TE Vwgh Erkenntnis 2003/1/27 2001/10/0100

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Veröffentlicht am 27.01.2003
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Index

L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

NatSchG Tir 1997 §42 Abs2;
NatSchG Tir 1997 §42;
VVG §4;
VVG §5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde der H GmbH und Co KG in Uderns, vertreten durch Dr. Anton Schiessling und Dr. Othmar Knödl, Rechtsanwälte in 6240 Rattenberg, Hassauerstraße 75, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 4. April 2001, Zl. IIIa1- 14.073/80, betreffend Verfall einer Sicherheitsleistung nach dem Tiroler Naturschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,63 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 4. April 2001 wurde die der beschwerdeführenden Partei bescheidmäßig vorgeschriebene und von dieser mittels Bankgarantie der Lienzer Sparkasse erlegte Sicherheitsleistung gemäß § 42 Abs. 2 des Tiroler Naturschutzgesetzes 1997 (Tir NatSchG) im Ausmaß von S 200.000,-- zu Gunsten des Tiroler Naturschutzfonds für verfallen erklärt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der beschwerdeführenden Partei sei mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 14. Juni 1999 die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Beschneiungsanlage Sillian/Hochpustertal unter Vorschreibung von Auflagen erteilt und gleichzeitig zur Sicherstellung der Einhaltung dieses Bescheides eine Sicherheitsleistung in der Höhe von S 500.000,-- in Form einer Bankgarantie vorgeschrieben worden. Die beschwerdeführende Partei sei der Vorschreibung der Sicherheitsleistung durch Vorlage einer Bankgarantie der Lienzer Sparkasse nachgekommen, den Auflagen 1 und 19 des Bewilligungsbescheides sei sie jedoch nicht nachgekommen. Nach Auflage 1 hätte die beschwerdeführende Partei Abweichungen vom Projekt bzw. von der bescheidgemäßen Ausführung sofort der Behörde melden und nach Auflage 19 hätte die beschwerdeführende Partei an frei einsichtigen Plätzen (oberhalb der Waldgrenze) Unterflur-Elektranten-Hydrantenschächte verwenden müssen. Auflage 1 normiere eine unvertretbare Leistung, die sofortige Meldung könne ausschließlich von der beschwerdeführenden Partei vorgenommen werden. Auflage 19 könne nur dann erfüllt werden, wenn das gesamte Schneisystem auf Unterflur-Hydranten umgestellt würde, was mit beträchtlichen Kosten - jedenfalls deutlich mehr als S 500.000,-- - verbunden sei; die Erfüllung der Auflage 19 sei somit faktisch unmöglich. Nun diene die vorgeschriebene und erlegte Sicherheitsleistung der Sicherstellung aller vorgeschriebenen Auflagen. Die Behörde erachte daher unter Berücksichtigung aller Umstände, unter anderem, dass die beschwerdeführende Partei zugesichert habe, bestimmte Maßnahmen zur Milderung der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes vollinhaltlich umzusetzen, den Verfall der Sicherheitsleistung im Ausmaß von S 200.000,-- als "ausreichend".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 42 Abs. 1 Tiroler Naturschutzgesetz 1997 (Tir NatSchG) kann dem Inhaber einer naturschutzrechtlichen Bewilligung, die befristet, mit Bedingungen oder unter Auflagen erteilt wurde, eine Sicherheitsleistung in der Höhe der voraussichtlichen Kosten jener Maßnahmen, die der Inhaber der Bewilligung nach dem Ablauf der Frist, dem Eintritt der Bedingungen oder zur Einhaltung der Auflagen zu treffen hat, vorgeschrieben werden, sofern dies erforderlich ist, um die rechtzeitige und vollständige Durchführung dieser Maßnahmen sicherzustellen.

Die Sicherheitsleistung ist gemäß § 42 Abs. 2 Tir NatSchG zur Deckung einer allfälligen Ersatzvornahme nach § 4 VVG zu verwenden. Erweist sich die Ersatzvornahme als unmöglich, so ist die Sicherheitsleistung zu Gunsten des Tiroler Naturschutzfonds für verfallen zu erklären.

Die Sicherheitsleistung wird gemäß § 42 Abs. 3 Tir NatSchG frei, sobald die Maßnahmen, deren Durchführung sie sicherstellen sollte, abgeschlossen sind.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, als Auflagen vorgeschriebene unvertretbare Leistungen könnten nicht im Wege der Ersatzvornahme bewerkstelligt werden. Die Nichterfüllung einer eine unvertretbare Leistung vorschreibenden Auflage bedeute daher eine Verwirklichung des Verfallstatbestandes des § 42 Abs. 2 zweiter Satz Tir NatSchG; eine Vollstreckung der Auflage durch Ersatzvornahme sei schließlich unmöglich. Die durch die beschwerdeführende Partei unterbliebene Meldung (Auflage 1) ermächtige somit die Behörde, die erlegte Sicherheitsleistung - teilweise - für verfallen zu erklären. Die Erfüllung der Auflage 19 sei wegen der dazu erforderlichen Änderung des gesamten Beschneiungssystems "mit beträchtlichen Kosten" verbunden und daher "faktisch unmöglich". Daraus folge die Unmöglichkeit der Ersatzvornahme zur Bewerkstelligung der mit dieser Auflage vorgeschriebenen Leistung; dies ermächtige gliechfalls die Behörde, die Sicherheitsleistung - teilweise - für verfallen zu erklären.

