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L94406 Krankenanstalt Spital Steiermark;Norm
AVG §39 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der Ärztekammer für Steiermark, vertreten durch Dr. Nikolaus Kodolitsch, Dr. Wolfgang Nopp und Mag. Alexander Kodolitsch, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 1, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 6. September 2000, Zl. 12- 87 Wa 10/15 - 2000, betreffend Errichtungsbewilligung für ein selbständiges Ambulatorium (mitbeteiligte Partei: Dr. T in G), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Mit Eingabe vom 5. Februar 1999 beantragte der Mitbeteiligte die Erteilung der Errichtungsbewilligung für ein selbständiges Ambulatorium ("Institut für Stoffwechselkrankheiten und Arteriosklerosevorsorge") in Graz an einem näher bezeichneten Standort. Das Ambulatorium ist dazu bestimmt, Patienten mit näher genannten Stoffwechselkrankheiten "eine umfassende Diagnostik und Therapieoptimierung dieser Stoffwechselkrankheiten sowie eventuell vorhandener Folgekrankheiten anzubieten". Durch die Therapie soll in weiterer Folge das kardiovaskuläre Risiko der Patienten reduziert werden.
Mit Schreiben vom 15. Mai 1999 ergänzte der Mitbeteiligte seinen Antrag und beschrieb die "Zielsetzung des beantragten Institutes" wie folgt:
"Das beantragte Institut soll primär dazu dienen für Patienten mit (morbider und/oder androider) Adipositas (mit und ohne Adipositas-getriggerte Folgekrankheiten) integrierte Betreuungsmodelle anzubieten. Dies beinhaltet vor allem die Durchführung von Langzeitprogrammen zur Gewichtsreduktion unter Einbeziehung von Ernährungswissenschaftlern, Psychotherapeuten und Sporttherapeuten sowie die Durchführung von strukturierten, evaluierten Patientenschulungen. Weiters soll im Bereich der durch Adipositas-getriggerten Stoffwechselkrankheiten (gestörte Glukosetoleranz, Diabetes mellitus Typ-II, Hyper(Dys-)lipidämien) eine umfassende Diagnostik und Therapieoptimierung dieser Stoffwechselkrankheiten sowie eventuell vorhandener Folgekrankheiten angeboten werden. Durch eine solche, möglichst optimale, Therapie soll in weiterer Folge das kardiovaskuläre Risiko der Patienten reduziert werden."
Der medizinische Amtssachverständige der Fachabteilung für das Gesundheitswesen des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung äußerte sich in seinem Gutachten vom 20. Mai 1999 wie folgt:
".... Die Zielsetzung des beantragten Institutes soll primär einer umfassenden Diagnostik und Therapieoptimierung des Diabetes mellitus und seiner vorhandenen Folgekrankheiten dienen, womit in weiterer Folge vor allem kardiovaskuläre Risikofaktoren reduziert werden können. In der vom Konsenswerber eingebrachten Unterlage ist eine ganz deutliche Beschreibung des Untersuchungs- und Therapieablaufes bei Diabetes mellitus Typ I- und Diabetes mellitus Typ II-Patienten, Hyperlipidämien, gestörter Glucosetoleranz sowie androider Adipositas angeführt. Auch die dafür notwendigen gerätemäßigen und personellen Voraussetzungen sind vorhanden.
Der Landessanitätsrat für Steiermark gab als Grund für die Ablehnung dieses Ansuchens an, dass diese medizinischen Leistungen heute schon in jeder internen Praxis im Sinne einer niedergelassenen ärztlichen Tätigkeit angeboten werden. Dazu führt die Fachabteilung für das Gesundheitswesen an, daß dies absolut nicht der Fall ist und nur in wenigen internen Praxen eine umfassende zielgerichtete Betreuung von Diabetikern zwecks Behandlung und Vermeidung von kardiovaskulären Folgeerscheinungen inklusive Patientenschulung angeboten wird.
Tatsache ist, daß z. B. von einer überwiegenden Anzahl niedergelassener Ärzte nicht einmal ein Blutzuckertagesprofil zur Erkennung eines Diabetes mellitus bzw. eine Glucosebelastung bei Grenzwertfällen durchgeführt wird, sondern die Untersuchung sich auf die Erstellung eines Nüchternblutzuckerwertes beschränkt, womit schon in vielen Fällen potentielle Diabetiker übersehen werden.
Eine eigene Patientenschulung, die beim Diabetiker in Hinsicht auf Diät, Lebensweise und Applikation oraler Antidiabetika bzw. Insulin zielt, ist in seltensten Fällen im niedergelassenen Ärztebereich verfügbar.
