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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §21 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Kärnten gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat II) vom 30. Dezember 1998, Zl. RV 127/1 - 8/95, betreffend
u. a. Körperschaftsteuer und einheitlicher Gewerbesteuermessbetrag für 1987 bis 1993 sowie Einheitswert des Betriebsvermögens ab 1. Jänner 1990 und ab 1. Jänner 1992 (mitbeteiligte Partei: O GmbH in G), zu Recht erkannt:
Spruch
Soweit der angefochtene Bescheid Körperschaftsteuer, Gewerbesteuermessbetrag und Einheitswert betrifft, wird er wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei ist eine österreichische GmbH, die Marmor abbaut und daraus durch Feinstvermahlung Füllstoffe für die Farben-Kunststoff- und Papierindustrie herstellt. Sie bedient sich dabei zweier Verfahren, des Trockenvermahlungsverfahrens und des Nassvermahlungsverfahrens. Der auf Grund des letztgenannten Verfahrens erzeugte Füllstoff ("Slurry") kommt insbesondere in der Papierindustrie für die Oberflächenbeschichtung zum Einsatz.
Alleinige Gesellschafterin der Mitbeteiligten ist PSO, eine AG mit Sitz in der Schweiz.
In den Jahren 1987 bis 1993 bezahlte die Mitbeteiligte Know-How-Gebühren. Diese betrugen im Jahr 1987 ca. 16,2 Mio. S, stiegen jährlich an und erreichten im Jahr 1993 den Betrag von ca. 27,9 Mio. S. Strittig ist im gegenständlichen Fall die Betriebsausgabeneigenschaft dieser Gebühren.
Im Zuge einer Betriebsprüfung für die Jahre 1986 bis 1988 traf das Finanzamt die Feststellung, dass die Know-How-Gebühren durch folgende Vereinbarungen festgelegt worden seien:
"Grundlagen (Verträge, Zusatzvereinbarungen, Nachträge):
30.9.1976: Know-How-Vertrag zwischen
(Mitbeteiligter) als Know-How-Nutzer und PSO als Know-How-Geber.
Von (Mitbeteiligter) zu zahlende Entschädigung: 5 % des Netto-Umsatzes für trockene und 10 % für nasse Ware auf die Dauer von 15 Jahren ab Produktionsaufnahme.
15.2.1980: Verzicht der PSO auf Lizenzzahlungen
für 1979 - 1981; ab 1982 wurde eine Neuregelung in Aussicht gestellt.
26.5.1982: Ergänzung zur 'Sistierung' vom
15.2.1980, voraussichtlicher Beginn der Zahlungen 1984; keine
Änderung der Laufzeit von 15 Jahren
5.9.1985: Bekanntgabe von Neuregelungen durch
PSO: Übertragung aller Rechte aus Forschung, Entwicklung und dem Know-How-Vertrag an eine Firma (SE)/Großbritannien.
Zahlung der Know-How-Gebühren mit schuldbefreiender Wirkung nur an (SE) möglich. Verkauft wurde nur das Wissen um die Erzeugung nassvermahlener Calcium-Carbonat-Füllstoffe (Slurry).
Die Know-How Gebühr für trockene Qualitäten ist daher nicht an (SE) zu entrichten.
12.8.1987: License agreement zwischen (MI) als
Licensor und (Mitbeteiligter) als Licensee eingeschränkt auf nasse Produkte.
Entschädigung: 5 % des Netto-Umsatzes ab 1.1.1987, Laufzeit 5 Jahre (automatische Verlängerung um jeweils ein Jahr).
28. 4. 1987: Beginn der Zahlungen an (MI) (vierteljährlich)."
Der Know-How-Vertrag vom 30. September 1976 lautet
auszugsweise wie folgt:
"1.0 Gegenstand des Vertrages
1.1 PSO stellt der (Mitbeteiligten) uneingeschränkt das produktions- und anwendungstechnische, sowie das organisatorische Know - How für die Fabrikation hochwertiger Calcium - Carbonat - Füllstoffe zur Verfügung.
Dabei handelt es sich ausschließlich um Qualitäten - trockene, sowie oberflächenbehandelte und nasse Ware - die von (Mitbeteiligte) mangels Know - How vor Unterzeichnung dieses Vertrages nicht produziert werden konnten, d. h. die derzeitige Produktion wird von diesem Vertrag und der hiernach zu zahlenden Entschädigung gemäß Punkt 4.0 ausdrücklich ausgeschlossen.
