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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde 1.) des Mag. Norbert K und 2.) des Robert K, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Stolz, Rechtsanwalt in 5550 Radstadt, Scherenbergstraße 19, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 29. Juni 2001, Zl. 1/01-37.593/5-2001, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Zuge von Abbrucharbeiten an Fundamenten eines alten Heizhauses wurden auf dem Firmengelände der Fa. W. in H am 30. November 2000 Ölkontaminationen festgestellt.
Das Gelände steht seit 15. Juli 1999 im Eigentum der Brüder W. Davor befand sich auf dem Gelände das Säge- und Spaltwerk der K KG (in der Folge: KG); die KG war am 17. Oktober 2000 aus dem Firmenbuch gelöscht worden.
Eine mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2000 ergab, dass es sich bei den vorgefundenen Verunreinigungen um Schmieröle aus einer früheren Kettenförderungsanlage handeln dürfte. 1992 sei anlässlich eines Ölschadens in diesem Bereich bereits 70 t verunreinigtes Erdreich beseitigt worden; offenbar sei damals nur ein Teil der Gesamtkontamination erreicht worden.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann i. P. (BH) vom 21. Dezember 2000 wurde den Beschwerdeführern als persönlich haftenden Gesellschaftern der ehemaligen KG zur ungeteilten Hand diverse Sanierungsmaßnahmen des Ölschadens im Betriebsgelände der ehemaligen Säge aufgetragen.
Dies wurde im Rahmen der rechtlichen Beurteilung damit begründet, dass nach § 31 Abs. 2 und 3 WRG 1959 grundsätzlich der Verursacher bzw. der Betreiber einer Anlage, welche eine Gewässerverunreinigung hervorgerufen hat, zu verpflichten sei. Die Beschwerdeführer seien als persönlich haftende Gesellschafter der KG im Firmenbuch eingetragen gewesen, die KG sei am 17. Oktober 2000 aus dem Firmenbuch gelöscht worden. Da die Verunreinigungen offenbar in den letzten 10 bis 40 Jahren erfolgt seien, stünden die KG - Anlagenbetreiberin und Liegenschaftseigentümerin im maßgeblichen Zeitraum - bzw. nach Löschung dieser die Beschwerdeführer als persönlich haftende Gesellschafter als Verpflichtete fest.
Die Beschwerdeführer beriefen und machten in erster Linie Verfahrensmängel geltend. Unter anderem brachten sie vor, bereits im Zeitpunkt der Bescheiderlassung sei ein Großteil der aufgetragenen Maßnahmen (durch ein vom Liegenschaftseigentümer beauftragtes Unternehmen) durchgeführt worden.
Mit Bescheid vom 22. Jänner 2001 behob der Landeshauptmann von Salzburg (LH) den Bescheid der BH und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Bescheiderlassung an die erstinstanzliche Behörde zurück. Maßgebend dafür war, dass sich die Feststellung der Ursache bzw. der Verursacher der Ölverunreinigung maßgeblich nur auf Mutmaßungen gestützt habe und somit ein ergänzungsbedürftiger Sachverhalt vorliege. Aufgetragen wurden ergänzende Ermittlungen zur Feststellung der Ursachen der Kontamination bzw. zum Zeitraum ihres Entstehens.
Die BH führte darauf hin am 23. Februar 2001 eine mündliche Verhandlung durch, in deren Rahmen die Sachverständigen für Geologie, Wasserbautechnik und technische Chemie zusammenfassend Folgendes festhielten:
"1. Während des Betriebes der Säge sind im Zeitraum zwischen 1973 und 1992 bedeutende Mengen an Mineralölprodukten in den Untergrund versickert.
2. Die Mineralölprodukte haben neben der ungesättigten Bodenzone auch das darunter liegende Grundwasser erreicht und dieses verunreinigt.
3. Bei Mineralölprodukten handelt es sich um wassergefährdende, grundwasserfremde Stoffe.
Mineralölverunreinigter Boden ist grundsätzlich als gefährlicher Abfall einzustufen.
4. Bisher sind ca. 2.400 Tonnen kontaminiertes Erdmaterial ausgehoben und entsorgt worden, es sind aber auf Grund der Messergebnisse noch Kontaminationen im östlichen und südöstlichen Bereich vorhanden."
Die Umsetzung der im erstinstanzlichen Bescheid im ersten Rechtsgang erteilten Aufträge werde nach wie vor als unbedingt notwendig erachtet.
Mit Bescheid der BH vom 6. April 2001 wurde den Beschwerdeführern neuerlich aufgetragen, als Verpflichtete im Sinne des § 31 WRG 1959 näher bezeichnete (mit denen des Bescheides vom 21. Dezember 2000 übereinstimmende) Maßnahmen zu treffen. Die rechtliche Beurteilung der Verpflichteteneigenschaft deckt sich mit der bereits zuvor von der BH vertretenen (oben wiedergegebenen) Ansicht.
Die Beschwerdeführer beriefen. Sie führten in der Berufung im Wesentlichen Mängel des Ermittlungsverfahrens und Begründungsmängel des Bescheides der BH ins Treffen; so sei dem erstinstanzlichen Bescheid nicht zu entnehmen, wie der Umstand erklärt werde, dass durch 19 Jahre hindurch beinahe wöchentlich zwischen 50 und 80 bzw. 20 und 30 Liter Hydrauliköl ausgetreten wäre, und rund 10 Liter pro Störfall ins Erdreich gelangen hätten müssen, obwohl der wesentliche Bereich unter den hydraulikölführenden Leitungen asphaltiert gewesen sei. Entgegen der gesetzlichen Verpflichtung sei es auch unterlassen worden, die in ihrer Stellungnahme vorgebrachten Zweifel aufzugreifen und die beantragten weiteren Untersuchungen und Zeugeneinvernahmen vornehmen zu lassen.
Weiters wurde angeführt, dass die Aufträge 5 und 6 des erstinstanzlichen Bescheides der Bestimmung des § 31 Abs. 3 WRG 1959 zuwider liefen, da die Gesetzesbestimmung lediglich die Möglichkeit eröffne, dem Verursacher die erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung einer Grundwasserverunreinigung aufzutragen, keinesfalls aber verlange, dass gleichsam eine Projektsdarstellung über die durchgeführte Kontaminationsentfernung vom Verursacher zu liefern sei. Überdies sei es der Behörde verwehrt, durch Erfüllung des Punktes 6 des Bescheidauftrages in fremdes Eigentum, namentlich in das der Gebrüder W., welchen ja der Schadensort seit 1999 eigentümlich sei, einzugreifen. Eine Verfüllung mit den im Punkt 6 angeführten Materialien könne wohl nur dem jeweiligen Liegenschaftseigentümer aufgetragen werden.
Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung als unbegründet ab (Spruchpunkt I); die aufgetragenen Maßnahmen seien bis längstens 30. August 2001 abzuschließen (Spruchpunkt II).
Die belangte Behörde stellte - ausgehend davon, dass im vorliegenden Fall der Frage des Zeitpunktes des Eintritts der vorgefundenen Ölkontaminationen wesentliche Bedeutung zukäme - fest, es hätte sich unzweifelhaft ergeben, dass im Schadensbereich während des Sägewerksbetriebs der KG Manipulationen mit Mineralölprodukten zumindest während eines Zeitraumes von annähernd 20 Jahren vorgenommen worden seien. Im Schadensbereich hätten sich im vorangeführten Zeitraum zwei Hydraulikaggregate samt Tanks und Leitungen für die Kreissägen und Kettenförderer befunden. Glaubhaft sei die Aussage des ehemaligen Werkstättenleiters, wonach es immer wieder zu technischen Gebrechen gekommen sei, bei denen jeweils beträchtliche Mengen von Hydrauliköl ausgetreten seien. Dazu käme, dass im Jahr 1992 im selben Bereich eine Ölkontamination vorgefunden worden sei, die offenkundig dieselben Ursachen gehabt hätte.
Die Verunreinigung stamme von Mineralölprodukten, die laut Analyse Schmiermittel seien und jedenfalls nicht Treibstoffe oder Heizöle. Im Jahr 1992 sei jenes Heizhaus errichtet worden, bei dessen Abriss nunmehr die gegenständlichen Ölverunreinigungen vorgefunden worden seien. Wie die Ermittlungsergebnisse zeigten, habe sich unterhalb des Fundaments eine Aufschüttung befunden, die von der Verunreinigung nicht betroffen gewesen sei, was auch darauf hindeute, dass die Verunreinigungen während des Betriebs des Sägewerks erfolgt sein müssten.
Diese Ermittlungsergebnisse ließen unzweifelhaft darauf schließen, dass die Verunreinigungen während des Sägewerksbetriebs erfolgt und die Beschwerdeführer zu Recht als Verpflichtete nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 herangezogen worden seien.
