TE Vwgh Beschluss 2003/1/28 2002/05/1522

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Veröffentlicht am 28.01.2003
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
22/02 Zivilprozessordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1;
BauO NÖ 1996 §36 Abs3;
BauO NÖ 1996 §8 Abs1;
BauO NÖ 1996 §8 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
ZPO §146;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2002/05/1523

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. König, über den Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdefrist und die Beschwerde des Gerald Anibas in Etsdorf-Haitzendorf, vertreten durch Dr. Günther Retter, Rechtsanwalt in Maria Enzersdorf, Südstadtzentrum IV/DG/3, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Krems a.d. Donau vom 2. April 2001, Zl. IV/3- 2433/1-01, betreffend Kostenersatz für Sofortmaßnahmen in einer Bausache, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Wiedereinsetzungsantrag und die Beschwerde werden gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Hauses Stöhrgasse 6, KG Krems. In der Nacht vom 4. April 1996 auf 5. April 1996 ist dieses Haus eingestürzt. In der Folge hat der Magistrat der Stadt Krems umfangreiche Böschungssicherungen und Gebäudesanierungen im Bereich der anrainenden Liegenschaften angeordnet. Für diese Arbeiten sind Kosten in der Höhe von EUR 268.456,91 aufgelaufen, für die die Stadtgemeinde Krems in Vorlage getreten ist. Mit Bescheid vom 2. April 2001 wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer der Liegenschaft Stöhrgasse 6 gemäß § 36 Abs. 3 der NÖ Bauordnung 1996 aufgetragen, die aufgelaufenen Kosten für die Sanierungsmaßnahmen im Rahmen der baubehördlichen Anordnungen in der Höhe von EUR 268.456,91 binnen einem Monat zurück zu erstatten. Dieser Bescheid enthielt die Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen den Bescheid binnen zwei Wochen nach Zustellung schriftlich bei der Behörde, die den Bescheid erster Instanz erlassen hat, die Berufung eingebracht werden könne, die den Bescheid zu bezeichnen und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten habe.

Die in der Folge vom Beschwerdeführer eingebrachte Berufung gegen den Bescheid vom 2. April 2001 hat der Stadtsenat der Stadt Krems a.d. Donau mit Bescheid vom 9. Dezember 2002 als unzulässig zurückgewiesen. Gemäß § 36 Abs. 3 der NÖ Bauordnung 1996 habe über eine Entschädigung oder Kostenersatzleistung die Baubehörde erster Instanz zu entscheiden; gleichzeitig werde die Erhebung eines Rechtsmittels gegen diese Entscheidung ex lege ausgeschlossen. Die Berufung sei daher unzulässig. Festzustellen sei allerdings, dass die Behörde in ihrem erstinstanzlichen Bescheid den Rechtsmittelwerber fälschlicher Weise über die Möglichkeit der Erhebung eines Rechtsmittels informiert habe. Enthalte ein Bescheid fälschlicher Weise die Angabe, dass ein Rechtsmittel zulässig sei und werde deshalb die Frist für die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und den Verfassungsgerichtshof versäumt, stelle dies einen Grund für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Verfahren vor dem jeweiligen Gericht dar.

Der Bescheid vom 9. Dezember 2002 ist dem Beschwerdeführer am 12. Dezember 2002 zugekommen. Am 27. Dezember 2002 hat der Beschwerdeführer den Wiedereinsetzungsantrag gegen den Ablauf der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Krems a.d. Donau vom 2. April 2001 sowie gleichzeitig die Beschwerde gegen diesen Bescheid eingebracht.

Der beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Wiedereinsetzungsantrag sowie die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof sind aus folgenden Gründen unzulässig:

Gemäß § 36 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1996 hat die Baubehörde bei Gefahr im Verzug die unbedingt notwendigen Sicherungsmaßnahmen auch ohne Anhörung auf Gefahr und Kosten des Eigentümers eines Bauwerks anzuordnen. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung hat bei Gefahr im Verzug jeder gewerberechtlich Befugte über Auftrag der Baubehörde gegen angemessene Vergütung und volle Schadloshaltung Baugebrechen unverzüglich zu beheben oder Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen. Die Kosten sind binnen zwei Wochen nach Abschluss der Arbeiten von der Baubehörde zu vergüten. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung darf die Baubehörde die nach Abs. 2 entstandenen Kosten dem Eigentümer bescheidmäßig zur Erstattung vorschreiben. Nach § 8 Abs. 1 NÖ BO 1996 hat über eine Entschädigung oder Kostenersatzleistung nach § 7 Abs. 5, § 12 Abs. 3 und 4, § 13 Abs. 2, § 36 Abs. 3, § 68 Abs. 5 und § 76 die Baubehörde erster Instanz zu entscheiden. Gegen diesen Bescheid ist kein Rechtsmittel zulässig. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. darf der Anspruchsberechtigte binnen drei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides beim Bezirksgericht, das auf Grund der Lage des betroffenen Grundstückes zuständig ist, die Neufestsetzung der Entschädigung oder Kostenersatzleistung begehren. Langt ein solcher Antrag bei Gericht ein, tritt die diesbezügliche Entscheidung der Baubehörde außer Kraft.

Damit liegt eine sukzessive Zuständigkeit des örtlich zuständigen Bezirksgerichtes vor, wobei das Gericht sowohl über die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach als auch über die Zulässigkeit der Höhe des geforderten Betrages entscheidet. Hinsichtlich der Entscheidung der Baubehörde erster Instanz ist daher die Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausgeschlossen. Zwar kommt eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes beispielsweise hinsichtlich einer Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht, dies jedoch nur dann, wenn sich die verfahrensrechtliche Entscheidung auf einen Vorgang während des Verwaltungsverfahrens bezieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, Zl. 98/06/0160). Im Beschwerdefall bezieht sich der Wiedereinsetzungsantrag aber nicht auf eine Frist, die während des Verwaltungsverfahrens versäumt wurde, sondern auf die Frist zur Bekämpfung des Bescheides der Baubehörde erster Instanz. Über die Versäumung der Frist zur Anrufung des Bezirksgerichtes könnte aber nur das örtlich zuständige Bezirksgericht entscheiden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1998, Zl. 95/06/0260).

Mangels Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes waren daher sowohl der Wiedereinsetzungsantrag als auch die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 28. Jänner 2003

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Gerichtliche oder schiedsgerichtliche Entscheidungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002051522.X00

Im RIS seit

05.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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