Dem hält die beschwerdeführende Partei unter anderem entgegen, die Nichterfüllung einer Meldepflicht könne nicht zum Verfall einer Sicherheitsleistung im Sinne des § 42 Abs. 2 Tir NatSchG führen, weil eine solche Leistung einer Ersatzvornahme von vornherein nicht zugänglich sei. Weiters sei eine Ersatzvornahme betreffend die Auflage 19 von der belangten Behörde zu Unrecht als unmöglich erachtet worden.

Die Sicherheitsleistung nach § 42 Tir NatSchG dient der Sicherstellung der rechtzeitigen und vollständigen Erfüllung der mit einer Bewilligung verbundenen Verpflichtungen des Bewilligungsinhabers. Wenn dieser seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, können die unterbliebenen Maßnahmen von der Behörde unter Inanspruchnahme der erlegten Sicherheitsleistung bewerkstelligt werden. In diesem Sinne regelt § 42 Abs. 2 erster Satz Tir NatSchG die Verwendung der Sicherheitsleistungen und bestimmt, dass diese "zur Deckung der Kosten einer allfälligen Ersatzvornahme nach § 4 VVG zu verwenden" ist. Daran anknüpfend trifft der zweite Satz dieser Bestimmung die Regelung, wie vorzugehen ist, wenn sich die Ersatzvornahme als unmöglich erweist.

Sowohl der Wortlaut des § 42 Abs. 2 zweiter Satz Tir NatSchG, als auch der systematische Zusammenhang, in dem diese Bestimmung steht, zeigen, dass damit keineswegs eine Regelung über die Verwendung der Sicherheitsleistung in jenen Fällen getroffen wurde, in denen der Behörde zur Durchsetzung der vorgeschriebenen Verpflichtung andere Zwangsmittel als jenes der Ersatzvornahme an die Hand gegeben sind. Vielmehr beschränkt sich die an den Regelungsinhalt des ersten Satzes anknüpfende Bestimmung auf jene Fälle, in denen die Ersatzvornahme, für die die Sicherheitsleistung i.S.d. ersten Satzes verwendet werden soll, sich als unmöglich "erweist". Nur für den Fall, dass im Tatsächlichen gelegene Umstände eine - in Betracht kommende - Ersatzvornahme als nicht ausführbar erscheinen lassen, findet der Verfallstatbestand des § 42 Abs. 2 zweiter Satz Ti. NatSchG Anwendung .

Wurde dem Bewilligungsinhaber daher im Bewilligungsbescheid eine unvertretbare Leistung aufgetragen und diese von ihm nicht erbracht, so liegt kein Anwendungsfall des § 42 Abs. 2 zweiter Satz Tir NatSchG vor. In diesem Fall kommt eine Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG von vornherein nicht in Betracht, sondern es ist die Erfüllung dieser Verpflichtung durch den Bewilligungsinhaber notfalls durch Maßnahmen gemäß § 5 VVG durchzusetzen.

Die - gegenteilige - Auffassung der belangten Behörde folgt aber auch nicht etwa aus dem Zweck der vorliegenden Regelung. Es ist nämlich (auch aus den Gesetzesmaterialien) nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber des § 42 Abs. 2 Tir NatSchG es für erforderlich erachtet hätte, über den Bewilligungsinhaber im Fall der Nichterfüllung einer unvertretbaren Leistung über die nach § 5 VVG zu verhängenden Maßnahmen hinaus weitere Sanktionen zu verhängen. Vielmehr zielt die Sicherheitsleistung nach § 42 Tir NatSchG darauf ab, jene Kosten sicherzustellen, die für die Verwirklichung der vorgeschriebenen Maßnahmen (zunächst) von der Behörde aufgewendet werden müssen, wenn der Bewilligungsinhaber seiner Verpflichtung nicht nachkommt.

Die belangte Behörde hat daher, indem sie annahm, die Unvertretbarkeit der der beschwerdeführenden Partei unter Auflage 1 vorgeschriebenen Verpflichtung (Meldepflicht) rechtfertige im Falle der Nichterfüllung dieser Verpflichtung - zumindest teilweise - den Verfall der von der beschwerdeführenden Partei erlegten Sicherheitsleistung, weil eine Ersatzvornahme diesfalls eben unmöglich sei, die Rechtslage verkannt.

Aber auch bei ihrer weiteren Annahme, wegen der erforderlichen Kosten sei die Erfüllung der Auflage 19 "faktisch unmöglich", eine Ersatzvornahme daher ebenfalls unmöglich, hat die belangte Behörde den normativen Gehalt der von ihr herangezogenen Regelung verkannt. Ein "beträchtlicher" Kostenaufwand besagt noch keineswegs, dass es unmöglich sei, die vorgeschriebene Maßnahme im Wege der Ersatzvornahme zu bewerkstelligen. Von der "erwiesenen" Unmöglichkeit einer Ersatzvornahme ist vielmehr erst dann zu sprechen, wenn die vorgeschriebene Maßnahme auf Grund konkreter Umstände weder durch den Verpflichteten, noch durch die Behörde bewerkstelligt werden kann. Dass aber solche Umstände vorlägen, ist nicht einmal im Ansatz ersichtlich.

Der angefochtene Bescheid erweist sich solcherart als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 27. Jänner 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001100100.X00

Im RIS seit

02.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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