Mit Punkt 5 der Bescheidauflagen werde keine Projektsdarstellung aufgetragen, sondern die Ziehung von nachprüfbaren Bodenproben. Diese Maßnahme erscheine der belangte Behörde unumgänglich, um den Erfolg der Sanierung beurteilen zu können. Diese Anordnung sei von § 31 Abs. 3 WRG 1959 gedeckt. Hinsichtlich Punkt 6 der aufgetragenen Maßnahmen sei zu bemerken, dass nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Dritte, in deren Rechtssphäre eine von ihnen nicht verursachte Gefahr einer Gewässerverunreinigung eingetreten sei oder in deren Rechtssphäre Maßnahmen zur Bekämpfung einer Gewässerverunreinigung durchgeführt werden müssten, zur Duldung dieser Maßnahmen verpflichtet seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde; die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf "rechtmäßige Anwendung des § 31 WRG" und auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verwaltungsverfahrens verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 17. Oktober 2002 den Parteien des Verfahrens gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz VwGG - unter Darstellung von bisher nicht bekannt gegebenen Gründen für eine allfällige Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides - Gelegenheit gegeben, zur Frage der Verpflichteteneigenschaft der Beschwerdeführer Stellung zu nehmen.
Der Parteien des Verfahrens haben dazu jeweils mit Schriftsätzen vom 5. Dezember 2002 Stellung genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 31 WRG 1959 (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 155/1999) hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:
"§ 31. (1) Jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, hat mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.
(2) ...
(3) Wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, so hat die Wasserrechtsbehörde, soweit nicht der unmittelbare Werksbereich eines Bergbaues betroffen wird, die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Wenn wegen Gefahr im Verzuge eine Anordnung der Wasserrechtsbehörde nicht abgewartet werden kann, ist der Bürgermeister befugt, die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen - soweit nicht dem Bergrecht unterliegende Anlagen betroffen werden - unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Gefahr im Verzug ist jedenfalls gegeben, wenn eine Wasserversorgung gefährdet ist.
(4) Kann der nach Abs. 1 Verpflichtete nicht gemäß Abs. 3 beauftragt oder zum Kostenersatz herangezogen werden, dann kann an seiner Stelle dem Liegenschaftseigentümer der Auftrag erteilt oder der Kostenersatz auferlegt werden, wenn er den Anlagen oder Maßnahmen, von denen die Gefahr ausgeht, zugestimmt oder sie freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Dies gilt auch für Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers, wenn sie von den Anlagen oder Maßnahmen, von denen die Gefahr ausgeht, Kenntnis hatten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben mussten.
(5) Maßnahmen, die Gegenstand einer behördlichen Anordnung oder eines behördlichen Auftrages gemäß Abs. 3 oder 4 sind, bedürfen keiner wasserrechtlichen Bewilligung oder einer Bewilligung nach anderen Vorschriften. Soweit durch solche Maßnahmen Rechte Dritter berührt werden, findet § 72 Anwendung.
(6) Abs. 4 ist auf Anlagen Maßnahmen oder Unterlassungen, die vor dem 1. Juli 1990 entstanden sind oder gesetzt wurden, mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Liegenschaftseigentümer nur zu Leistungen nach Abs. 3 herangezogen werden kann, wenn er die Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen, welche die Gewässerverunreinigung verursachen, auf eigenem Boden ausdrücklich gestattet und daraus in Form einer Vergütung für die Inanspruchnahme seines Eigentums einen Vorteil gezogen hat. Seine Leistungspflicht ist jedoch auf jenen Wert des Vorteils begrenzt, der die übliche Vergütung für die Inanspruchnahme seines Eigentums überstieg. Lässt sich die übliche Vergütung nicht vergleichsweise feststellen, ist sie nach dem Wert des verursachten Nutzungsentganges und der verursachten sonstigen Nachteile - ausgenommen die Leistungspflicht nach Abs. 4 - zu bemessen."
§ 31 Abs. 3 WRG 1959 bezieht sich auf den Verpflichteten nach § 31 Abs. 1 WRG 1959. Dies war im vorliegenden Fall - auf Grundlage der Feststellungen der belangten Behörde - die KG. Wäre die KG noch nicht gelöscht und damit ihre Existenz beendet worden, wäre der wasserpolizeiliche Auftrag an die KG als Verursacherin im Sinne des § 31 Abs. 1 WRG 1959 (und nicht etwa an ihre persönlich haftenden Gesellschafter) zu richten gewesen. Unstrittig ist nämlich im vorliegenden Fall, dass die Beschwerdeführer nicht als Privatpersonen für eigenes Handeln in die Pflicht genommen werden sollten, sondern allein in ihrer Funktion als ehemals persönlich haftende Gesellschafter der nicht mehr existenten KG.