...
1.2 Unabhängig von dem in der ersten Phase in Anspruch genommenen Know - How kann dieser Vertrag bei späterer Kapazitäts - Erweiterung oder bei Hereinnahme neuer Produkte von (Mitbeteiligter) durch einfachen Schriftwechsel erweitert werden.
Das Gleiche gilt auch für Know - How, das PSO derzeit entwickelt oder in Zukunft entwickeln wird und welches für (Mitbeteiligte) von Interesse sein könnte.
2.0 Leistungen und Verpflichtungen von PSO
2.1 PSO verpflichtet sich, das unter 1.1 und 1.2 definierte Know - How neben (Mitbeteiligter) keinem anderen Unternehmen in Österreich zur Verfügung zu stellen, es sei denn, (Mitbeteiligte) gibt sein ausdrückliches schriftliches Einverständnis.
2.2 (Mitbeteiligte) errichtet derzeit eine neue
Produktionsanlage mit folgenden Kapazitäten:
Trockenen Qualitäten: 17.500 Jato Calcidar 2
17.500 Jato Calcidar 2
Nasse Qualitäten: 21.000 Jato Calcidar - Slurry PSO stellt für diese Produktion uneingeschränkt gemäß
Absatz 1.0 das Know - How zur Verfügung, im einzelnen wie folgt:
a) Know - How für die optimale Einstellung der Anlage, sowie die laufende Produktion.
b) Betriebs- und Fabrikations - Anleitungen, sowie Beratung über den Einsatz von Roh- und Hilfsstoffen.
c) Instruktionen betreffend Qualitäts - Kontrollen und Laboruntersuchungen.
d) Ständige Beratung über Produktionsplanung und Produktionssteuerung.
e) Informationen über neue Technologien, Fabrikationsprozesse und Anwendungsgebiete.
f) Beratung über die Fabrikationsaufnahme von neuen Produkten und Qualitäten zwecks Ausweitung des Fabrikationsprogramms.
g) Beratung bei der Herstellung von Werbematerial und Merkblättern über Anwendungstechnik; lediglich die Druckkosten des Werbematerials für das Österreich - Geschäft gehen zu Lasten (Mitbeteiligte).
2.3 Bei den nachstehend definierten Leistungen übernimmt (Mitbeteiligte) die effektiven Kosten, d. h. die Kosten der reinen Dienstleistungen. Es sind dies:
a) Inanspruchnahme von Laboratorien der PSO durch (Mitbeteiligte), einschließlich des Papiertechnikums zu Selbstkosten.
b) Ausbildung und Training des technischen Personals von (Mitbeteiligte) in Werken und Laboratorien von PSO. (Mitbeteiligte) trägt nur die Kosten seines eigenen Personals, wie z. B. Gehälter, Reisen und Aufenthaltskosten und verpflichtet sich, das delegierte Personal voll gegen Unfall und Krankheit im Ausland zu versichern.
c) (Mitbeteiligte) kann periodisch Spezialisten nach Oftringen senden, zwecks Studiums aller mit der Produktion zusammenhängenden Probleme. Auch hier trägt (Mitbeteiligte) die Kosten für das eigene Personal gemäß 2.3 b).
d) Ausbildung und Training von Verkaufspersonal für den österr. Markt, Kosten ebenfalls wie 2.3 b).
e) Für das von PSO oder ihren Konzerngesellschaften im Zuge der Erstellung der neuen ProduktionsanIagen weitergegebene Know - How, über das Detail - Engineering, die Konzipierung der neuen Fabriksanlage, die Fabrikationsanläufe, die einzusetzenden Installationen und Anlagen etc., werden (Mitbeteiligte) ebenfalls nur die effektiven Kosten, wie Gehälter, einschließlich Nebenkosten berechnet. Die Spesen der eingesetzten Ingenieure übernimmt (Mitbeteiligte) am Ort. Das dabei übermittelte Know - How gilt mit der in Art. 4.0 erwähnten Entschädigung als beglichen.
2.4 PSO ist berechtigt, die in diesem Artikel zu erbringenden Leistungen und die hiefür gebührenden Rechte an Konzern- oder Tochtergesellschaften zu delegieren, wenn nach dafürhalten der PSO der Einsatz solcher Konzern- oder Tochtergesellschaften aus technischen oder organisatorischen Gründen für (Mitbeteiligte) von Vorteil ist.
