RS OGH 1976/2/4 1Ob190/75, 3Ob523/78, 5Ob707/78, 8Ob608/78, 4Ob558/81, 3Ob539/84, 1Ob603/84, 5Ob571/

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 04.02.1976
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Norm

ABGB §1295 Ia2
ABGB §1295 IIf7d

Rechtssatz

Produzentenhaftung:

1.1 Die Haftung des Produzenten für die von ihm hergestellten Produkte gegenüber dem Letztverbraucher (sogenannte "Produzentenhaftung") ist vor allem auf der Grundlage der Lehre von den vertraglichen Schutzpflichten zugunsten Dritter zu lösen.

1.2 Beim Absatz von Waren mittels einer Vertragskette erscheint der erste Kaufvertrag als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten dessen, der durch eine Kette von Kaufverträgen oder Werkverträgen als berechtigt ausgewiesen ist.

1.3 Der Produzent darf nicht Sachen in Verkehr bringen, die technische Mängel aufweisen; es ist zu fordern, dass der Hersteller seine Erzeugnisse sachgerecht und zweckgerecht konstruiert, sie müssen im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren fehlerfrei sein, sodass bei normalem, bestimmungsgemäßem Gebrauch keine Schäden auftreten; insbesondere müssen dabei die Unfallverhütungsvorschriften beachtet werden.

2.1 Auch bei Produkten, die abstrakt - generell fehlerfrei sind, aber in individuell - konkreten Teilbereichen ihre Verwendung zu Schädigungen führen können (gefahrenträchtige Produkte) besteht eine Haftung des Produzenten jedenfalls dann, wenn er mit einer derartigen Verwendung rechnen musste und dennoch auf die in bestimmten Teilbereichen drohenden Gefahren hinzuweisen unterlässt.

2.2 Wird an den Produzenten eine Anfrage über die beabsichtigte Verwendung eines Produkts gerichtet, ist zu fordern, dass die vom Produzenten erteilte Auskunft ein exaktes Bild von Art und Umfang der drohenden Gefahren gibt.

3.1 Bezeichnet sich jemand im Verkehr als Produzent und wird daher ihm das Warenvertrauen entgegengebracht, trifft ihn auch die Haftung für das Produkt, gleichgültig, ob es tatsächlich von ihm hergestellt wurde.

4.1 Mehrere an der Warenherstellung beteiligte Produzenten sind nicht stets Gesamtschuldner des eingetretenen Schadens; die Haftung trifft nur jenen am Produktionsvorgang beteiligten Unternehmer aus dessen Sphäre der schadensstiftende Fehler stammt.

