TE Vwgh Erkenntnis 2003/1/29 98/13/0106

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Veröffentlicht am 29.01.2003
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §184;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde 1) der S KG in W und 2) des K K in K, beide vertreten durch Dr. Hans Bichler, Mag. Edgar Zrzavy und Dr. Monika Linder, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Weyrgasse 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom 14. April 1998, Zl. GA 16-96/3023/08, betreffend unter anderem Feststellung der Einkünfte für die Jahre 1987 bis 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Zweitbeschwerdeführer war bis 28. Februar 1991 an der erstbeschwerdeführenden KG mit 95 % beteiligt.

Anlässlich zweier bei der Erstbeschwerdeführerin durchgeführter abgabenbehördlicher Prüfungen (einerseits betreffend die Jahre 1987 und 1988, andererseits betreffend 1989 bis 1991) sah sich die Prüferin in Folge zahlreicher formeller und materieller Mängel der Buchführung zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO veranlasst. Für die in den Jahren 1987 bis 1990 endenden Wirtschaftsjahre - die Erstbeschwerdeführerin ermittelt ihre Betriebsergebnisse nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr (1. Oktober bis 30. September) - ging die Prüferin laut den entsprechenden Prüfungsberichten von den erklärten bzw. veranlagten Ergebnissen aus und setzte Differenzen zwischen verbuchten Endsalden eines Monates und Anfangsalden des Folgemonates sowie die sich aus fehlenden Eingangsrechnungen und doppelt verbuchten Aufwendungen ergebenden, nicht aufklärbaren Vermögens- bzw. Betriebsergebnisdifferenzen als Korrekturposten an und gelangte so zu Gewinnen von S 536.000,-- (WJ 1986/87), S 749.000,-- (WJ 1987/88), einem Verlust von S 150.000,--(1988/89) und S 0 (WJ 1989/90). In den Prüfungsberichten scheinen für die betreffenden Jahre "Gewinn/Verlust lt. Fa." Betriebsergebnisse (jeweils in Schilling) von rund -464. 000 (WJ 1986/87), +340.000 (WJ 1987/88), +260.000 (WJ 1988/89)und -45,066.000 (WJ 1989/90) auf. Für das Wirtschaftsjahr 1990/91 wurde dem erklärten Betriebsergebnis (Verlust von rund S 5,7 Mio) lediglich ein Sicherheitszuschlag von S 950.000,-- zugerechnet. Im Prüfungsbericht über die Jahre 1987 und 1988 wird festgehalten, dass sich auf Grund des Kontos "Zollamtsverbindlichkeiten" eine Berichtigung der Eröffnungsbilanz zum 1. Oktober 1986 ergebe. An Hand der Auszüge des Zollamtes für die Jahre 1987 bis 1991 sei festgestellt worden, dass bereits zum 1. Oktober 1986 (Eröffnungsbilanz 1987) der Saldo laut Tagesauszug mit dem in der Bilanz des geprüften Unternehmens ausgewiesenen Wert (um rund S 25,8  Mio) nicht übereinstimme. In der Folge wird eine Erhöhung des negativen Kapitalkontos des Zweitbeschwerdeführers um den Berichtigungsbetrag dargestellt. Für die folgenden Bilanzstichtage (bis einschließlich 30. September 1989) sei das Konto "Zollamtsverbindlichkeiten" auf Grund der vorgelegten Tagesauszüge erfolgsneutral zu berichtigen. Hinsichtlich des Bilanzstichtages 30. September 1990 wird festgehalten, dass der Wert des Kontos "Zollamtsverbindlichkeiten" laut Unternehmen mit dem Tagesauszug des Zollamtes übereinstimmte. Unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Berichtigung der Eröffnungsbilanz und der (erfolgsneutralen) Berichtigungen des Kontos "Zollamtsverbindlichkeiten" auf das Kapitalkonto des Zweitbeschwerdeführers wird in den Prüfungsberichten jeweils die sich unter anderem daraus ergebende Entwicklung dieses (jeweils negativen) Kapitalkontos dargestellt. Zum 30. September 1991 scheint diesbezüglich ein Wert von rund S 38,330.000,-- auf. Für das Wirtschaftsjahr 1990/91 ermittelte die Prüferin im Hinblick auf die in diesem Zeitraum durch den Zweitbeschwerdeführer erfolgte Veräußerung seiner Beteiligung an der Erstbeschwerdeführerin an die C. AG einen (begünstigten) Veräußerungsgewinn in Höhe von S 51,781.351,62, bei welchem neben dem Veräußerungspreis unter anderem auch der oben angeführte Wert des (negativen) Kapitalkontos des Zweitbeschwerdeführers berücksichtigt wurde. Nach der Bilanz der Erstbeschwerdeführerin weist das (negative) Kapitalkonto des Zweitbeschwerdeführers zum Zeitpunkt der Veräußerung seiner Beteiligung einen Wert von rund S 38,369.000,-- aus.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die von der Erstbeschwerdeführerin gegen die entsprechend den Prüfungsfeststellungen erlassenen Bescheide erhobene Berufung ab, in welcher neben anderen, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht (mehr) strittigen, Punkten vor allem die Ermittlung des Veräußerungsgewinnes im Wesentlichen mit der Begründung bekämpft wurde, es sei unzulässig, einzelne spezifisch aufgezeigte Saldendifferenzen einfach den Entnahmen bzw. Einlagen zuzuordnen. Das negative Kapitalkonto sei auf Basis der "historischen, abgeprüften 86er Werte" lediglich vermehrt und vermindert um die tatsächlich erfolgten Entnahmen sowie allenfalls um jene gemäß § 184 BAO geschätzten Gewinne zu mehren und zu mindern und somit (nach näher dargestellter Berechnung) "in der Größenordnung von S 9,355.860,55" anzusetzen.

