TE Vwgh Erkenntnis 2003/1/23 2002/06/0207

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Veröffentlicht am 23.01.2003
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauG Stmk 1995 §13;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z2;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der B in G, vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 12, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 4. November 2002, Zl. A 17 - 4.440/2002- 3, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: J  GesmbH in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 4. Juni 2002 wurde der mitbeteiligten Gesellschaft die Bewilligung zur Errichtung

a) eines unterkellerten, fünfgeschoßigen Wohn- und Bürogebäudes mit einer Tiefgarage für 16 PKW (Grundstück M 6),

b) eines Zubaues im 2. Obergeschoß des Gebäudes M 8 auf den näher angeführten Grundstücken unter Vorschreibung

zahlreicher Auflagen erteilt.

Die Einwendungen der Beschwerdeführerin, die Eigentümerin des dem Grundstück (M 6) benachbarten Grundstückes M 4 ist, wurden als unbegründet abgewiesen.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid teilweise Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid im Spruch insofern abgeändert, als die Auflagen 28 (betreffend Lärmschutzmaßnahmen) und 29 (betreffend die Ausführung der Tiefgarageneinhausung) angefügt wurden. Diese Entscheidung wurde - soweit es beschwerderelevant ist - im Hinblick auf die umfangreichen Ausführungen der Beschwerdeführerin zur geschlossenen Verbauung zwischen dem zu errichtenden Gebäude M 6 und dem auf dem Grundstück Nr. 1684 bestehenden Gebäude (M 8) damit begründet, dass das künftig zu errichtende vier- bis fünfgeschoßige Wohn- und Bürogebäude mit einer Tiefgarage für 16 PKW (auf dem Grundstück M 6) in einem Abstand von 8,75 m zur Grenze der Liegenschaft der Beschwerdeführerin (das Grundstück Nr. 1678) errichtet werde, sodass der vom Gesetz geforderte Grenzabstand jedenfalls eingehalten werde. Der überdachte, oberirdische Teil des Tiefgaragenbauwerkes (also die eingehauste Tiefgaragenrampe) sei gemäß § 13 Abs. 4 Stmk. BauG nicht als Geschoß in der jeweiligen Gebäudefront anzurechnen, da die Außenwandfläche zu weniger als 50 % und im Mittel weniger als 1,5 m hoch über dem natürlichen Gelände liege. Daraus folge, dass der überdachte, oberirdische Teil des Tiefgaragenbauwerkes keinen Grenzabstand einhalten müsste. Aber auch dieser Bereich des Tiefgaragenbauwerkes sei gemäß der planlichen Darstellung 4,05 m von der Nachbargrundgrenze entfernt und halte zu dem sich im Eigentum der Beschwerdeführerin befindlichen viergeschoßigen Gebäude einen Abstand von 7,45 m ein. Das geplante vier- bis fünfgeschoßige Wohn- und Bürogebäude halte zum viergeschoßigen Gebäude der Beschwerdeführerin einen Abstand von 12,09 m bzw. im fünfgeschoßigen Bereich einen Abstand von 13,59 m ein. Daraus folge, dass sowohl der vom Gesetz geforderte Grenz- als auch der Gebäudeabstand beim gegenständlichen Bauvorhaben eingehalten werde und sohin keine Abstandsverletzung vorliege.