4.0 Entschädigungen und Zahlungen an PSO
4.1 Für das unter 1.0 bis 3.0 umrissene Know - How werden folgende Zahlungen an PSO vereinbart:
Trockene Ware, derzeit Calcidar 2 und Calcidar 5 = 5% Nasse Ware, derzeit Calcidar - Slurry = 10%
Diese Prozentsätze beziehen sich auf den jeweiligen Netto - Umsatz (Ab - Werk - Preis der produzierten und verkauften Produkte, excl. Mwst.).
Die höhere Entschädigung für das Know - How der nassen Ware wird zum einen begründet durch die wesentlich höheren Forschungs- und Entwicklungskosten, zum anderen dadurch, dass die wichtigsten Produktionsaggregate auf dem gesamten Weltmarkt nicht erhältlich sind, von PSO entwickelt und (Mitbeteiligte) unter Verzicht auf einen angemessenen Anteil an den Entwicklungskosten, lediglich unter Berechnung der Herstellungskosten, zur Verfügung gestellt wurden.
4.2 Die Entschädigung für jedes Produkt wird bezahlt für die Dauer von 15 Jahren, das Jahr der Produktionsaufnahme gilt als 1. Jahr.
4.3 PSO steht es frei, bei Einführung der Produkte oder bei schlechtem Geschäftsgang, teilweise eine niedrigere Entschädigung festzusetzen. Die PSO dabei entgangenen Beträge können später nachgefordert werden.
...
4.5 Die Entschädigung lt. 4.1 wird jährlich bis zum 28. 2. des Folgejahres errechnet und bis zum 31. 3. an PSO in Schweizer Franken ausbezahlt.
...
5.0 Dauer des Vertrages
5.1 Die Dauer dieses Vertrages ist gemäß Art. 4.1 für jedes Produkt auf 15 Jahre festgelegt. Das Jahr des Produktionsgewinnes gilt jeweils als das erste Jahr. Die Zahlungen laufen demnach aus im 16. Jahr ab Datum des Produktionsbeginnes.
5.2 Nach Ablauf der in 5.1 erwähnten 15 Jahre kann (Mitbeteiligte) das in diesem Vertrag umrissene Know - How weiterhin in Anspruch nehmen. Dazu wird zwischen den Parteien ein neuer Vertrag ausgehandelt."
Im Schreiben der PSO an die Mitbeteiligte vom 5. September 1985 wird u.a. ausgeführt:
"Die Geschäftsleitung der PSO ... hat den Auftrag zur
Forschung, Entwicklung und technischen Assistenz mit Wirkung ab
1.10.1985 an die Firma SE übertragen. SE ist daher ab dem
1.10.1985 im Besitz aller Rechte aus Forschung, Entwicklung und
Know-How-Vertrag, wie diese PSO ... zu diesem Zeitpunkt besessen
hat."
Der Prüfer vertrat die Auffassung, der Know-How-Vertrag zwischen der Mitbeteiligten und PSO als ihrer Alleingesellschafterin könne nur dann steuerliche Anerkennung finden, wenn er einem Fremdvergleich standhalte. Tatsächlich sei der Vertrag allerdings nicht so geschlossen worden, wie ihn zwei einander fremd gegenüber stehende Personen geschlossen hätten. In Punkt 4.3 des Vertrages sei festgehalten worden, dass es PSO freistehe, bei Einführung der Produkte oder bei schlechtem Geschäftsgang teilweise eine niedrigere Entschädigung festzusetzen. Damit sei es PSO überlassen worden, den Zeitpunkt des Zahlungsbeginnes und dementsprechend auch die Höhe der von der Mitbeteiligten zu leistenden Zahlungen nach Belieben festzusetzen. Dazu komme, dass der Vertrag wiederholt sistiert bzw. geändert worden sei. Die erste Zahlung habe die Mitbeteiligte erst zehn Jahre nach Vertragsabschluss geleistet, allerdings nicht an PSO, sondern an MI, eine niederländische Gesellschaft. Die Mitbeteiligte habe nicht bekannt gegeben, auf Grund welcher Rechtsgeschäfte Know-How von PSO vorerst an SE - eine Gesellschaft in Großbritannien - und in weiterer Folge an MI übertragen worden sein solle. Die Beantwortung entsprechender Fragen habe die Mitbeteiligte wegen Unzumutbarkeit abgelehnt und damit ihrer (erhöhten) Mitwirkungspflicht nicht entsprochen. Von der Mitbeteiligten sei nur allgemein darauf hingewiesen worden, dass PSO eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung betreibe und über ca. 120 Patente bzw. geschützte Verfahren verfüge. Es habe lediglich geklärt werden können, dass SE und MI - ebenso wie PSO - zu 100 % von der Familie S beherrscht würden. Sämtliche Anteile an SE und MI halte MS, der Präsident von PSO.
