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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
KStG 1988 §8 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der C GmbH in W, vertreten durch Dr. Leopold Grohmann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Weihburggasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. Jänner 1998, Zl. RV/006-06/09/98, betreffend
1) Gegenstandslosigkeitserklärung eines Antrages auf Entscheidung über Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und
2) Haftung für Kapitalertragsteuer für den Zeitraum a) vom 1. Jänner bis zum 31. Dezember 1990 und b) vom 1. Jänner bis zum 31. Dezember 1991,
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde wird, soweit sie die Absprüche im ersten und zweiten Satz des Spruches des angefochtenen Bescheides bekämpft, zurückgewiesen;
2. zu Recht erkannt:
Der Abspruch im dritten Satz des Spruches des angefochtenen Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben;
und 3. die Kostenentscheidung getroffen:
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Bericht über die abgabenbehördliche Prüfung der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der Jahre 1989 bis 1992 wurden vom Prüfer zwei Sachverhalte als verdeckte Gewinnausschüttungen beurteilt.
Der erste, hier nicht mehr interessierende, Sachverhalt betraf Aufwendungen der beschwerdeführenden Partei im Zusammenhang mit Rechtsanwaltsleistungen, die der Prüfer als im Interesse nicht der Gesellschaft, sondern lediglich der Gesellschafter erbracht ansah.
Zum zweiten Sachverhalt finden sich im Prüfungsbericht vom 15. Mai 1995 folgende Ausführungen:
"TZ 17 Vorsteuerkürzung für 1991:
Im Zuge der Bp. wurde festgestellt, dass mit Honorarnote vom 16.1.1991 Laborleistungen des Labors M. in Höhe von öS 314.420,-- + 31.442,00 USt in Rechnung gestellt wurden. Diese Leistungen stellen lt. TZ 22 eine verdeckte Gewinnausschüttung dar und die o. a. Vorsteuer wird daher seitens der Bp. nicht anerkannt.
Vorsteuer 1991 bisher: 39.746,67
Vorsteuer 1991 lt. Bp.: 8.304,67
TZ 18 Rückstellung für Laborleistungen 1990:
Im Zuge der Bp. wurde festgestellt, dass in der Bilanz zum 31.12.1990 eine Rückstellung für Laborleistungen in Höhe von öS 314.000,00 dotiert und aufwandsmäßig verbucht wurde. Die Bp. stellt fest, dass diese Rückstellung für eine Eingangsrechnung vom 16.1.1991, ausgestellt vom Labor M., gebildet wurde, in der Laborleistungen fakturiert wurden, die von der (Beschwerdeführerin) bezahlt wurden. Eine entsprechende Vergütung der Sozialversicherungsträger (Bezahlung der Laborleistungen für die einzelnen Patienten) enthielt jedoch das Labor Dr. C. und nicht die geprüfte Gesellschaft.
Demnach geht der Einwand des steuerlichen Vertreters der geprüften Gesellschaft, wonach Dr. C. die übrigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft (ausstehende Bankverbindlichkeiten) übernommen hat und es daher zu keiner verdeckten Gewinnausschüttung kommen kann, dahingehend ins Leere, da der geprüften Gesellschaft der zuordenbare Erlös für diese spezielle Leistung vorenthalten wurde.
Die Bp. löst daher zum 31.12.1990 die Rückstellung auf. (Anmerkung des Gerichtshofes: Dementsprechend kam der Prüfer für das Jahr 1990 zu einer Vermehrung des Ergebnisses um S 314.000,-- und für das Jahr 1991 zu einer Verminderung des Ergebnisses um den gleichen Betrag.)
...
TZ 22 Verdeckte Gewinnausschüttung für 1991:
Am 16.1.1991 wurde eine Honorarnote in Höhe von öS 314.420,-- excl. MWSt für Laborleistungen des Labor M. an die geprüfte Gesellschaft gelegt. Die Vergütungen der Sozialversicherungsträger in diesem Zusammenhang wurden jedoch direkt an das Labor von Dr. C. bezahlt und nicht an die beschwerdeführende Partei. Es wurde daher seitens der Bp. der geltend gemachte Aufwand in Höhe von öS 314.420,-- (netto) als eine verdeckte Gewinnausschüttung an Dr. C. behandelt, da der Aufwand für die angeführten Laborleistungen von der (Beschwerdeführerin) getragen (siehe TZ 18 Rückstellungsdotation für 1990) und die Bezahlung ebenfalls von der geprüften Gesellschaft geleistet wurde. Der Einwand des steuerlichen Vertreters der geprüften Gesellschaft, dass Dr. C. die übrigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft übernommen hat und ihm demnach diese Vergütungen zustehen würden, geht daher in diesem Zusammenhang ins Leere.
