TE Vwgh Beschluss 2003/1/28 AW 2002/20/0486

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.01.2003
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
25/01 Strafprozess;

Norm

StPO 1975 §185;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des C, geboren am 8. Juli 1963, vertreten durch M & M, Rechtsanwälte OEG, der gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 27. November 2002, Zl. 447.132/2-V.6/2002, betreffend Zuständigkeit für den Vollzug der Untersuchungshaft, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Der Beschwerdeführer befindet sich wegen mehrerer gegen ihn beim Landesgericht A anhängiger Strafverfahren seit 1. Juni 2001 in Untersuchungshaft. Die Untersuchungshaft wurde zunächst in der Justizanstalt A vollzogen. Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid ordnete die belangte Behörde gemäß § 185 StPO die Zuständigkeit der Justizanstalt B für den Vollzug der über den Beschwerdeführer verhängten Untersuchungshaft an. Die Überstellung des Beschwerdeführers in die Justizanstalt B erfolgte am 23. November 2002.

Der Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird damit begründet, dass der Verteidiger des Beschwerdeführers, der seinen Kanzleisitz in D habe, in die Justizanstalt B einen unzumutbar langen Anreiseweg auf sich nehmen müsse, wodurch der Beschwerdeführer an einer ordnungsgemäßen Vorbereitung der mittlerweile beim Landesgericht A stattfindenden Hauptverhandlung in seinem Strafverfahren verhindert sei. Weiters sei es dem Beschwerdeführer dadurch unmöglich, die Hauptverhandlung mit dem in der Justizanstalt A inhaftierten Mitangeklagten vorzubereiten. Eine weitere unzumutbare Erschwernis durch den Vollzug der Untersuchungshaft in der Justizanstalt B ergebe sich daraus, dass der Beschwerdeführer jeweils vor den Verhandlungsterminen einem mehrstündigen Gefangenentransport nach A ausgesetzt sei, was im Hinblick auf seinen angegriffenen Gesundheitszustand zur Folge habe, dass er im Zustand der Erschöpfung der Hauptverhandlung nicht mehr mit der erforderlichen Aufmerksamkeit folgen könne. Hiedurch würde der Beschwerdeführer in wesentlichen Interessen berührt, hingegen stünden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegen.

Zu diesem Antrag hat die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 13. Jänner 2000 unter anderem ausgeführt, dass der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einerseits der Umstand entgegenstehe, dass die Verlegung des Beschwerdeführers in die Justizanstalt B bereits vollzogen worden sei; andererseits stünden einer Rücktransferierung des Beschwerdeführers in die Justizanstalt A auch zwingende öffentliche Interessen entgegen. Während des Vollzuges der Untersuchungshaft in der Justizanstalt A hätten sich massive Verdachtsmomente dahingehend ergeben, dass der Beschwerdeführer mit ihm verbotenerweise in der Anstalt zur Verfügung stehenden Barmitteln und Kommunikationsgeräten und unter Ausnützung persönlicher Kontakte schwere Straftaten gegen ihn belastende Personen plane. Diese Verdachtsmomente führten zur Einleitung einer weiteren Voruntersuchung und ließen aufgrund der gegebenen Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr und unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Anstalt einen weiteren Vollzug der Untersuchungshaft in der Justizanstalt A nicht zu. Über Ersuchen des Untersuchungsrichters sei der Antragsteller daher in die Justizanstalt B überstellt worden. An der beschriebenen Situation sei keine Änderung eingetreten, sodass eine Rücktransferierung des Beschwerdeführers zwingende öffentliche Interessen massiv gefährden würde.

Gemäß § 30 Abs. 1 VwGG kommt Beschwerden eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Nach § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Unerlässliche Voraussetzung für die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung ist, dass der in Frage stehende Bescheid noch nicht vollzogen wurde bzw. die durch ihn eingeräumte Berechtigung eines Dritten noch nicht ausgeübt wurde (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 12. September 1995, Zl. AW 95/05/0066).

Ob der Umstand, dass der Beschwerdeführer auf Grundlage des angefochtenen Bescheides, mit dem die Zuständigkeit der Justizanstalt B für den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet wurde, bereits in diese Justizanstalt verlegt wurde, der beantragten Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf einen Aufschub des (weiteren) Vollzugs der Untersuchungshaft in dieser Justizanstalt entgegensteht, kann im vorliegenden Fall dahinstehen.

Die von der belangten Behörde in ihrer Stellungnahme vom 13. Jänner 2003 aufgezeigten Vorkommnisse in der Justizanstalt A führten nämlich nicht nur zur Verlegung des Beschwerdeführers in die Justizanstalt B, sondern auch zu der - vom Beschwerdeführer selbst in der Beschwerde angeführten - Einleitung einer weiteren Voruntersuchung und nochmaligen Verhängung der Untersuchungshaft zur Zl. ... des Landesgerichtes A Dem - dem Beschwerdeführer im Strafverfahren zugestellten - Beschluss des Landesgerichtes A vom 29. November 2002, Zl. ..., kann entnommen werden, dass der Beschwerdeführer dringend verdächtig ist, während seiner Haft in der Justizanstalt A das Verbrechen der versuchten Bestimmung zum Mord dadurch begangen zu haben, dass er u.a. einem Mithäftling für die Ausführung dieser Tat eine bestimmte Geldsumme und die Ermöglichung der Flucht versprochen habe; die Vorbereitung für die Flucht dieses Mithäftlings seien bereits getroffen gewesen. Dass diese Verdachtsmomente gegen den Beschwerdeführer nicht vorliegen würden oder mittlerweile weggefallen wären, hat der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht aufgezeigt.

Ausgehend davon besteht bei Berücksichtigung der gegen den Beschwerdeführer vorliegenden Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr und der Sicherheitsinteressen der Anstalt kein Zweifel daran, dass die belangte Behörde zwingende öffentliche Interessen für die Verlegung des Beschwerdeführers und den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft in der Justizanstalt B geltend gemacht hat. Da der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung daher zwingende öffentliche Interessen entgegen stehen, war nicht mehr zu prüfen, ob mit dem weiteren Vollzug des angefochtenen Bescheids für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.

Wien, am 28. Jänner 2003

Schlagworte

Ausübung der Berechtigung durch einen Dritten Begriff der aufschiebenden Wirkung Entscheidung über den Anspruch Zwingende öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:AW2002200486.A00

Im RIS seit

06.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten