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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / PräjudizialitätLeitsatz
Einstellung des Verfahrens zur Prüfung von Bestimmungen des KStG 1988und des BundesbahnG 1992 betreffend die Ausnahme der ÖBB von derunbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht mangels Präjudizialitätangesichts der im Anlaßverfahren vorgeschriebenenSteuervorauszahlungen auf Basis der Mindestkörperschaftsteuer;Mindestkörperschaftsteuer nur Kapitalgesellschaften auferlegt; ÖBBals juristische Person "sui generis" nicht erfaßtSpruch
Das Verfahren wird eingestellt.
Begründung
Begründung:
I. Nach §1 Abs1 KörperschaftsteuerG 1988, BGBl. 401, sind körperschaftsteuerpflichtig nur Körperschaften. Als Körperschaft gelten nach §1 Abs2 Satz 2 neben juristischen Personen des privaten Rechts (Z1) auch Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts im Sinne des §2 (Z2).
Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft öffentlichen Rechts ist nach §2 Abs1 jede Einrichtung, die wirtschaftlich selbständig ist und ausschließlich oder überwiegend einer nachhaltigen privatwirtschaftlichen Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht und der Erzielung von Einnahmen oder (im Falle des Fehlens der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr) von anderen wirtschaftlichen Vorteilen dient, und zwar auch dann, wenn keine Absicht besteht, Gewinn zu erzielen. Nach §2 Abs4 ist ein Betrieb gewerblicher Art auch dann unbeschränkt steuerpflichtig, wenn er selbst eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist (Satz 1); Betriebe, die von juristischen Personen des privaten Rechts geführt werden, sind nach den für diese Rechtsform geltenden Vorschriften zu besteuern (Satz 2).
Von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht sind nach §5 Z1 KStG idF der Novelle BGBl. 697/1991 befreit:
"1. Die Österreichischen Bundesbahnen."
Nach §1 Abs3 Z3 KStG sind Körperschaften im Sinne des Abs2, soweit sie nach §5 oder nach anderen Bundesgesetzen von der Körperschaftsteuerpflicht befreit sind, mit ihren Einkünften im Sinne des §21 Abs2 und 3 beschränkt steuerpflichtig. (Bei diesen Einkünften handelt es sich um solche, bei denen die Steuer durch Steuerabzug erhoben wird, einschließlich vergleichbarer ausländischer Kapitalerträge.)
Durch §1 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992, BGBl. 825, wurde der bis dahin als Zweig der Betriebsverwaltung des Bundes gebildete Wirtschaftskörper "Österreichische Bundesbahnen" als Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit eingerichtet (Satz 1). Insoweit das Gesetz keine abweichenden Regelungen enthält, sind die Bestimmungen des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung anzuwenden (Satz 2). Im §18 BundesbahnG ist dazu bestimmt (in Prüfung gezogener Teil hervorgehoben):
"Alle dem bisherigen Wirtschaftskörper 'Österreichische Bundesbahnen' eingeräumten Abgabenbefreiungen gelten in gleicher Weise für die Gesellschaft 'Österreichische Bundesbahnen'. Die Gesellschaft tritt für den Bereich der Umsatzsteuer unmittelbar in die Rechtsstellung des bisherigen Wirtschaftskörpers 'Österreichische Bundesbahnen' ein."
1. Zu B967/98 ist beim Verfassungsgerichtshof das Verfahren über die Beschwerde einer Handelsgesellschaft mbH in Wien gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland anhängig, womit Körperschaftsteuervorauszahlungen für 1997 und 1998 und Folgejahre in Höhe der Mindeststeuer vorgeschrieben werden. Die Beschwerde rügt die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, weil der Steuertatbestand wegen der unsachlichen Ausnahme der Österreichischen Bundesbahnen insgesamt gleichheitswidrig sei.
Aus Anlaß der Beratung über diese Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Z1 des §5 KStG und des ersten Satzes des §18 BundebahnG entstanden. Er hat vorläufig angenommen, daß die Beschwerde zulässig ist, daß er bei ihrer Erledigung die genannten Bestimmungen mit anzuwenden hätte, weil - wie er insbesondere in seinem Erkenntnis zur Kommunalsteuer (VfSlg. 14805/1997) erkannt habe - die Unsachlichkeit einer Ausnahmebestimmung zufolge des systematischen Zusammenhanges auf den Grundtatbestand durchschlage, und weil die gleichen Bedenken bestünden, die zu dem genannten Erkenntnis zur Kommunalsteuer geführt haben, daß nämlich keine sachliche Rechtfertigung dafür zu erkennen sei,
"daß die Österreichischen Bundesbahnen in bezug auf die Kommunalsteuer (hier Körperschaftsteuer) anders als andere Unternehmungen behandelt werden, die Transportleistungen oder andere Infrastrukturleistungen erbringen; denn diese Unternehmungen dürften anders als die Österreichischen Bundesbahnen (und zwar unabhängig von den jeweiligen Eigentümerverhältnissen) kommunalsteuerpflichtig (hier körperschaftsteuerpflichtig) sein."
Es scheine ferner, daß die Verfassungswidrigkeit - wieder dem genannten Kommunalsteuererkenntnis, aber auch VfSlg. 15267/1998 (zur Kärntner Fremdenverkehrsabgabe) sowie VfSlg. 15391/1998 (Grunderwerbsteuer) folgend - durch bloße Aufhebung der Ausnahme beseitigt werden kann.
Es werde allerdings zu prüfen sein, wie sich die Ausnahme von der unbeschränkten Steuerpflicht angesichts der Gebarungsergebnisse der Österreichischen Bundesbahnen in Verbindung mit der teilweise ungünstigeren Lage beschränkt Steuerpflichtiger überhaupt auswirkt.
2. Die Bundesregierung tritt der Annahme des Gerichtshofs, er habe die in Prüfung stehenden Bestimmungen bei Behandlung der Beschwerde mit anzuwenden, wie folgt entgegen:
"Wie bereits aus dem Wortlaut des Einleitungssatzes zu §24 Abs4 KStG 1988 hervorgeht, gelten die diesem nachfolgenden Bestimmungen für unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften.
Nach Ansicht der Bundesregierung wären die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) jedoch auch in dem (hypothetischen) Falle einer Aufhebung der genannten Steuerbefreiungen nicht mindestkörperschaftsteuerpflichtig, weil die ÖBB nach §1 Bundesbahngesetz 1992 keine Kapitalgesellschaft ist, sondern als 'Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit' eingerichtet wurde. Es handelt sich dabei um eine juristische Person privaten Rechts, deren Individualität als rechtsfähiges Rechtssubjekt sich auf Gesetzesbeschluß gründet und deren Organisationsform sich von jener anderer juristischer Personen des privaten Rechts unterscheidet (vgl. 652 BlgNR, 18. GP, 10f)."
und bemerkt abschließend unter Hinweis auf VfSlg. 14723/1997 und 15060/1997, gegen die Einschränkung des (die Mindeststeuervorschreibung betreffenden) §24 Abs4 KStG auf Kapitalgesellschaften habe der Gerichtshof bisher keinen Einwand erhoben.
Die Österreichischen Bundesbahnen treten der Präjudizialitätsannahme nur insoweit entgegen, als sie (unter Hinweis auf das Kommunalsteuererkenntnis) §18 BundesbahnG im Hinblick auf §5 Z1 KStG nicht für präjudiziell halten, und suchen ihre Ausnahme von der Körperschaftsteuerpflicht unter Hinweis auf die Behandlung beschränkt Steuerpflichtiger, die verkehrspolitische Bedeutung der ÖBB und die gleichartige Befreiung der Privatbahnen seit der Novelle zum Privatbahnunterstützungsgesetz, BGBl. I 82/1999 (in Kraft allerdings erst seit 1. Jänner 1999) sowie die Verwaltungsvereinfachung zufolge Gewinnabfuhr an den Bund zu rechtfertigen.
Die beschwerdeführende Gesellschaft des Anlaßverfahrens hält die Aufhebung der als verfassungswidrig gerügten Ausnahmebestimmungen zur Herstellung einer verfassungsmäßigen Lage nicht für ausreichend und führt aus:
"Zu bedenken ist nämlich, daß im vorliegenden Fall auch und insbesondere §24 Abs4 KStG anzuwenden ist. Die erwähnte Norm stellt zwar nach der Systematik des Körperschaftsteuergesetzes eine Form der Erhebung der Körperschaftsteuer dar, normiert jedoch inhaltlich gesehen eine von einer Einkommenserzielung unabhängige Verpflichtung, eine wie eine Steuervorauszahlung zu behandelnde Mindeststeuer zu entrichten. Sie ist als Vorauszahlung im Sinne des §45 EStG ausgestattet, die auf die tatsächliche Steuerschuld des Veranlagungszeitraumes und der folgenden Veranlagungszeiträume angerechnet wird. Die Entrichtung der vorgeschriebenen Mindestkörperschaftsteuer setzt die Erzielung eines körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens nicht voraus. Für unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften hat §24 Abs4 KStG im Ergebnis einen Steuertatbestand eigener Art geschaffen. Dieser knüpft als Rechtsfolge allein an die Eigenschaft als unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft an (VwGH 17.3.1999, 98/13/0088).
Der von der Befreiung von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht handelnde §5 KStG enthält einen Katalog von Steuerbefreiungen. Zum Teil handelt es sich um umfassende persönliche Befreiungen, in der überwiegenden Zahl der Fälle liegt hingegen eine Kombination von persönlicher und sachlicher Steuerbefreiungen vor: bestimmte Körperschaften sind mit bestimmten Tätigkeiten oder Einkünften befreit (Teilsteuerpflicht). Die Befreiungen beziehen sich nur auf die unbeschränkte Steuerpflicht (Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts I-6-S 274).