Soweit sich die Beschwerdeführerin dagegen wende, dass keine ordnungsgemäße Kupplung des geplanten Gebäudes (M 6) zu dem sich auf dem Grundstück Nr. 1684 (M 8) befindlichen Gebäude erfolge, sei - wie dies die erste Instanz bereits zu Recht getan habe - festzustellen, dass ein Nachbar nur eine Abstandsverletzung zu seinem Grundstück hin geltend machen könne und für ihn keine Möglichkeit bestehe, die Einhaltung von Abständen auf der von seinem Grundstück abgewandten Seite des Bauplatzes zu beeinflussen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Einhaltung der Abstandsbestimmungen verletzt. Sie wendet sich in ihrem gesamten Beschwerdevorbringen dagegen, dass am bestehenden Gebäude auf dem Grundstück M 8 zu dem neu zu errichtenden Gebäude auf dem Grundstück M 6 im 2. Obergeschoss ein auskragender Bauteil in Glaskonstruktion mit Dachterrasse bis an die Grundgrenze errichtet werden solle. Es fehle ihrer Auffassung jegliche Feststellung dahingehend, dass seitens des Konsenswerbers kein Interesse an der Nutzung und auch kein Recht hinsichtlich dieses Teiles in irgendeiner Weise gegeben sei. Dieser im zweiten Obergeschoß des auf dem Grundstück M 8 bestehenden Gebäudes geplante Bauteil stelle einen nicht funktionsbedingten Auswuchs von Konstruktionswünschen geringsten Ausmaßes durch Vortäuschung einer geschlossenen Bebauung dar. Es seien von der Behörde keine Erhebungen und Feststellungen dahingehend getroffen worden, inwieweit bei Einhaltung der zwingenden Abstandsbestimmungen eine Verbaubarkeit des Bauplatzes M 6 gegeben sei. Bei Einhaltung der zwingenden Abstandsbestimmungen könnte das Gebäude M 6 nicht errichtet werden. Wenn das Gebäude M 6 in der beantragten Planung nicht zur Ausführung gelangen könne, falle damit teilweise oder gänzlich die Belastung durch die Lärmimmissionen hinsichtlich des Hauses der Beschwerdeführerin (M 4) weg. Weiters meint die Beschwerdeführerin, es handle sich bei diesem auskragenden Bauteil um eine scheinbare Anbindung des Gebäudes im Sinne einer geschlossenen bzw. gekuppelten Bauweise an das Haus M 6. Die Mitbeteiligte habe keinerlei Nutzungs- oder Wertschöpfungsinteresse hinsichtlich des Gebäudes auf dem Grundstück M 8. Nach dem Gutachten des Stadtplanungsamtes sei im vorliegenden Bereich eine gekuppelte Bebauungsweise vorgesehen. Durch die vorliegende Baubewilligung verändere sich bei dem Haus M 8 die bisherige Ankuppelung an das Haus M 10 in eine geschlossene Bebauungsweise zwischen diesem und dem zu errichtenden Gebäude M 6. Der dargestellte Scheinanbau des Hauses M 8 könne nicht als geeignet erachtet werden, eine gekuppelte Bauweise zu bewirken und das Verbot des Entstehens von "Reichen" und von zu geringen Gebäudeabständen zu überdecken. Weiters erachtet die Beschwerdeführerin den Standpunkt der Behörde, dass Abstandsverletzungen außerhalb des Grenzbereiches zur Beschwerdeführerin ohne rechtliche Bedeutung für sie seien, als rechtswidrig. Die Nichteinhaltung von Abstandsbestimmungen außerhalb des Grenzbereiches eines eine Einwendung erhebenden Nachbarn könne nur dann nicht von Relevanz sein, wenn die Einhaltung der Abstandsbestimmungen nicht zwingend zur Abweisung des Bauvorhabens führe.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht.

Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995, kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind gemäß § 26 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. u.a. die Bestimmungen über die Abstände (§ 13).

Gemäß § 13 Abs. 1 Stmk. BauG sind Gebäude entweder unmittelbar aneinander zu bauen oder müssen voneinander einen ausreichenden Abstand haben. Werden zwei Gebäude nicht unmittelbar aneinander gebaut, muss ihr Abstand mindestens so viele Meter betragen, wie die Summe der beiderseitigen Geschoßanzahl, vermehrt um 4, ergibt (Gebäudeabstand).

Gemäß § 13 Abs. 2 Stmk. BauG muss jede Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet wird, von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, wie die Anzahl der Geschoße, vermehrt um 2, ergibt (Grenzabstand).

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits zu § 26 Abs. 1 Z. 2 Stmk. BauG i.V.m. § 13 Abs. 1-11 leg. cit. ausgesprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Feber1998, Zl. 97/06/0275), betreffen diese Regelungen des § 13 Stmk. BauG nur die Abstände zu seitlichen Nachbarn. Dem Nachbarn steht also nur in Bezug auf die Errichtung eines Gebäudes auf dem seitlich unmittelbar benachbarten Grundstück ein Mitspracherecht zu. Die Abstandesregelung für die einem unmittelbaren Nachbarn abgewandte Gebäudeseite kann nicht als im Sinne des § 26 Abs. 1 Stmk. BauG auch im Interesse des Nachbarn gelegen qualifiziert werden, weil der Abstand zu der Grundgrenze an dieser Seite den Lichteinfall eines Gebäudes auf der dem Gebäude abgewandten Seite nicht beeinflussen kann. Letzteres ist aber der im Interesse des Nachbarn gelegene Zweck von Abstandsregelungen. Dem Beschwerdeführer stand somit, worauf die Baubehörden zutreffend verwiesen haben, auf der ihm abgewandten Gebäudeseite im Hinblick auf die Einhaltung der Abstandsbestimmungen kein Mitspracherecht zu (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 19. September 1991, Zl. 90/06/0034, 0095, zu § 4 Abs. 1 Stmk Bauordnung1968). Die Behörde hat zwar von Amts wegen die Einhaltung der Abstandsbestimmungen des § 13 Stmk. BauG auf allen Gebäudeseiten eines zu bewilligenden Projektes zu überprüfen, ein Mitspracherecht des Nachbarn in Bezug auf die Einhaltung der Abstandsbestimmungen auf der seinem Gebäude abgewandten Seite eines Gebäudes besteht jedoch nicht. Die Berufungsbehörde kann diese Frage daher aus Anlass der Berufung eines solchen Nachbarn im Hinblick auf dessen mangelndes Mitspracherecht nicht neuerlich prüfen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 23. Jänner 2003

Schlagworte

Baurecht Nachbar Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002060207.X00

Im RIS seit

28.04.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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