Aus diesen Gründen scheint die geplante Einrichtung eines Institutes für Stoffwechselerkrankungen, Arteriosklerosevorsorge durchaus wünschenswert, wobei auch eine enge Zusammenarbeit mit niedergelassenen Internisten im Sinne einer umfassenden Diabetesbehandlung vorteilhaft wäre.
Seitens der Fachabteilung für das Gesundheitswesen wird der Antrag daher positiv beurteilt."
Die Beschwerdeführerin äußerte sich zum Antrag in ihrer Stellungnahme vom 7. Juni 1999 dahingehend, dass das für das beantragte Ambulatorium angestrebte Leistungsspektrum von den niedergelassenen Kassenvertragsärzten (Allgemeinmediziner wie auch Fachärzte für Innere Medizin) in Graz zur Gänze abgedeckt werde; ein Bedarf für die Errichtung einer zusätzlichen Einrichtung sei nicht gegeben. In den Ordinationen der niedergelassenen Ärzte könnten die in Aussicht genommenen Leistungen überdies sowohl patientenfreundlicher als auch medizinisch wirksamer erbracht werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die beantragte "sanitätsbehördliche Errichtungsbewilligung" gemäß §§ 3 und 4 des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes 1999 - KALG unter Nebenbestimmungen erteilt. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, dass im Rahmen des durchgeführten Bedarfsermittlungsverfahrens alle Institutionen im Sinne des § 3 Abs. 3 KALG zum Antrag gehört worden seien. Die Wirtschaftskammer Steiermark, der Magistrat Graz, das Gesundheitsamt, die Fachabteilung für das Gesundheitswesen und die Steiermärkischen Krankenanstalten GmbH hätten sich positiv geäußert bzw. keine Einwendungen erhoben. Der Landessanitätsrat sei davon ausgegangen, dass alle angeführten Leistungen des neu zu begründenden Institutes ausreichend durch niedergelassene Ärzte angeboten würden. Die Beschwerdeführerin sehe ebenfalls das Leistungsspektrum zur Gänze abgedeckt. Dem habe die Fachabteilung für Gesundheitswesen widersprochen und im Schreiben vom 20. Mai 1999 festgestellt, dass in nur wenigen internen Praxen eine umfassende zielgerichtete Betreuung von Diabetikern zwecks Behandlung und Vermeidung von kardiovaskulären Folgeerscheinungen inklusive Patientenschulung angeboten werde. Nach Vorlage umfangreicher Statistiken durch den Mitbeteiligten zum Nachweis der Notwendigkeit der Errichtung des Institutes habe sich der Landessanitätsrat für Steiermark zur Bedarfsfrage nun dahingehend geäußert, dass der Antrag dann befürwortet werden könne, wenn der Konsenswerber als Facharzt mit den notwendigen Zusatzausbildungen während der gesamten Institutszeiten anwesend sei.
Die belangte Behörde stützte sich in der Folge auf die Ausführungen ihres medizinischen Amtssachverständigen, dessen Gutachten sie im angefochtenen Bescheid wiedergab, und führt sodann aus:
Diese fachliche Äußerung könne aus Sicht der Behörde als fundierte Grundlage für die Bejahung des Bedarfes gewertet werden. Zum zweiten Gutachten des Landessanitätsrates für Steiermark habe die Fachabteilung ihre ursprünglich geäußerte Meinung vollinhaltlich aufrechterhalten. Im Übrigen sei die Argumentation des Landessanitätsrates nicht nachzuvollziehen, da es im Sinne einer optimalen Patientenbetreuung nur erforderlich sei, qualifiziertes medizinisches Personal zur Verfügung zu haben. Es reiche daher aus, wenn ein(e) gleichartig qualifizierte Facharzt/Fachärztin während der Institutszeiten anwesend ist, ohne dass der Mitbeteiligte dort als ärztlicher Leiter tätig sein müsse. Das Leistungsangebot des bewilligten Ambulatoriums müsse als Ganzes gesehen werden, Teilbereiche des Spektrums, die von verschiedenen niedergelassenen Ärzten angeboten würden, seien bei der Bedarfsbeurteilung nicht herauszulösen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art. 131 Abs. 2 B-VG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 KALG gestützte Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Mitbeteiligten im Grunde der §§ 3 und 4 Steiermärkisches Krankenanstaltengesetz 1999 - KALG, LGBl. Nr. 66/1999 (WV), die Bewilligung zur Errichtung eines Institutes für Stoffwechselerkrankungen und Arteriosklerosevorsorge erteilt.
