abs. 8 FSG keine abschließende Regelung für die Anordnung begleitender Maßnahmen darstellt, sondern nur für die hier genannten Alkoholdelikte (§ 26 Abs. 1 Z 3 und § 26 Abs. 2 FSG) zwingend deren Anordnung vorsieht. Demgegenüber bildet § 24 Abs. 3 erster Satz FSG - allgemein - für die Behörde die Grundlage, wenn es nach Lage des Falles der Anordnung begleitender Maßnahmen - wie hier einer Nachschulung - bedarf, solche anzuordnen.

Es trifft zwar zu, dass der Beschwerdeführer im Tatzeitpunkt keinen Alkoholgehalt seiner Atemluft von 0,6 mg/l oder mehr aufwies, dennoch vermag er keine stichhältigen Argumente dafür aufzuzeigen, dass die Anordnung der Maßnahme im vorliegenden Fall verfehlt gewesen wäre. Die belangte Behörde hat zutreffend die von ihm in der Vergangenheit begangenen einschlägigen Straftaten erwähnt, woraus sich seine verwerfliche Sinnesart ableiten lässt, immer wieder schwerste Delikte im Straßenverkehr zu begehen und sich nicht einmal durch bereits ausgesprochene Entziehungen seiner Lenkberechtigung davon abhalten zu lassen, erneut einschlägig straffällig zu werden. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn hier die begleitende Maßnahme angeordnet wurde.

Die Nichtbefolgung einer solchen Anordnung hat gemäß § 25 Abs. 3 zweiter Satz FSG zur Folge, dass die Entziehungsdauer nicht endet, d.h. dass der Betreffende, solange er die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt, nicht in den Besitz der Lenkberechtigung gelangt. Es bedarf demnach nicht der Festsetzung einer Frist für die Durchführung der Nachschulung. Wenn die belangte Behörde dennoch für die Befolgung der Anordnung eine Frist in den Bescheid aufnahm, war dies zwar verfehlt, doch wurden Rechte des Beschwerdeführers dadurch nicht verletzt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Feber 2001, Zl. 2000/11/0157).

Hinsichtlich der von der belangten Behörde auf § 24 Abs. 4 FSG gestützten - bescheidmäßigen - Aufforderung zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens erweist sich jedoch der angefochtene Bescheid, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in einem vergleichbaren Fall in seinem Erkenntnis vom 26. Feber 2002, Zl. 2000/11/0019, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird, ausgesprochen hat, als inhaltlich rechtswidrig.

Soweit der Beschwerdeführer sich dagegen wendet, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid auch den erstinstanzlichen Ausspruch gemäß § 64 Abs. 2 AVG bestätigt hat, ist festzuhalten, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid in der Sache abschließend entschieden hat, indem sie den erstinstanzlichen Bescheid insgesamt bestätigt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass durch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Bestätigung des Abspruches gemäß § 64 Abs. 2 AVG Rechte des Beschwerdeführers verletzt wären (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 24. August 1999, Zl. 99/11/0145, m.w.N.).

Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 21. Jänner 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001110303.X00

Im RIS seit

02.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten