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41/02 Melderecht;Norm
MeldeG 1991 §1 Abs6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. König, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Dornbirn, vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 22, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Februar 2002, Zl. 643682/2- MI/01-bom, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Partei: Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid ist der am 14. August 1972 geborene, ledige Betroffene Dr. S. J. in Innsbruck mit weiterem Wohnsitz gemeldet, als Hauptwohnsitz hat er Dornbirn bezeichnet. In seiner Wohnsitzerklärung gab er an, dass er Präsenz- bzw. Zivildiener sei und während des Jahres in Innsbruck 330 Tage und in Dornbirn 35 Tage verbringe, wobei er den Weg zur "Arbeits-Ausbildungsstätte" in Innsbruck von Innsbruck aus antrete. Mitbewohner sind in keiner Wohnung angegeben. In seiner Stellungnahme vom 29. November 2001 führte der Beschwerdeführer aus, dass der Betroffene seit Geburt in Dornbirn mit Hauptwohnsitz gemeldet sei. Er wohne in Dornbirn mit seiner Mutter und einem Bruder. Derzeit sei er Präsenz- bzw. Zivildiener. Als solcher gehöre er sicher zu einer Personengruppe, die durchaus über mehrere Mittelpunkte der Lebensbeziehungen verfügen könne. Ein Präsenz- bzw. Zivildiener sei vielfach gezwungen, seinen Dienst an einem Ort auszuüben, zu dem er außerhalb dieses Dienstes keine Beziehungen habe. Der Betroffene gab in seiner Stellungnahme vom 25. Dezember 2001 an, in Dornbirn sei sein Hauptwohnsitz, hier bestehe im Moment der Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Antrag des mitbeteiligten Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes des Betroffenen in der Gemeinde des beschwerdeführenden Bürgermeisters stattgegeben und den Hauptwohnsitz des Betroffenen in Dornbirn aufgehoben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten nicht vor; der Mitbeteiligte hat eine Gegenschrift eingebracht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 6 Meldegesetz ist ein Wohnsitz eines Menschen an einer Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, dort bis auf weiteres einen Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen zu haben.
Nach Absatz 7 dieser Bestimmung ist der Hauptwohnsitz eines Menschen an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.
Ein Präsenz- bzw. Zivildiener hat nicht die Möglichkeit, seinen Dienst an einem Ort seiner Wahl auszuüben. Es fehlt ihm somit grundsätzlich die Absicht, diesen Wohnsitz zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen. Dass sich der Betroffene in Innsbruck, wo er den Präsenz- bzw. Zivildienst ableistete (welche der beiden Möglichkeiten zutrifft, wurde im Verwaltungsverfahren nicht geklärt) dessen ungeachtet niedergelassen habe, um diesen Ort zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen, ist im Verfahren nicht hervorgekommen.
Ausgehend davon hat im vorliegenden Fall der Betroffene mit Recht seinen bisherigen Hauptwohnsitz als Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen bezeichnet, sodass die Reklamation durch den Mitbeteiligten zu Unrecht erfolgte. Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 28. Jänner 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002051169.X00Im RIS seit
05.06.2003