Eine Einrichtung dieser Art ist eine Krankenanstalt gemäß § 1 Abs. 3 Z. 7 KALG (selbständiges Ambulatorium, "das ist eine organisatorisch selbstständige Einrichtung, die der Untersuchung oder Behandlung von Personen dient, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen").
Die für das Verfahren zur Erteilung einer Errichtungsbewilligung einer Krankenanstalt maßgeblichen Bestimmungen des KALG haben folgenden Wortlaut (auszugsweise; soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich):
"§ 3
Errichtungsbewilligung
(1) Die Errichtung einer Krankenanstalt bedarf nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Bewilligung der Landesregierung.
(2) Diese kann unbeschadet der nach sonstigen Rechtsvorschriften erforderlichen Voraussetzungen nur erteilt werden, wenn
a) ein Bedarf im Sinne des Abs. 3 nach einer Krankenanstalt hinsichtlich des angegebenen Anstaltszweckes (§ 1 Abs. 3 und § 2a) und des in Aussicht genommenen Leistungsangebotes gegeben ist;
(...)
(3) Der Bedarf ist nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot sowohl nach dem Landes-Krankenanstaltenplan als auch im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbstständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen, (…) zu beurteilen.
…
§ 4
Verfahren zur Errichtungsbewilligung
(1) Der Bewerber hat dem Antrag um die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt maßgerechte Baupläne eines befugten Sachverständigen sowie Bau- und Betriebsbeschreibungen in dreifacher Ausfertigung anzuschließen. Aus diesen Unterlagen muss insbesondere der beabsichtigte Verwendungszweck der Anstaltsräume einschließlich einer Aufstellung über die vorgesehenen medizinischen Geräte und bei den für die Behandlung und Unterbringung der Patienten sowie für die Unterbringung und den Aufenthalt des Anstaltspersonals bestimmten Räumen auch die Größe der Bodenfläche und des Luftraumes sowie der Bettenstand zu ersehen sein. Diese Anträge haben den Anstaltszweck (§ 1 Abs. 3 und § 2a) und das in Aussicht genommene Leistungsangebot genau zu bezeichnen.
(2) Bei Prüfung des Bedarfes (§ 3 Abs. 2 lit. a und Abs. 3) sind neben den Parteien gemäß § 5a auch die Träger der öffentlichen Krankenanstalten des jeweiligen Versorgungssektors (§ 24) zu hören.
(3) Nach Feststellung des Bedarfes, der Unbedenklichkeit des Bewerbers und nach erfolgtem Nachweis des Eigentums oder sonstiger Rechte zur Benützung der für die Anstalt in Aussicht genommenen Betriebsanlagen ist im weiteren Verfahren unter Mitwirkung medizinischer und technischer Sachverständiger zu prüfen, ob die vom Bewerber für den unmittelbaren Betrieb der Krankenanstalt im Wesentlichen vorgesehenen Einrichtungen dem im Antrag angegebenen Anstaltszweck genügen und ob die zum Schutze der Patienten, des Anstaltspersonals und der Besucher erforderlichen Vorkehrungen getroffen sind. Im Verfahren ist die Gemeinde, in deren Gebiet die Krankenanstalt errichtet werden soll, zu hören.
(4) Vor Entscheidung über den Antrag ist ein Gutachten des Landeshauptmannes, das hiezu vom Standpunkt der sanitären Aufsicht Stellung nimmt, und ein Gutachten des Landessanitätsrates einzuholen.
§ 5a
Parteistellung im Errichtungsbewilligungsverfahren für Krankenanstalten
(1) Im Verfahren zur Erteilung der Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt haben die gesetzliche Interessenvertretung privater Krankenanstalten und betroffene Sozialversicherungsträger, bei selbstständigen Ambulatorien auch die Ärztekammer für Steiermark sowie bei Zahnambulatorien auch die Österreichische Dentistenkammer hinsichtlich des nach § 3 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 zu prüfenden Bedarfes Parteistellung im Sinne des § 8 AVG und das Recht der Beschwerde gemäß Artikel 131 Abs. 2
B-VG.
…"
Da der Beschwerdeführerin im Verfahren zur Erteilung der Errichtungsbewilligung eines selbständigen Ambulatoriums nur hinsichtlich des zu prüfenden Bedarfs Parteistellung nach § 8 AVG und insoweit das Recht der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG zukommt, ist im Beschwerdefall nur zu prüfen, ob die belangte Behörde zutreffend den Bedarf für ein selbständiges Ambulatorium für Stoffwechselerkrankungen und Arteriosklerosevorsorge mit dem beantragten Leistungsangebot im angegebenen Standort bejaht hat.