Die verdeckte Gewinnausschüttung für 1991 beträgt daher öS 314.420,00 + 31.442,00 USt = 345.862,00 + 115.287,00 KESt = VGA 461.149,00 und wird dem Gewinn außerbilanzmäßig zugerechnet.
...
TZ 24b) Verdeckte Gewinnausschüttung 1991:
Die lt. TZ 22 festgestellte verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von öS 461.149,00 wird mit 25 % der Kapitalertragsteuer unterzogen und wird dem geschäftsführenden Gesellschafter Dr. C. zugerechnet:
Berechnung:
461.149,00 davon 25 % = 115.287,00 KESt"
In den vorgelegten Verwaltungsakten findet sich eine Vorhaltsbeantwortung der Beschwerdeführerin vom 22. Oktober 1992, in welcher ausgeführt wird, dass sie ursprünglich gegründet worden sei, um ein Labor für analytische Chemie zu betreiben. Diesbezüglich werde auf eine Beilage (Rechnung des Labors M. vom 16. Jänner 1991 an die Beschwerdeführerin für das Labor C. betreffende Laborleistungen in der Zeit von der Laboreröffnung bis 31. Dezember 1990 über S 314.420,-- zuzüglich 10 % Umsatzsteuer im Betrag von S 31.442,--, gesamt somit S 345.862,--) verwiesen, in welchem das Labor M. der Beschwerdeführerin die entsprechende Belastungsnote erteilt habe. Im Jahre 1991 habe sich herausgestellt, dass aus sanitätspolizeilichen und standesrechtlichen Gründen die Beschwerdeführerin nicht tätig werden könne, weshalb sie diesbezüglich die Tätigkeit habe einstellen müssen und in Hinkunft eine Handelstätigkeit ausüben werde. Da durch die Übernahme der Labortätigkeit durch Dr. C. ihm sämtliche Kosten weiter zu verrechnen gewesen seien, sei es zu den entsprechenden Weiterverrechnungen gekommen, wobei auf entsprechend vorgelegte Belege verwiesen werde. Angeschlossen war dieser Vorhaltsbeantwortung eine Reihe von Belastungsnoten der Beschwerdeführerin an Dr. C., die teils mit dem 31. Dezember 1990, teils mit dem 31. Dezember 1991 datiert sind, wobei sich auf diesen Belastungsnoten verschiedentlich die Anmerkung findet, dass die Rechnung mit Übernahme eines Kredites durch Dr. C. beglichen werde.
Des Weiteren liegen in den vorgelegten Verwaltungsakten Anfragebeantwortungen des Dr. C. und zweier weiterer Ärzte aus dem Zeitraum knapp vor Erstellung des Prüfungsberichtes ein. Für Dr. C. wurde vom steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin in der Anfragebeantwortung vom 10. März 1995 ausgeführt, dass eine Vereinbarung zwischen Dr. C. und zwei weiteren Ärzten getroffen worden sei, nach welcher ein medizinisch-chemisches Labor habe betrieben werden sollen. Da jedoch nur Dr. C. die fachlichen Voraussetzungen habe erbringen können, sei letztendlich die Errichtung einer Krankenanstalt geplant gewesen, deren Leiter ein Facharzt für medizinische und chemische Labordiagnostik hätte sein sollen, als welcher Dr. C. vorgesehen gewesen sei. An diesen seien mit 1. Juli 1990 auch die Kassenverträge vergeben worden. Die Überweisung der Laborgebühren des Labors M. sei von einem näher genannten Konto einer näher genannten Bank vorgenommen worden. Im Juli 1992 habe Dr. C. den gesamten aushaftenden Saldo des Bankdarlehens der Beschwerdeführerin übernommen, sodass von einer verdeckten Gewinnausschüttung keine Rede sein könne, weil für sämtliche Zahlungen, welche die Gesellschaft von diesem Kreditkonto geleistet habe, die Schuld von Dr. C. übernommen worden sei. In der Anfragebeantwortung des Arztes Dr. M. wird ausgeführt, dass die Kassenverträge am 1. Juli 1990 an Dr. C. erteilt worden seien. Vorgesehen gewesen sei, dass die Kassenverträge auf die Beschwerdeführerin übertragen würden, wozu es jedoch nicht