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23/04 Exekutionsordnung;Norm
EO §150 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde 1. des M und
2. der H Liegenschaftserwerbsgesellschaft m.b.H., beide in Eisenstadt und vertreten durch Dr. Manfred Steininger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 4, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. März 2001, Zl. IVW3- BE-3171001/007-00, betreffend Abweisung eines Antrages auf "Rückzahlung einer vermeintlich zu Unrecht entrichteten Abgabe" in Angelegenheit von Grundsteuer (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Guntramsdorf, vertreten durch Dr. Peter Kaupa, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Hauptplatz 17), zu Recht erkannt:
Spruch
Soweit die Beschwerde vom Erstbeschwerdeführer erhoben wurde, wird sie als unbegründet abgewiesen.
Der Erstbeschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 908 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Soweit die Beschwerde von der Zweitbeschwerdeführerin erhoben wurde, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Begründung
Zum Sachverhalt wird auf die ausführliche Darstellung im hg Erkenntnis vom 12. August 2002, Zl 2001/17/0104, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis sprach der Verwaltungsgerichtshof insoweit hinsichtlich der Abweisung eines Antrages auf "Rückzahlung einer vermeintlich zu Unrecht entrichteten Abgabe" ab, als Kanal- und Müllgebühren betroffen waren.
Im angefochtenen Bescheid wurde dazu - unter dem Gesichtspunkt der Rückzahlung eines Grundsteuerbetrages - ausgeführt, auf Grund des § 11 Grundsteuergesetzes 1955 sei davon auszugehen, dass Ansprüche aus einem mit dinglicher Wirkung ausgestatteten Abgabenbescheid auch gegenüber dem Rechtsnachfolger im Liegenschaftseigentum geltend gemacht werden können bzw die aus dem Bescheid erwachsenden Pflichten auch vom Rechtsnachfolger im Liegenschaftseigentum zu erfüllen seien. Der Rechtsnachfolger werde nicht persönlicher Haftungspflichtiger, sondern er hafte mit seinem Grundstück für Pflichten, die sich aus den dinglich wirkenden Abgabenbescheiden ergäben. Dabei mache es keinen Unterschied, ob jemand durch ein Rechtsgeschäft oder "originär" (zB Zuschlagserteilung im Versteigerungsverfahren) Eigentümer wurde. Selbst wenn ein Teil der Forderungen im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens der mitbeteiligten Marktgemeinde zugesprochen worden sei, sei der Rest aufrecht geblieben und könne im Wege der dinglichen Haftung von einem späteren Eigentümer abverlangt werden.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Marktgemeinde erstatteten Gegenschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie im bereits angeführten Erkenntnis vom 12. August 2002, Zl 2001/17/0104 - auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird - ausgeführt worden ist, hat der Erstbeschwerdeführer die in Rede stehenden Abgaben namens der Zweitbeschwerdeführerin entrichtet und war demzufolge nicht im eigenen Namen zur Stellung eines Rückzahlungsantrags iS des § 187 Abs 1 NÖ AO berechtigt. Dadurch, dass der Antrag des Erstbeschwerdeführers mit Bescheid des Bürgermeisters meritorisch abgewiesen wurde und auch der in der Folge an den Erstbeschwerdeführer ergangene Vorstellungsbescheid die Vorstellung abgewiesen hat, wurde der Erstbeschwerdeführer in seinen Rechten nicht verletzt. Die Beschwerde war daher insoweit, als sie vom Erstbeschwerdeführer erhoben worden ist, gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Im Übrigen ist für die Entscheidung über die Beschwerde wesentlich, dass die Zweitbeschwerdeführerin im Juni 1998 als Eigentümerin von zwei näher bezeichneten, in einem Zwangsversteigerungsverfahren am 12. April 1996 zugeschlagenen Grundstücken Grundsteuer für 1987 bis 1992 entrichtet hat.
Nach § 11 Grundsteuergesetz 1955 haftet auf dem Steuergegenstand ein gesetzliches Pfandrecht für die Grundsteuer samt Nebengebühren.
Bei der Beurteilung der im Beschwerdefall entscheidenden Frage, ob dieses gesetzliche Pfandrecht iS des § 11 GrStG auch nach einer Zwangsversteigerung der Liegenschaft weiter besteht, ist von § 150 Abs 1 EO auszugehen. Danach sind Dienstbarkeiten, Ausgedinge und andere Reallasten vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen. Ein gesetzliches Pfandrecht ist in § 150 Abs 1 EO nicht genannt. Aus § 150 EO ist aber abzuleiten, dass für die Übernahme von Lasten im Versteigerungsverfahren die rechtskräftig festgestellten Versteigerungsbedingungen maßgebend sind. Sie sind allein dafür ausschlaggebend, welche Lasten der Ersteher zu übernehmen hat. Die Absicht des Gesetzgebers ging dahin, dass der Ersteher die Liegenschaft frei von allen Lasten übernimmt, ausgenommen jene, die er nach den Versteigerungsbedingungen zu übernehmen hat (vgl die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 10. September 1998, 2 Ob 212/98k, NZ 2000, 138). Es gehen daher im Falle der Zwangsversteigerung einer Liegenschaft im Allgemeinen die auf dieser pfandrechtlich sichergestellten Forderungen, soweit sie nicht im Meistbot Deckung finden, unter (vgl die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 9. Jänner 1957, 2 Ob 659/56, JBl 1957, 457). Von diesem Grundsatz bestehen zwar einzelne gesetzlich vorgesehene Ausnahmen, wonach Lasten bei der Zwangsversteigerung vom Ersteher immer und zwar auch dann ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen sind, wenn sie dem im besten Rang stehenden Pfand- oder betreibenden Gläubiger nachfolgen (vgl Angst in Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung, § 150 EO, Rz 8, und die dort angeführten Beispiele wie etwa die in der Verteilungsmasse nicht Deckung findenden Forderungen des Wohnhauswiederaufbaufonds nach § 19 Abs 5 WWG). Für das im § 11 GrStG vorgesehene gesetzliche Pfandrecht besteht aber eine solche ausdrückliche gesetzliche Bestimmung, nach der das Pfandrecht vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen wäre, eben nicht.
Daraus folgt aber, dass die Zweitbeschwerdeführerin als Eigentümerin der in der Zwangsversteigerung erworbenen Liegenschaften zur Entrichtung der in Rede stehenden Grundsteuerbeträge nicht verpflichtet war. Die Abweisung des von der Zweitbeschwerdeführerin gemäß § 187 NÖ AO 1977 gestellten Rückzahlungsantrages entsprach damit nicht dem Gesetz.
Soweit der angefochtene Bescheid die Abweisung der Vorstellung betreffend den von der Zweitbeschwerdeführerin gestellten Antrag auf Nachsicht umfasst, war er auch insoweit aus den im hg Erkenntnis vom 12. August 2002, Zl 2001/17/0104, eingehend dargestellten Gründen mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.
Der angefochtene Bescheid war daher in dem im Spruch bezeichneten Umfang gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 501/2001. Der Zweitbeschwerdeführerin wurde der Ersatz der Kosten mit Erkenntnis vom 12. August 2002, Zl 2001/17/0104, zugesprochen.
Wien, am 23. Jänner 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001160271.X00Im RIS seit
02.05.2003