Auf die Frage, ob SE bzw. MI mit für Forschungs- und Entwicklungsaufgaben erforderlichen technischen Einrichtungen ausgestattet sei, habe die Mitbeteiligte erwidert, dass SE bzw. MI Subunternehmer beauftragen würden, die Namen der Subunternehmer allerdings nicht genannt.
Den Feststellungen des Betriebsprüfers folgend, erließ das Finanzamt Bescheide betreffend Körperschaftsteuer sowie Gewerbesteuermessbetrag für 1987 und 1988, gegen welche die Beschwerdeführerin Berufung einlegte. Darin wird ausgeführt, PSO habe für die Jahre 1979 bis 1981 nicht auf Know-How-Gebühren verzichtet, es sei lediglich die Zahlung dieser Gebühren sistiert worden. Es treffe nicht zu, dass die Vereinbarungen betreffend die Know-How-Zahlungen einem Fremdvergleich nicht standhielten. Die Vereinbarungen seien schriftlich festgehalten worden. Sie steckten ihren sachlichen, zeitlichen und örtlichen Geltungsbereich klar ab. Die Festlegung einer Zahlungsdauer von 15 Jahren entspreche den üblichen internationalen Gepflogenheiten. Bei einem Bündel von überlassenem Know-How sei eine sogenannte "Längstlaufklausel" selbstverständlich und üblich. Diesbezügliche Vereinbarungen endeten, wenn das letzte eingeräumte Recht erloschen oder das Know-How offenkundig geworden sei. Jedem Laien müsse einleuchten, dass ein Werk, wie es von der Mitbeteiligten betrieben werde, ohne patentierte Maschinen, Geräte, Steuerungen und Know-How nicht hätte entstehen können. Das der Mitbeteiligten überlassene Know-How sei nicht am allgemeinen Markt erhältlich, was zur Exklusivität von Produktion und Produkten führe. Es sei auch zu prüfen, ob die Know-How-Gebühren der Höhe nach angemessen seien. Hiezu verweise die Mitbeteiligte auf internationale Untersuchungen, wonach sich im Maschinenbau Sätze von 5 % bis 7 %, für Geräte und Bergwerksausrüstungen solche von 2 % bis 10 % und für Farbstoffe und chemische Spezialitäten solche von 4 % bis 6 % ergäben. Die von der Mitbeteiligten für die Summe des ihr überlassenen Know-How zu entrichtende Gebühr von 5 %, noch dazu ausschließlich berechnet von den auf Grund der Veräußerung von Nassprodukten erzielten Nettoentgelten, liege weit unter den international üblichen Sätzen. Im Übrigen werde auf Art. 9 des OECD-Musterabkommens verwiesen, wonach eine Gewinnberichtigung bei miteinander verbundenen Unternehmungen nicht wegen bloßer Nichterfüllung von Formalerfordernissen vorgenommen werden dürfe. Das Bundesministerium für Finanzen habe auf Anfrage mitgeteilt, dass im gegenständlichen Fall das Doppelbesteuerungsabkommen Österreich-Schweiz zur Anwendung komme. Schließe eine Schweizer AG mit ihrer österreichischen Tochtergesellschaft einen Know-How-Vertrag und würden die hiefür anfallenden Vergütungen im Auftrag des schweizerischen Know-How-Gebers an eine niederländische Gesellschaft überwiesen, so müssten die Vergütungen dennoch dem Schweizer Vertragspartner steuerlich zugerechnet werden.
Das Finanzamt führte in der Folge auch für den Zeitraum 1989 bis 1993 eine Buch- und Betriebsprüfung bei der Mitbeteiligten durch. Auch diese Prüfung führte zum Ergebnis, dass die Know-How-Gebühren nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden könnten. Im Betriebsprüfungsbericht ist eine Aussage von FT, dem Vizepräsidenten der PSO, wie folgt festgehalten:
"Die Verträge erscheinen rechtlich etwas diffus. Das Know-How hat Herr S. über 50 Jahre bei sich entwickelt. Er ist der einzige, der die ganzen Zusammenhänge kennt. Die Gebühren sollten nicht in die PSO einfließen. Er hat damals in England gewohnt, und es ist sein legitimes Recht, die Gebühren dorthin überweisen zu lassen, wo es steuerlich am günstigsten ist. Wenn daher ein Zahlungsgrund besteht, kann man zahlen wohin man will.