Für eine Heranziehung ehemals persönlich haftender Gesellschafter einer mittlerweile nicht mehr existenten Gesellschaft als Verpflichtete nach § 31 Abs. 1 WRG 1959 bietet § 31 WRG 1959 selbst aber keine Grundlage. Das WRG kennt auch keine direkte Gesellschafterhaftung, wie sie § 12 BAO unter Hinweis auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes für Abgabenschulden vorsieht.
Die Annahme einer Haftung ehemals persönlich haftender Gesellschafter für öffentlich-rechtliche Aufträge kann sich aber auch nicht unmittelbar auf die Vorschriften des HGB stützen. Nach § 161 Abs. 2 HGB finden auf die KG die für die Offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.
§§ 128 und 159 HGB lauten:
"§ 128. Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.
§ 159. (1) Die Ansprüche gegen einen Gesellschafter aus Verbindlichkeiten der Gesellschaft verjähren in fünf Jahren nach der Auflösung der Gesellschaft oder nach dem Ausscheiden des Gesellschafters, sofern nicht der Anspruch gegen die Gesellschaft einer kürzeren Verjährung unterliegt.
(2) ..."
Zwar haften die Komplementäre für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wozu die herrschende Meinung auch öffentlichrechtliche Ansprüche zählt, den Gläubigern persönlich (§ 128 iVm § 161 Abs. 2 GB), somit unmittelbar und unbeschränkbar; diese Haftung ist aber - anders als zum Beispiel jene nach § 12 BAO - in privatrechtlichen Normen begründet und kann somit nur im Zivilrechtsweg geltend gemacht werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 1. Dezember 1992, Zl. 88/08/0018, und vom 21. Februar 2001, Zl. 96/08/0026, sowie Urteil des OGH vom 11. Oktober 1984, 6 Ob 765/83).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang in seinem Erkenntnis vom 25. Februar 1992, Zl. 91/04/0281, VwSlg. 13.588/A, zur Frage der Verpflichtbarkeit ehemaliger persönlich haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft zu Aufträgen anlässlich der Auflassung gewerblicher Betriebsanlagen, die diese Personengesellschaft innegehabt hatte, ausgesprochen, dass
"der Wortlaut des § 128 erster Satz HGB keinen Anhaltspunkt dafür bietet, dass auf der Grundlage dieser zivilrechtlichen Haftungsnorm die Verwaltungsbehörden ermächtigt wären, (schlechthin) eine Haftung der Gesellschafter für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die Gesellschaft geltend zu machen."
Es ist nicht erkennbar, was im Gegensatz dazu im vorliegenden Fall für die Annahme einer solchen Haftung der Gesellschafter (hier: für die Einhaltung der Vorschriften des § 30 WRG 1959) sprechen würde.
Die belangte Behörde vertritt in diesem Zusammenhang in ihrem Schriftsatz vom 5. Dezember 2002 die Auffassung, § 31 Abs. 1 WRG 1959 stelle selbst einen engen Bezug zum Zivilrecht her, wenn er von der im Sinne der §§ 1297 und 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt spreche; das WRG 1959 regle zudem auch zivilrechtliche Tatbestände und beinhalte sogar Eigentumszuordnungsregeln in §§ 2 und 3. Im Sinne der Einheit der Rechtsordnung sollte daher eine Heranziehung der Haftungsbestimmungen des HGB in Betracht gezogen werden. Der Verwaltungsgerichtshof vermag dieser Ansicht nicht zu folgen. Würden die Haftungsregelungen des HGB grundsätzlich auch im Bereich des öffentlichen Rechtes gelten, so erübrigten sich ausdrückliche Regelungen wie z.B. in § 12 BAO. Von einer Geltendmachung der Haftung im Sinne des § 128 HGB (auch) auf öffentlich-rechtlicher Ebene kann - ohne ausdrücklich Anordnung durch den Gesetzgeber - daher nicht ausgegangen werden.
Die zitierten Haftungsbestimmungen des HGB stützen daher eine über das Ende des Bestehens der Gesellschaft als Verursacherin nach § 31 WRG 1959 hinausgehende Haftung deren ehemaliger persönlich haftender Gesellschafter nicht.
Gegen die dem angefochtenen Bescheid (implizit) zu Grunde liegende gegenteilige Rechtsansicht sprechen aber darüber hinaus noch folgende Überlegungen:
§ 31 WRG 1959 regelt in seinen Absätzen 4 bis 6 detailliert die subsidiär zur Heranziehung des Verpflichteten nach § 31 Abs. 1 WRG 1959 greifende Liegenschaftseigentümerhaftung. Diese Haftungsregelung erhielt das WRG durch die WRG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252.