gekommen sei, weil die Krankenkassen dieser Lösung nicht zugestimmt hätten. In einem Gesellschaftsvertrag vom 10. Dezember 1990 und in einer Vereinbarung vom 11. Juni 1991 sei die Beschwerdeführerin mit sämtlichen Verbindlichkeiten von Dr. C. als alleinigem Gesellschafter übernommen worden. Die vom Labor M. erbrachten Leistungen für die Beschwerdeführerin seien zu begleichen gewesen. Die Notwendigkeit der Fremdvergabe habe sich dadurch ergeben, dass die Ordinationsräume noch nicht fertig adaptiert und apparativ eingerichtet gewesen seien. Die Vergütung durch die Sozialversicherungsträger sei über die Kassenverträge der Facharztordination Dr. C. erfolgt, welche Ordination Bestandteil der Beschwerdeführerin gewesen sei. In der Anfragebeantwortung des Arztes Dr. H. heißt es, dass eine Übernahme der Verträge für Labordiagnostik durch die Beschwerdeführerin nie geplant gewesen sei, weil dies rechtlich nicht möglich sei, da eine Ordination laut Ärztegesetz immer nur von einer physischen Person betrieben werden könne. Es sei daher immer geplant gewesen, dass Dr. C. persönlich diese Verträge mit den Krankenkassen übernehmen sollte. Weshalb die Leistungen des Labors M. nicht weiter verrechnet worden seien, könne der Angesprochene nicht sagen. Die Vergütungen der Sozialversicherungsträger für die betroffenen Laborleistungen habe das Labor C. bezogen, weil dieses ja die Verträge mit den Sozialversicherungen besessen habe.
Mit Bescheid vom 1. Juni 1995 zog das Finanzamt die Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 1. Jänner 1990 bis zum 31. Dezember 1991 zur Haftung für Kapitalertragsteuer im Umfang eines Betrages von S 197.287,-- (S 82.000,-- für das hier nicht mehr gegenständliche Faktum der Rechtsanwaltsleistungen und S 115.287,-- für die Laborleistungen) heran. Mit dem 6. Juni 1995 ergingen des Weiteren Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1990 bis 1992 und Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1990 und 1991.
Alle diese Bescheide wurden mit einer Berufung der beschwerdeführenden Partei bekämpft, in welcher sie vorbrachte, dass ohnehin sämtliche Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin von Dr. C. übernommen worden seien. Es habe die Abgabenbehörde aus diesem Umstand nicht die erforderliche Konsequenz gezogen, welche darin bestanden hätte, einen entsprechenden außerordentlichen Ertrag für Sanierungsgewinn in Ansatz zu bringen, weil in wirtschaftlicher Betrachtung des Sachverhaltes nichts anderes vorliege. Wie bereits mehrfach dargestellt, habe sofort nach Übertragung der Kassenverträge die Krankenanstalt begründet werden sollen, wozu es jedoch nicht gekommen sei, was umsatzsteuerlich nicht dazu führen könne, dass die Vorsteuern der Aufwendungen der Gesellschaft nicht als für diese erbracht gelten könnten. Der Sachverhalt sei nicht ausreichend ermittelt und der Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise missachtet worden.
Nach Erstattung einer Stellungnahme durch den Prüfer und einer Replik durch die Beschwerdeführerin wies das Finanzamt die Berufungen der Beschwerdeführerin mit Berufungsvorentscheidung vom 16. Oktober 1996 ab. In der Begründung der Berufungsvorentscheidung stellte das Finanzamt im Wesentlichen dar, weshalb der Vorwurf unzureichender Sachverhaltsermittlung unbegründet sei. Auf die Durchführung der Schlussbesprechung, in welcher die Ergebnisse der Auskunftserteilungsersuchen hätten besprochen werden sollen, sei vom steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin verzichtet worden.