Auch die (MI) -gehört Herrn S. Sechs oder sieben Know-How-Verträge werden von (MI) verwaltet. Ein Mann fährt wöchentlich von Paris, wo Herr S. derzeit wohnt, nach Holland, um sich um Agenden der (MI) zu kümmern.
Die Frage des (seinerzeitigen) Dienststellenleiters, ob es sich bei der (MI) daher um ein tätiges Unternehmen handelt, wurde bejaht."
Nach Ansicht des Betriebsprüfers halte der Know-How-Vertrag vom 30. September 1976 einem Fremdvergleich nicht stand. Es sei in das Belieben der Muttergesellschaft PSO gestellt, Entschädigungen bis zu 5 % des Nettoumsatzes für trockene und 10 % für nasse Ware festzulegen. Tatsächlich sei der Prozentsatz für nasse Ware auf die Hälfte, nämlich auf 5 % reduziert worden. Zwischen einander fremd gegenüber stehenden Vertragspartnern würde eine derartige Formulierung über die Möglichkeit der Reduzierung des Entgeltes nicht getroffen werden. Es sei auch nicht üblich, in diesem großen Ausmaß auf Lizenzzahlungen zu verzichten bzw die Zahlungen - für nasse Ware - über einen Zeitraum von 10 Jahren und - für trockene Ware - über einen Zeitraum von beinahe 20 Jahre hinauszuschieben. Die PSO habe auch nicht von der Vertragsvereinbarung Gebrauch gemacht, die entgangenen Beträge später nachzufordern. Die Mitbeteiligte habe es auch unterlassen, in ihren Bilanzen für die Jahre 1976 bis 1978 Entgeltsverpflichtungen zu passivieren.
Da erhaltene Leistungen - sofern solche oder vergütungsfähige überhaupt vorlägen - nicht erst nach einem künftigen Zahlungsbeginn zu bilanzieren seien, sondern spätestens bei Bilanzerstellung, könne auch aus dieser Sicht keine ernsthafte Umsetzung erkannt bzw. unterstellt werden.
In dem am 12. August 1987 geschlossenen Vertrag zwischen der Mitbeteiligten und MI werde festgelegt, dass MI "ihren" Know-How-Wissensstand der Mitbeteiligten zur Verfügung stelle. MI verpflichte sich, Patente und lizenzierte Technologien bekannt zu geben. Nach Ansicht des Betriebsprüfers sei es fraglich, welchen Sinn es mache, Technologien bekannt zu geben, wenn doch das Werk der Mitbeteiligten bereits seit 10 Jahren (seit 1976) errichtet sei. Für einen Know-How-Transfer ab 1987 im Auftrag der MI sei trotz wiederholter Aufforderung kein Nachweis erbracht worden. Dass MI als Anlaufstelle für Anfragen gemäß dem Linzenzvertrag diene, sei ebensowenig nachvollziehbar wie der Umstand, dass Subunternehmer im Namen der MI Leistungen erbracht hätten.
Da somit die Voraussetzungen der betrieblichen Veranlassung der gezahlten Know-How-Gebühr nicht haben nachgewiesen werden können, könnten Betriebsausgaben nicht anerkannt werden und seien die Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttungen der Gesellschaftersphäre zuzurechnen. Auch gegen die auf Grund der Betriebsprüfung ergangenen Bescheide betreffend Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag 1989 bis 1993 sowie Einheitswert ab 1. Jänner 1990 und ab 1. Jänner 1992 brachte die Mitbeteiligte Berufung ein. Es wurde darauf verwiesen, dass die für die Besteuerung des Gesamtkonzernes zuständige schweizerische Eidgenossenschaft eine Stellungnahme an die österreichische Finanzverwaltung gerichtet habe, aus der sich ergebe, dass die Mitbeteiligte Know-How-Zahlungen an MI leiste. Die Republik Österreich habe in einem an die eidgenössische Steuerverwaltung gerichteten Amtshilfeersuchen ausgeführt, PSO habe mit der Mitbeteiligten zusätzlich zum Know-How-Vertrag einen "Händlervertrag" abgeschlossen. Auf Grund des Händlervertrages habe PSO alle von der Mitbeteiligten ab 1977 in westeuropäische Staaten ausgeführten Lieferungen fakturiert und dafür eine Handelsspanne verrechnet. Es werde daher angefragt, ob mit dieser Spanne alle für das österreichische Tochterunternehmen anfallenden Kosten (einschließlich Know-How) abgegolten seien. In dem Antwortschreiben der eidgenössischen Steuerverwaltung werde ausgeführt:
"1. Mit der von der PSO einbehaltenen Spanne werden die anteiligen Kosten der Konzernleitung, der Anwendungsforschung- und Entwicklung sowie der Bearbeitung bestimmter Märkte in Europa abgegolten und ein angemessener Gewinn erzielt.