Die Abweisung der Berufung begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass die den Berichtigungen des Kontos "Zollamtsverbindlichkeiten" entsprechende Erhöhung der Entnahmen bzw. Einlagen der Streitjahre den laufenden Gewinn nicht ändere, sich aber in der Folge auf das Kapitalkonto und die Höhe des Veräußerungsgewinnes auswirke. Die Vorgangsweise sei der Erstbeschwerdeführerin mitgeteilt worden, Alternativen dazu hätte sie aber nicht aufzeigen können. Eine Alternative zur gehandhabten Vorgangsweise sei eine Änderung mit Erfolgsauswirkung. Dabei würde einer Erhöhung der Verbindlichkeiten auf dem Zollamtskonto ein Aufwand und einer Verminderung ein Ertrag gegenüberstehen. Der Aufwand (höhere Verlust) würde aber im Ergebnis nicht anerkannt werden, da die Verluste mangels Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht vortragsfähig seien. Der Ertrag würde hingegen zu einem steuerpflichtigen Gewinn führen. An der Berechnung des Kapitalkontos und somit des Veräußerungsgewinnes würde sich durch diese Vorgangsweise nichts ändern, sodass diese Lösung für die Erstbeschwerdeführerin nachteiliger wäre als die eingeschlagene. Im Übrigen wäre auch nach den Steuererklärungen der Erstbeschwerdeführerin das negative Kapitalkonto des Zweitbeschwerdeführers in etwa gleich hoch gewesen, nämlich rund S 38 Mio. Dass die Erstbeschwerdeführerin nun zu völlig anderen Ergebnissen komme, sei nicht unmittelbar einsichtig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Die Beschwerdeführer betonen, dass die durchgeführte Schätzung ebenso wie deren Ergebnis nicht bekämpft wird.