Nachdem die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über ihre Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt hatte, führte der zur Entscheidung über die Berufungen gegen die Abgabenbescheide zuständige Berufungssenat am 6. November 1997 eine mündliche Verhandlung durch, in welcher vom steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin der Beweisantrag gestellt wurde, zum Beweis für das Bestehen einer Vereinbarung, im Wege einer GmbH ein Labor zu betreiben, die Ärzte Dr. C. und Dr. H. zu vernehmen. Nach Vertagung der Berufungsverhandlung wurde von der Beschwerdeführerin eine an den Berufungssenat gerichtete Sachverhaltsdarstellung des Dr. C. vom 28. November 1997 überreicht, in welcher Folgendes ausgeführt wird:
Die beschwerdeführende Partei sei von Dr. H., Dr. M. und Dr. C. zu dem Zweck gegründet worden, das Labor einer anderen Ärztin zu übernehmen. Die Herren Dr. H. und Dr. M. seien zwar Ärzte, besäßen aber nicht die Facharztbefugnis für Labormedizin. Da sie in Erfahrung gebracht hätten, dass allenfalls ein Labor für medizinische Chemie verkäuflich sei, seien sie aus diesem Grunde an Dr. C. herangetreten, von welchem sie gewusst hätten, dass er durch seine wissenschaftliche Ausbildung die Facharztbefugnis erworben habe. Der Zweck der Gründung einer GmbH sei auch darin gelegen gewesen, dass durch den Abschluss eines Kassenvertrages, welcher den wesentlichen wirtschaftlichen Anreiz für die Gesellschaft gebildet habe, für eine Krankenanstalt, nämlich die GmbH, dieser Kassenvertrag "quasi perpetuiert" gewesen wäre, weil keine Beendigung durch Tod oder Pensionierung des jeweiligen Vertragspartners hätte eintreten können. Auch hätte auf diese Weise eine Gewinnteilung vorgenommen werden können. Aus diesen Gründen sei von der Gesellschaft eine Rechtsanwaltskanzlei mit den Vertragsverhandlungen beauftragt worden. Zu den angeblichen verdeckten Gewinnausschüttungen sei zu sagen, dass zum Stichtag 31. Dezember 1992 nicht die beschwerdeführende Gesellschaft an Dr. C., sondern Dr. C. an die Gesellschaft eine Forderung von rund S 600.000,-- gehabt habe, sodass eine Gewinnausschüttung, sei es offen oder verdeckt, in keinem Falle stattgefunden habe. Zu den Laborleistungen 1990 sei darauf hinzuweisen, dass lediglich von der Labor M. GmbH die Untersuchung der Blutproben vorgenommen worden sei, weil die Beschwerdeführerin im damaligen Zeitpunkt nicht über die entsprechende maschinelle Ausrüstung verfügt habe. Die Rückstellung für die Eingangsrechnung vom 16. Jänner 1991 sei zu Recht erfolgt, weil auch eine entsprechende Rechnung vorgelegen sei. Es wäre lediglich eine entsprechende Aktivierung "meiner Forderung an mich persönlich" vorzunehmen, weil es richtig sei, dass Dr. C. den bezughabenden Betrag im eigenen Namen vereinnahmt habe. Diesbezüglich würde sich daher die Verrechnungsschuld der Gesellschaft um S 314.000,-- verringern.
Mit einem an den Berufungssenat gerichteten Schreiben vom 11. Dezember 1997 wurde vom steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin "unter Bezugnahme auf die Besprechung mit (dem Vorsitzenden des Berufungssenates)" das Berufungsbegehren insoferne modifiziert "als die Rückstellung für Laborleistungen im Jahr 1990 im Betrag von S 314.000,-- dem Ergebnis des Jahres 1990 zuzurechnen ist, sowie andererseits die erfolgte Zahlung im Jahre 1991 über das Verrechnungskonto des Gesellschafters Dr. C. zu verrechnen ist". Es werde das ausdrückliche Einverständnis mit der Erlassung einer "teilweisen Berufungsvorentscheidung im Sinne des gegenständlichen Vorbringens bzw. des bisherigen Berufungsvorbringens" erklärt.
Mit Bescheid vom 17. Dezember 1997 erklärte das Finanzamt den Antrag der Beschwerdeführerin auf Entscheidung über ihre Berufungen gegen die Bescheide betreffend Umsatz-, Körperschaft-, Gewerbe- und Kapitalertragsteuer 1991 durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gemäß § 276 Abs. 1 BAO in Verbindung mit § 256 BAO als gegenstandslos mit dem Hinweis, dass die Berufung als durch die Berufungsvorentscheidung abschließend erledigt gelte; begründet wurde dieser Bescheid damit, dass der Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz mit Schreiben vom 11. Dezember 1997 zurückgenommen worden sei.