2. Die einbehaltene Spanne deckt nicht die Kosten der Entwicklung und Verwaltung der Abbau- und Produktionstechnik insbesonders für nassvermahlenes natürliches Calciumkarbonat, welche durch entsprechende Zahlungen an die (MI) abgegolten werden."
In der Berufungsverhandlung brachte die Mitbeteiligte vor, Slurry könne nur dort produziert werden, wo entsprechende Vorkommen des hiefür benötigten Calciumkarbonates vorhanden seien. Die Slurry-Produktion sei daher ortsgebunden. Dies hindere den Konzern aber nicht, sich für bestimmte, nicht ortsgebundene Tätigkeiten besonderer Gesellschaften zu bedienen. Hiebei sei es durchaus zulässig, diese Gesellschaften am steuergünstigsten Standort anzusiedeln. Nichts anderes habe PSO getan. Die Kernbereiche Konzernverwaltung, Forschung bzw. Entwicklung und Anwendungstechnik wickle die PSO in der Schweiz ab. Bestimmte Tätigkeiten würden von 100 %igen Tochter- bzw. Enkelgesellschaften wahrgenommen. Im Rahmen der einzelnen Tochtergesellschaften würden Diensterfindungen gemacht. Die PSO verfüge im Hinblick auf ihre 100 %igen Beteiligungen an den Töchtern über das Gesamtwissen aller ausgegliederten Töchter und sei daher in der Lage zu verfügen, wem dieses Wissen zugänglich gemacht werde. Es sei dem Konzern nicht verwehrt gewesen, mit der Verwaltung des Know-How eine gesonderte Gesellschaft zu betrauen. Hiefür sei zunächst die in Großbritannien ansässige SE ins Auge gefasst worden, weil nach dem zwischen Österreich und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen keine Quellensteuerpflicht für Know-How-Zahlungen bestehe. Infolge einer Änderung dieses Doppelbesteuerungsabkommens sei ein neuer Standort, nämlich das Königreich der Niederlande gewählt worden. Die dort ansässige MI sei nunmehr Verwaltungs- und Zahlstelle für das in Rede stehende Know-How, nicht aber Eigentümerin des Know-How. Es handle sich somit nur um eine Bevollmächtigung von zunächst SE und sodann MI. Jedenfalls sei der Mitbeteiligten Know-How überlassen worden, welches eindeutig PSO zuzurechnen sei. Die hiefür von der Mitbeteiligten aufgewendete Gegenleistung sei angemessen.
Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über die Berufungen. Sie anerkannte die betriebliche Veranlassung der in Rede stehenden Know-How-Zahlungen und zog daraus hinsichtlich Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Einheitswert des Betriebsvermögens die entsprechenden rechtlichen Konsequenzen. Zur Begründung wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, die Führung eines qualitativ hochwertigen Produkte (wie Slurry) erzeugenden Betriebes sei ohne entsprechendes Know-How "wenig wahrscheinlich". Der belangten Behörde erscheine es glaubwürdig, dass der Mitbeteiligten dieses Know-How von PSO überlassen worden sei. Es widerspräche nämlich den Erfahrungen des Wirtschaftslebens, wenn PSO als Mutter eines weltweit einschlägig tätigen Konzernes über "keinerlei entsprechendes Know-How" verfügen und ihrer Tochtergesellschaft nicht auch entgeltlich zur Verfügung stellen würde. Dazu komme, dass die Vereinbarungen, welche die Grundlage für die Know-How-Zahlungen bildeten, nach Ansicht der belangten Behörde einem Fremdvergleich standhielten. Sie seien schriftlich abgeschlossen worden und enthielten einen eindeutigen Inhalt. Weder die der Mitbeteiligten zugestandene Sistierung der Zahlungen noch der Umstand, dass die Zahlungen letztlich an MI geleistet worden seien, widersprächen der Fremdüblichkeit. Beide Umstände ermögliche bereits der Vertrag vom 30. September 1976. Es sei im Wirtschaftsleben auch nicht ungewöhnlich, einem Schuldner, der seinen Betrieb erst aufbaue, bis zum Zeitpunkt des Erzielens von Gewinnen Zahlungsaufschübe einzuräumen. Letztlich müsse es einem Gläubiger auch unbenommen bleiben, die Stelle, an welche der Schuldner Zahlungen zu leisten habe, festzulegen.
