Norm
StPO §210 Abs1Rechtssatz
1. Die Anordnung und Durchführung der Hauptverhandlung gegen eine noch nicht rechtskräftig in den Anklagestand versetzte Person stellt einen schwerwiegenden Verfahrensmangel dar, der geeignet ist, die Verteidigungsrechte empfindlich zu beeinträchtigen. Wird dieser Umstand ohne Verschulden des Beschuldigten (oder dessen Verteidigers) in der Hauptverhandlung nicht gerügt (und fehlt dem gemäß die formelle Legitimation, diesen Verfahrensmangel mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 4 (§ 345 Abs1 Z 5) StPO geltend zu machen), erkennt der OGH einer diesen Verfahrensmangel betreffenden Nichtigkeitbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes konkrete Wirkung im Sinne des letzten Satzes § 292 StPO zu, hebt das ergangene Urteil auf und trägt dem Erstgericht auf, dem Gesetz gemäß vorzugehen, vorliegend somit, die Akten zur Entscheidung über den rechtzeitig erhobenen, bislang aber unerledigt gebliebenen Einspruch dem zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz vorzulegen.
2. Ist auch gegen eine andere, rechtskräftig in den Anklagestand versetzte Person ein Schuldspruch ergangen, der mit dem Schuldspruch gegen jene Person, deren rechtzeitiger Einspruch gegen die Anklage noch unerledigt ist, in einem derartigen inneren Zusammenhang steht, daß die Aufrechterhaltung des einen Schuldspruches bei Aufhebung des anderen wenngleich nicht unmöglich, so doch untunlich erscheint, ist - soll nicht dadurch das Erstgericht in seiner Beweisführung beim zweiten Rechtsgang behindert oder in einer der Sache abträglichen Weise beeinflußt werden - gemäß § 289 StPO in Verbindung mit § 292 StPO auch der gegen diesen Mitangeklagten ergangene Schuldspruch aufzuheben, dies auch im Hinblick auf § 213 Abs 3 StPO (amtswegige Wahrnehmung des Vorliegens eines Einspruchsgrundes in Ansehung eines Mitangeklagten, der selbst keinen Einspruch erhoben hat).
Entscheidungstexte
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1975:RS0097830Dokumentnummer
JJR_19751002_OGH0002_0110OS00033_7500000_001