Mit einer zweiten Berufungsvorentscheidung vom 18. Dezember 1997 gab das Finanzamt der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Haftungsbescheid für Kapitalertragsteuer im Umfang der "Kapitalertragsteuer für 1.1.1990 bis 31.12.1990" statt, wobei es Kapitalertragsteuer für 1990 mit S 0,-- "festsetzte".
Gegen den Bescheid des Finanzamtes vom 17. Dezember 1997 erhob die Beschwerdeführerin Berufung mit dem Vorbringen, dass in ihrem Schreiben vom 11. Dezember 1997 von einer Rechtsmittelrücknahme keine Rede sei, zumal aus diesem Schriftstück klar hervorgehe, dass das Rechtsmittelbegehren hinsichtlich Kapitalertragsteuer des Jahres 1991 nach wie vor auf Festsetzung der Kapitalertragsteuer mit S 0,-- gerichtet sei. "Zwecks Klarstellung" werde mitgeteilt, dass bezüglich Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer 1991 kein weiteres Rechtsmittel mehr erhoben werde und dies auch für Körperschaft- und Gewerbesteuer 1992 dann gelte, "wenn unserer bisher geäußerten Rechtsmeinung entsprochen wird".
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erließ die belangte Behörde (monokratisch) eine Entscheidung mit folgendem Spruch:
"Der Bescheid vom 17. Dezember 1997 betreffend Gegenstandsloserklärung des Vorlageantrages wird aufgehoben.
Der Berufung gegen den Bescheid vom 1. Juni 1995 betreffend Kapitalertragsteuer wird im Ausmaß der 2. Berufungsvorentscheidung vom 18. Dezember 1997 Folge gegeben. Das Berufungsbegehren betreffend den Zeitraum 1. Jänner 1991 bis 31. Dezember 1991 wird als unbegründet abgewiesen."
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird dargestellt, dass Betriebsgegenstand der beschwerdeführenden Gesellschaft der Betrieb von "privaten Krankenkassenanstalten vornehmlich med. Labordiagnostik", die Entwicklung von Software sowie die Vermietung von Laborgeräten sei. Nach Darstellung der Beteiligungsverhältnisse an der Gesellschaft, wonach bis 10. Juni 1991 Dr. H. zwei Drittel und Dr. C. ein Drittel der Anteile gehalten habe, während Dr. C. ab dem 11. Juni 1991 Alleingesellschafter geworden sei, gab die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ausführungen des Berichtes über die abgabenbehördliche Prüfung, der Berufung, der Berufungsvorentscheidung, ferner die Sachverhaltsdarstellung des Dr. C. und den weiteren Verfahrensgang wieder und führte aus, dass hinsichtlich der steuerlichen Beurteilung des Punktes "Laborleistung" keine "Einigung zwischen der Beschwerdeführerin und der Behörde" erzielt worden sei, weshalb der Berufung gegen den Bescheid über die Gegenstandsloserklärung des Vorlageantrages stattzugeben gewesen sei. Strittig sei nur mehr die Laborleistung, für welche am 16. Jänner 1991 eine Honorarnote in Höhe von S 314.420,-- excl. MWSt für Laborleistungen des Labors M. an die Beschwerdeführerin gelegt worden sei. Die entsprechende Vergütung der Sozialversicherungsträger (Bezahlung der Laborleistungen für die einzelnen Patienten) habe jedoch das Labor von Dr. C. und nicht die Beschwerdeführerin erhalten. Den Aufwand für diese Laborleistung habe aber die Beschwerdeführerin getragen. Durch diese gewählte Vorgangsweise sei der Beschwerdeführerin der zuordenbare Erlös für diese spezielle Leistung vorenthalten worden. Der dagegen vorgebrachte Einwand gegen die steuerliche Behandlung des in Rede stehenden Betrages als verdeckte Gewinnausschüttung, wonach Dr. C. die übrigen Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin (ausstehende Bankverbindlichkeiten) übernommen habe, sei nicht zielführend, weil keine ausdrückliche wechselseitige Vereinbarung darüber vorliege. Wenn die Beschwerdeführerin "die Stattgabe ihres Berufungsbegehrens mit der Modifizierung desselben laut Schriftsatz vom 11. Dezember 1997" begründe, sei dem entgegenzuhalten, dass die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung nur ausgeschlossen werden könne, wenn es sich um irrtümliche Zahlungsvorgänge handle oder wenn vor dem Bilanzstichtag die Zuwendung zurückgefordert werde und in der Bilanz des betreffenden Jahres eine entsprechende Forderung bilanziert werde. Da die Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet habe, dass die Erlösbuchung der in Rede stehenden Vergütungen der