Gegen diesen Bescheid, soweit er Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Einheitswert des Betriebsvermögens betrifft, erhob der Präsident der Finanzlandesdirektion gemäß § 292 BAO Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Präsident bringt vor, die Vereinbarungen, die den Zahlungen der Know-How-Gebühren zugrundelägen, hielten einem Fremdvergleich nicht stand. In der Vereinbarung vom 30. September 1976 sei festgehalten, dass die Entschädigung für jedes Produkt für die Dauer von fünfzehn Jahren bezahlt werde, wobei das Jahr der Produktionsaufnahme als erstes Jahr gelte; die Zahlungen hätten sohin im 16. Jahr ab dem Produktionsbeginn auszulaufen. PSO stehe es aber frei, bei Einführung der Produkte oder bei schlechtem Geschäftsgang teilweise eine niedrigere Entschädigung festzusetzen, wobei PSO entgangene Beträge später nachfordern könne. Im Gegensatz dazu habe PSO mit Schreiben vom 15. Feber 1980 der mitbeteiligten Partei mitgeteilt, dass die Berechnung des Zahlungszeitraumes unter Beibehaltung der ursprünglich vereinbarten Laufzeit von 15 Jahren ab jenem Zeitpunkt erfolge, in welchem die mitbeteiligte Partei die erste Zahlung mit der Bezeichnung "Know-How-Gebühren" an PSO geleistet habe. Derart bezeichnete Zahlungen habe die mitbeteiligte Partei aber weder an PSO noch an SE geleistet. Dem Vorbringen der mitbeteiligten Partei, dass lediglich eine Sistierung von Know-How-Gebühren vorgelegen sei, stehe der Umstand entgegen, dass die mitbeteiligte Partei es bis einschließlich 1986 unterlassen habe, entsprechende Verbindlichkeiten in ihren Bilanzen auszuweisen. Zahlungen unter der Bezeichnung Know-How-Gebühren habe die mitbeteiligte Partei schließlich erst ab 1987 geleistet, und zwar an MI. Zudem sei die Vereinbarung mit MI erst am 12. August 1987 geschlossen worden, wobei die erste auf Grund dieser Vereinbarung zu erfolgende Zahlung bereits am 28. April 1987 geleistet worden sei.
Gegen die Anerkennung der Zahlungen als Betriebsausgaben spreche ein weiterer Umstand: die mitbeteiligte Partei habe zur Stützung ihres Vorbringens auf Art. 9 des OECD-Musterabkommens verwiesen. Dem halte der Beschwerdeführer den Inhalt des Kapitel III Abschnitt 1 lit. A.89 der OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 1997 entgegen. Demnach sei davon auszugehen, dass ein Lizenzvertrag nicht nur schriftlich abgeschlossen sein, sondern auch die Art des übertragenen immateriellen Wirtschaftsgutes möglichst genau beschreiben müsse, sodass damit die Grundlage geschaffen werde, den Vorteil, den der Lizenznehmer erhalte, zu bewerten. Dem entspreche der zwischen der mitbeteiligten Partei und PSO am 30. September 1976 abgeschlossene Grundvertrag nur sehr eingeschränkt, die zwischen der mitbeteiligten Partei und MI im Jahre 1987 getroffene Vereinbarung gar nicht. Der Punkt 2.2 des Grundvertrages vom 30. September 1976 sei "nicht unbedingt konkret" gefasst. Auch die Vereinbarung mit MI sei sehr allgemein gehalten.