Entscheidungstexte

  • 1 Ob 190/75
    Entscheidungstext OGH 04.02.1976 1 Ob 190/75
    Veröff: SZ 49/14 = EvBl 1976/168 S 325 = JBl 1977,146 (mit Anmerkung von Rummel)
  • 3 Ob 523/78
    Entscheidungstext OGH 25.04.1978 3 Ob 523/78
    nur: Der Produzent darf nicht Sachen in Verkehr bringen, die technische Mängel aufweisen; es ist zu fordern, dass der Hersteller seine Erzeugnisse sachgerecht und zweckgerecht konstruiert, sie müssen im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren fehlerfrei sein, sodass bei normalem, bestimmungsgemäßem Gebrauch keine Schäden auftreten; insbesondere müssen dabei die Unfallverhütungsvorschriften beachtet werden. (T1) nur: Bezeichnet sich jemand im Verkehr als Produzent und wird daher ihm das Warenvertrauen entgegengebracht, trifft ihn auch die Haftung für das Produkt, gleichgültig, ob es tatsächlich von ihm hergestellt wurde. (T2)
  • 5 Ob 707/78
    Entscheidungstext OGH 28.11.1978 5 Ob 707/78
    Vgl; Veröff: SZ 51/169
  • 8 Ob 608/78
    Entscheidungstext OGH 29.03.1979 8 Ob 608/78
  • 4 Ob 558/81
    Entscheidungstext OGH 01.12.1981 4 Ob 558/81
    nur: Auch bei Produkten, die abstrakt - generell fehlerfrei sind, aber in individuell - konkreten Teilbereichen ihre Verwendung zu Schädigungen führen können (gefahrenträchtige Produkte) besteht eine Haftung des Produzenten jedenfalls dann, wenn er mit einer derartigen Verwendung rechnen musste und dennoch auf die in bestimmten Teilbereichen drohenden Gefahren hinzuweisen unterlässt. (T3) Veröff: SZ 54/179 = RZ 1982/49 S 194
  • 3 Ob 539/84
    Entscheidungstext OGH 04.07.1984 3 Ob 539/84
    Auch; Beisatz: Der tatsächliche Umfang der Sorgfaltspflicht des Herstellers ist aber im Einzelfall abzugrenzen. (T4)
  • 1 Ob 603/84
    Entscheidungstext OGH 27.06.1984 1 Ob 603/84
    nur T3
  • 5 Ob 571/85
    Entscheidungstext OGH 16.09.1986 5 Ob 571/85
    nur T2; Veröff: JBl 1987,185
  • 2 Ob 620/86
    Entscheidungstext OGH 12.05.1987 2 Ob 620/86
    Auch; Beisatz: Hier: Explosion einer Propangasflasche. (T5)
  • 7 Ob 625/87
    Entscheidungstext OGH 30.07.1987 7 Ob 625/87
    nur T3; Beis wie T1 nur: Es ist zu fordern, dass der Hersteller seine Erzeugnisse sachgerecht und zweckgerecht konstruiert, sie müssen im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren fehlerfrei sein, sodass bei normalem, bestimmungsgemäßem Gebrauch keine Schäden auftreten. (T6)
  • 7 Ob 564/89
    Entscheidungstext OGH 06.04.1989 7 Ob 564/89
    nur T1; nur T3; Beis wie T4; nur: Die Haftung des Produzenten für die von ihm hergestellten Produkte gegenüber dem Letztverbraucher (sogenannte "Produzentenhaftung") ist vor allem auf der Grundlage der Lehre von den vertraglichen Schutzpflichten zugunsten Dritter zu lösen. (T7)
  • 3 Ob 532/90
    Entscheidungstext OGH 25.04.1990 3 Ob 532/90
    nur T3
  • 8 Ob 556/92
    Entscheidungstext OGH 25.06.1992 8 Ob 556/92
    Auch; nur T3; Beisatz: Wenn der Produzent einer Sache erwarten darf, dass dem Erwerber die mit dem Gebrauch des Gutes verbundenen Gefahren aufgrund der nach der Lage des Falles voraussetzenden Sachkunde bekannt sind, braucht er nicht zu warnen. (T8) Veröff: SZ 65/96 = EvBl 1993/14 S 86
  • 7 Ob 49/01h
    Entscheidungstext OGH 30.03.2001 7 Ob 49/01h
    nur T3; Veröff: SZ 74/62
  • 6 Ob 317/02i
    Entscheidungstext OGH 11.09.2003 6 Ob 317/02i
    Vgl; nur T2; Beisatz: Unternehmer, die Grundstoffe oder Teilprodukte herstellen, haften allerdings nur dann für den Schaden, der durch die Fehlerhaftigkeit des Produktes, in das ihr Erzeugnis integriert wurde, verursacht wurde, wenn gerade ein Fehler des von ihnen zugelieferten Grundstoffs oder Teilprodukts für den Schaden kausal war (so schon SZ 49/14). (T9)
  • 6 Ob 108/07m
    Entscheidungstext OGH 27.02.2009 6 Ob 108/07m
    Vgl; Beisatz: Auf die Streitfrage der Grundlage der Schutzpflichten zugunsten Dritter muss im Anlassfall wegen der zu bejahenden rein deliktischen Haftung der Beklagten nicht eingegangen werden. (T10); Beisatz: Diese Haftungsgrundlage steht dem Geschädigten alternativ zur vertraglichen zur Verfügung. Diese Verschuldenshaftung des Warenherstellers bleibt auch nach Inkrafttreten des Produkthaftungsgesetzes aufrecht. (T11)
  • 6 Ob 215/11b
    Entscheidungstext OGH 13.09.2012 6 Ob 215/11b
    Vgl; Beisatz: Das Bestehen einer Produktbeobachtungspflicht des Herstellers eines Produkts ist auch für den österreichischen Rechtsbereich zu bejahen. (T12); Beisatz: Hier: Explosionsartiges Zerbersten einer gläsernen Tafelwasserflasche. (T13); Veröff: SZ 2012/88

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1976:RS0022730

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

15.06.2015
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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