Die Beschwerdeführer rügen vielmehr, dass die belangte Behörde abweichend von der "Ermittlung" des Gewinnes der Erstbeschwerdeführerin durch Globalschätzung den Veräußerungsgewinn nicht gleichfalls geschätzt, sondern Entnahmen im Wesentlichen in Höhe des Unterschiedsbetrages auf dem Konto "Zollamtsverbindlichkeiten" fingiert habe, die aber faktisch nicht getätigt worden seien. Dadurch habe die belangte Behörde inkonsequenterweise die Methode für die Ermittlung des Veräußerungsgewinnes gewechselt, wobei sie für sich jeweils die "Rosinen herauspickte". Für die Ermittlung des Gewinnes der Erstbeschwerdeführerin sei nämlich nicht auf die Berichtigung des Kontos "Zollamtsverbindlichkeiten " abgestellt worden. Diese "Verbindlichkeiten wären bei ihrer Berücksichtigung durch die belangte Behörde voll vortragsfähig". Andererseits seien bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes die Differenzbeträge in voller Höhe als Entnahmen "fingiert" worden. Um zu einem sachgerechten und der Bestimmung des § 184 BAO entsprechenden Ergebnis zu gelangen, hätte die belangte Behörde bei der einmal gewählten Methode bleiben müssen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen: Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde, den Feststellungen der Prüferin folgend, keineswegs völlig losgelöst von den Rechenwerken der Erstbeschwerdeführerin für die betreffenden Jahre, sondern vielmehr ausgehend von diesen und - soweit sich die Rechenwerke als fehlerhaft erwiesen - durch den Ansatz von Korrekturposten versucht hat, den wahren Besteuerungsgrundlagen der Erstbeschwerdeführerin möglichst nahe zu kommen. Vor diesem Hintergrund kann jedoch nicht von einer Globalschätzung gesprochen werden, auch wenn die Prüferin in ihrem Bericht über die Jahre 1989 bis 1991 selbst - entgegen der vorangegangenen Darstellung ihrer Schätzungsmethode - feststellt, dass für 1991 (gemeint wohl anders als in den Vorjahren) keine Globalschätzung erfolgt. Es ist daher auch kein Methodenwechsel zu erkennen, wenn in Bezug auf das in den Rechenwerken enthaltene, unbestritten ebenfalls unrichtige Werte ausweisende Konto "Zollamtsverbindlichkeiten" berichtigt wird, wenngleich sich daraus für ein anderes Konto Konsequenzen ergeben. Soweit die Beschwerdeführer rügen, dass diese Berichtigungen erfolgsneutral (und daher mangels anderer anzusprechender Konten notwendigerweise über Kapitalkonto) gebucht wurden, übersehen sie die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dass sich auch eine erfolgswirksame Berichtigung (wie im Beschwerdefall durch die Erklärung eines Verlustes für 1990 zunächst erfolgt) auf das Kapitalkonto auswirkt und insofern für die Berechnung des gegenständlichen Veräußerungsgewinnes keine Änderung ergibt. Dass sich eine Berichtigung der unbestritten unrichtigen Werte des Kontos "Zollamtsverbindlichkeiten" in einer sich nicht auf das Kapitalkonto des Zweitbeschwerdeführers auswirkenden Weise angeboten hätte, wurde weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde behauptet.

Eine Grundlage für eine den Beschwerdeführern offenbar völlig losgelöst von dem zu berichtigenden Konto "Zollamtsverbindlichkeiten" vorschwebende "Schätzung" des Veräußerungsgewinnes, wie sie in der Beschwerde unter der Überschrift "Orientierung an der Wirklichkeit" ausgeführt wird, wird weder angeboten noch ist eine solche vom Verwaltungsgerichtshof zu erkennen. Soweit die Beschwerdeführer einen Verstoß gegen die Rechtskraft der "Veranlagung" (Feststellung der Einkünfte) für das Wirtschaftsjahr 1985/86 rügen, ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtskraft von Steuerbescheiden einer Berichtigung von Bilanzansätzen nicht entgegensteht. Unter Berücksichtigung des bereits im angefochtenen Bescheid erwähnten und mit der Aktenlage übereinstimmenden Umstandes, dass auch in der Bilanz der Erstbeschwerdeführerin zum 30. September 1991 ein negatives Kapitalkonto des Zweitbeschwerdeführers in der Höhe von rund S 38 (ja sogar 38,3) Mio ausgewiesen ist, bietet sich auch kein Anhaltspunkt dafür, dass der Wert des von der belangten Behörde - der Prüferin folgend - bei der Berechnung des Veräußerungsgewinnes in Ansatz gebrachten Kapitalkontos (ebenfalls rund S 38,3 Mio) der Wirklichkeit nicht nahe kommt, zumal niemals ausgeführt wurde, auf Grund welcher zu Ungunsten der Beschwerdeführer wirkender Fehler ein allenfalls um rund S 20 Mio zu hohes negatives Kapitalkonto von diesen selbst ursprünglich ermittelt worden sein könnte.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 29. Jänner 2002

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1998130106.X00

Im RIS seit

05.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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