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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VStG §19;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des Kurt F in Wien, vertreten durch Dr. Peter Kisler und DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien I, Börsegasse 12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 10. April 2000, Zl. UVS- 06/10/215/1999/1, betreffend Übertretung des AWG (weitere Partei:
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 21. Bezirk, vom 12. Jänner 1999 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener einer näher genannten Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz an einem näher genannten Ort in Wien zu verantworten, dass diese Gesellschaft m.b.H. entgegen der Vorschrift des § 9 Abs. 6 AWG als Betrieb mit mehr als 100 Arbeitnehmern, nämlich ca. 160 Arbeitnehmern, von 1. Dezember 1998 bis 16. Dezember 1998 keinen fachlich qualifizierten Abfallbeauftragten und keinen fachlich qualifizierten Stellvertreter bestellt und dies der Behörde, nämlich dem Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 22, angezeigt habe; zwar habe sie (gemeint: die Gesellschaft m.b.H.) mit Schreiben vom 15. August 1998 an die MA 22 den Beschwerdeführer als Abfallbeauftragen und N. F. als dessen Stellvertreter bekannt gegeben, jedoch sei kein geeigneter Nachweis über die fachliche Qualifikation der beiden Genannten erbracht worden.
Auf Grund einer Aufforderung der MA 22 vom 10. August 1998 unter Hinweis auf die Bestimmung des § 9 Abs. 6 AWG sei mit Schreiben der näher genannten Gesellschaft m.b.H. vom 15. August 1998 folgende Bekanntgabe erfolgt:
"Unternehmen:
Zeitungsverlag
Zahl der Beschäftigten:
160
Abfallbeauftragter:
(Name des Beschwerdeführers)
Berufsausbildung:
Matura
Stellung im Unternehmen:
Geschäftsführer
Fachliche Qualifikation:
war jahrzehntelang in Papier- und Mistkübeln stierln
Stellvertretender Abfallbeauftragter:
N. F.
Berufsausbildung:
Matura, Druckformenhersteller
Stellung im Unternehmen:
Assistent der Geschäftsführung
Fachliche Qualifikation:
Erworben bei der Begleitung des o.g. Abfallbeauftragten gleichfalls als sein Stellvertreter
Beide Abfallbeauftragte sind im Betrieb dauernd beschäftigt und während der üblichen Geschäfts- und Betriebsstunden meist auch an Sonn- und Feiertagen anwesend und zu allen Abfallfragen jederzeit leicht erreichbar."
Er habe dadurch § 39 Abs. 1 lit. c Z. 2 in Verbindung mit § 9 Abs. 6 AWG übertreten, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 3.000.-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt wurde. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10. April 2000 wurde die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Tatumschreibung wie folgt zu lauten habe:
"Der Beschuldigte .....(Name des Beschwerdeführers) hat als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener (§ 9 Abs. 1 VStG) der V. GmbH mit Sitz in Wien ......(Anschrift der Ges. m.b.H.) zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Betrieb mit mehr als 100 Arbeitnehmern vom 1.12.1998 bis 16.12.1998 entgegen der Anordnung des § 9 Abs. 6 AWG keinen fachlich qualifizierten Abfallbeauftragten und keinen fachlich qualifizierten Stellvertreter bestellt und der Behörde (Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 22 Umweltschutz) angezeigt hat."
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird insbesondere auf die Begründung des Vorbescheides der belangten Behörde vom 19. Jänner 1999 verwiesen. Dieser Bescheid war Gegenstand des hg. Erkenntnisses vom 12. Dezember 2002, Zl. 99/07/0134, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und macht im Wesentlichen dieselben Einwendungen geltend, die er gegen den vorgenannten Bescheid der belangten Behörde vom 19. Jänner 1999 vorbrachte.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. VIII Abs. 10 Z. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes BGBl. Nr. 325/1990 (AWG) in der Fassung der AWG-Novelle 1998, BGBl. I Nr. 151, traten die im Beschwerdefall relevanten novellierten Bestimmungen des § 9 und § 39 Abs. 1 und 2 leg. cit. in der Fassung dieser Novelle mit 1. Oktober 1998 in Kraft.
Gemäß § 9 Abs. 6 AWG in der Fassung der AWG-Novelle 1998, BGBl. Nr. 151, ist in Betrieben mit 100 oder mehr Arbeitnehmern ein fachlich qualifizierter Abfallbeauftragter schriftlich zu bestellen und der Behörde anzuzeigen. Der Abfallbeauftragte hat im Betrieb dauernd beschäftigt zu sein und während der üblichen Geschäfts- oder Betriebsstunden anwesend oder zumindest leicht erreichbar sein. Die Anzeige hat die Zustimmung des Abfallbeauftragten und seines Stellvertreters und Angaben zur fachlichen Qualifikation des Abfallbeauftragten zu enthalten. Die Abbestellung des Abfallbeauftragten oder dessen Stellvertreters ist der Behörde unverzüglich anzuzeigen.
Nach § 39 Abs. 1 lit. c Z. 2 AWG in der Fassung der AWG-Novelle 1998 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 40.000,-- zu bestrafen, wer entgegen § 9 Abs. 6 einen Abfallbeauftragten oder dessen Stellvertreter nicht bestellt oder eine Anzeige an die Behörde unterlässt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs liegt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des Schuldspruches vor, wenn sich daraus gemäß § 44a lit. c VStG (nunmehr: § 44a Z. 3 VStG) ergibt, dass für sämtliche angelasteten Verstöße nur eine einzige Geldstrafe und Ersatzarreststrafe (nunmehr: Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt worden ist, obwohl der Schuldspruch mehrere Verwaltungsübertretungen umfasst. Damit ist nicht erkennbar, wie hoch das Ausmaß der Strafe für jede einzelne der zusammengefassten Übertretungen ist, sodass keine nachprüfende Kontrolle des Gerichtshofes in der Richtung möglich ist, ob die belangte Behörde von dem ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, 2. Auflage, S. 377, unter E 496 zu § 19 VStG wiedergegebene hg. Judikatur).
Unter dem Gesichtspunkt der zuletzt zitierten hg. Judikatur erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, zumal trotz des von der belangten Behörde aufrecht erhaltenen Vorwurfs der Begehung mehrerer Verwaltungsübertretungen (vgl. in diesem Zusammenhang auch die diesbezüglichen Ausführungen im vorzitierten hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2002) nur eine einzige Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren der beschwerdeführenden Partei betreffend Schriftsatzaufwand war abzuweisen, weil dieser im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf Grund der vorgenannten Pauschalierungsverordnung nur in dem dort festgelegten Ausmaß zusteht.
Wien, am 21. Jänner 2003
Schlagworte
Geldstrafe und ArreststrafeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000070065.X00Im RIS seit
29.04.2003