Sozialversicherungsträger an Dr. C. irrtümlich erfolgt wäre, sei der Berufung gegen den Kapitalertragsteuerbescheid nur ein teilweiser Erfolg im Ausmaß der zweiten Berufungsvorentscheidung zu bescheiden gewesen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Spruch des angefochtenen Bescheides enthält in seinen drei Sätzen drei unterschiedliche Absprüche. Da das Beschwerdevorbringen keinerlei Einschränkung einer Anfechtung des bekämpften Bescheides vornimmt, sondern mit Ausführungen, die über den Verfahrensgegenstand der Kapitalertragsteuer hinausgehend auf die Abgabenbescheide und die Gestaltung des Berufungsverfahrens über diese Bezug nehmen, deutliche Defizite in der Reflexion des Entscheidungsgegenstandes erkennen lässt, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin - vernünftigerweise - nur den dritten Satz des Spruches des angefochtenen Bescheides bekämpft hätte, sondern muss den gesamten Bescheidspruch als bekämpft betrachten.
Durch die Absprüche des ersten und des zweiten Satzes des Spruches des angefochtenen Bescheides kann eine Verletzung von Rechten der beschwerdeführenden Partei freilich nicht erfolgt sein. In diesem Umfang wurde ihrem jeweiligen Berufungsbegehren nämlich dadurch vollinhaltlich entsprochen, dass zum einen die vom Finanzamt gemäß § 256 Abs. 3 BAO in Verbindung mit § 276 Abs. 1 leg. cit. erklärte Gegenstandslosigkeit ihres Antrages auf Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz im erfolgten Umfang zur Gänze beseitigt wurde (erster Satz des Spruches des angefochtenen Bescheides) und dass zum anderen ihrer gegen den Bescheid über die Heranziehung zur Haftung für Kapitalertragsteuer erhobenen Berufung "für das Jahr 1990" durch Beseitigung ihrer Haftung aus dem Faktum der Rechtsanwaltsleistungen zur Gänze Folge gegeben wurde (zweiter Satz des Spruches des angefochtenen Bescheides).
Im Umfang der Bekämpfung des angefochtenen Bescheides auch hinsichtlich seiner im ersten und zweiten Satz des Spruches getroffenen Absprüche war die Beschwerde mangels Berechtigung der Beschwerdeführerin zu ihrer Erhebung daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen, was der Gerichtshof in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.
Zum zulässig bekämpften Abspruch des angefochtenen Bescheides bei Heranziehung der Beschwerdeführerin zur Haftung für Kapitalertragsteuer "für das Jahr 1991" ist Folgendes auszuführen:
Unter verdeckten Ausschüttungen im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG 1988 sind alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Zuwendungen einer Körperschaft an Anteilsinhaber zu verstehen, die das Einkommen der Körperschaft vermindern und ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben (siehe für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2001, 99/13/0024, mit weiterem Nachweis). Voraussetzung für die Annahme einer verdeckten Ausschüttung ist jedenfalls auch das Vorliegen einer Einkommensminderung der Körperschaft (siehe etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2000, 97/13/0240). Verdeckte Ausschüttungen können das Einkommen der Körperschaft in zwei Formen mindern. Entweder liegen überhöhte (scheinbare) Aufwendungen oder zu geringe (fehlende) Einnahmen vor (siehe das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2001, 99/13/0024, und die näheren Ausführungen bei
Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, Tz 40 zu § 8 KStG 1988). Wie von den genannten Autoren zutreffend dargestellt wird, führt die Erscheinungsform überhöhter Ausgaben zu einer Aufwandskürzung, die zu geringer Einnahmen hingegen zu einer Einnahmenerhöhung. Welche Erscheinungsform der verdeckten Ausschüttung vorliegt, ist nach dem Veranlassungsprinzip zu beantworten. Bestand bei einem Rechtsgeschäft von vornherein die Absicht der Vorteilszuwendung, dann war schon dieser Vorgang nicht betrieblich veranlasst und der damit verbundene Aufwand verdeckte Ausschüttung. Handelte es sich hingegen um ein zunächst betrieblich veranlasstes Rechtsgeschäft und kam es erst in späterer Folge zu einer Umwidmung in eine Vorteilszuwendung, dann sind die fehlenden Einnahmen verdeckte Ausschüttung, wird von den genannten Autoren zutreffend dargestellt.