Die Erläuterungen zu dieser Gesetzesbestimmung (XVII GP 1152 RV) haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:
"§ 31 Abs. 1 verpflichtet jedermann zu gewässerschonendem Verhalten. Verpflichteter ist derjenige, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen zu einer Gewässerverunreinigung führen können. Gemäß Abs. 2 hat der Verpflichtete bei Eintritt der Gefahr einer Gewässerverunreinigung die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Abs. 3 ermächtigt die Behörden, dem Verpflichteten die erforderlichen Maßnahmen aufzutragen oder diese bei Gefahr im Verzug auf Kosten des Verpflichteten durchzuführen. Immer wieder allerdings werden Gewässergefährdungen erst bekannt, lange nachdem die verursachende Tätigkeit eingestellt wurde. Ein Verursacher ist oft nicht bekannt, nicht mehr existent (liquidierte Gesellschaft oä) oder ist nicht (mehr) entsprechend leistungsfähig. In solchen Fällen soll die Beseitigungskosten der Grundeigentümer tragen, der seine Grundstücke für die wassergefährdende Tätigkeit zur Verfügung gestellt hat. Als Verursacher kann nämlich auch derjenige gesehen werden, der die wassergefährdende Tätigkeit eines Dritten ermöglicht, erleichtert oder sonst begünstigt. Um Missbräuchen vorzubeugen, soll die Haftung auch auf allfällige Rechtsnachfolger ausgedehnt werden, wenn sie von den gefährlichen Maßnahmen Kenntnis hatten oder Kenntnis haben mussten."
Der Gesetzgeber der WRG-Novelle 1990 legte der Einführung der subsidiären Liegenschaftseigentümerhaftung offenbar als eines der Motive den Fall zu Grunde, dass die die Gewässerverunreinigung verursachende Gesellschaft wegen Liquidation nicht mehr existiert und daher nicht mehr als Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages in Frage kommt. Gerade in diesem Fall sollte - bei Vorliegen der Voraussetzungen der Abs. 4 bis 6 - an Stelle des Verursachers (der Gesellschaft) der Liegenschaftseigentümer und nicht etwa ehemalige Gesellschafter als Adressat eines behördlichen Auftrages herangezogen werden. Auch dieser Hintergrund der Entstehungsgeschichte der Abs. 4 bis 6 des § 31 WRG 1959 spricht gegen die Heranziehung ehemalig persönlich haftender Gesellschafter als Adressaten eines wasserpolizeilichen Auftrages.
Auch die diesbezüglich ins Treffen geführten Argumente der belangten Behörde vermögen nicht zu überzeugen. Zweifelsfrei geht § 31 Abs. 1 und 3 WRG 1959 vom Verursacherprinzip aus; ein Auftrag nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 kann aber nur an einen rechtlich noch existenten Verursacher gerichtet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2002, Zl. 2002/07/0043). Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, dass im vorliegenden Fall - folgt man den Angaben der belangten Behörde, die sich mit dem Akteninhalt decken - auch keine subsidiäre Liegenschaftseigentümerhaftung nach § 31 Abs. 4 und 6 WRG 1959 in Frage kommt. Die Rechtslage führt im vorliegenden Fall dazu, dass kein Adressat für den wasserpolizeilichen Auftrag existiert - ein Ergebnis, das durchaus auch Folge anderer Sachverhaltskonstellationen sein kann. Es wäre dem Gesetzgeber, dem diese Problematik ja nicht unbekannt war (vgl. die oben wiedergegebenen Erläuterungen zu § 31 WRG 1959), aber freigestanden, entsprechende Regelungen zu treffen, um in Fällen wie dem vorliegenden auf die ehemals haftenden Gesellschafter einer für die Gewässerverunreinigung verantwortlichen, aber nicht mehr existenten Gesellschaft zurückgreifen zu können. Mangels solcher Regelungen erweist sich aber die Inpflichtnahme ehemals persönlich haftender Gesellschafter einer nicht mehr existenten KG als rechtswidrig.
Die im angefochtenen Bescheid erfolgte Heranziehung der Beschwerdeführer als Adressaten des wasserpolizeilichen Auftrages stand somit auf Grund der dargestellten Überlegungen mit der Rechtslage nicht im Einklang.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 21. Jänner 2003
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001070105.X00Im RIS seit
02.05.2003