Der Grundtatbestand ist vorliegendenfalls nicht nur der §1 KStG, sondern diesem vorgelagert ist auch der weitere besondere Tatbestand des §24 Abs4 KStG, auf den die persönlichen Befreiungsbestimmungen des §5 KStG zurückwirken. Denn mit der bloßen Aufhebung des §5 Zi 1 KStG würde das Wegfallen der Befreiung der Österreichischen Bundesbahnen gegenüber anderen weiter aufrecht bleibenden persönlichen Befreiungen, die im §5 KStG statuiert sind, gleichheitswidrig werden.
Dies hat zur Folge, daß jedenfalls auch §24 Abs4 KStG aufgehoben werden muß, um die Verfassungskonformität im vorliegenden Anwendungsbereich herzustellen."
Daß beschränkt Steuerpflichtigen die abgeführte Kapitalertragsteuer nicht erstattet wird, gelte für alle Körperschaften.
II. Die Gesetzesprüfungsverfahren
sind unzulässig.
Der Verfassungsgerichtshof ist in seinem Prüfungsbeschluß - den Ausführungen der belangten Behörde des Anlaßverfahrens im angefochtenen Bescheid und der (vom Bundesministerium für Finanzen vorgelegten) Gegenschrift folgend - vorläufig davon ausgegangen, daß die Ausnahme der ÖBB von der Körperschaftsteuerpflicht zum Verständnis und zur Beurteilung der Sachlichkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Vorschriften über die Körperschaftsteuerpflicht herangezogen werden muß. Die Bundesregierung macht dagegen zu Recht darauf aufmerksam, daß im angefochtenen Bescheid Körperschaftsteuervorauszahlungen nur auf der Basis der Mindestkörperschaftsteuer vorgeschrieben werden, die Mindestkörperschaftsteuer nach §24 Abs4 KStG nicht allen (unbeschränkt) Körperschaftsteuerpflichtigen, sondern nur (unbeschränkt) steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften auferlegt ist, sodaß die ÖBB auch ohne Ausnahme von der Körperschaftsteuerpflicht nicht erfaßt sein würden. In der Tat stellt die Mindeststeuer darauf ab, daß (unbeschränkt steuerpflichtige) Kapitalgesellschaften eine gewisse Mindestrendite erwirtschaften, wobei das - verfassungsrechtlich wie immer zu beurteilende - Motiv des Gesetzgebers, auf die Wahl der Rechtsform für ein Unternehmen Einfluß zu nehmen, eine Wahlmöglichkeit zwischen der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft und einer anderen Unternehmensform voraussetzt. Demnach sind juristische Personen privaten Rechts und Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts, die nicht die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft aufweisen oder in dieser Rechtsform betrieben werden, auch dann von der Mindestkörperschaftsteuerpflicht nicht erfaßt, wenn auf sie - wie im Falle der Österreichischen Bundesbahnen - im übrigen die Bestimmungen des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung anzuwenden sind, soweit keine abweichenden Regelungen getroffen wurden (vgl. auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 652 BlgNR 18. GP, 10, wo sie ausdrücklich als juristische Person "sui generis" bezeichnet werden, insofern sich ihre Individualität als rechtsfähiges Rechtssubjekt nicht auf Privatautonomie, sondern auf eine besondere gesetzliche Anordnung gründet und sich ihre Organisationsform von jener anderer juristischer Personen des privaten Rechts unterscheidet).
Umschreibt §24 Abs4 KStG den Kreis der Mindestkörperschaftsteuerpflichtigen abschließend, so kommt §5 Z1 KStG für die Erfassung der Reichweite und Beurteilung der Sachlichkeit dieser Abgrenzung ebensowenig in Betracht wie §18 Abs1 Satz 1 BundesbahnG. Daß die von Kapitalgesellschaften entrichtete Mindestkörperschaftsteuer auf eine allfällige Körperschaftsteuerschuld angerechnet wird und in solchen Fällen als Vorauszahlung auf diese wirkt, kann nichts daran ändern, daß die Ausnahme von der (unbeschränkten) Körperschaftsteuerpflicht - wo immer sie dann ihren Sitz hat - den Kreis der Mindestkörperschaftsteuerpflichtigen nicht (mit) bestimmt. Daraus folgt, daß der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogenen Bestimmungen bei Erledigung der Beschwerde nicht anzuwenden hat.
Ob Bedenken gegen den anzuwendenden §24 Abs4 KStG bestehen, ist in diesem Verfahren nicht zu prüfen. Dieses ist vielmehr mangels Präjudizialität der hier zur Prüfung stehenden Bestimmungen (in sinngemäßer Anwendung des § 19 Abs3 Z3 VerfGG) als unzulässig einzustellen.
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, Körperschaftsteuer, Bundesbahnen,Körperschaften öffentlichen RechtsEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:G99.1999Zuletzt aktualisiert am
13.08.2010