TE Vwgh Erkenntnis 2003/1/28 99/18/0308

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Veröffentlicht am 28.01.2003
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z6;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des Z, (geboren 1959), vertreten durch Dr. Alex Pratter und Dr. Peter Lechenauer, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 21. Juli 1999, Zl. Fr-96/2/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 21. Juli 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, unter Bedachtnahme auf die §§ 37 und 38 leg. cit., ein bis zum 8. März 2009 befristetes Aufenthaltsverbot für das österreichische Bundesgebiet erlassen.

Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung im Wesentlichen ausgeführt, dass sein am 26. März 1998 gestellter Antrag auf Akteneinsicht, auf Aktenkopieherstellung und auf Bekanntgabe einer Stellungnahme innerhalb mehrerer Monate nicht bearbeitet worden und lediglich eine Abgabenachricht erteilt worden wäre, dass der Antrag des Beschwerdeführers zuständigkeitshalber an die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung weitergesandt worden wäre. Die Erstbehörde hätte in weiterer Folge neun Monate verstreichen lassen, bis auf diese schriftliche Eingabe reagiert worden wäre, die "erstinstanzlichen Vorwürfe" bezüglich der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Verfahrensverschleppung wären ungehörig und würden von diesem mit Entschiedenheit zurückgewiesen. Auf Grund des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers seit dem Jahr 1990 sowie seiner finanziellen und persönlichen Integration "zum österreichischen Bundesgebiet" wäre ein "Entzug der Aufenthaltsberechtigung" gemäß § 37 FrG nicht gedeckt. Im Fall des Beschwerdeführers würden die Auswirkungen auf seine persönliche Situation schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme vom vorliegenden Aufenthaltsverbot. Die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen würden eineinhalb Jahre zurückliegen und wären überwiegend geringfügiger Natur. Auch läge das gerichtliche Strafverfahren bereits über eineinhalb Jahre zurück, seither hätte sich der Beschwerdeführer wohlverhalten. Auch "der Richter des Landesgerichts Salzburg" hätte für den Beschwerdeführer eine positive Zukunftsprognose erstellt und es könnte nicht angehen, dass Verwaltungsbehörden Gegenteiliges annehmen würden. In den letzten eineinhalb Jahren hätte der Beschwerdeführer jedenfalls unter Beweis gestellt, dass er familiär, wirtschaftlich und sozial integriert wäre.

Es stehe unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer mittels Urteils des Landesgerichtes Salzburg vom 26. Februar 1998 wegen Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 130 erster Deliktsfall StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr rechtskräftig verurteilt worden sei. Der Verurteilung sei folgender Sachverhalt zu Grunde gelegen:

"Sie haben in Salzburg gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen in einem ATS 25.000,-- übersteigenden Wert dem Verfügungsberechtigten der Firma DPD mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und zwar:

1.) am 13.08.1997 eine Canon EOS 5 Spiegelreflexkamera mit Objektiv 28x105 mm im Wert von ATS 9.500,--

2.) am 05.11.1997 eine Canon EOS 50 Spiegelreflexkamera mit 35-80 mm Objektiv und Trageriemen unbekannten Wertes

3.) am 25.09.1997 drei Kameras Canon Prima Zoom 70F im Wert von ATS 3.390,--

4.) im Zeitraum Sommer bis Herbst 1997 drei weitere Kameras Canon Prima Zoom 70F im Wert von ATS 3.390,--

5.) am 04.11.1997 drei Radios der Marke Philips in Computerform unbekannten Wertes

6.)

im Sommer/Herbst 1997 ein weiteres Radio unbekannten Wertes

7.)

am 19.11.1997 einen Anrufbeantworter der Marke Tiptel im Wert von ATS 2.290,--

              8.)              am 20.11.1997 verschiedene Kosmetika der Marke Channoine unbekannten Wertes.

              9.)              am 21.11.1997 eine Spiegelreflexkamera der Marke Canon EOS-1MRS im Wert von ATS 23.300,--, eine Fotokamera Marke Samsung AF Fuzzy Logik mit Tasche im Wert von ATS 3.990,--, ein Computermodem mit Zubehör im Wert von ca. ATS 2.000,-- sowie zwei Diaprojektoren der Marke Leika im Gesamtwert von ca. ATS 11.800,--

              10.)              im Zeitraum Sommer bis Herbst 1997 fünf Taschenrechner DeskTop, fünf hellblaue T-Shirts, eine Jeanshose (Marke Basic), eine Jeanshose (Marke John F. Gee), eine Geldbörse Marke Primo, ein Nintendo-Gameboy, ein GSM-Handy Marke Siemens mit Batterie, einen Fotoapparat Marke Kodak, ein Plastiksack mit Rollkragenpullover, ein Karton mit Damenschuhen Marke Jasmin, ein Paar Herrenschuhe Marke Freeliner, ein Paar Herren-Stiefeletten Marke John und ein Paar Herrenhalbschuhe Marke John, sowie Feuerzeuge und Tixo-Klebestreifen unbekannten Wertes."

Es lägen daher eindeutig die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG vor, ohne dass es hiezu näherer Ausführungen bedürfe. Die belangte Behörde habe nunmehr zu prüfen, inwieweit die Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes unter Berücksichtigung der §§ 37 und 38 FrG zulässig sei. Die Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes sei jedenfalls gemäß § 37 Abs. 1 FrG zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele als Präventionsmaßnahme vor weiteren schweren Rechtsbrüchen dringend geboten. In Anbetracht der Schwere des Urteils würden auch die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von dieser Maßnahme schwerer als die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wiegen.

§ 38 Abs. 3 FrG über die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft könne nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers zum Tragen kommen, da dieser einen zehnjährigen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich nicht vorweisen könne. Die Anwesenheit der Ehefrau des Beschwerdeführers und seines Kindes im österreichischen Bundesgebiet habe die belangte Behörde gewürdigt. In Anbetracht der Häufigkeit bzw. der konsequenten Missachtung der österreichischen Rechtsordnung komme diese jedoch zur Ansicht, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes als Präventionsmaßnahme vor weiteren Verstößen gegen die österreichische Rechtsordnung dringend geboten sei. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

              2.              Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

              3.              Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

              1.              Wenn der Tatbestand des § 36 Abs. 2 FrG als verwirklicht angesehen wird, dann ist von der Behörde der Anordnung des § 36 Abs. 1 FrG entsprechend in einem weiteren Schritt - zusätzlich - eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob dieser Tatbestand in concreto die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertigt (vgl. etwa das einen im Wesentlichen gleich gelagerten Fall betreffende hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2000, Zl. 99/18/0183). Die belangte Behörde hat zwar § 36 Abs. 1 FrG im Spruch des angefochtenen Bescheides zitiert, es aber - wie die Bescheidbegründung zeigt - gänzlich unterlassen zu prüfen, ob im Beschwerdefall die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, es vielmehr dabei bewenden lassen, die Erfüllung der Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. zu bejahen. Damit hat sie die Rechtslage verkannt.

              2.              Auf dem Boden des Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

              3.              Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000, und der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 28. Jänner 2003

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1999180308.X00

Im RIS seit

30.04.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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