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen erweist sich die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde schon deswegen als verfehlt, weil sie im Beschwerdefall die beiden dargestellten Erscheinungsformen einer verdeckten Gewinnausschüttung so miteinander vermengt hat, dass sie nicht zueinander passende Parameter miteinander verknüpft hat. Dass die Sachverhaltskonstellation, nach welcher die Gesellschaft einen Aufwand getragen hat, dessen Früchte der Gesellschafter bezog, vom Grundsätzlichen her dazu angetan sein konnte, die Möglichkeit des Vorliegens einer verdeckten Ausschüttung als diskussionbedürftig anzusehen, sei der belangten Behörde gewiss eingeräumt. Eine rechtlich überzeugende Darstellung der von der belangten Behörde vermuteten verdeckten Ausschüttung ist ihr im angefochtenen Bescheid allerdings nicht gelungen. Der Grund hiefür liegt schon darin, dass die belangte Behörde den zum Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung führenden Umstand darin gesehen und damit bezeichnet hat, dass der beschwerdeführenden Gesellschaft die Früchte des von ihr getragenen Aufwandes in Form der von den Sozialversicherungsträgern geleisteten Vergütungen nicht zugekommen waren, was die belangte Behörde allerdings nicht daran gehindert hat, als Betrag der verdeckten Ausschüttung den von der Gesellschaft getragenen Aufwand der fremdvergebenen Laborleistungen anzusetzen. In der Gleichsetzung des der beschwerdeführenden Gesellschaft durch den Zufluss der Sozialversicherungsvergütungen an Dr. C. entgangenen Ertrages mit dem von der beschwerdeführenden Gesellschaft geleisteten Aufwand zur Erzielung dieses Ertrages ist der belangten Behörde in der rechtlichen Beurteilung aber ein Denkfehler unterlaufen, welcher den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit schon aus diesem Grunde belastet. Dass die der Beschwerdeführerin entgangenen Erträge in Form der ihrem Gesellschafter Dr. C. zugeflossenen Sozialversicherungsvergütungen nämlich in ihrer Summe genau den Betrag erreicht hätten, der von der beschwerdeführenden Gesellschaft zur Finanzierung der durch ein fremdes Labor beschafften Leistungen aufzuwenden war und aufgewendet wurde, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt und wäre ein Zufall, von dem nicht ausgegangen werden kann und von dem auch die belangte Behörde nicht ausgegangen ist, indem sie vielmehr den von der Beschwerdeführerin geleisteten Aufwand unreflektiert dem ihr entgangenen Ertrag gleichgesetzt hat. In der Leistung des Aufwandes durch die beschwerdeführende Partei aber kann nach Maßgabe ihres Betriebsgegenstandes grundsätzlich das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung noch nicht gesehen werden, weil nicht zu erkennen ist, weshalb dem geleisteten Aufwand die betriebliche Veranlassung als solche gefehlt haben sollte. Einer Beurteilung als verdeckte Ausschüttung wäre bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen etwa der der Beschwerdeführerin entgangene Ertrag zugänglich, zu dessen Höhe es freilich an jeglichen Feststellungen fehlt.
Da der angefochtene Bescheid im zulässig bekämpften Umfang schon aus diesem Grunde der Aufhebung nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG verfallen musste, erübrigten sich weiterführende Überlegungen zur Frage, ob der im angefochtenen Bescheid festgestellte Sachverhalt auch nur annähernd dazu ausreichen könnte, die Rechtsfrage zu beurteilen, ob nach Lage des vorliegenden Beschwerdefalles von einer Vermögensminderung der Gesellschaft durch den von der belangten Behörde als verdeckte Ausschüttung vermuteten Sachverhalt und vom Vorliegen einer auf Vorteilsgewährung gerichteten Willensentscheidung durch das für die Gesellschaft handelnde Organ (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1993, 90/13/0155, Slg. NF. Nr. 6784/F, 6.1.2.) gesprochen werden könnte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 29. Jänner 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:1998130055.X00Im RIS seit
02.05.2003Zuletzt aktualisiert am
01.01.2009