Im Ergebnis gelingt es dem beschwerdeführenden Präsidenten mit dem letztgenannten Vorbringen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. In der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei wird zu diesem Vorbringen ausgeführt, bei den OECD-Verrechnungspreisgrundsätzen handle es sich lediglich um eine Empfehlung des OECD-Steuerausschusses, der keine normative Bedeutung zukomme. Die Verrechnungspreisrichtlinien seien nichts anderes als ein besonders ausführlicher Kommentar zu Art. 9 des OECD-Musterabkommens. Sie könnten daher lediglich eine Auslegungshilfe zu Art. 9 des OECD-Musterabkommens und den Art. 9 OECD-Musterabkommen nachgebildeten bilateralen Abkommensvorschriften darstellen. Im gegenständlichen Fall gehe es aber nicht um die Auslegung einer Abkommensvorschrift, sondern darum, ob die strittigen Zahlungen Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG 1972 bzw. 1988 seien. Dazu komme noch, dass die OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 1997 - wenn überhaupt - nur für jene Doppelbesteuerungsabkommen relevant sein könnten, die nach Veröffentlichung dieser Grundsätze im Jahr 1997 abgeschlossen worden seien.
Schuldrechtliche Beziehungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft sind grundsätzlich anzuerkennen. Entgelte, die von der Tochtergesellschaft auf der Basis derartiger Vertragsbeziehungen geleistet werden, führen bei ihr zu einer Gewinnminderung. Wendet die Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft allerdings im Rahmen solcher Vertragsbeziehungen Vermögensvorteile zu, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, mindern diese den Gewinn der Tochtergesellschaft nicht (verdeckte Ausschüttung). Die Ursächlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses wird dabei an Hand eines Fremdvergleiches ermittelt: entscheidend ist, ob die Gesellschaft den Vorteil einem Nichtgesellschafter ebenfalls gewährt hätte (vgl. die bei Doralt/Ruppe, Steuerrecht I7, 325f zitierte hg. Rechtsprechung). Ein Fremdvergleich hat zur Voraussetzung, dass die erbrachten (und honorierten) Leistungen im Einzelnen konkret und detailliert erfasst und dargestellt werden. Die Leistungsbeschreibung muss in einem solchen Maße konkret sein, dass die Einschätzung des genauen Marktwertes der Leistung möglich ist und in der Folge die Feststellung getroffen werden kann, ob auch ein fremder Dritter jene Gegenleistung zu erbringen bereit gewesen wäre, welche von der Tochtergesellschaft geleistet worden ist. Einer besonders exakten Leistungsbeschreibung bedarf es insbesondere dann, wenn der Vertragsgegenstand in der Erbringung schwer fassbarer Leistungen (z.B. "Bemühungen", Beratungen, Kontaktvermittlung, Know-how-Überlassung) besteht.
Für den gegenständlichen Fall ergibt sich daraus, dass die belangte Behörde - unabhängig vom Inhalt der OECD-Verrechnungspreisgrundsätze - die betriebliche Veranlassung der für die Überlassung von Know-how geleisteten Zahlungen nur dann hätte anerkennen dürfen, wenn sie ausgehend von einer konkreten und detaillierten Beschreibung der erbrachten Leistungen die Fremdüblichkeit geprüft hätte. Die Beschreibung der Leistungen hätte hinreichend genau sein müssen, um deren Wert einzuschätzen und in der Folge beurteilen zu können, ob die von der mitbeteiligten Partei bezahlte Gegenleistung angemessen ist.
Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Fall Leistungsbeziehungen zwischen PSO und der mitbeteiligten Partei anerkannt und die von der mitbeteiligten Partei geleisteten Zahlungen als betrieblich veranlasst gewertet, weil "die Führung eines qualitativ hochwertige Produkte - wie Slurry - erzeugenden Betriebes ohne entsprechendes Know-How wenig wahrscheinlich" sei und weil es den Erfahrungen widerspreche, dass PSO als Mutter eines weltweit einschlägig tätigen Konzerns über keinerlei entsprechendes Know-How verfüge. In den Feststellungen der belangten Behörde wird allerdings das Know-How in keiner Weise spezifiziert. Es ist nicht einmal ansatzweise die Möglichkeit gegeben, den Wert der (allfälligen) Überlassung des Know-How auszumachen.
Solcherart hat die belangte Behörde die Feststellungen unter Verletzung von Verfahrensvorschriften getroffen. Der angefochtene Bescheid war daher - im Umfang seiner Anfechtung - gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Wien, am 28. Jänner 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:1999140100.X00Im RIS seit
05.05.2003Zuletzt aktualisiert am
16.05.2013