Ein Bedarf gemäß § 3 Abs. 3 KALG ist dann gegeben, wenn durch die Errichtung des Ambulatoriums die ärztliche Betreuung der Bevölkerung wesentlich erleichtert, beschleunigt, intensiviert oder in anderer Weise wesentlich gefördert wird (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. August 1999, Zl. 98/11/0188, und die bei Schneider, Ärztliche Ordinationen und Ambulatorien im Verwaltungs- , Sozial- und Steuerrecht (2001), 111 ff zitierte hg. Rechtsprechung). Die hier zu beurteilende Bedarfsprüfung bei erwerbswirtschaftlich geführten Ambulatorien dient wesentlich dem vom Gesetzgeber gewählten System für das Gesundheitswesen, welches die Leistungserbringung vorrangig durch niedergelassene Kassenärzte und nicht durch ein institutionelles System mit überwiegend in Dienstverhältnissen beschäftigen Ärzten gesichert sehen will (siehe eingehend das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. März 1999, Slg. 15456).
Im Beschwerdefall ist bei der Bedarfsprüfung daher zu klären, ob der im Ambulatorium des Mitbeteiligten angebotene Leistungskatalog bereits durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen gedeckt ist. Unberücksichtigt zu bleiben haben hierbei grundsätzlich Anstaltsambulatorien öffentlicher Krankenanstalten (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2002, Zl. 2000/11/0259). In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass die vom "Existenzschutz" des Krankenanstaltenrechtes erfassten, also die im örtlichen Nahebereich des geplanten Ambulatoriums befindlichen vorgenannten Ärzte und Einrichtungen, nicht das gesamte von diesem in Aussicht genommene Leistungsspektrum anbieten müssen, damit ein Bedarf verneint werden kann (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 1. Juli 1999, Zl. 98/11/0280, ergangen zum Wiener Krankenanstaltengesetz, und vom 11. Juli 2000, Zl. 2000/11/0075). Es ist daher im Beschwerdefall zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Patienten des Einzugsgebietes durch diese Ärzte und Einrichtungen mit jenen Leistungen versorgt sind, die der Mitbeteiligte mit seinem Ambulatorium anbieten will (vgl. auch Kneihs, Bedarfsprüfung bei Ambulatorien in ZfV 2000/3/404 f). Ob bei dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot des hier in Rede stehenden Ambulatoriums die Behandlung und Untersuchung durch Ärzte verschiedener Fachrichtungen erforderlich ist, erscheint zwar unwahrscheinlich, kann vom Verwaltungsgerichtshof jedoch mangels Vorliegens eines entsprechenden medizinischen Sachverständigengutachtens (abschließend) nicht beurteilt werden. Das Anbieten von Leistungen aus mehreren verschiedenen medizinischen Fachrichtungen allein bewirkt aber noch keine Annahme einer einen Bedarf rechtfertigenden wesentlichen Erleichterung und Intensivierung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 1998, Zl. 96/11/0155, ergangen zum Wiener Krankenanstaltengesetz, und vom 4. Oktober 2000, Zl. 99/11/0318, ergangen zur Kärntner Krankenanstaltenordnung). Dies gilt auch für den Fall, dass in dem zu errichtenden Ambulatorium neben den ärztlichen Leistungen auch Leistungen gehobener medizinisch-technischer Dienste i.S.d. MTD-Gesetzes - im vorliegenden Fall z.B. des Diätdienstes und ernährungsmedizinischen Beratungsdienstes (§ 1 Z. 4 MTD-Gesetz) - angeboten werden.
Die Beschwerdeführerin rügt die Feststellung im angefochtenen Bescheid, die im Antrag des Mitbeteiligten angeführten Leistungen würden nur in wenigen internen Praxen angeboten, die überwiegende Anzahl der niedergelassenen Ärzte böte wesentliche Leistungen nicht an. Die belangte Behörde habe für diese Feststellung keine nachvollziehbare Grundlage.
Die belangte Behörde folgte im angefochtenen Bescheid den Ausführungen ihres medizinischen Amtssachverständigen (Fachabteilung für das Gesundheitswesen). Dessen - zur Klärung des Bedarfs gemäß § 3 Abs. 3 KALG maßgebliche - Sachverhaltsannahmen sind jedoch nicht überprüfbar, weil weder die Behörde Beweisaufnahmen durchgeführt hat noch der Sachverständige bei Darstellung des Sachverhaltes in seinem Befund die für sein Urteil erforderlichen Sachverhaltsgrundlagen und die Art ihrer Beschaffung genannt hat. Sein Gutachten ist daher nicht schlüssig und demnach nicht nachvollziehbar.
Bei der Prüfung des Bedarfes steht im Vordergrund, in welchem Umfang ein Bedürfnis des in Frage kommenden Bevölkerungskreises nach Untersuchung und Behandlung besteht und inwieweit es durch die vorhandenen Ärzte und Einrichtungen im oben erwähnten Umfang befriedigt werden kann. Ohne Feststellung der außerhalb eines geplanten Ambulatoriums bestehenden einschlägigen Behandlungsmöglichkeiten lässt sich die Bedarfsfrage nicht beurteilen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. April 1996, Zl. 94/11/0115; zur Vorgangsweise bei Ermittlung der bestehenden Versorgungsangebotes siehe u. a. das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 1997, Zl. 96/11/0342). Keinesfalls reicht es - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift offenbar meint -, wenn aus der Stellungnahme der betroffenen Gemeinde (hier: Magistrat der Stadt Graz) hervorgeht, dass mit der Bewilligung des Ambulatoriums eine wesentliche Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung verbunden wäre (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 16. Mai 1997). Von wesentlicher Bedeutung für die Bedarfsfrage ist vielmehr die Feststellung der Größe des Einzugsgebietes. Es können nämlich nur diejenigen bestehenden Behandlungseinrichtungen berücksichtigt werden, die mit dem zu errichtenden Ambulatorium in Konkurrenz treten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1988, Slg. N.F. Nr. 12746/A). Im Beschwerdefall werden in diesem Zusammenhang besonders die Verkehrsverhältnisse, insbesondere unter Berücksichtigung der öffentlichen Verkehrsmittel, in die Betrachtung mit einzubeziehen sein (vgl. das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 11. Juli 2000, Zl. 2000/11/0075). Auf Grund des zu beurteilenden Leistungsspektrums und der hiefür erforderlichen Ausstattung des Ambulatoriums wird im Beschwerdefall ausgehend vom beantragten Standort in zentraler Lage der Landeshauptstadt Graz bei Prüfung des Bedarfs im Wesentlichen jedenfalls das gesamte Stadtgebiet als Einzugsgebiet in Betracht kommen.
Als Vergleich für die Beurteilung, ob eine wesentliche Verbesserung eintritt, können - wie erwähnt - nur die bestehenden Behandlungsmöglichkeiten herangezogen werden. Hinsichtlich dieser ist also zu prüfen, inwieweit durch sie der Behandlungsbedarf befriedigt werden kann. Die Prüfung der Bedarfsfrage erfordert demnach Feststellungen, in welchem Umfang ein Bedürfnis des in Frage kommenden Bevölkerungskreises nach Untersuchung und Behandlung besteht und inwieweit dieses durch die vorhandenen Behandlungseinrichtungen befriedigt werden kann. Dazu sind insbesondere Feststellungen hinsichtlich der Anzahl, der Verkehrslage (Erreichbarkeit) und Betriebsgröße der in angemessener Entfernung gelegenen bestehenden Behandlungseinrichtungen sowie deren Ausstattung und Auslastung erforderlich (vgl. das hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2001/11/0132).
Der Hinweis der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift, die Beschwerdeführerin habe in ihrer Stellungnahme vom 7. Juni 1999 trotz Aufforderung durch die Behörde mit Schreiben vom 29. März 1999 das bestehende Versorgungsangebot "durch Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen im betroffenen Einzugsbereich" nicht bekannt gegeben, vermag das Erfordernis eines Ermittlungsverfahrens im aufgezeigten Sinn nicht zu ersetzen, weil die Behörde die Bedarfsfrage von Amts wegen zu klären hat (§ 39 Abs. 2 AVG) und die Ärztekammer diesbezüglich keine Mitwirkungspflicht trifft, diese vielmehr gemäß § 5a KALG Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG unabhängig davon erheben kann, ob sie im Verwaltungsverfahren entsprechende Anträge gestellt oder förmliche Einwendungen erhoben hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1998, Zl. 96/11/0155).
Auf Grund der aufgezeigten Feststellungs- und Begründungsmängel hat die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Wien, am 21. Jänner 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000110272.X00Im RIS seit
02.05.2003Zuletzt aktualisiert am
23.05.2014